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- Die Darstellung des weiblichen Vampirs in der deutschen Romantik. Eine literaturwissenschaftliche Untersuchung
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2021
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Mit Goethes Ballade Die Braut von Korinth begann Ende des 18. Jahrhunderts weltweit das Interesse an sogenannter Vampirliteratur. Die weibliche Vampirin wurde zum Lieblingsmotiv der Schwarzen Romantik. Als territoriale und motivische Grenzgängerin bewegte sie sich zwischen Forschung und Literarizität. Sie war die Antwort des Volkes auf die Frage nach dem Leben nach dem Tod und eine Figur der verbotenen wie unmöglichen Liebe, die stets im Liebestod und tabuisierter Sexualität endete. Umso mehr ist sie eine Figur der Schwarzen Romantik. Abgründig, magisch und zwiespältig. Eine unerklärliche und unheimliche Blutsaugerin, deren Werke oftmals von der Öffentlichkeit und Literaturwissenschaft abgelehnt, verbannt und vergessen wurden. In diesem Buch wird untersucht, inwiefern literarische Vampirinnen der deutschen Romantik sich unterscheiden und wo sie Gemeinsamkeiten aufweisen.
Textprobe: Kapitel 4.2 Der Tod einer schönen Mörderin: Ab Mitte des 18. Jahrhunderts fand das Motiv des weiblichen Todes Einzug in die Literatur. Gedanken über den eigenen Tod, über den anderer Personen, aber auch ästhetische Aspekte wie das Überführen von Beseeltem ins Unbeseelte beschäftigten die Menschen. Der Tod schöner Frauen war und ist ein beliebtes Thema von der Empfindsamkeit bis hin zur Moderne. Die Gleichsetzung der Frau mit dem Tod unterstützte die Verbreitung der Thematik, die in sich ein Paradoxon aufweist, da eine tote Frau als Gebärerin den Fortbestand der Gesellschaft bedroht. Der Tod eines schönen Mannes hätte jedoch nicht denselben Effekt erzielt. Die Schönheit liegt laut Edgar Allan Poe in der poetischen Atmosphäre eines Gedichtes oder Textes und resultiert aus der Wirkung einer reinen Seele – ob aus der reinen Seele des Autors oder der Figuren bleibt unbeantwortet. Diese poetische Stimmung ist ein Produkt von trauriger sowie melancholischer Stimmung und der Tod nur die Fortsetzung. Demnach ist der Tod einer schönen Frau das poetischste literarische Element. Mit dem Tod der Frau stirbt auch die provokative erotische Begierde, die ihr sowieso versagt wurde, und auch die Lustbarkeit, die einem Tabu unterlag, verschwand so von der Bildfläche – nicht aber bei der Vampirin, bei der Erotik und Lustbarkeit meist erst mit dem ersten Tod auftreten, wenn sie auch nicht immer erreichbar sind. Davon abgesehen agieren Vampirinnen nicht wie lebende menschliche Frauen. Sie überschreiten die Grenzen der Lebenden, handeln autonom und nach eigenem Belieben, erlauben es sich, zu lieben oder Liebe abzulehnen, und Kinder und Männer sind ihre Nahrung. Manchmal sind sie Unterhalterinnen oder aber sie ziehen sich zurück. All diese Wesenszüge werden von Hildebrands Vampirin vereint. Es darf nicht vergessen werden, dass die Vampirin nicht nur einen Tod, sondern zwei Tode stirbt. Der erste Tod macht sie zu einer Untoten, der zweite Tod, falls dieser vollends eintritt, beendet ihr vampirisches Dasein, und damit auch all die erotisierten Heimsuchungen. Sie ist lebendig und tot zugleich. Dennoch droht ihr, jederzeit erneut zu sterben oder zumindest bei Blutentzug ein verwelktes Äußeres und Inneres zu erhalten. Der Tod begleitet die Vampirin vom Beginn ihrer Wiederauferstehung. Sie stirbt, sie lebt, sie tötet und stirbt erneut, doch für einige ist dies nur ein Kreislauf. Hildebrands Vampirin gelangt drei Tage nach ihrem zweiten Tod wieder an die Erdoberfläche und tötet den Oberst. Bei Raupach wird der Kreislauf durch die Wiederkehr als Jägerin und Schlange angedeutet und bei Goethe droht eine Mordserie, sollte nicht die gewünschte Feuerbestattung stattfinden. Der Tod der Vampirin steht oftmals im direkten Zusammenhang mit ihrem ausersehenen Opfer oder einem Vampirjäger. Eine Ausnahme bildet das älteste Werk, in dem der endgültige Feuertod von Goethes Braut nur angekündigt wird. Bei Hildebrand stirbt Lodoiska während der christlichen Hochzeitszeremonie mit dem Oberst. Ihr Tod kommt plötzlich und unbeabsichtigt. Der Oberst zieht ihr den Handschuh ab und entblößt darunter die Knochen. Diese kleine Geste lässt Lodoiska tot zu Boden sinken und aus drei Wunden sickert unreines, stinkendes Blut hervor . Auch bei Hoffmann verstirbt die Vampirin durch eine Geste des Opfers. Er schleudert sie während des Saugakts von sich und verfällt anschließend dem Wahnsinn. Rauschniks und Raupachs Erzählungen bieten eine Besonderheit, indem sie Vampirjäger einführen. Beim Ersteren ist es der intelligente und zurückgezogene Oheim des Grafensohns. Eine Berührung mit dem Ring des Domherrn enthüllt schlussendlich ihre wahre Gestalt, die das körpererhaltende Herzensblut ihres Opfers saugt. Ihre Schönheit verfällt, während sich ihr grässliches Äußeres offenbart. Die Vampirin verstirbt nach einer Flucht in ihrem Grab, indem ihre unverweste Gestalt zunächst gepfählt und anschließend verbrannt wird. Ihr Opfer verstirbt genau wie der Bräutigam Goethes an dem Vampirbiss. Raupachs Vampirjäger ist nur im weitesten Sinn ein Jäger. Vielmehr handelt es sich bei ihm um einen Gelehrten, der Walter eine Anleitung zum Töten gibt. So weist er ihn an, Brunhilde, die nur bei Neumond schlafend und ohne Kräfte anzutreffen ist, einen gefeilten Dolch in die Brust zu stoßen, sie dabei zu verfluchen und zu schwören, nicht mehr an sie zu denken. Die Vollführung der Tat lässt auch sie aus einer Wunde bluten, wobei ihr die Zeit bleibt, eine Warnung auszusprechen: Verdammt mit mir. Die Besonderheit liegt darin, dass ihre Opfer nicht sofort versterben, sondern wie bei Hildebrand mehrere Saugakte überleben. Sie ist demnach nicht so tödlich wie ihre Artgenossinnen.
Angellika Bünzel, B.A., wurde 1994 in Noworossijsk an der russischen Schwarzmeerküste geboren und studierte an der Goethe Universität in Frankfurt am Main Germanistik und Geschichte. Zurzeit arbeitet sie als Lektorin und studiert an der Philipps Universität in Marburg.
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