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- Diskriminierung im HipHop: Sexismus in der Jugendkultur
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Ein wesentliches Kriterium von Jugendkulturen liegt in der Abgrenzung zur bürgerlichen Welt von Erwachsenen. Damit stehen gerade Eltern wie auch Praxiskräfte in der Sozialen Arbeit vor dem Problem, nur sporadischen Einblick in diese, ihnen sonst verschlossen bleibende Welt zu erhalten. Wie kaum eine andere (ehemalige) Jugendkultur gewann der HipHop - und vor allem der musikalische Ableger Rap - an Popularität. Dabei irritiert Außenstehende insbesondere die häufig rohe und unverhohlen geäußerte sexuelle Gewalt gegenüber Frauen. Dieser Sexismus hat, wie die Autorin zeigt, seinen Ursprung in der Tradition des Battlens und ist zudem auch in der heutigen Zeit Ausdruck einer gesellschaftlichen Grundhaltung der Geschlechter zueinander. Aufgeteilt in einen theoretischen und einen qualitativ-empirischen Teil, versucht die Autorin – als Jugendliche selbst Partizipierende jener Kultur – über ihre Studie, das Phänomen des sexuell aufgeladenen Frauenbildes im HipHop zu ergründen und Handlungsstrategien zu entwickeln, die überwiegend jungen KonsumentInnen mit den Widersprüchlichkeiten und Diskriminierungstendenzen ihrer Subkultur zu konfrontieren und dabei die Ursprünge und Traditionen des HipHop nicht außer Acht zu lassen.
Kapitel 3.2, Das Bild der Frau im Rap: ‘HipHop ist wertkonservativ, leistungsorientiert und männlich dominiert’ (Klein & Friedrich, 2002, S. 10). Selbiges gilt im Speziellen für sein dominierendes Element, den Rap. Somit führen in diesem Teil der Kultur Frauen nach wie vor ein Schattendasein und dienen in der Regel lediglich als Vorlage männlicher Fantasien bzw. als Mittel zur Illustration der Männlichkeit vieler Rapper. Männer sind diejenigen, die den Ton angeben und sagen, wo es lang geht (vgl. Loh & Güngör, 2002, S. 273). Ernstgenommen werden Frauen nur in den seltensten Fällen. Doch obwohl sich Rap mit seiner sexistischen Attitüde auf den ersten Blick als äußerst unattraktiv für junge, aufgeklärte Frauen darzustellen scheint, zählen sich auch viele Mädchen und Frauen zur Community. Sie tun das vornehmlich als Rezipientinnen, finden ‘cool’, was gerade angesagt ist, und konsumieren, ähnlich den Jungen, die aktuellen Trends. Auf diese Weise müssen sie sich nicht rechtfertigen und können sich in gewisser Weise von den Inhalten distanzieren, indem sie beispielsweise nur die Musik, nicht aber die Inhalte favorisieren. Es ist aber auch zu beobachten, dass HipHop-Hörerinnen darauf verweisen, dass die von den Männern beschriebenen Frauenstereotype (‘Frauen sind Schlampen!’) nur auf diejenigen zuträfen, die sich wirklich so verhalten. Demnach gingen die Rapper in ihren Darstellungen auch nicht zu weit, vermittelten diese doch lediglich ein Frauenbild, das Teilen der weiblichen Gesellschaft durchaus entsprä-che. Sie selbst jedoch fühlen sich von diesen Texten nicht angesprochen. So meint ein 15-jähriges Mädchen: ‘Wenn man sich so verhält [sich den HipHoppern zum schnellen Sex an-bietet, N.B.], dann muss man sich nicht wundern, wenn man als Bitch bezeichnet wird.’ Eine Gleichaltrige ist der Meinung, viele Mädchen seien selbst dafür verantwortlich, wenn sie sich so schlecht behandeln ließen. Somit kommen die Rezipientinnen in keinen Gewissens-konflikt, weisen sie doch jeden Bezug der Inhalte auf sie selbst entschieden zurück. Dennoch entkommen die weiblichen Community-Mitglieder in der Regel nicht gewissen Vorgaben und ‘Must have’s’, die in der Szene ‘real’ bzw. angesagt sind. Um nicht als Außenstehende zu gelten, muss sich eine Frau an gewisse Spielregeln halten, die teilweise ihren Ausdruck in gängigen Klischees finden. Diese sollen im Folgenden näher beleuchtet werden. What a nice girl: ‘HipHop ist eine performative Kultur. [...] Eine zentrale Rolle spielt dabei der Körper [...]’ (Klein & Friedrich, 2002, S. 11). Vieles dreht sich in dieser Szene um das äußere Erscheinungsbild. Gerade Frauen werden dabei mit der Tatsache konfrontiert, dass es – wie in anderen Kulturen auch – darum geht, gut auszusehen. Auf das, was als ‘gut’ und ‘schlecht aussehend’ betrachtet wird, d.h. welches Schönheitsideal gültig ist, haben nicht zuletzt auch die Medien einen großen Einfluss. Sie zeigen den jungen Mädchen in ihren Musikvideos, Zeit-schriften usw. das gängige Ideal, und wirken dadurch auf die Rezipientinnen und die Art und Weise, wie sich diese selbst wahrnehmen, ein. Diese wiederum versuchen, jenem Frauenbild zu entsprechen, und dem – überwiegend von Männern vermittelten – Vorbild möglichst nahe zu kommen. HipHop-Videos präsentieren makellose Darstellerinnen, mit denen sich die ‘coolsten Typen’ umgeben. Gerade junge Frauen in der Pubertät orientieren sich an diesen Darstellungen und übernehmen die Auffassung, nur die schönsten und am leichtesten bekleideten Mädchen mit Traummaßen bekämen die Aufmerksamkeit der angesagten Männer. Für diejenigen, die diesem Ideal nicht entsprechen, interessierten sich in der Konsequenz nur die nicht-angesagten Typen, also die ‘Loser’. Die Texte der Rapper tragen ihr Übriges dazu bei, indem sie genau erklären, wie eine richtige Frau zu sein hat. Bei den bereits genannten Ying Yang Twins heißt es im Refrain zu ‘Bad’: ‘I’m lookin’ for a dyme, that’s top of the line, / cute face, slim waist, with a big behind […]’. So oder ähnlich wird in vielen Rap-Texten ein Frauenbild glorifiziert, das perfekt, ohne den geringsten Makel ist - ein Problem, das die Rapperin Meli nicht nur im HopHop identifiziert: ‘Das ist einfach schwer für eine Frau, wenn du nicht diesem Maßstab entsprichst. Die Gesellschaft setzt solche Maßstäbe, und kleine Mädchen wachsen mit solchen Ansprüchen an sich selbst auf, ohne dass sie ihre eigene natürliche Schönheit erkennen können, ohne dass Schönheit auch von innen kommen kann’ (zit. n. Loh & Güngör, 2002, S. 276). […] Hips and tits: Frauen präsentieren sich im HipHop-Kontext, sei es in Videos, in Zeitschriften, in der Werbung oder in Diskotheken, regelmäßig in aufreizenden Posen oder sexy Outfits bzw. werden ihrerseits so dargestellt. Je knapper die Bekleidung ausfällt und je mehr Haut zu sehen ist, desto mehr Aufmerksamkeit bekommen die Damen. Zu dem Druck, gut auszusehen, kommt der Zwang, sich und seinen Körper betont aufreizend darzubieten, da im HipHop gefällt, was die Fantasie der vornehmlich männlichen Community anheizt. […] Shake your ass: Die aufreizenden Outfits einerseits und der zunehmende Sexismus in den Texten anderseits gehen in der gegenwärtigen, medialen HipHop-Welt eine ganz besondere Symbiose ein: Rap und explizite Pornografie bilden zunehmend gemeinsame Vertriebswege aus. Die Videos verschiedener Rapper spielten - gerade im prüden Amerika - immer schon mit gesellschaftlichen Tabus. Die Reduzierung der Frau auf ihren Hintern und ihre Brüste mit der entsprechenden Darstellung sorgte dafür, dass sich innerhalb des Raps eine eigenes Genre herausbildete, in dem es vornehmlich um ‘asses and tits’ geht. Der Song wird dabei eher zur Nebensache, Bekanntheit erfahren die Interpreten eher mit den dazugehörigen Videos. ‘Shake it, baby’, also ‘Lass die Hüften kreisen, Baby’ – diese Botschaft vermitteln Videos wie ‘Shake your ass’ und ‘Hot in Herre’ der amerikanischen Rapper Mystikal und Nelly oder ‘’Türlich, ’türlich’ des Hamburger HipHoppers Das Bo, um nur ein paar zu nennen. Die Körpermerkmale einer Frau werden hier in den Vordergrund gestellt. Ihre Persönlichkeit hingegen und das, was sich hinter ihrer schönen Fassade verbirgt, spielt in diesem Metier kaum eine Rolle. Dabei erlangen die Schönheiten aus den Videos durch ihre Auftritte in den Clips nicht einmal in der Szene selbst einen großen Bekanntheitsgrad. Die Darstellung des weiblichen Körpers in einer das zumeist männliche Publikum ansprechenden Weise ist das vorrangige Ziel dieser Produktio-nen. Auf die Spitze getrieben wird diese Entwicklung mit dem Einstieg bekannter Szenegrößen in die Hardcore-Pornoindustrie. Der Rapper Snoop Dogg gilt als ein Vorreiter in dieser Hinsicht, seit er den Pornofilm ‘Doggy Style’, benannt nach einem seiner früheren Alben, mit seiner Musik unterlegte und auch selbst in diesem Streifen auftrat, wenn auch nicht als Dar-steller, sondern als Gast auf den ausschweifenden Partys. Im Gegenzug treten die Darstelle-rinnen in den Videos der Rapper und damit auch bei MTV und VIVA auf. Die Grenze zwischen Pornofilm und Rapvideo wird somit immer fließender, mit der Konsequenz, dass viele Jungen, aber auch Mädchen, die diese HipHop-Clips auf den Musiksendern konsumieren, nicht mehr klar unterscheiden können zwischen Realität und ‘Schauspielerei’, zwischen Authentizität und Inszenierung. Sie durchschauen nicht die Strategien der Industrie, stattdessen bewundern sie die Protagonisten darum, dass sie die Frauen augenscheinlich dazu bringen, Dinge zu tun, von denen sie noch nicht einmal zu träumen wagen. Dabei wird übersehen, dass die Darstellerinnen mit der Zurschaustellung ihres Körpers ihr Geld verdienen, sie sich dem-nach bei entsprechender Gage in jedem Video ausziehen würden. Die männlichen HipHop-Fans jedoch führen dieses Verhalten in erster Linie auf den Erfolg der Rapper zurück. Die Mädchen wiederum eifern den Frauen aus den Videos nach, da diese mit ihrem lasziven Verhalten den Männern den Kopf verdrehten und so auch im HipHop eine Möglichkeit für sich entdeckten, die Fäden einmal selbst in der Hand zu halten. Sie gehen in Tanzschulen, üben mit den Freundinnen und kleiden sich möglichst freizügig. Das provokante Zeigen nackter Haut macht die Mädchen bei den Jungen wiederum interessanter. In der Pubertät der Mädchen ist dies eines der wesentlichen Merkmale. Werden sie von Jungen als hübsch und attraktiv wahrgenommen, fördert dies das Selbstwertgefühl der Mädchen. Sie möchten folglich den Idealen entsprechen und auch bereits sehr frühzeitig möglichst feminin wirken. […]
Nadja Bente (Jahrgang 1982), Dipl. Soz.päd. (FH), absolvierte nach ihrer Ausbildung zur Erzieherin ein Studium der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik in Vechta und Osnabrück. Ihren Abschluss machte sie 2006, die staatliche Anerkennung folgte 2007. Nach Stationen in der Schulsozialarbeit und der offenen Kinder- und Jugendarbeit ist sie in einer städtischen Jugend- und Kultureinrichtung tätig. Zudem tritt sie gelegentlich als Referentin in verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit in Erscheinung. Für ihre Diplomarbeit wurde sie mit dem ‚study up‘-Award der Fachhochschule Osnabrück für herausragende Abschlussarbeiten ausgezeichnet.
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