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- Gesundheit und soziale Schicht: Österreichs Gesundheitswesen als Problemfall
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 176
Abb.: 36
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Menschen achten oftmals nicht nachhaltig und behutsam auf ihre Gesundheit, da neben Fehlernährung, Bewegungsmangel bzw. einseitiger Belastung des Bewegungsapparates auch eine bewusste Schädigung der Gesundheit durch den Konsum von legalen bzw. illegalen Substanzen in Kauf genommen wird. Jedoch wird von jedem Individuum erwartet, dass im Anlassfall alle erdenklichen Maßnahmen für die Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der eigenen Gesundheit unternommen werden - ganz gleich, wie viele Kosten dadurch entstehen. Auf der einen Seite sind die Menschen in Österreich in der glücklichen Lage, unabhängig von Geschlecht, Religion, sozialem Status usw. im Akutfall die gleichen medizinischen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Auf der anderen Seite wird von den PatientInnen in Österreich das Gesundheitssystem, glaubt man den Zahlen der OECD, übermäßig viel in Anspruch genommen. Hier ist vor allem auf die überproportional hohe Anzahl an diagnostischen Untersuchungen zu verweisen, welche, speziell in Oberösterreich, verglichen mit internationalen Daten, an der Spitze liegen. Genau hier beginnen die Kosten multiplikativ zu steigen, da der Moral Hazard durch die PatientInnen, aber auch durch die Ärztinnen und Ärzte bzw. Krankenhausträger zu tragen kommt. Die PatientInnen denken im Ernstfall nämlich zumeist nicht an die verursachten Kosten und die Träger haben großes Interesse daran, dass die für die Diagnostik zur Verfügung gestellten Geräte und Instrumentarien eingesetzt werden. Mit einer höheren Anzahl an Untersuchungen steigen die Skalenerträge des jeweiligen medizinischen Gerätes, weil die durchschnittlichen Kosten pro Untersuchung sinken, die Vergütung pro Untersuchung jedoch gleichbleibt. In diesem Buch wird eine der größten Studien weltweit vorgestellt, welche die PatientInnen im Anlassfall befragt. Hiermit wird versucht, einen etwaigen Zusammenhang von sozialer Herkunft mit der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und der Notwendigkeit des Aufsuchens einer Akutambulanz in einem Krankenhaus aufzeigt und in Verbindung zu setzen. Schlussendlich sollen zwei Möglichkeiten aufgezeigt werden, die zu einer etwaigen Kostendämpfung bei gleichbleibend guter Gesundheitsversorgung beitragen könnten. Dabei vertritt der Autor die Meinung, dass Selbstverantwortung das Zauberwort ist, welches im Gesundheitswesen in den nächsten Jahren Einzug halten muss.
Textprobe: Kapitel 5.6, Kritik am Wohlfahrtsstaat: Soziologie vs. Ökonomie: Betrachtet man den Sozial- und Wohlfahrtsstaat aus soziologischer Sicht, muss man sich primär die Frage stellen, ob es hier überhaupt eine Kritik geben kann, oder handelt es sich hier um eine Allianz, welche das Ziel verfolgt, dass die Wohlfahrt der Menschen - mit Bedacht auf deren Möglichkeiten und den sozialen Zusammenhängen - zu fördern ist. Nimmt man z.B. die gesetzliche Rentenversicherung zeigt sich, dass diese für die meisten Ökonomen als eine dysfunktionale Einrichtung gilt, die auf eine Grundsicherung zu beschränken sei, jedoch von Seiten der meisten Soziologen als eine in Grunde genommen gute Lösung eines Problems, für sozialer Ausgewogenheit gesehen wird. Ich möchte mich hier an Luhmann halten, der zwei Kritikpunkte aus soziologischer Sichtweise am Sozial- und Wohlfahrtsstaat anbringt: In seiner ersten Kritik sagt er, dass die einem Wohlfahrtsstaat zur Verfügung stehende Steuerungsinstrumente wie Geld, Recht und Bürokratie begrenzt vorhanden und eingesetzt werden können. In keinem anderen Politikfeld - wie der Sozial- und Wohlfahrtspolitik - sind auf die Motive und Handlungsbereitschaften von der gesamten Wohnbevölkerung Acht zu geben. Die Leistungsverwaltung bedient sich der generalisierten Medien Recht und Geld, hat kann diese Motive nicht zureichend hervorbringen und ansprechen. Als die ‘große Alternative zur Organisation’, vor allem im Bereich von individuellen sozialen Dienstleistungen - dem people processing - befürwortet Luhmann die Professionalisierung als Strategie, welche jedoch mangels Legitimation, nur begrenzt rationalisierbar ist. In seiner zweiten Kritik spricht Luhmann das Potential des sich grenzenlos Ausweitenden Wohlfahrtsstaates an. Auch hier argumentiert Luhmann vor allem differenzierungstheoretisch, da es für Ihn typisch ist, dass er den Integrationsaspekt sozialer Differenzierung vernachlässigt. Das politische System puffert sich aufgrund einer operativen Schließung von seiner Umwelt ab, wodurch die Möglichkeit geschaffen wird, systemintern immerwährend neue zu lösende Probleme zu erzeugen. Dies würde auch dann stattfinden, wenn die Problemlösung nicht im tatsächlichen Möglichkeitsbereich des politischen Handelns liegt. Diese Selbstzuschreibung von Aufgaben kann nur durch das Wirksamkeitspotential der verantwortlich zeichnenden Leistungsverwaltung begrenzt werden. Die Gesellschaft erfährt - auch wenn dies für die meisten Beobachter nur schwer zu denken ist - gleichermaßen immer mehr ökonomisiert, verwissenschaftlicht und politisiert. Die Funktionssysteme werden aufgrund der eigendynamischen Autonomie zu gegenseitigen Belastungen. Das Spannungsfeld von Wirtschaft und Sozial- und Wohlfahrtsstaat bzw. Familie und Wohlfahrtsstaat ist nur zwei Varianten dieses umfassenden Problems einer funktional differenzierten Gesellschaft. Hier kann für das Gesundheitswesen verlagerte Problem der ‘Finanzierung aus einer Hand’ genannt werden, da das Interesse der Krankenkassen dort angesiedelt ist, dass PatientInnen möglichst lange im intramuralen Bereich gepflegt und ärztlich betreut werden, da dadurch keine Besuche im extramuralen Segment und somit keine Kosten für die Krankenversicherung anfallen. Im Gegensatz dazu hat der Gesundheitsfonds ein hohes Interesse daran, die Verweildauer der PatientInnen im stationären Bereich möglichst kurz zu halten und somit die Weiterbetreuung in die Hände der niedergelassenen Ärzte legt. Dies führt mitunter sicher auch zu Fällen, wo PatientInnen nach kurzer Entlassungszeit wiederum auf stationäre Behandlung angewiesen sind. Dafür sprechen auch die Statistiken der OÖGKK, dass zwar die Verweildauer in den Krankenhäusern kontinuierlich abnimmt, jedoch die Anzahl an Aufnahmen rapide ansteigen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Wohlfahrtsstaat - für den differenzierungstheoretischen Ansatz in der Soziologie - lange als Problemlösung, indem er als Instrument der Integration differenzierender Gesellschaften galt. Bereits Max Weber, welcher dies schon früh erkannte und in diesem Fall als Vordenker gilt, immer mehr als - zumindest teilweiser - Problemfall angesehen wird, da diese vor allem im Zeitalter des ausgebauten Wohlfahrtsstaates - welcher auch als massendemokratischer Wohlfahrtsstaat bezeichnet werden kann - greifbar wurden. Es gibt natürlich eine Vielzahl von ökonomischen Reformvorschlägen und an Analysen, jedoch möchte ich, vor allem mir einige jene kurz skizzieren, welche sich mit Effizienz beschäftigen. Es kann grundsätzlich dann von Effizienz gesprochen werden, wenn es nicht möglich ist, bei gleich bleibender Faktorenausstattung von einem Gut mehr zu produzieren ohne dass von einem anderen Gut zur gleichen Zeit weniger produziert wird. Umgelegt auch Individuen würde es bedeuten, dass Pareto-effizienz vorherrscht, wenn es unmöglich ist, ein Individuum besser zu stellen, ohne im Gegenzug ein anderes Individuum schlechter zu stellen. Es wäre somit nur in einem effizienten Zustand möglich, dass keine volkswirtschaftlichen Ressourcen verschwendet werden. Dass ein effizienter Zustand einem nichteffizienten vorzuziehen sein, ist die Grundmaxime der Ökonomen. Damit sich diese Effizienz auch in den Sozialsystemen und somit im Wohlfahrtsstaat durchsetzten kann, ist es für Breyer unausweichlich, dass in diesem mehr Markt und somit mehr Wettbewerb aber auch mehr Eigenverantwortung Einzug hält. Somit muss man sich ja zwangsläufig die Frage stellen ob Effizienz immer gut ist und daher die Reformen des Sozial- und Wohlfahrtsstaates unter dem Primat der Effizienz zu erfolgen haben. Viele von den vorgestellten ökonomischen Reformvorschlägen suggerieren genau diese Wichtigkeit und Unausweichlichkeit von Effizienz und beinhalten somit eine normative Komponente. ‘Die Wertschöpfung muss Priorität über die Frage bekommen, wie das Produzierte gerecht verteilt wird.’ Diese Betrachtungsweise von Zimmermann beruht auf der Wertvorstellung, dass ein höheres Sozialprodukt immer besser ist als ein geringeres und zugleich das Mehr an Sozialprodukt zu mehr sozialer Gerechtigkeit und Solidarität führt.
Leonhard Heinzl wurde 1972 in Oberösterreich geboren und studierte an der JKU in Linz Betriebswirtschaft und Soziologie. Darüber hinaus absolvierte er einen Masterlehrgang an der Fachhochschule in Linz für Service in General Interest und ein Postgraduales Studium an der WWEDU mit dem Schwerpunkt Gesundheitsmanagement. Nachdem er 17 Jahre lang in einer Non Profit Organisation im Gesundheitsbereich tätig war, arbeitet er nun für einen Pharmakonzern im Management. Als Unternehmensberater führt und begleitet er mehrere Studien für Institutionen im Gesundheitssystem.
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