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- Entwicklung, Krise und Zukunft der Arbeitsgesellschaft: Modell ohne Alternative?!
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die meisten Menschen definieren sich in einer Arbeitsgesellschaft wie in der Bundesrepublik Deutschland über ihre Erwerbsarbeit. Auf die Frage Und was machen Sie? wird stets eine berufliche Antwort erwartet. Zudem wird Arbeitslosigkeit als Makel und persönliches Versagen empfunden, das es zu beseitigen gilt. Wie legitimiert sich aber eine Gesellschaft deren Teilhabe am Leben und deren soziale Institutionen maßgeblich auf Erwerbsarbeit aufgebaut sind, wenn nicht genügend Arbeit vorhanden ist? Viele renommierte Sozialwissenschaftler beschwören derzeit das Ende der Arbeitsgesellschaft aufgrund zunehmender Rationalisierung bzw. Technisierung und fordern ein Umdenken. Aber ist dieses Untergangsszenario berechtigt? Wie kam es zu der derzeitigen Krise der Arbeitsgesellschaft? Auch wenn von einem Ausgehen der Arbeit nicht die Rede sein kann, sehen wir uns doch mit einer immer differenzierten Berufslandschaft konfrontiert und teils prekären Beschäftigungsverhältnissen. Arbeit hat sich zu einem gesellschaftlichen Wert sui generis entwickelt. Zeit über alternative Zukunftsmodelle jenseits des Normalarbeitsverhältnisses nachzudenken!
Textprobe: Kapitel 4, Kopplung von Arbeit und Einkommen: 4.1, Income Mix: Naturaleinkommen und Geldlöhne: ‘Daß 'Arbeit' in Form von freier Lohnarbeit auf Märkten gehandelt wird, setzt(e) zwei Prozesse voraus: zum einen eine Kommodifizierung (Vergeldlichung - Prozeß der Verwandlung von nicht-monetären Austauschprozessen in Austauschprozesse, die mittels des Geldmediums stattfinden) der Güterproduktion, zum anderen ein Überwiegen von Produktionseinheiten, die mit unselbständiger Arbeit betrieben werden.’ (Sackmann et al. 2000: 43). Bevor wir uns mit dem Eingangs entworfenen Szenario der Vollbeschäftigung in Normalarbeitsverhältnissen auseinandersetzen, müssen wir einen Blick darauf werfen, wie es zu dieser (un-)bedingten Kopplung zwischen Arbeit und Einkommen kam. Wie im Kapitel über die Arbeit in der Neuzeit bereits angedeutet, war die abhängige Lohnarbeit als einzige Versorgungsquelle zu Beginn des Industriekapitalismus immer noch eher die Ausnahme als die Regel. Eigenversorgung durch einen Mix aus Naturaleinkommen und Geldeinkommen, einem sogenannten ‘Income Mix’ (Vobruba 2007: 148), wie Vobruba es in seinem Werk ‘Entkoppelung von Arbeit und Einkommen. Das Grundeinkommen in der Arbeitsgesellschaft’ tituliert, waren gang und gebe. Eigens angelegte Gemüsegärten und das Halten von Kleintieren, die seitens der Unternehmer aber bei der Berechnung der Lohnhöhe mit einkalkuliert wurden (vgl. ebd. 149), ermöglichen es den Familien sich neben der Lohnarbeit zu versorgen. Lange Zeit bleibt der eigene materielle Aufstieg durch Lohnarbeit aufgrund ‘tradierter Solidaritätsnormen beruhende Umverteilungsverpflichtungen’ (ebd.) aber verwehrt, da ja jedes Mehr in der eigenen Lohntüte automatisch an Familienangehörige abgegeben wird. Dies ist auch der Grund, warum das Lohnniveau lange Zeit auf demselben Niveau verharrt. 4.2, Geldgesellschaft und Entwicklung des Sozialstaats: Mehr und mehr setzt sich die Arbeitsgesellschaft als reine Geldgesellschaft durch, (die Naturalökonomie verliert zunehmend an ‘Boden’) und mit ihr die unbedingte Kopplung von Arbeit und Einkommen. In einem historisch bis dato noch unbekannt hohen Maße ist man auf Geldeinkommen angewiesen, was aber nicht nur auf einen gesellschaftlichen Wandelungsprozess (u.a. durch Verstädterung) zurückzuführen ist, als vielmehr ‘das Ergebnis politischen Eingriffs’ (Vobruba 2007: 32). Im Zuge einer konsequenten Diskriminierung von Nicht-Arbeit in Form von bereits angedeutetem ‘staatlichem Bettelverbot’ und der Erziehung zur Arbeit durch die ‘Einführung von Zucht- und Arbeitshäusern’ (Sombart 1969: 818f.) wird es für den einzelnen nahezu unmöglich seine Leben fernab der abhängigen Lohnarbeit zu bestreiten. Die Problematik des Wegfalles von erwerbunabhängigem Einkommen durch Subsistenzwirtschaft löst sich aber aufgrund ausreichend angebotener Arbeit fast von selbst. Da für die Arbeitskräfte aber nicht nur allein rein ökonomische Interessen voran stehen, weshalb sie am Arbeitsmarkt teilnehmen, sondern auch (Lebens)Interessen, wird, um dem (möglichen) Widerstand oder Protest derjenigen, die (dauerhaft) aus diesem System ausscheiden oder sich ihm nicht in entsprechender Weise fügen können (Arbeitslose und Invaliden), es nun nötig ein sozialstaatliches Sicherungssystem auszubauen. Bis dahin erfolgte der soziale Beitrag durch familiäre Unterstützungsleistungen, kommunale Armenfürsorge oder speziell an den Stand geknüpfte Sicherungsformen (vgl. Bäcker 2008: 57). Es kommt zur bedingten Kopplung von Arbeit und Einkommen als ‘Antwort auf die Widersprüche des Kapitalismus, auf das Elend und die Entfremdung des Menschen in der kapitalistischen Gesellschaft’ (Dettling 2004: 519), da sozialstaatliche Sicherungsleistungen nur bei vorgewiesener Arbeitsbereitschaft oder zwingenden Gründe, die es unmöglich machen zu arbeiten, zu tragen kommen. Diese Nachrangigkeit der Sozialleistungen gegenüber der Erwerbsarbeit (‘Erwerbsarbeitbezogenheit’), die noch bis heute die konstituierende Form des Sozialstaates in Deutschland ausmacht, lässt sich anhand der ‘Bismarckschen Sozialgesetzgebung’ historisch erklären. Der deutsche Sozialstaat, der lange Zeit anderen Ländern als Vorbild galt und gilt, hatte aber auch schon in seiner Gründerzeit mit gewissen Legitimationsproblematiken zu kämpfen, da man der Auffassung war, dieser staatliche Eingriff würde die Wirtschaft stören und zu Abwanderungsprozessen führen (vgl. Butterwegge 2006: 43). So wird im Jahre 1883 das ‘Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter’ verabschiedet, ihr ein Jahr später folgend das ‘Unfallversicherungsgesetz’ sowie das ‘Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung’ im Jahre 1889 (ebd. 44), als ‘Schutz vor der mit den Folgen der Erwerbsarbeit verbundenen Risiken’ (Bonß/ Ludwig-Mayerhofer 2000: 113). Lediglich die Arbeitslosenversicherung erfolgte im Jahr 1927 recht spät, dies aber weniger aufgrund ihrer eventuell problematischen Finanzierbarkeit, als vielmehr langen politischen Konflikten, da Unternehmer und wirtschaftsnahe Politiker befürchteten diese würde die Seite der Gewerkschaften stärken und die Arbeitsmoral der potenziellen Arbeitnehmer senken (vgl. ebd. 51). Allen Versicherungen gemeinsam war ihre auf abhängige Erwerbsarbeit fußende Komponente, da ihre Finanzierung vornehmlich durch Beitragsleistungen der Arbeitnehmer stattfand. Die wenn auch langsame Zunahme sozialstaatlicher Leistungen ermöglicht es nun auch der Frau häufiger einmal zu Hause zu bleiben. Insgesamt manifestiert sich hier aber schon die Problematik, der wir uns in unserer jetzigen Krise der Arbeitsgesellschaft stellen müssen, die Nachrangigkeit und Abhängigkeit sozialstaatlicher Leistungen gegenüber dem Arbeitsmarkt (vgl. Vobruba 2007: 34). Diese erhielt laut Fischer 2003 mit dem vierten ‘Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsplatz’, gebunden an die glaubhaft versicherte Arbeitssuche der Arbeitslosen unter verschärfter Kontrolle und Zumutbarkeitsanforderungen, ‘eine gesetzliche Festschreibung und Zwangsmaßnahmen eine Legitimierung’ (Fischer 2008: 188), worauf wir aber noch zu sprechen kommen werden. 4.3, ‘Der kurze Traum immerwährender Prosperität’ - Die Vollbeschäftigungsgesellschaft entsteht: Die Durchsetzung der nun entstehenden Vollbeschäftigungsgesellschaft lässt sich anhand der Verdrängung von anderen Versorgungsformen (insbesondere der Subsistenzwirtschaft) und im Zuge der Durchsetzung der Geldgesellschaft historisch zwar erklären, die Entwicklung des ‘Fordismus’ mit seinem konstitutiven ‘Normalarbeitsverhältnis (Standard Employment Relationship)’ in der Zeit der Nachkriegsprosperität, das als generellen Orientierungspunkt bzw. ‘Leitbild’ (Dombois 1999: 14) unser heutigen Arbeitsmarktpolitik und Sozialpolitik dient und auf das unser soziales Sicherungssystem aufbaut, bilden historisch aber eine Sonderstellung. Der europäischen Wirtschaftsprosperität nach Ende des zweiten Weltkrieges (dem so genannten ‘Wirtschaftswunder’ in der BRD) ging zunächst eine lange Phase der wirtschaftlichen Stagnation voraus, die schon zu Beginn des ersten Weltkrieges ihren Anfang fand (vgl. Lutz 1984: 87). Das bis dato stark angestiegene Wirtschaftswachstum begründete sich in seiner Entwicklung maßgeblich in der Expansion der Exportmärkte, insbesondere im ersten Deutschen Reich, doch mit dem Eintritt des ersten Weltkrieges brach das System des sich entwickelnden Weltmarktes zusammen und führte mit Ausnahme der USA (‘goldene zwanziger Jahre’) in den Industrienationen zu einer langfristigen Wachstumsschwäche bzw. -Rückgang (vgl. ebd. 94ff.). Diese wurde durch die erste Weltwirtschaftskrise (Ursache waren u.a. internationale Überproduktionen) und den Ausbruch des zweiten Weltkrieges noch verstärkt, wobei wir an dieser Stelle aber nicht näher darauf eingehen wollen. Fest steht, dass der Fordismus, letzten Endes den Ausweg aus der Krise, die in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt fand, darstellte, was sich laut Hirsch/ Roth aber nicht anhand einer zwingenden historischen Logik erklären lässt, als dass sie vielmehr das Ergebnis zahlreicher gesellschaftlicher und politischer Konflikte im hohen Maße auf internationaler Ebene war (vgl. Hirsch/Roth 1986: 47). So setzte sich der Fordismus in der sowohl ökonomisch wie auch politisch dominanten USA ab Beginn der 30er Jahre zunächst dort durch und verbreitete sich aufgrund einer ‘durch den imperialistischen Konkurrenzdruck erzwungenen Amerikanisierung’ (ebd. 46) nach und nach auch in den anderen Industrienationen. In seiner stark vereinheitlichenden Form der Produktionsweise war der Fordismus als einziges Wirtschaftskonzept in der Lage sich über die unterschiedlichen wirtschaftlichen Besonderheiten Staaten hinwegzusetzen und sie so international komparativ und wettbewerbsfähig zu machen. Im Kern besteht die Produktionsweise des Fordismus auf einer Massenproduktion und -konsumtion von Konsumgütern unter zu Hilfenahme von hoch spezialisierten Maschinen, wie wir es zu der Zeit beispielsweise in den Fließbandfabriken von Henry Ford (Namenspatron dieser kapitalistischen Periode) mit seinem preisgünstigen ‘Modell T’ vorfinden. Es kommt zu einer zunehmenden Zerlegung der einzelnen Arbeitsprozesse und infolge dessen zu einer Dequalifizierung der Arbeitnehmer, die sich gezwungen sehen anspruchslose und stupide Tätigkeiten zu verrichten (‘tayloristischer Massenarbeiter’). Dennoch ermöglicht die Rationalisierung und Standardisierung der Arbeit einen enormen Anstieg der Arbeitsproduktivität, der auch den Arbeitnehmern in Form von permanenter Reallohnerhöhung zugutekommt und sie zu potentiellen Konsumenten ihrer produzierten Massenwaren werden lässt: ‘Ein neues, traditionelle Reproduktionsformen ersetzendes Konsummodell entsteht. Autos, Kühlschränke, Rundfunkgeräte wurden zu Artikeln des Massengebrauchs’ (Hirsch/ Roth 1986: 51), die nun aufgrund der Produktion in Massen für den Einzelnen durchaus erschwinglich sind. Der Industrialisierungsprozess, den Lutz auch als ‘innere Landnahme’ (Lutz 1989: 261) bezeichnet, dringt ebenfalls durch den steigenden Anteil an Fertigprodukten des täglichen Bedarfs (beispielsweise mehr Angebote im Supermarkt) und der Ersetzung von Haushaltdiensten durch Haushaltsgeräte nun auch in den der ‘Reproduktionsbereich’ ein und setzt so wieder Arbeitskräfte frei. Jetzt bildet sich das für diese Zeit konstitutive Normalarbeitsverhältnis (NAV), was uns im Laufe unserer Analyse in Form seiner Erosion noch begleiten wird, heraus.
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