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Pädagogik & Soziales

Tobias Vonderlehr

Homosexualität und Bildungsplan: (K)ein Weg in die Zukunft?

ISBN: 978-3-95850-813-2

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 136
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Bildungsplanreform der Landesregierung sorgt in Baden-Württemberg für hitzige Diskussionen. Der Autor betrachtet in diesem Buch den Bildungsplan aus einer ganz neuen Perspektive. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie Themen der Homosexualität und der sexuellen Vielfalt in den Bildungsplan eingebunden werden können. Im Rahmen einer Studie verdeutlicht der Autor dabei, wie es um die gesellschaftliche Toleranz in Baden-Württemberg bestellt ist und ob der neue Bildungsplan tatsächlich eine Möglichkeit für mehr Toleranz und Akzeptanz gegenüber einem sexuellen Pluralismus darstellt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 1, Einleitung in die Thematik: Unser Ziel ist es, dass die Schule zu einem von Vorurteilen und Diskriminierungen freien Raum wird (Soldt, 2014). So äußerte sich Baden-Württembergs Kultusminister und SPD-Politiker Andreas Stoch in einem von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) abgedruckten Zeitungsartikel vom April diesen Jahres. Es bleibt ein kühnes Ziel in Zeiten, in denen immer noch und wiederholt homophobe Äußerungen auf Schulhöfen, in Liedtexten, in diversen TV-Sendungen, in Büchern und Zeitschriften und auch an Stammtischen vernommen werden können. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird in einem von der Zeitung Die Zeit abgedruckten Interview zu der Frage, warum ein Fünftklässler wissen solle, was Transgender und Intersexuelle seien, folgendermaßen zitiert: Weil schwule Sau auf dem Schulhof eines der beliebtesten Schimpfwörter geworden ist. Ich war selbst Lehrer und weiß: Niemand kann so hart und brutal wie Kinder sein, wenn jemand irgendwie anders gestrickt ist. Die zivilisatorischen Hemmschwellen sind da noch nicht ausgeprägt. Wir können aber nicht zusehen, wie jemand diskriminiert wird (Lau, 2014). Homophobie ist immer noch ein gesellschaftlich wahrnehmbares Phänomen in Deutschland und weltweit. Es reicht von Beleidigungen und Sprüchen mit derben Kraftausdrücken bis hin zu Handgreiflichkeiten und äußerst brutaler physischer Gewalt gegenüber homosexuell empfindenden Menschen. Die grün-rote Landesregierung des großen, im Südwesten der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Bundeslandes plant für das Jahr 2015 die Umgestaltung und teilweise Neugestaltung der Bildungspläne. Die Lerninhalte und Lernziele werden auf der Basis der Kulturhoheit von der Bildungsplankommission des Landes entworfen und auf dem Verordnungsweg von dem Kultusministerium Baden Württembergs verbindlich vorgeschrieben. Dieses geplante Reformvorhaben und letztlich ein solcher Verwaltungsakt hätten sicherlich kaum ein solches breites öffentliches Interesse geweckt, wären in Baden-Württemberg nicht Tausende von verärgerten Bürgern demonstrierend auf die Straßen gegangen, um ihrem Unmut darüber Luft zu verschaffen. Vertreter von Kirchen und Medien sowie einige Politiker verschiedenster politischer Couleur wetterten in diversen TV-Talkshows, Zeitungsartikeln und veranstalteten Podiumsdiskussionen im gesamten Bundesgebiet über den geplanten Bildungsplan und die Aufnahme des Themas der sexuellen Vielfalt als Teil schulischer Arbeit in diesem Entwurf. Die geplante Reform des Bildungsplans entfachte eine breit geführte Kontroverse dahingehend, ob Schule als gesellschaftlicher Institution die Aufgabe einer Erziehung und einer Bildung auf sexuelle Vielfalt und schließlich auf Toleranz einer solchen hin überhaupt zukommt. Kritiker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sind hier skeptisch und fürchten eine Frühsexualisierung bzw. Indoktrination (Reisinger, 2014) von Heranwachsenden. In dieser Untersuchung des Studiengangs B.A. Bildungswissenschaft soll der Frage nachgegangen werden, wie die Gesellschaft und ihr Subsystem Schule in Baden-Württemberg im Hinblick auf die Aufnahme des Themas der sexuellen Vielfalt in den Bildungsplan reagieren und ob die für 2015 geplante Bildungsplanreform damit einen Beitrag zum Abbau von homophoben Strömungen in der Gesellschaft leisten kann. Zunächst soll ein Blick auf die im Verlauf der weiteren Ausführungen wichtigen Begriffe wie sexuelle Vielfalt, Homosexualität und Homophobie geworfen werden. Des Weiteren werden die Begriffe Heteronormativität und Lehrplan bzw. Bildungsplan definiert. Nach den notwendigen Begriffsbestimmungen folgt eine Darstellung des Verlaufs der Kontroverse über die geplante Neugestaltung des baden-württembergischen Bildungsplans ab dem Jahr 2015 und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Reaktionen in Baden-Württemberg und der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Im vierten Kapitel dieser Bachelorarbeit soll der Begriff der Homosexualität aus diversen Dimensionen heraus untersucht werden. Diese biologischen und biomedizinischen, psychologisch-medizinischen, soziologischen und christlich-theologischen Perspektiven und Theorien werden jeweils dargestellt und anschließend an den Bildungsplan rückgebunden sowie Bezüge zur Kontroverse hergestellt. Im darauffolgenden fünften Kapitel wird das gesellschaftliche Subsystem Schule und ihr Verhältnis zur Gesellschaft beleuchtet. Schule erfüllt diverse Funktionen des Bildungswesens, dies ist Gegenstand der dortigen Ausführungen. Die Schule fungiert als institutioneller Akteur der Menschenbildung, was ebenfalls in diesem Kapitel betrachtet und mit Gehalt gefüllt wird. Das Zusammenwirken und die Wechselwirkungen zwischen Bildungssystem und politischem System sollen hier ebenfalls Beachtung finden, als auch das Verhältnis von Schule und Herrschaft. Im letzten Teil dieses Kapitels soll auf das gesellschaftliche Phänomen der Homophobie und in der Diskussion der geplanten Bildungsplanreform in Baden-Württemberg eingegangen werden. Schließlich endet die Studie mit einer Schlussfolgerung und einem Ausblick. Aufgrund der besseren Lesbarkeit werden im Rahmen dieser Untersuchung grundsätzlich die männlichen, grammatischen Formen verwendet. Ich bitte dies zu entschuldigen und nachzusehen. Diese Entscheidung beruht allein auf der vereinfachten Lesbarkeit und deutet keinerlei männliche Dominanz an. 2, Definitionen: Zu Beginn der Untersuchung soll der Fokus auf Begriffen liegen, die für das weitere Verständnis im Verlauf der Ausführungen wichtig sind. Definitionen haben hier den Sinn, einen gemeinsamen begrifflichen Rahmen für den Verfasser und den Leser der Studie zu schaffen und eine Orientierung für die Argumentationen zu geben. 2.1, Sexuelle Vielfalt und Homosexualität: Der Begriff der sexuellen Vielfalt bezieht sich auf den gelebten Pluralismus von Lebensformen, sexuellen Orientierungen, Geschlechtsidentitäten und Geschlechtsinszenierungen. In gesellschaftspolitischen Kontexten kommt dieser Terminus häufig zum Tragen. Er überwindet die definitorisch engen Begrifflichkeiten von Sexualität und Sexualpraktiken und nimmt Bezug auf Identitäten und Lebensformen. Die sexuelle Identität ist das basale und fundamentale Selbstverständnis von Menschen, welche geschlechtlichen Wesen sie sind, wie sie sich selbst, also intrinsisch, wahrnehmen und wie sie nach außen hin, extrinsisch, wahrgenommen werden wollen. In dem Begriff der sexuellen Vielfalt sind sowohl das geschlechtliche Selbstverständnis (biologisches, psychisches und soziales Geschlecht) als auch die sexuelle Orientierung (Begehren) inkludiert. Der juristische terminus technicus der sexuellen Vielfalt subsumiert darunter Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie Trans- und Intersexuelle (LSBTI) (Kempe-Schälicke, 2014). Da im weiteren Verlauf der Ausarbeitung die Homosexualität einen Schwerpunkt bilden wird, soll nun an dieser Stelle jener Begriff definitorisch erläutert werden. Unter dem Begriff der Homosexualität soll folgende Definition als Fundament dienen: Oftmals wird Homosexualität nur auf Männer, die sich zu anderen Männern sexuell hingezogen fühlen, verwendet. Dies entspricht allerdings nicht der vollständigen Wahrheit. Auch etymologisch ist dies nicht zu begründen, denn das altgriechische Wort homo , das so viel wie gleich , und der lateinische Begriff sexus , der Geschlecht bedeutet, zeigt, dass hierbei beide Geschlechter gemeint sind, die sich zu dem je eigenen Geschlecht sexuell hinzugehörig fühlen (vgl. Duden Fremdwörterbuch, 2007). Es handelt sich somit bei der Homosexualität um eine sexuelle Präferenz für das eigene Geschlecht (vgl. Fröhlich, 2002). Allerdings treten vermehrt neuere Bezeichnungen für Homosexuelle auf, da dieser Begriff einen stigmatisierenden Beiklang beinhaltet (Anglowski, 2000, S. 7). Anstatt von Homosexuellen zu sprechen, trifft man innerhalb der (wissenschaftlichen) Literatur immer häufiger auf Begriffe wie gleichgeschlechtlich orientierte, gleichgeschlechtlich lebende oder auch gleichgeschlechtlich liebende Menschen. Unter dem erweiterten Homosexualitätsbegriff können auch bisexuell orientierte Menschen, also Menschen, die sich sowohl zu Männern als auch zu Frau sexuell hingezogen fühlen, subsumiert werden (Schack, 2011, S. 27 f.). 2.2, Homophobie: Unter Homophobie soll in Anlehnung an K. Wiesendanger Folgendes verstanden werden: Homophobie bezeichnet eine soziale, gegen Lesben und Schwule gerichtete Ablehnung bzw. Feindseligkeit und zeigt sich in destruktiven Verhaltensweisen gegenüber gleichgeschlechtlich Empfindenden (Wiesendanger, 2002). Homophobie wird in den Sozialwissenschaften zusammen mit Phänomenen wie Rassismus oder Sexismus unter den Begriff Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gefasst. Die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit steht im Gegensatz zu den Wertvorstellungen von Gleichwertigkeit und rechtfertigt Ideologien der Ungleichwertigkeit, die ihrerseits soziale Ungleichheit langfristig zementieren können (vgl. Heitmeyer, 2002). Der Begriff wurde in den 1960er Jahren von Georg Weinberg eingeführt. Hinter der Phobie steckt eine Feindseligkeit gegenüber Menschen mit einer homosexuellen Orientierung, weil sie homosexuell sind. Hier geht es um die generalisierte Zuschreibung von Merkmalen ohne Ansehen der anderen. Sie fußt auf einer Einstellung, die Personen tatsächlich oder zumindest scheinbar mit anderen Mitgliedern ihrer Bezugsgruppe gemein haben. Wer sich homophob äußert, homophob gestimmt ist oder homophob handelt, handelt so, weil damit geäußert werden soll, was auch andere aus dem sozialen Umfeld denken, fühlen oder tun. Selten ist die Homophobie eine persönliche Meinung, die auf rationalen Überzeugungen oder individuellen negativen Erfahrungen beruht. Es ist eben ein sexuelles Vorurteil. Der gemeinschaftliche und ideologische Charakter ist durch ein weiteres Merkmal definiert, das den alleinigen Blick auf die Homophobie leicht verstellt: Homophobie ist ein Element eines Syndroms der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (vgl. Kap.5.5). Die Verbundenheit der Homophobie in einem Syndrom der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit kommt in vier wesentlichen Eigenschaften der Homophobie zum Ausdruck: Homophobie geht mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Abwertungen zahlreicher anderer Gruppen einher. Es geht wie bei den anderen Abwertungen im Kern darum, Ungleichwertigkeit zu markieren, stabilisieren und legitimieren Homophobie dient dazu, Menschen mit homosexueller Orientierung als ungleichwertig zu definieren. Die Ursachen der Homophobie müssen nicht in einer feindseligen Ideologie oder negativen Erfahrung mit Homosexualität liegen. Alle Erfahrungen und Meinungen, die eine Ideologie der Ungleichwertigkeit erzeugen, können Homophobie befördern. Aus der Homophobie kann eine manifeste, am Verhalten festzumachende Diskriminierung und Schädigung von Personen mit homosexueller Orientierung hervorgehen. Sie kann darüber hinaus auch zur Diskriminierung und Schädigung anderer Gruppen führen, die als ähnlich ungleichwertig beurteilt werden (vgl. Heitmeyer, 2002). Die vier charakterisierenden Elemente umschreiben das Gefahrenpotenzial von Homophobie. Sie mag als lockere Einstellung erscheinen, aber in dem Maße, indem sie die Eigenschaften aufweist, ist sie ein gesellschaftlich oft unterschätztes Reservoir an Feindseligkeit, Abwertung und Stigmatisierung, die weit mehr als nur homosexuelle Menschen oder Gruppen trifft. Homophobe Einstellungen können sich zur menschenfeindlichen Ideologie und Handlungsgrundlage generalisieren. Sie dienen dazu, Ungleichbehandlung, Ausgrenzungen und Diskriminierungen zu begründen und zu rechtfertigen. Hassbasierte Übergriffe, Gewalttaten oder auch Angriffe auf Symbole und Einrichtungen zeugen von der Wucht der Homophobie.

Über den Autor

Tobias Vonderlehr (B.A.) wurde 1981 in Büdingen geboren. Sein Studium der Bildungswissenschaften an der FernUniversität in Hagen schloss er im Jahr 2014 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Bereits seit 2001, während des Studiums und in seiner Funktion als Leiter eines von ihm gegründeten Lern- und Förderzentrums sammelte er praktische Erfahrungen im Umgang mit jungen Menschen. Im Rahmen dieser Tätigkeit konnte der Autor sich ein Bild der Auswirkungen bildungspolitischer Entscheidungen auf die Entwicklung der jungen Menschen machen. Immer wieder auftretende Übergriffe auf homosexuell empfindende Menschen und die Debatte um den Bildungsplan in Baden-Württemberg motivierten ihn, sich der Thematik dieses Buches aus bildungswissenschaftlicher Sicht zu widmen.

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