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Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 138
Abb.: 29
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Für die Zielgruppe der immobilen Menschen im Vierten Lebensalter, gibt es immer noch zu wenige Angebote. Meistens werden andere Personengruppen, wie z.B. die mobilen älteren Menschen, wesentlich mehr in der Altenhilfe beachtet. Für diese Personengruppe werden allmählich unterschiedliche Ansätze entwickelt. Motogeragogik, ursprünglich primär für vitale, fitte, ältere Personen angeboten, wurde erst später auch auf die Personengruppe der immobilen Menschen im Vierten Lebensalter ausgedehnt. Dieser Ansatz hat sich zwischenzeitlich auf Grund seiner ausführlichen theoretischen Grundlagen und seiner praktischen Anwendung, etabliert. Das gleiche gilt für den Snoezelenansatz. Auch er wurde ursprünglich für eine andere Personengruppe, nämlich für Menschen mit (Schwerst-)Behinderung(-en), konzipiert. Über Umwege wurde die Zielgruppe der älteren Menschen und damit auch der immobilen Menschen im Vierten Lebensalter den vorherigen Zielgruppen hinzugefügt. Das Konzept des Sinneswagens wurde für die Personengruppe der immobilen Menschen im Vierten Lebensalter entwickelt. Es ist wichtig, dass diese Zielgruppe größere Beachtung in der Altenhilfe findet. Im Rahmen des demographischen Wandels steigt die Anzahl der älteren und hochaltrigen Menschen in Deutschland in den nächsten Jahren immer weiter an. Dieser Wandel ist in der Altenhilfe zu berücksichtigen und wird diese zwangsläufig vor neuen Herausforderungen stellen. Daraus folgend wird u.a. der Bedarf an Angeboten für ältere und hochaltrige Menschen und immobiler Menschen im Vierten Lebensalter steigen. Aus diesem Grund ist das Sinneswagen-Konzept ein wertvoller ergänzender Baustein, der ein Anwendungsfeld in der Altenhilfe, insbesondere für die oben genannte Zielgruppe, finden kann.
Textprobe: Kapitel 5.2, Zielgruppen der Motopädagogik In diesem Kapitel werden die Zielgruppen der Motopädagogik genannt und Einrichtungen in denen Motopädagogik angewandt wird. Die Motopädagogik kann bei unterschiedlichen Zielgruppen angewandt werden: wahrnehmungs- und bewegungsbeeinträchtigte Kinder, hyperaktive und hypoaktive Kinder, ängstliche und gehemmte Kinder und Jugendliche, aggressive und verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche, sprachauffällige Kinder und Jugendliche, adipöse Kinder und Jugendliche, Kinder und Jugendliche mit ausgeprägten Lern-, Leistungs- und Verhaltensstörungen, sowie mit Wahrnehmungs- und Bewegungsstörungen. Motopädagogik wird auch in verschiedensten Einrichtungen angewandt: in Beratungs- und Förderstellen z.B. der Frühförderung, Erziehungsberatung und dem Gesundheitsamt in klinischen Einrichtungen und Krankenhäusern mit speziellen Abteilungen, wie z.B. der Sozialpädiatrie, Neuropädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und im Suchtbereich in sozial- und heilpädagogischen Einrichtungen z.B. in Heimen, integrativen Kindergärten und Sonderkindergärten, Werkstätten für Menschen mit Behinderung(-en), sowie Alten- und Pflegeheime in schulischen Einrichtungen wie z.B. Sonder- und Grundschulen, sowie Schulkindergärten in Bildungs- und Freizeiteinrichtungen z.B. in Behindertensportvereinen und Familienbildungsstätten in Vereinen und Praxen, sowie in Fort- und Weiterbildungseinrichtungen. Also ist die Spannweite der Zielgruppen sehr weit gefächert. Zielgruppe Menschen im Vierten Lebensalter: In diesem Unterkapitel wird auf die Motogeragogik bei der Zielgruppe von Menschen im Vierten Lebensalter eingegangen. ‘Bewegung ist Leben oder Leben ist Bewegung’ ist eine Kernthese der Motologie. Darüber hinaus ist Bewegung ein Aspekt der alltäglichen Wirklichkeit und damit des täglichen Lebens. Die individuelle und soziale Wirklichkeit üben Einfluss auf die Bewegung aus. Bei der Motogeragogik wird zwischen vier Dimensionen der Motorik unterschieden: Die instrumentelle Dimension bezieht sich darauf, dass der Mensch seinen Körper und die damit verbundenen Bewegungsmöglichkeiten benötigt, um handeln zu können. Damit Ziele bzw. Pläne erreicht werden können, muss Bewegung eingesetzt werden. Vor dem Trinken muss z.B. ein Getränk in einen Becher eingegossen und daraufhin der Becher an den Mund geführt werden, der Kopf und der Arm mit der Hand so gehalten werden, dass der Becher den höchsten Punkt einnimmt, so dass das Trinken möglich ist. Also sind bei diesem Vorgang, die unterschiedlichsten Bewegungen nötig, um die Handlung durchzuführen. Im Erwachsenenalter werden die meisten Bewegungen unbewusst eingesetzt, aber mit ansteigendem Alter müssen immer mehr Handlungen bewusst und konzentriert durchgeführt werden, damit sie erfolgreich ausgeführt werden können. Lässt die Feinmotorik nach, werden Handlungen wie z.B. Briefe schreiben und Formulare ausfüllen, erschwert, Nahrungszubereitung, Hausarbeit und Körperpflege sind nicht mehr selbstständig zu erledigen, wenn dann die Selbstversorgung auch mit unterstützender Hilfe nicht mehr gewährleistet werden kann, ist häufig der Einzug in ein Altenheim das Ergebnis. Die erkundende Dimension zielt auf die Bewegung ab, als Medium um Erkenntnisse über Gegenstände und die physikalische Beschaffenheit der Umwelt zu erzielen. Neue, unbekannte Gegenstände werden mit den einzelnen Sinnen wahrgenommen. Ein Beispiel hierfür ist ein als Elefant geformtes blaues Stück Seife. Es wird in die Hand genommen, gedreht und gewendet. Das Gewicht wird geprüft, der Geruch und wie sich die Oberfläche der Seife anfühlt. Dies sind alles Bewegungshandlungen, die dazu dienen Erkenntnisse und damit Wissen über die Dinge der Welt zu sammeln und wie man mit diesen Gegenständen umgehen kann. Sensomotorische Erkenntnisgewinnung ist ein grundlegender Teil der Intelligenz. Höhere kognitive Funktionen, wie z.B. schlussfolgerndes Denken, abstrakte Zusammenhänge erkennen, gehen bei Abbauprozessen des Gehirns verloren, sensomotorische Erkenntnisgewinnungen jedoch bleiben erhalten. Über dieses materielle Umgehen mit der Umwelt realisiert sich der Umweltbezug einer Person. Leider kann sich diese Art der Erkenntnisgewinnung, wenn sie nicht regelmäßig angewandt wird, mehr und mehr einschränken und in Vergessenheit geraten. Dies grenzt ältere Menschen ein. Die soziale Dimension meint, dass Bewegung als Medium benutzt wird, um soziale Beziehungen zu verwirklichen. Soziale Kontakte sind ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen. Wenn Bewegungs- und verbale Kommunikationsfähigkeiten sich verringern, erschwert es die Aufrechterhaltung und Gestaltung von sozialen Beziehungen. Soziale Interaktionen sind für jeden Menschen notwendig, auch wenn verbale Kommunikation durch krankheitsbedingte Einschränkungen erschwert oder unmöglich geworden ist, gibt es weiterhin ein Bedürfnis nach sozialer Nähe. Die personale Dimension bezieht sich auf die unweigerliche Verbindung von Bewegung und Körper mit der Persönlichkeit eines Menschen. Es gibt eine so untrennbare Verknüpfung zwischen Körper und Psyche, Bewegung und Ich, dass eine wechselseitige Beeinflussung zwischen diesen Teilen stattfindet. Körperliche Behinderungen sowie Mobilitätseinschränkungen können sich im Alter auf das psychische Wohlergehen und sogar auf die Persönlichkeit auswirken. Eine Einschränkung an Handlungsmöglichkeiten, die nicht mehr durchgeführt werden können, muss erst einmal verarbeitet werden. Wenn Bewegung gefördert wird und Bewegungsabläufe wieder durchgeführt werden können, hat dies einen positiven Einfluss auf die Befindlichkeit und auf die Persönlichkeit der älteren Person. Bei der Motogeragogik sollten nicht allgemeine Normen der Entwicklung aufgestellt werden, sondern das individuelle Verhalten des Individuums mit der Berücksichtigung des kalendarischen Alters Berücksichtigung finden. Die enge wechselseitige Verknüpfung von somatischem und geistigem, von physiologischem und psychischem Geschehen ist für das Mobilitätsverhalten bei älteren Menschen prägend. Die Altersvariable hat lediglich eine untergeordnete Rolle bei Veränderungen der Reaktionsfähigkeit von Bewegung. Durch spezifische regelmäßige Aktivitäten und Übungen können neurophysiologische Veränderungen, also eine Verlangsamung physiologischer Reizleitungsvorgänge, im Bezug auf die Reaktionszeit kompensiert werden. Gleichgewichtsfähigkeiten gehören auch zu entwicklungsbedingten Veränderungen, wie die Reaktionsfähigkeit. Durch eine hohe Anzahl von Wahrnehmungs- und Bewegungsmustern können spezifische Gleichgewichtsleitungen erlernt werden. Jedoch wenn diese Wahrnehmungs- und Bewegungsmuster verloren gehen, die mit funkionellem Verlust von vestibulären und kinästhetischen Sinnesleistungen verbunden sind, liegt auch eine Verringerung der Gleichgewichtsleistungen vor. Gleichgewichtsleistungen haben bei älteren Menschen eine lebenswichtige Bedeutung, da Stürze meist zu Knochenbrüchen und damit zu längerfristigen Mobilitätseinschränkungen führen. Deshalb ist eine Förderung der Wahrnehmungs- und Bewegungsmuster in der Motogeragogik wesentlich. Zum weiteren Verständnis sollten Definitionen der Begriffe Kinästhesie und Vestibulum noch angegeben werden. Nach dem Brockhaus lautet die Definition von Kinästhesie, ‘kinästhetische Empfindungen [zu griech. Kinein >bewegen< und aísthesis >Empfindung<], Bewegungsempfindungen, Bewegungssinn, Kinästhesie, die Fähigkeit vieler Wirbeltiere und des Menschen, die über Propriorezeptoren wahrgenommene Stellung der Körperteile zueinander sowie Lage und Bewegungsrichtung derselben im Raum (v.a. unbewusst reflektorisch) zu kontrollieren und zu steuern’. Die Definition von Vestibularapparat, sowie den Vestibularreflexen und dem Vestibulum lauten nach dem Brockhaus, ‘Vestibular|apparat [v-], Teil des Innenohrs, Ohr.’, ‘Vestibular|reflexe [v-], von Rezeptoren im Innenohr ausgelöste Reflexe, die der Erhaltung des Gleichgewichts dienen. Man unterscheidet die bei ruhiger Körperhaltung auftretenden statischen Reflexe, die bestimmte Haltungen von Körperteilen zueinander oder bestimmte Stellungen des Körpers im Raum bewirken (z.B. das Gegenrollen der Augen bei seitl. Neigung des Kopfs), und die statokinetischen Reflexe, die bei Bewegung auftreten und selbst die Form einer Bewegung annehmen können’ und ‘Vestibulum [v- lat. >Vorhof<, >Vorplatz<] das, -s/…la, […] 2) Anatomie: Vorhof, […] i.e.S. der Vorhof im Innenohr, der zur Schnecke und den häutigen Bogengängen überleitet und in dem Sacculus und Utriculus liegen’. Nach diesen Definitionen sind kinästhetische Sinnesleistungen, also Sinnesleistungen, die die Wahrnehmung von Körperteilen zueinander, sowie die Lage und Bewegungsrichtung der Körperteile einer Person in einem Raum, der Person angeben. Die vestibulären Sinnesleistungen sind die Wahrnehmung des Gleichgewichtssinns einer Person.
Benedikt Bögge, geb. 1984 in Neuenkirchen in Nordrhein-Westfalen. Er hat an der Kath. Fachhochschule in Mainz Soziale Arbeit studiert. Seine beiden integrierten Praxissemester hat er in der Pro Seniore Seniorenresidenz Frankenhöhe in Mainz durchgeführt und im Anschluss 1,5 Jahre als Honorarkraft in dieser ambulanten und stationären Altenhilfeeinrichtung gearbeitet. Seit September 2008 arbeitet er in der beruflichen Bildung beim Kolping-Bildungswerk des Diözesanverbandes Münster GmbH.
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