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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Reichweite der Entscheidung sich beruflich mit Menschen mit Behinderung auseinanderzusetzen, wird für die Persönlichkeitsentwicklung in den wenigsten Fällen bewusst erfasst. Dass Fachkräfte eine positive Wirkung auf die ihnen anvertrauten Menschen haben, ist durchaus erwünscht. Verändern aber Menschen mit Behinderung auch ihre BetreuerInnen in ihren Einstellungen und in ihren Werten? Wenn ja, wie? In diesem Buch wird der Frage nachgegangen, welche Fähigkeiten durch die praktische Arbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung - unabhängig von der Ausbildung - entwickelt oder verfeinert werden. Der Fokus liegt auf den positiven Veränderungen mit der Absicht, Gewinne aufzuzeigen. Für Berufsanfänger könnten diese Informationen hilfreich sein, da gezeigt wird, was diese Arbeit zusätzlich für sie leisten kann. Diese Studie wendet sich einem Thema zu, das in der Fachliteratur vergleichsweise noch wenig präsent ist. Zudem eröffnet sie erste Einblicke und spannende Anhaltspunkte, die in diesem jungen, wenig erforschten Feld weiterverfolgt werden können, um einen konstruktiven Beitrag zur Vervollständigung des Bildes der Behindertenarbeit zu leisten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.4, Arbeit mit Menschen mit Behinderung: 2.4.1, Arbeit allgemein: LUDWIG VON MISES hat 1940 den Menschen als Produkt seiner Vergangenheit in jedem Augenblick des Daseins, als Ergebnis des Erbes seiner Vorfahren und dem, was er aus seinem Erbgut gemacht hat, bezeichnet. Die Ideen und Wünsche, die ihn erfüllen, stammen nicht nur von ihm, sondern haben die Prägung all seiner Vorfahren. Seine Zielsetzungen und Wege finden auf individuelle Weise Ausdruck, was auf die aktuellen Einflüsse jeglicher Art zurückzuführen ist. VON MISES betont ebenda, dass Sinn und Zweck des Handelns die Beseitigung von subjektiv empfundenem unbefriedigt sein ist (Vgl. S.593). Wenn unbefriedigt zu sein als treibende Kraft für Handlungen verstanden wird, wäre es denkbar, unter dem unbefriedigt sein auch den Wunsch zu vermuten, einer Beschäftigung nachzugehen, die sinnerfüllt ist. Etwas Sinnvolles in der Welt zu bewirken und mit Menschen zu arbeiten wird als einer der Hauptgründe im sozialen Bereich für den Berufswahl angegeben. LUCZAK (1998) versteht Erwerbsarbeit als Tätigkeit, bei dem der Ausübende mit anderen Menschen und Hilfsmitteln in Interaktion tritt. Dabei werden unter wirtschaftlichen Zielsetzungen Dienstleistungen erbracht und Güter erstellt, die direkt sowie indirekt zur Erhaltung der Existenz der Gesellschaft und des Auszuübenden dienen. Letzteres wird bedingt von der gesellschaftlichen Akzeptanz und Honorierung der Tätigkeit, die unter bestimmten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geplant, zielgerichtet und willentlich gesteuert ausgeführt wird. LUCZAK betont noch die Veränderung, die durch die verrichtete Arbeit in der materiellen und ideellen Umwelt und im Erleben der Arbeitenden eintritt (ebd. S.3). Dabei treffen die Anforderungen und der Bedarf des Arbeitsmarkts und die Interessen, Wünsche und Fähigkeiten der Menschen als Prozess der Annäherung aufeinander. Bei der Persönlichkeitsentfaltung durch die Arbeit werden im Optimalfall Selbstverwirklichung und Autonomiebestrebungen in die Arbeit so integrierbar, dass persönliche Ziele und Arbeitsziele komplementär verlaufen können (ebd. S.4). 2.4.2, Leistung: Die Leistungsideologie, die den Wert eines Menschen an seinen Leistungen in der Produktion von verwertbaren Produkten oder Dienstleistungen misst, begleitet uns alle von Kindesalter an. Damit ist die Bewertung durch Schulnoten in der Volksschule, bis zu der Identitätsbildung über den Beruf bis ans Lebensende gedacht. Die Gestaltungs- und Arbeitskraft stellt dabei den Schlüssel für Erfolg und Anerkennung dar. Gute Leistungen geben das Recht, sich überlegen und zu einer anerkannten gesellschaftlichen Schicht zugehörig zu fühlen. Das Erleben von Selbstwert ist dabei eng mit Leistungen verknüpft, weil es von Beginn des Lebens an vorgelebt und belohnt wird (vgl. LUCZAK 1998). 2.4.3, Lebenslanges Lernen: Der Aspekt des lebenslangen Lernens spielt in der Behindertenarbeit eine wichtige Rolle, weil in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung das Eintreten beidseitiger persönlicher Entwicklung ausdrücklich erwünscht ist. Entwickeln sich die Menschen mit Behinderung in ihren Fähigkeiten weiter, ‘müssen’ die betreuenden Fachkräfte ebenfalls mit einer Weiterentwicklung - auf einer für sie persönlich folgerichtigen Ebene - antworten. Es ist nicht zielführend sich dem inneren Stillstand zu ergeben und gleichzeitig zu erwarten, dass die betreuten Personen an Fähigkeiten oder Verhaltensweisen mehr Kompetenz zeigen. Diese Arbeit bedeutet eine andauernde Herausforderung sowohl auf der fachlichen, als auch auf der persönlichen Ebene, weil sich der Mensch und die Probleme mit seiner Umwelt im permanenten Wandel befinden. Hilfreich ist dabei, wenn die Fachkraft den Wunsch in sich verspürt, sich lebenslang weiter zu entwickeln, sowie sich die Fähigkeit vom Lernen des Lernens (als Methode) aneignen will. Wenn das nicht gegeben ist, kann man nicht von einer Arbeitskraft sprechen, die sich lange bewähren wird. Die lebenslange Ausübung eines Berufes wird für immer weniger Menschen möglich, deswegen gewinnt das lebenslange Lernen generell immer mehr an Bedeutung in der Arbeitswelt. Wie sich in den Interviews gezeigt hat, absolvieren viele Fachkräfte in der Behindertenarbeit zahlreiche Weiterbildungen und eignen sich auch relevante Fachkenntnisse in angrenzenden Disziplinen an, obwohl sich die Honorierung ihrer Arbeit in Österreich eher im unteren bis mittleren Einkommensfeld bewegt. Die Entlohnung ist meistens kein entscheidender Faktor bei der Berufswahl im Behindertenbereich, sondern eher eine allgemein idealistische Lebenseinstellung in Verbindung mit der eigenen Lebensgeschichte. SAAL schrieb 1998: ‘Erst wenn ich bei mir bleibe, kann ich es wagen, vom sicheren Grund des Eigenseins meinen Fuß auf das Terrain des Anderen zu setzen, um sein Land zu erkunden und dort als für mich vielleicht brauchbar Gefundenes in das eigene Lebenskonzept einzufügen’ (ebd. S.72). Es braucht Mut und ein hohes Maß an Authentizität und Reflexion, um sich zu trauen, Menschen, die offensichtlich so anders sind, zu begegnen, mit ihnen zu arbeiten und sich im Inneren berühren zu lassen. Die Arbeitsbeziehungen zu Menschen mit Behinderung gestalten sich intensiv und in reinster Form menschlich. Weil diese Menschen ihre innere Realität offen preisgeben und zu ungebremsten Gefühlsäußerungen neigen, entsteht häufig eine emotionsgeladene Atmosphäre - positiv wie negativ - die es auszuhalten gilt. BONFRANCHI zeigt 2010 in seinem Artikel ‘Mitleid’ den Versuch, Normalität vorzutäuschen, deutlich auf. ‘Wir müssen diesen Menschen in einer lebensbejahenden, positiven, freundlichen, humorvollen Art und Weise begegnen und so tun, als ob Als ob nichts wäre. Es ist aber trotzdem da. Die Behinderung bzw. die schwere Behinderung ist existent und es hat schon etwas Komisches, so zu tun, als ob nichts wäre. Hier tut sich ein Widerspruch auf, über den man sich, wenn man länger in diesem Feld arbeiten will und gut arbeiten will, m. E. Klarheit verschaffen muss. Tut man dies nicht, so läuft man Gefahr, einer Normalität nachzurennen, die es so nicht geben kann. Man muss diesen Widerspruch erkennen und mit ihm umgehen lernen’(ebd.). Menschen mit Behinderung wollen aber ‘normal’ behandelt werden, so wie jeder andere. Es bedarf einer professionellen Herangehensweise der Fachkräfte, diese paradoxe Gegebenheit zu erkennen und damit reflektiert umzugehen. So können durchaus entspannte und normale Situationen in der Arbeit entstehen und das Helfen bei Unterstützungsbedarf wie z.B. einem Toilettenbesuch wird als selbstverständlich und dazugehörend erlebt, obwohl es nicht üblich ist, solche intime Situationen miteinander zu teilen. Es ist ein menschliches Bedürfnis, zu mehreren Gruppen wie Familie, Nachbarschaft, Freundeskreis, ArbeitskollegInnen, etc. gehören zu wollen und genauso agieren zu können wie jene, die als gesund gelten und zur Mehrheit in der Gesellschaft gehören. Menschen mit geistiger Behinderung haben in der Regel außer ihrer Familie wenige andere sozialen Kontakte. Abhängig davon, wie selbständig sie leben können und wie attraktiv oder interessant sie für andere Menschen sind, kann das variieren, aber in der Regel beschränkt es sich auf nur wenige Kontakte. Umso wichtiger werden Arbeitsbeziehungen zu den Fachkräften erlebt und als Ersatz für Freundschaften verstanden und erlebt.

Über den Autor

Erika Schedler ist 1967 in Budapest geboren und dort aufgewachsen. Die Autorin erwarb einen Master of Science in Psychotherapie und arbeitet seit 1999 in verschiedenen Institutionen in Wien mit Kindern mit einer Behinderung oder einer Entwicklungsverzögerung und deren Eltern. Sie ist auch in der freien Praxis als Psychotherapeutin und Traumatherapeutin tätig und befasst sich in Artikeln und Texten mit zeitgeistigen Themen und Problemen der Menschen. Die Nähe zum Menschen dient ihr als Inspiration und Anstoß für die Weiterentwicklung ihrer Beobachtungen und Gedanken.

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