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Pädagogik & Soziales

Ingrid Manthei

Die Rolle der Anciennität in der Entscheidungsfindung

Eine prozessorientierte Untersuchung anhand rivalisierender Cues

ISBN: 978-3-8366-8583-2

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 228
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Tagtäglich trifft der Mensch unzählige Entscheidungen, ohne sich nähere Gedanken darüber zu machen, welche Faktoren diese Entscheidung beeinflussen oder besser noch – wie es zu dieser Entscheidung kommt. Der Aspekt, dass wir diesem Thema täglich begegnen aber kaum etwas darüber wissen, macht das Phänomen Entscheidung so interessant. Das vorliegende Buch leistet einen Beitrag zur psychologischen Entscheidungsforschung, indem das Ausmaß der Verwendung der Anciennitätsheuristik (AH) empirisch untersucht wird. Begründet wurde die Entscheidungsregel AH von Vitouch, die die Präferenz für das Ältere (z. B. das Gründungsjahr einer Institution) beinhaltet und in Situationen der Unsicherheit Anwendung findet. Vitouch postuliert, dass die AH besonders häufig verwendet wird, wenn mit Informationen über das Alter (Gründungsjahr) von unbekannten Optionen der Eindruck des Sich-Bewährt-Habens verbunden ist (Standing the Test of Time). In der vorliegenden Studie wird untersucht, ob ältere Menschen (45-60 Jahre) eher dazu tendieren Informationen über die Anciennität einer Institution im Entscheidungsprozess zu verwenden, als jüngere Menschen (20-35 Jahre). Die vorgeschlagene Prominenz von Altershinweisen wird erörtert, indem die entsprechende Verwendungshäufigkeit des Gründungsjahres (Seniority-Cue) mit der von weiteren, rivalisierenden und validen Cues verglichen wird. In einem intuitiven Wissensspiel werden den TeilnehmerInnen (N = 160) 136 Entscheidungsaufgaben aus vier Wissensdomänen vorgelegt. Die Verwendung bestimmter Cues wird mit Hilfe des Mouselab (ML), einer prozessorientierten Methode erfasst. Die Aufgabe besteht darin zu schätzen, welche von zwei Domänen den höheren Wert auf einem Kriterium hat. Die Namen der Domänen sind in kyrillischer Schrift dargeboten, um Effekte der Wiedererkennung (Rekognitionsheuristik) auszuschließen. Nach dem intuitiven Wissensspiel folgt ein Online-Fragebogen (OFB), der zusätzlich Rückschlüsse darüber geben soll, welche Hinweise bei der Entscheidungsfindung als besonders hilfreich und welche nicht als hilfreich empfunden wurden. Zusammenfassend zeigt diese Studie, wie facettenreich und komplex die psychologische Entscheidungsforschung ist und demonstriert, worin die Schwierigkeiten und letztlich die Herausforderungen der heutigen PsychologInnen liegen, den menschlichen Entscheidungsprozess mit effizienten Strategien und Modellen zu untersuchen und zu interpretieren, um schließlich präzise Vorhersagen zu treffen. Die AH ist eine noch sehr neue Heuristik und mit dieser Studie konnte ein weiterer Beitrag geliefert werden, die AH besser einzuordnen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Methodologische Zugänge in der Entscheidungsforschung: Autoren wie Svenson oder Harte und Koele teilen methodologische Zugänge in der psychologischen Entscheidungsforschung in einen strukturorientierten (‘structural modelling’ und in einen prozessorientierten (‘process tracing’) Ansatz ein. Beide Zugänge haben die psychologische Entscheidungsforschung in den letzten 40 Jahren bedeutend geprägt. Der strukturorientierte Zugang: Zuerst hat sich die psychologische Entscheidungsforschung hauptsächlich am Entwurf der subjektiven Wahrscheinlichkeit orientiert. WissenschaftlerInnen erhoben dazu numerische Wahrscheinlichkeitsurteile, die dann anhand der Axiome der Wahrscheinlichkeitstheorie geprüft wurden. Dieser Zugang wird in der psychologischen Entscheidungsforschung auch als struktur-orientierter Zugang definiert, da der Fokus primär auf das Ergebnis einer Entscheidung gelegt wird. Input- und Output-Variablen werden aktiv manipuliert und können mit Hilfe statistischer Modelle menschliches Entscheidungsverhalten prognostizieren. Svenson definiert diesen Zugang folgend: (...) a structural research approach relates choices and ratings to input variables (e.g., the maximum amount that can be gained, the variability across alternatives in gains and/or probabilities). Psychological intervening variables are derived from psychological theory and behavioral patterns in decision tasks. However, no attempts are made in strucutral approaches to assess the psychological process at different stages from problem presentation to final decision. Hier sind die normativen und präskriptiven Entscheidungstheorien sowie die SEU-Theorie und der Homo Oeconomicus einzureihen. Modelle, die im strukturorientierten Zugang verwendet werden, sind die algebraischen Modelle ‘additive or nonadditive’ (additive oder nicht-additive) und ‘linear or nonlinear’ (lineare und nicht-lineare Modell). Svenson führt an, dass im strukturorientierten Ansatz der Prozess einer Entscheidung noch weitgehend ignoriert wird. Seiner Meinung nach erfordert eine Entscheidung mehr Aufmerksamkeit als nur für den Moment, in dem die Wahl erfolgt, um eine Vorhersage einer bestimmte Präferenz zu ermöglichen. Im nächsten Kapitel werden AutorInnen angeführt, die nicht nur das Ergebnis, sondern den Entscheidungsprozess, wie es zu einer Entscheidung kommt, untersuchen. Der prozessorientierte Zugang: Für Svenson kann eine Entscheidung nicht mit der Beschreibung des finalen Ergebnisses abgeschlossen sein, weil eine Entscheidung von Emotionen, Wahrnehmungen und und weitere kognitiven Fähigkeiten beeinflusst wird. Um Einflüsse und das Zustandekommen einer Entscheidung besser zur verstehen, wird die Entscheidung als Prozess verstanden und in verschiedene Phasen eingeteilt. Nach Adam beinhaltet der Entscheidungsprozess eine (i) Anregungsphase, (ii) Suchphase, (iii) Entscheidungsfindungsphase und eine (iv) Durchsetzungsphase. Die Abgrenzungen der einzelnen Phasen erklärt Heinen wie folgt: (i) In der ersten Phase analysiert und bewertet der/die EntscheiderIn die Situation. (ii) Die Suchphase beinhaltet das Suchen von adäquaten Informationen und ihren Konsequenzen sowie das Suchen nach Optionen oder Handlungen. Es werden dazu Informationen aus der Umwelt aufgenommen oder auf Erfahrung zurückgegriffen. In weiterer Folge werden Bewertungen vorgenommen. (iii) In der nächsten Phase versucht der/die EntscheiderIn zwischen den Problemen und Variablen Zusammenhänge zu finden und eine optimale Entscheidung zu planen. Die Entscheidung wird vorbereitet. (iv) Die letzte Phase ist der Vollzug der Entscheidung. Ab hier kann die Entscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden. Nach der Entscheidung beginnt die Phase, in welcher der/die EntscheiderIn Erfahrungen für die nächste Entscheidung gesammelt und/oder gelernt hat, wie er/sie sich in der nächsten ähnlichen Situation verhalten wird. Nach Mag laufen die Phasen nicht unbedingt linear ab, sondern sie können öfters durchlaufen werden. Der Entscheidungsprozess kann von vorne beginnen, wenn die Person z.B. einen Sachverhalt falsch interpretiert hat oder neue Informationen zur Verfügung stehen. Payne und Svenson sehen einen Entscheidungsprozess differenzierter, da mit der Wahl einer Option der Prozess nicht abgeschlossen ist. Die Autoren kontrastieren den Entscheidungsprozess in einen Pre- und Post-Decision Process oder Phase (Vor- und Danach-Phase). In der Phase vor der Entscheidung sind für die Forschung Fragen wie ‘werden Handlungsoptionen generiert, wie wird das Problem kognitiv strukturiert, welches Wissen wird herangezogen?’ relevant. Die der Phase nach der Entscheidung analysieren WissenschaftlerInnen, wie gut der/die EntscheiderIn die Entscheidung erinnert, wie er/sie die Informationen aufgenommen hat, oder wie die Entscheidung im Nachhinein bewertet wird. Nach Svenson sind nicht nur die verfügbaren Informationen, die vor einer Wahl gesammelt werden, für die Entscheidungsforschung essentiell. Der Prozess nach einer Wahl ist ebenfalls von Bedeutung. Die Post-Phase bei einer Entscheidung gibt nach Svenson und Benthorn über die Qualität der bereits gemachten Entscheidung Aufschluss und zeigt, welche Erfahrungen der/die EntscheiderIn aus dieser Wahl für zukünftige Entscheidungen ableiten kann. Svenson schlägt die ‘Differentiation and Consolidation Theory’ vor,welche die Phasen nicht nur getrennt untersucht, sondern deren Ergebnisse in Zusammenhang bringt: Differentiation and Consolidation Theory explicitly links pre- and post-decision processes and considers pre-decision processes as a preparation for the post-decision future. Svenson und Benthorn zeigen, wie sich die Attraktivität eines Produktes für den/die EntscheiderIn während des Prozesses und nach einer Entscheidung ändern kann. Sie gaben TeilnehmerInnen eine Option mit jeweils vier Attributen vor, welche die TeilnehmerInnen während des Prozesses und anschließend (nach fünf Minuten oder nach einer Woche) anhand einer Ratingskala bewerten mussten. Fünf Minuten nach einer Entscheidung wurden keine signifikanten Veränderungen in der Bewertung wahrgenommen. Eine Woche später zeigten sich Unterschiede, indem gute und schlechte Attribute verstärkt bewertet wurden: die guten Attribute fielen in der Bewertung nach einer Woche noch besser aus als bei der Entscheidung und die schlechten noch schlechter. Dieses Ergebnis entspricht der Dissonanze-Theorie von Festinger und zeigt ein konträres Bild zur Self-Perception Theory von Bem. Nach dieser Theorie sind sich Menschen nicht über ihre Grundeinstellungen und Bewertungen bewusst, und der Mensch erinnert sich eher an zweideutige oder labile Merkmale. Die Studie beweist, wie bedeutend die Post-Phase in der Entscheidungsforschung ist, da sich die Wichtigkeit eines Attributes während und nach einer Entscheidung ändern kann. Anhand der Phasen hat sich der Fokus erweitert, indem eine Entscheidung betrachtet wird. Im Kontrast zum strukturorientierten Ansatz stehen hier der kognitive Prozess sowie die Informationssuche während des Entscheidungsprozesses im Mittelpunkt. Für AutorInnen dieses Zuganges ist der Mensch ein ‘information processor with limited capabilities which, in turn, could explain the deviations form theoretical expectations’ und basiert auf den Annahmen der begrenzten Rationalität von Simon. In den Jahren um 1980 beklagten die Autoren Slovic, Fischhoff und Lichtenstein noch den Mangel an Studien, in denen der Entscheidungsprozess untersucht wird. Mittlerweile gibt es viele Methoden, mit deren Hilfe die kognitiven Prozesse in einer Entscheidung analysiert werden können. Im nächsten Kapitel werden die prozessorientierten Methoden näher beleuchtet.

Über den Autor

Ingrid Manthei, geb.1972, Studium an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt, erfolgreicher Abschluss als Mag.rer.nat der Psychologie im Jahre 2009.

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