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Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Abb.: 12
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit den Problemen sozial benachteiligter Kinder und den Möglichkeiten der Intervention. Ansatzpunkt zielgerichteter Gesundheitsförderung ist die gesundheitliche Ungleichheit, welche aus sozialer Ungleichheit resultiert. Die Möglichkeiten der Gesundheitsförderung im Rahmen des Setting-Ansatzes werden am Beispiel Kindertagesstätte aufgezeigt. Der Nutzen von Netzwerkarbeit in der Gesundheitsförderung bildet den Schwerpunkt der Studie. Der Autor beschäftigt sich mit folgenden Fragestellungen: Was ist Kinderarmut? Besteht ein Zusammenhang zwischen Kinderarmut und Gesundheitsbeeinträchtigungen für Kinder? Wie lässt sich dieser Zusammenhang erklären? Welche Bedeutung kommt Gesundheitsförderung im Kindesalter unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Benachteiligung zu? Welches sind Möglichkeiten, Maßnahmen und Nutzen der Förderung? Die zentrale Frage beschäftigt sich mit dem Nutzwert von kooperativer gesundheitsfördernder Netzwerkarbeit und ihre Bedeutung für das Setting Kindertagesstätte. Probleme und Hindernisse der Netzwerkarbeit werden zudem erläutert.
Textprobe: Kapitel 2, Auswirkungen der Kinderarmut auf verschiedene Lebensbereiche: In verschiedenen Bereichen werden Kinder in ihrer Lebenslage durch Armut eingeschränkt, was ein Leben in sozialer Benachteiligung zur Folge hat. Die finanzielle Haushaltssituation nimmt entscheidenden Einfluss auf die Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen ein. Kinder, die in Armutshaushalten aufwachsen, haben kaum eine Chance der finanziellen Situation der Familie zu entrinnen, denn sie sind auf sie angewiesen und materiell abhängig. Viele Kinder die in armen Familien aufwachsen, kennen kein anderes Leben als das in Armut. Das Thema Geld bestimmt den Alltag sozial benachteiligter Familien und somit auch das Leben der Kinder. Sie schämen sich oftmals für die Situation ihrer Eltern und haben Angst mit ihren Freunden nicht mithalten zu können. Zudem hat Armut nachhaltige Auswirkungen auf die Gestaltung der Freizeitmöglichkeiten: Hobbies, Kleidung, Taschengeld und Urlaube sind hier zu nennen. Kinder messen sich an den Standards von Gleichaltrigen, welche von den einkommensstärkeren Haushalten aufgestellt werden. Können Kinder diese Standards nicht erreichen, verlieren sie schnell an Wertschätzung unter Gleichaltrigen. Was im schlimmsten Fall zur Ausgrenzung und Außenseiterdasein führen kann. Letztendlich kann der enorme Druck zum Abbruch sozialer Kontakte und Ausschluss aus dem Freundeskreis führen. Folglich kann es zu depressiven Störungen und Selbstwertkrisen kommen, die nicht selten zu einer nachhaltigen negativen Entwicklung führen. Eltern versuchen meist bei sich selbst noch mehr zu sparen, um die Armut ihrer Kinder etwas abzumildern. Gesundheit: In den Ausführungen von Bill und Trabert heißt es, dass Kinder die in Armut aufwachsen, später als Erwachsene eine schlechtere Gesundheit haben werden. Um diesen Zusammenhang zu erklären gibt es zwei gegenläufige Erklärungsansätze, die Kausations- und Selektionshypothese. Diese sollen nach Heinzel-Gutenbrunner erläutert werden. Der Kausationseffekt stammt von der Kausationshypothese ab, auch stress-and-strain- oder Präventionshypothese genannt. Sie besagt, dass erschwerte Lebenslagen sozial benachteiligter Menschen zu erhöhten Anforderungen und Belastungen führen. Dazu zählen einkommensabhängige Belastungen im Sinne von Wohnqualität, Arbeit und Ernährung, so Heinzel-Gutenbrunner. Hinweise auf den Kausationseffekt ergeben sich für Kinder. Kinderarmut macht krank, so Trabert. Der Selektionseffekt (Selektionshypothese, Drift-, Deprivationshypothese) beschreibt, dass kranke Menschen häufiger von Armut betroffen sind. Dieser Effekt tritt überwiegend bei Erwachsenen auf. Gesundheitliche Schädigungen in frühen Lebensjahren führen zu Beeinträchtigungen im Berufsleben, mit der Folge von geringem Lohn. Dieser Effekt wird als `natürliche Selektion` bezeichnet Bei Erwachsenen liegt vorwiegend soziale Selektion vor, indem chronisch schlechte Gesundheit das Armutsrisiko erhöht. Subjektiver Gesundheitszustand: Die Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KIGGS) vom Robert Koch-Institut ergaben, dass der subjektive Gesundheitszustand von Kindern in Familien mit niedrigem Sozialstatus deutlich schlechter ausfiel als bei Kindern mit hohem Sozialstatus. Befragt wurden Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 11- 17 Jahren (N=6813). Sie wurden gefragt, wie sie ihren Gesundheitszustand einschätzen. Mit 19,7% bezeichnen Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus ihren Gesundheitszustand als `sehr gut `, dagegen Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus antworteten auf die gleiche Frage mit 26,6%. Mund- und Zahngesundheit: Auch beeinträchtigt die prekäre soziale Lage der Eltern die Mund- und Zahngesundheit ihrer Kinder. Zwar hat sich seit Mitte der 70er Jahre die Mundhygiene bei Kindern insgesamt verbessert, jedoch besteht nach wie vor ein Zusammenhang mit der sozialen Lage. Zwischen der Nutzung von zahnprophylaktischen Maßnahmen und Zahnerkrankungen besteht ein Zusammenhang mit der sozialen Lage, besagt eine Untersuchung der Gesetzlichen Krankenversicherung. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder in sozialer Benachteiligung eine schlechtere Mundgesundheit im Bereich Karies und Parodontose aufweisen, als Kinder aus besser gestellten Lebenslagen. Medizinisch relevante Befunde: Im medizinischen Bereich sind in einer Studie des Landes Brandenburg zahlreiche relevante Befunde festgestellt worden, bei Kindern mit niedrigem, aber auch bei solchen mit hohem Sozialstatus. Diese wirken sich auf die Gesundheit aus. Die exemplarische Bestandsaufnahme im Landkreis Oberspreewald-Lausitz belegt, dass mit abnehmendem Sozialstatus gravierende Gesundheitsstörungen zunehmen. Somit ergibt sich ein erhöhter medizinischer Handlungsbedarf bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien. Besonders herausragend sind die intellektuellen Entwicklungsverzögerungen, die mit abnehmenden Sozialstatus um das zehnfache ansteigen. Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen sinken um das dreifache mit zunehmenden Sozialstatus. Auch andere Untersuchungen ergaben, dass Kinder, die in Armut leben sich psychisch auffällig verhalten. Genannt werden Zeichen der Ängstlichkeit, Depressivität, Niedergeschlagenheit, Hilflosigkeit, Rückzug, verstärkte Anfälligkeit für Stress, Ärger, sowie aggressives Verhalten. Eine ausschließlich auf die Gesundheit fokussierte Sichtweise ist unangebracht, da Armut sich auf drei weitere Lebensbereichdimensionen auswirkt. Die nachfolgenden zwei Tabellen zeigen den Unterschied zwischen armen und nicht- armen Kindern in den wesentlichen vier Lebensbereichdimensionen. Zur Erklärung: 40% der in relativer Armut lebenden Kinder haben Defizite in der Grundversorgung bei den nicht armen Kindern sind es nur 14,5%. In allen vier Lebenslagebereichen sind bei armen Kindern im Vergleich zu nicht-armen Kindern deutlich häufiger Einschränkungen beziehungsweise Auffälligkeiten zu beobachten (Anm. d. Verf.). Defizite in der Grundversorgung zeigen sich durch fehlendes bzw. unregelmäßig gezahltes Essensgeld oder andere Beiträge für Aktivitäten der Einrichtungen. Auch Hunger und Defizite in der Körperpflege zeigen deutliche Auffälligkeiten in der Grundversorgung. In der gesundheitlichen Versorgung zeigten sich weniger starke Unterschiede im Vergleich der nicht- armen Kinder. Jedoch sind körperliche Entwicklungsrückstände bei armen Kindern häufiger zu beobachten. Im Sozialverhalten zeigte die Untersuchung, dass arme Kinder weniger den Kontakt zur Gruppe suchen. Sie verhalten sich überwiegend passiv und äußern seltener Wünsche. Eine Tendenz der Ausgrenzung von armen Kinder im Unterschied zu nicht armen Kinder ist zu beobachten. Der Lebensbereich kulturelle Lage wies enorme Defizite im Sprach- und Spielverhalten auf. Die Chance den Übergang in eine Regelschule zuschaffen, ist bedeutend geringer als bei nicht armen Kindern. Die Vergleichsuntersuchung vier Jahre später: Die Vergleichsuntersuchung im späten Grundschulalter weist eine deutliche Verschlechterung der Grundversorgung bei armen Kindern auf. Jedoch hat sich die gesundheitliche Lage leicht verbessert. Die soziale- und kulturelle Lage der armen Kinder ist relativ stabil geblieben. Wohnraum: Als ein weiterer wesentlicher Faktor für eine positive Kindesentwicklung wird ausreichend Raum gesehen. Arme Kinder leben vermehrt in beengten Wohnraumverhältnissen. Häufig fehlt ein Rückzugsort der Ruhe und Erholung bietet. Infolgedessen treten oftmals Nervosität und Konzentrationsstörungen auf. Wichtige Sozialisationsschritte können nur vollzogen werden, wenn ausreichend Raum zur eigenen Verfügung steht. Kinder brauchen Platz, um sich zu entfalten und sich zurückzuziehen. Klocke/Lampertsehen eine gesundheitliche Gefahr bezüglich Wohnraum und Umfeld. Menschen mit niedrigem Sozialstatus sind einer höheren Luft- und Lärmbelastung ausgesetzt, da sie oft an stark befahrenen Straßen leben. Zum anderen sind in sozial schwachen Wohngebieten Grünflächen und Spielmöglichkeiten nur gering vorhanden, so dass Spiel und Entfaltungsmöglichkeiten nur begrenzt möglich sind. Bietet die Wohnung zu wenig Platz für ein Kind oder den Jugendlichen, werden sie nach draußen verwiesen. Bei Kindern aus unteren sozialen Schichten besteht im Spielverhalten das Phänomen, dass sie seltener in der Wohnung spielen und andere Kinder einladen dürfen. Der Deutsche Städtetag bezeichnet Wohnraum im sozialen Brennpunkt in denen Faktoren, die die Lebensbedingungen ihrer Bewohner und insbesondere die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen negativ bestimmen, gehäuft auftreten . Ernährung: Eine weitere Auswirkung von Armut zeigt sich im ungesunden Ernährungsverhalten der Kinder. Fehl- und Mangelernährung in der Kindheit wirken sich auf den Gesundheitszustand gravierend aus und haben nicht selten Folgen im Erwachsenenalter. Zu den Spätfolgen zählen Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wie eine Untersuchung der KIGGS-Studie ergab, sind besonders Kinder aus sozial benachteiligten Familien von Adipositas betroffen. Demnach sind 6,3% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig. Die KIGGS-Studie zeigt deutlich, dass Kinder mit niedrigem Sozialstatus am häufigsten unter Adipositas leiden. Besonders deutlich wird der Abstand in den ältesten Altersgruppen. Hier liegt die Adipositasquote bei den Kindern mit niedrigem Sozialstatus doppelt so hoch, als bei Kindern mit mittlerem Sozialstatus (Anm. d. Verf.). Ergebnisse des Experiments des Magazins `Planet Wissen` ergaben, dass eine Mutter mit ihrem zehnjährigen Kind für gesunde Ernährung mindestens 10 Euro täglich benötigt. Jedoch stehen einer Arbeitslosengeld II Empfängerin mit ihrem zehnjährigen Kind real ca. 7 Euro für Lebensmittel zur Verfügung. So hat mangelnde gesunde Ernährung aufgrund fehlender finanzieller Mittel Auswirkungen auf die Gesundheit, aber auch auf soziale Kontakte. Essen und Trinken ist nicht nur lebensnotwendig, sondern hat auch soziale Aspekte. Kinder leiden besonders unter den eingeschränkten finanziellen Mitteln. So können z.B. Kindergeburtstage nicht stattfinden, da das Geld für einen Kuchen fehlt. Ergebnisse einer Befragung von 100 Ulmer Sozialhilfeempfängerinnen ergab, dass die Bewältigung der Alltagsprobleme Vorrang hat vor gesunder Ernährung. Allerdings um die Probleme und Auswirkungen von Armut, für ihre Kinder ein wenig abzufangen, kaufen Mütter ihnen Süßigkeiten, die jedoch oftmals sehr ungesund sind. Sie wollen ihnen damit etwas Gutes tun, um den Außenseiterstatus in der Kindertagesstätte oder Schule zu vermeiden. Auch eine Studie von Klocke belegt, dass Kinder sich in unteren sozialen Schichten deutlich ungesünder ernähren, als Kinder in oberen Schichten. So wird beschrieben, dass Kinder aus ärmeren Familien weniger Vollkornbrot, Gemüse und Obst essen, als Kinder aus wohlhabenden Familien. Arme Kinder verzehren mehr Chips, Pommes Frittes und Süßgetränke. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass umso positiver die sozialen Lebensbedingungen sind, desto besser ist die Qualität der Ernährung. Im Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass soziale Ungleichheitsstellung einen kontinuierlichen Effekt auf das Ernährungsverhalten der Kinder und Jugendlichen ausübt, so Klocke. Das Ernährungsverhalten steht im engen Zusammenhang mit dem sozialen Milieu […] verstanden als Bündelung von ökonomischen, sozialen und kulturellen Ungleichheiten . Das soziale Milieu wird für Verhaltensmuster der Menschen verantwortlich gemacht. Klocke sieht darin den Beweis, dass Eltern einen starken Einfluss auf Verhaltenweisen der Kinder ausüben. Eltern übertragen durch ihre Erziehung milieu- und soziallagenspezifisch Verhaltensmuster auf ihre Kinder und setzen somit den Prozess der Weitergabe von sozialer Ungleichheit in Bewegung. Jedoch weisen Eltern ein positives Unterstützungsverhalten auf, kann sich dieses gesundheitsförderlich auswirken.
Jochen Lenzen, examinierter Krankenpfleger, Diplom Sozialarbeit Studium an der Fachhochschule Frankfurt, Praktika in der AGTUWas Sozialhilfeberatung, Auslandspraktikum in Indien, Schuldnerberatung.
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