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- Entwicklung sozialer Kompetenz durch Tiergestützte Therapie: Mit beispielhaftem Konzept einer Kinder- und Jugendfarm
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Menschen sind während ihres ganzen Lebens auf die Interaktion mit ihren Mitmenschen angewiesen. Entsprechend benötigen sie für einen gelingenden Kontakt soziale Fähig- und Fertigkeiten, die sie zunächst erwerben müssen. Diese sozialen Kompetenzen sind seit Jahren Gegenstand psychologischer Forschung. Da mangelnde soziale Kompetenzen weitreichende Konsequenzen haben können, werden diverse Trainingsprogramme zur Prävention und Intervention angeboten. Die Autorin setzt sich mit der Frage auseinander, inwiefern Tiere als therapeutische Helfer bei der Entwicklung von sozialen Kompetenzen hilfreich sein können. Der Wunsch nach Tierkontakt ist weitgehend ungebrochen. In diesem Buch wird der Kontakt und vor allem die Beziehung zum Tier in den therapeutischen Kontext gesetzt und an dem Beispiel einer Kinder- und Jugendfarm (exemplarisch in Dortmund) dargestellt. Die über das Tier gelernten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissensbestandteile der sozialen Kompetenz werden in den Alltag der Kinder und Jugendlichen transferiert und verhelfen ihnen so zu einem sozialen Miteinander.
Textprobe: Kapitel 2.4.2 Bedeutung von Tieren für Kinder: Für Kinder sind Tiere ein fester Bestandteil ihres Lebens. In jedem Kinderzimmer befinden sich Stofftiere und Tierbilderbücher. Nahezu jedes Kind hat ein Lieblingstier. Kinder erleben Tiere als willkommene Spielgefährten, als zuverlässige und anhängliche Freunde, als Beschützer und Bewacher, als Spaßmacher (Bergler, 1994, S. 14) und sie erfüllen einen Teil des kindlichen Bedürfnisses nach körperlicher Nähe und Geselligkeit (Bergler, 1994 Prothmann, 2008). Kinder wollen und suchen Erlebnisse mit Tieren und reden gerne darüber. Für Kinder ist es leicht, sich gerade an die ersten Tiererlebnisse zu erinnern. Anhand ihrer Erzählungen zeigt sich, wie genau sie Tiere beobachten, wie intensiv das Erleben ist und wie nachhaltig sich alles schon im kindlichen Gedächtnis niederschlägt. Tiere schulen dementsprechend die Beobachtungsfähigkeit, trainieren das Gedächtnis und das Sprachvermögen (Bergler, 1994). Nach Bergler (1994) und Prothmann (2008), wissen Kinder darüber hinaus, dass Tiere ihnen etwas geben können, wozu Erwachsene nicht immer in der Lage sind: Tiere haben Zeit, schicken sie nicht weg, sie sind da wenn sie gebraucht werden, sie widersprechen und schimpfen nicht, sie haben keine schlechte Laune, sind geduldige Zuhörer, sind ehrlich, sie sind nicht so gemein und hinterhältig wie Menschen es sein können, sie akzeptieren das Kind ohne Bedingungen, wollen nicht erziehen, stellen keine Fragen und bieten Schutz und Sicherheit. Es zeigt sich, dass die Tiere für Kinder auch über Eigenschaften verfügen, die sie sich von Erwachsenen wünschen. Insbesondere zu Hunden entwickeln Kinder eine besondere Beziehung. Hunde werden als Familienmitglied gesehen. Kinder mit einem Hund in der Familie fühlen sich nicht allein gelassen, der Hund ist immer da wenn es von der Schule nach Hause kommt, er tröstet und ist ein sicherer Partner. Der Hund kommt den kindlichen Bedürfnissen nach Abwechslung, nach Spielen, nach Eroberung der Umwelt nach und vermittelt dem Kind Erfolgserlebnisse (zum Beispiel beim Eintrainieren kleiner Kunststücke). Somit erfüllen Hunde eine Vielzahl kindlicher Bedürfnisse, die für die Entwicklung elementar sind. Darüber hinaus vermitteln sie ein Optimum kindlicher Lebensqualität, da sie die Phantasie der Kinder anregen, sie fördern Bewegung und Sport und lassen keine Langeweile aufkommen. Hunde sind für Kinder enge Freunde, sie sind gerade bei Kummer und Sorgen der ideale Gesprächspartner. Sie können ihnen alles Erlebte anvertrauen, ohne dass persönliche Konsequenzen drohen, da Tiere das Erzählte nicht weitergeben können und sie sicher sind, dass der Hund sie versteht (Bergler, 1994 Prothmann, 2008). So überrascht es nicht, dass sich der intensive Wunsch des Kindes nach einem eigenen Haustier schon früh entwickelt. 3.3 Entwicklung der Tiergestützten Therapie: Die Berichte über den Einsatz von Tieren für therapeutische Zwecke gehen bis in das 8. / 9. Jahrhundert zurück. Bereits im 9. Jahrhundert wurde in Belgien eine therapie naturelle durchgeführt, bei der vorrangig darum ging, Menschen durch Landarbeit mit Tieren eine bessere Lebensbasis mit einer höheren Lebenszufriedenheit zu geben. Im 18. Jahrhundert wurde in England das York Retreat gegründet. Um einen humaneren Umgang mit geisteskranken und emotional gestörten Menschen zu finden, wurden die Patienten mit Tieren zusammengebracht. In Deutschland entstand im 19. Jahrhundert das Epileptikerzentrum in Bethel, welches einen natürlichen Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanzen gleichermaßen bieten sollte.(McCulloch, 1983 Olbrich, 1997 Greiffenhagen, 2011). Für die wissenschaftliche Erforschung waren diese Versuche allerdings ohne Wert, da sie nicht dokumentiert wurden oder teilweise zunächst in Vergessenheit gerieten. 1942 errichtete das Army Air Corps in Pawling (USA) ein Convalescent Hospital . Dieses bot Möglichkeiten zur Erholung von Kriegsverletzung und Aufarbeitung von psychischen Traumen. Teil des therapeutischen Programms war das Arbeiten mit Nutz- und Wildtieren. In vielen psychiatrischen und sozialpädagogischen Institutionen wurden Erfahrungen mit positiven Tiereffekten gesammelt, die bis heute Therapeuten überzeugen. (Olbrich, 1997, S. 14). Als ein Vorbild für die Arbeit der tiergestützten Therapie mit Kindern- und Jugendlichen kann die Farm Green Chimneys nördlich von New York gelten. Die Einrichtung bietet vornehmlich Kindern und Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten eine ganzheitliche therapeutische Umgebung, zu der insbesondere die unterschiedlichsten Heim-, Haus- und Wildtiere gehören (Beetz, 2003b). Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts veröffentlichte der amerikanische Kinderpsychologe Boris M. Levinson seine Erfahrungen mit Tieren als Ko- Therapeuten. Er erkannte, dass Tiere als Katalysatoren für menschliche Interaktionen wirken können. Levison hatte über eine längere Zeit mit einem sozial gestörten Jungen gearbeitet. Der Junge war schweigsam und zurückhaltend. Als der Therapeut seinen Hund mit in die Praxis nahm, sprach der Junge noch vor der eigentlichen Therapiestunde sehr spontan mit dem Hund. In der Folgezeit war es dem Jungen möglich, zu einem immer größer werdenden Kreis von Menschen sozialen und verbalen Kontakt aufzunehmen. Levinson befragte daraufhin über 400 Kollegen, ob sie schon einmal Tiere als therapeutische Helfer eingesetzt hätten. Etwa ein Drittel der Kollegen antwortete bejahend (Olbrich, 1997). Levinson gab mit seiner Arbeit einen Anstoß zur Systematisierung und zur Untersuchung der hilfreichen Effekte von Tieren für Menschen. Zu den positiven psychischen und sozialen Effekten von Tieren gab das Psychologen-Ehepaar Corson später eine entsprechende Erklärung: Im Grunde geht es bei der tiergestützten Therapie darum, ein unbedrohliches, liebevolles Heimtier als Katalysator für die Entwicklung adaptiver und zufriedenstellender sozialer Interaktionen einzuführen, Der Patient setzt sich häufig durch nonverbale und taktile Interaktion positiv in eine Beziehung zum Tier. Dieser Kreis sozialer Interaktionen weitet sich dann allmählich aus... Die anfänglich nonverbalen Formen der Interaktion werden nach uns nach bereichert und verstärkt durch verbale Kommunikation und den gesundem Ausdruck von Gefühl und von Wärme (Corson, 1975, zit. n. Olbrich, 1997, S. 15). Das Feld wurde für die Wissenschaft neu entdeckt und aufgenommen. Der Begriff pet facilitated therapie wurde zum Schlagwort eines neuen Wissenschaftszweiges (Greiffenhagen, 2011). Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen suchten nach Belegen für die heilsame Wirkung von Tieren auf Menschen und beschäftigten sich mit der Mensch-Tier-Beziehung . Seit 1973 organisieren freiwillige Helferinnen und Helfer mit den sogenannten Petmobiles Tierbesuche vorwiegend in Altenheimen. Anfänglich in der USA entstanden, wurde diese Idee in England und Kanada fortgesetzt. Bis heute bieten verschiedene Organisationen auch in Deutschland diese tiergestützte Aktivitäten an. 1989 gründete sich die Delta Society, in der sich Sozialpädagogen, Psychologen, Ethologen, Zoologen etc. zusammenschlossen. Seit dem werden Programme der tiergestützten Aktivitäten und tiergestützten Therapie ausgearbeitet und zunehmend auch evaluiert (Arkow, 1993, zit. n. Olbrich, 1997). Ebenfalls Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts führten das National Institut of Health zusammen mit dem National Institutes on Aging eine Konferenz in Washington durch, die gesundheitsfördernde Effekte des Zusammenlebens von Menschen und Tieren und deren Beiträge zur Prävention, Rehabilitation und Therapie prüfte und bestätigte (Olbrich, 1997). Kurz darauf wurde vom USKongress die Einführung neuer Formen der Gesundheitsfürsorge befürwortet, die beispielsweise mit der Gründung des Office of Alternativ Medicine beim National Institut of Health institutionalisiert wurden (McDowell, 1994, zit. n. Olbrich, 1997). Die International Association of Human-Animal Interaction Organizations (IAHAIO) führt regelmäßig interdisziplinäre wissenschaftliche Kongresse durch, bei denen Forscher und Praktiker die Beiträge von Tieren für Gesundheit und Lebensqualität von Menschen vorstellen und diskutieren. In Deutschland gründete sich 1988 der Forschungskreis Heimtier und Gesellschaft . In ihm hat sich eine Gruppe aus Wissenschaftlern gebildet, die empirische Untersuchungen von Mensch – Tier – Beziehungen durchführen und theoretisch an der Erklärung ihrer Effekte arbeiten. Weitere nennenswerte Vereine und Institutionen sind u.a.: Tiere helfen Menschen e.V. , Institut für soziales Lernen mit Tieren und Leben mit Tieren e.V. . Sie alle arbeiten mit der Zielsetzung der konkreten Verbesserung des Zusammenlebens von Menschen und Tieren.
Cornelia Tillmann-Rogowski studierte Angewandte Sozialwissenschaften und Tierpsychologie. Als Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin und Verhaltensberaterin für Hunde (-HalterInnen) sammelte sie in diversen Bereichen ihre mehrjährige berufliche Erfahrung. In diesem Buch widmet sich die Autorin einem ihrer Interessensschwerpunkte: die Wirkung von Tieren als therapeutische Helfer in der Zusammenarbeit mit Menschen.
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