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- Homosexualität und Schule: Unterstützung homosexueller Jugendlicher im Schulalltag
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Homosexuelle Jugendliche sind erst einmal eines: Jugendliche. Und sie gehen zur Schule. Was sie unterscheidet ist unter anderem, dass sie mit ihren aufkeimenden Gefühlen auf eine heterosexistische Welt stoßen, die es zu hinterfragen gilt und in der sie ihren ganz eigenen Weg finden müssen. Homosexuelle Jugendliche sind deshalb umso mehr auf Zuspruch und Unterstützung von Erwachsenen angewiesen. Entscheidend ist hier vor allem das zunehmend wichtige soziale Bezugssystem Schule. Das nun vor Ihnen liegende Buch soll Pädagoginnen und Pädagogen, doch vor allem Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sowie Erzieherinnen und Erziehern, die (an Schulen) mit Jugendlichen arbeiten und umgehen, Grundlagen zu den Themen Jugend, Homosexualität und Schule vermitteln, sie in die Lage versetzen, kritische Punkte im (nicht nur) Schulalltag zu erkennen und erste Ideen aufzeigen, wie gegen Diskriminierungen vorgegangen werden und wie diesen vorgebeugt werden kann. Denn bisher gibt es noch kaum ein Bewusstsein für homosexuelle Jugendliche an Schulen.
Textprobe: Kapitel 3.3.1, Homophobie und Heterosexismus: Für bestehende Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Menschen mit ‘abweichender’ sexueller Orientierung, die Stigmatisierungen und Ausgrenzungen beinhalten, führte Weinberg 1972 den Begriff Homophobie ein. Dieser Ableger der Xenophobie (einer gesteigerten Furcht vor allem, was anders, fremd oder nicht der Ordnung entsprechend ist) beschreibt eine irrationale Furcht heterosexueller Menschen im Umgang mit Homosexuellen. Durch ‘Homoignoranz’ können homophobe Personen unangenehmen Auseinandersetzungen mit Homosexualität und auch möglichen eigenen homosexuellen Gefühlen aus dem Weg gehen. ‘Homonegativität’ ist bereits ein Akt des bewussten Ablehnens gleichgeschlechtlich Orientierter und ‘Homohass’ schließlich nimmt gar zerstörerischen Charakter an (vgl. Fiedler 2004: S. 73ff). Dabei entstehen irrationale Ängste, Hass, Ekel und Vorurteile, die zu homophoben Verhaltensweisen gegenüber Lesben und Schwulen führen, durch Verinnerlichung gesellschaftlicher Normen. Heterosexuelle Lebensentwürfe und -weisen werden in unserer Gesellschaft unhinterfragt vorausgesetzt und schwule und lesbische Existenz wird als Randerscheinung, beziehungsweise als bloße ‘sexuelle Vorliebe’ abgehandelt (vgl. GEW Baden-Württemberg 2005: S. 6). Der Begriff Heterosexismus charakterisiert die Verleugnung, Diffamierung und Bekämpfung jeder nicht-heterosexuellen Form von Verhalten, Identität, Beziehung oder Gemeinschaft durch eine Gesellschaft. Viele Menschen übernehmen diese Wertungen und sind bestrebt, diese Vorstellungen zu erfüllen, bzw. sich von Abweichungen und deren Trägerinnen und Trägern abzugrenzen. Letztlich wertet Heterosexismus die Sexualitäten, indem es Heterosexualität als einzig wertvolle Sexualitäts- und Partnerschaftsform deklariert. Homosexualität wird in der Regel einfach ignoriert, ihr wird jede Existenzberechtigung abgesprochen. Tradiert und erwähnt wird ausschließlich die ‘gute’ Heterosexualität. So stellen Homophobie und Heterosexismus Mittel dar, traditionelle Bilder von Männern, Frauen, Ehe etc. aufrechtzuerhalten und ist damit auch ein Mittel starker sozialer Kontrolle (vgl. Fiedler 2004: S. 73ff). 3.3.2, Antihomosexuelle Gewalt: Homophobie ist in einigen Punkten durchaus mit anderen gesellschaftlich verankerten Problemen vergleichbar, wie mit Sexismus, Rassismus oder Antisemitismus. Ähnlich wie gleichgeschlechtlich Empfindenden werden auch Andersfarbige, Andersgläubige oder Menschen des anderen Geschlechts diskriminiert. Dabei sind Lesben und Schwule, anders als zum Beispiel Andersfarbige, in der Öffentlichkeit nicht ohne weiteres als solche erkennbar. Dies bietet einerseits einen gewissen Schutz, andererseits stellt sich das Problem des Sich-gegenseitig-nicht-Erkennens. Andersfarbige oder -gläubige erleben in ihrem nahen Lebensumfeld wie etwa der Familie in der Regel grundsätzlich ein Gefühl der Zugehörigkeit. Lesben und Schwule wachsen in der Regel bei heterosexuellen Eltern auf und entdecken oft erst nach langer Zeit ein zweites zu Hause, in der sie sich in ihrer sexuellen Identität wohl und ‘richtig’ fühlen können. Aus tiefenpsychologischer Sicht handelt es sich bei Homophobie, wie bei Sexismus, Rassismus oder Antisemitismus, um eine meist unbewusste Angst vor der Infragestellung der eigenen Identität. Diese Angst hat mit den angegriffenen Individuen bzw. Gruppen in der Regel nichts zu tun, sondern verweist auf Unsicherheiten der Aggressoren selbst. Die sexuelle Identität (Abwehrform: Homophobie), die Geschlechtsrollenidentität (Abwehrform: Sexismus), die kulturelle (Abwehrform: Rassismus) und religiöse Identität (Abwehrform: z.B. Antisemitismus) sind vier grundlegende Formen menschlicher Identität. Wenn diese, meist unbewusst und damit uneingestanden, in Frage gestellt werden, entwickeln sich aggressive Projektionen gegen die vermeintlichen Verursacher im Umfeld (Frauen, Lesben, Schwule, Schwarze, Juden, Muslime, usw.). Am sichtbarsten wird antihomosexuelle Gewalt in Form von manifestierter physischer, psychischer und juristischer Gewalt: - manifeste physische Gewalt: Lesben und Schwule tragen ein hohes Risiko, Opfer körperlicher Gewalt zu werden. Dabei werden Lesben eher von ihnen (gut) bekannten Personen angegriffen, Schwule eher von Fremden. ‘Fremde’ Täter sind meist Gruppen von überwiegend männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in der Regel keinerlei Schuldbewusstsein haben und ihre Taten oft mit faschistoiden und rechtsradikalen Einstellungen legitimieren, beispielsweise um das Land ‘von Perversen zu säubern’. - manifeste psychische Gewalt: Die vielen verschiedenen Formen psychischer Gewalt gegen Lesben und Schwule lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Diskriminierungen, die beim heterosexuellen Umfeld eher unreflektiert ablaufen und Diskriminierungen, die klar und vorsätzlich auf Lesben und Schwule abzielen. Es kommt zum Beispiel zu vorsätzlichen Fremd-Outings, Verlachen, Beschimpfungen, permanente Anspielungen, Pathologisierungen oder Mobbing. Aus allen Formen resultieren bei Lesben und Schwulen bewusst wahrgenommene, aber auch unterschwellige, vielleicht unbewusste Belastungsreaktionen. - manifeste juristische Gewalt: Eine weitere Form von Diskriminierung geschieht durch den Staat und seine juristischen Instanzen. In diesem Fall kann von einer struktureller Homophobie gesprochen werden, die sich besonders in den Staaten zeigt, die Lesben und Schwule noch immer strafrechtlich verfolgen. In Deutschland wurde Homosexualität in den letzten Jahrzehnten zwar zunehmend entkriminalisiert, juristische Ungleichheit besteht jedoch weiterhin, wie sich beispielsweise an den unterschiedlichen Rechten eingetragener Lebenspartnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare und denen der heterosexuelle Ehe ablesen lässt (vgl. Wiesendanger 2001: S. 29ff). 3.3.3, Internalisierte Homophobie: In manchen Fällen verinnerlichen Lesben und Schwule antihomosexuelle Werte. Es entstehen Gefühle der Entfremdung, der Verwirrung und die eigene Homosexualität wird abgewertet, verdrängt oder abgespalten. In diesen Fällen wird von internalisierter Homophobie gesprochen. Dieser Begriff ist allerdings nicht unproblematisch, da die Gefahr besteht, dass der Fokus zu sehr auf das Individuum gelenkt wird und weniger auf die homophobe Gesellschaft. Heterosexismus zeigt sich in unserer Kultur in allen gesellschaftlichen Bereichen. In den allermeisten Fällen bleibt Heterosexismus unhinterfragt. Für Lesben und Schwule bedeutet dies, dass sie in ihrer Kindheit, Jugend und auch noch als Erwachsene kaum etwas über Alternativen zu heterosexuellen Lebensentwürfen erfahren. Heterosexuelle Standards sind so allgegenwärtig, dass praktisch niemand ihnen ausweichen kann, weder heterosexuell noch gleichgeschlechtlich Orientierte. Jedoch sind die Konsequenzen für letztere tief greifender, da sie sich dauernd damit auseinandersetzen müssen, dass sie den heterosexuellen Rollenerwartungen nicht entsprechen. Eine negative Einstellung zur eigenen sexuellen Orientierung ist mit einer schlechteren psychischen Verfassung verbunden und es kann zu verschiedenen Formen psychischer oder psychosomatischer Störungen kommen, bis hin zur Suizidalität. Es gibt aber auch eine Reihe subtilerer Formen wie Karriereverzicht oder Toleranz von diskriminierendem Verhalten (vgl. Plöderl 2005: S. 24f).
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