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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das duale Berufsbildungssystem in Deutschland galt lange Zeit als Vorreiter für die berufliche Bildung mit dem Ziel Professionalität, Flexibilität und Integrität in der Arbeitswelt sicherzustellen, doch wurde das System von Beginn an als Sackgasse für die Karriere kritisiert. Es bestand zu keiner Zeit eine Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und allgemeiner Bildung und auch an der Durchlässigkeit gab es harte Kritik. Denn auch bei guter beruflicher Aus- und Weiterbildung war mit Erreichen des Meistertitels auch das Ende der Karriere erreicht. Im Vergleich dazu war die gymnasiale Bildung mit anschließendem Studium und einer Vielzahl von Aufstiegsmöglichkeiten nur denjenigen vorbehalten, welche sich schon sehr frühzeitig für diesen Weg entschieden hatten. In diesem Buch wird im Kern eine Analyse des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) unter dem Aspekt der deutschen Berufsbildung erfolgen, daneben sollen zur Verdeutlichung auch die bisherigen Entwicklungen des EQR und des Leistungspunktesystems der beruflichen Bildung (ECVET) analysiert werden. Dieses mit dem Ziel, sowohl auf Chancen als auch auf Risiken und Probleme bereits im Vorfeld der endgültigen Umsetzung des DQR und im Bereich der Evaluation des EQR hinzuweisen, woraus wiederum Lösungsansätze entstehen können. Diese Analyse bezieht sich dabei nicht auf die rechtliche oder institutionelle Verankerung, sondern vielmehr auf die angestrebten Konstruktions- und Funktionsprinzipien des DQR.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Die Leistungspunktesysteme der allgemeinen und der beruflichen Bildung: Aufbauend auf den vorausgegangenen Stationen der Europäisierung wurden bzw. werden im Zusammenhang mit dem Bologna-Prozess und dem Kopenhagen-Prozess zwei Systeme der Leistungsbewertung und -berechnung entwickelt, die Leistungspunktesysteme ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) für den hochschulischen und ECVET (European Credit System for Vocational Education and Training) für den beruflichen Bildungsbereich. Diese Systeme sollen einen möglichst objektiven Aufschluss über die zu verrichtenden Aufgaben und die damit zusammenhängende Arbeit sowie den benötigten Aufwand geben und dabei gleichwertig und vergleichbar sein. Grundlegend für die Systeme der Leistungspunkte sind jeweils die Schaffung des jeweiligen europäischen Metarahmens, den Hochschulrahmen für den Bologna-Prozess und das ECTS einerseits und den EQR für den Kopenhagen-Prozess und damit das ECVET andererseits. Zuweilen ist, selbst bei manchen Experten, von Kreditpunkten zu lesen, was auf eine mangelhafte Übersetzung deutet, wie es im Zusammenhang mit ECTS, ECVET und EQR des Öfteren vorkommt. Die jeweiligen Konstrukte (Metarahmen und Leistungspunktesysteme) sollen zur Transparenz wissenschaftlichen und beruflichen Arbeitens und Lernens beitragen und die Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung in sich manifestieren. Aufgrund des noch weiter zu gestaltenden und angestrebten europaweiten Standards der Akkumulierung von Leistungspunkten sollen nun europäisch kompatible und durchlässige Bildungssysteme, insbesondere bezogen auf die Zertifizierungen, entstehen. Dabei müssen die erworbenen und entstandenen Kompetenzen und Qualifikationen anhand dieser Leistungspunktesysteme bewertet und vergleichbar gemacht werden. Das mittlerweile in der Fachöffentlichkeit bekannte, und weitgehend umgesetzte, System ist das der allgemeinen Hochschulbildung ECTS. Mit ähnlichen Zielen - Transparenz, Durchlässigkeit, Mobilität - wurde von der Europäischen Kommission das Pendant für die europäische Berufsbildung entwickelt und als ECVET im November 2002 in Kopenhagen auf den Weg gebracht. Beide Leistungspunktesysteme müssen einbezogen werden, um ‘die beruflich und die hochschulisch erworbenen Leistungspunkte wechselseitig anrechnen zu können’ (Dehnbostel 2008a, S. 168 Dehnbostel 2007, S. 179) und somit die Durchlässigkeit gewährleisten und erheblich verbessern zu können. Ebenso wird durch die Leistungspunkte die Qualität der akademischen Arbeit bzw. des Studiums quantifizierbar. Dieses Kapitel bezieht sich im Schwerpunkt auf die Entwicklung der Leistungspunktesysteme der beruflichen und der allgemeinen Bildung. Dabei soll das bereits entwickelte und umgesetzte System der allgemeinen Bildung im ersten Abschnitt (3.1.) als Einstieg dienen, um im Anschluss auf die Entwicklung und geplante Umsetzung des Pendants der beruflichen Bildung einzugehen (3.2.). Darauf aufbauend soll im Abschnitt 3.3. die nationale Variante des beruflichen Leistungspunktesystems DECVET im Rahmen der BMBF-Pilotinitiative thematisiert und kurz dargestellt werden. Der abschließende Abschnitt 3.4. geht kurz auf Möglichkeiten der gegenseitigen Anrechnung und Anerkennung bezogen auf ECTS und ECVET ein, welche derzeit in verschiedenen Projekten erprobt werden. 3.1, Das Leistungspunktesystem der allgemeinen Hochschulbildung ECTS: In der Gemeinsamen Erklärung der Europäischen Bildungsminister in Bologna vom 19. Juni 1999 stellten die anwesenden Bildungsminister die Bildung und Bildungszusammenarbeit als die wichtigsten Ziele heraus, insbesondere für die Etablierung von Frieden, Stabilität und Demokratie (Gemeinsame Erklärung der Europäischen Bildungsminister 1999, S. 2). Davon ausgehend soll durch europaweit geförderte Wissensvermittlung zudem ein ‘Bewußtsein für gemeinsame Werte und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen sozialen und kulturellen Raum’ (ebd., S. 1) aufgebaut und gefestigt werden. Zu diesem Zweck wurde die Einführung bzw. der Aufbau eines europäischen Hochschulraumes beschlossen und mittlerweile weitgehend umgesetzt. Mit dieser Entwicklung werden die anerkannten Studiengänge (z.B. Diplom) umgestellt ‘auf zu akkreditierende Bachelor- und Master-Studiengänge auf der Basis von Lernergebnissen (‚learning outcomes‘)’ (Mucke 2008, S. 182), also hin zur Wirkungssteuerung (outcomeorientiert). Zu dieser Umsetzung führt Mucke in einer Fußnote weiter an: ‘Für die einzelnen Studiengänge sind Modulhandbücher zu verfassen, in denen u.a. Aussagen über Lernergebnisse (‚learning outcomes‘), den durchschnittlichen Arbeitsaufwand der Studierenden (‚workloads‘) und die damit erreichbaren Leistungspunkte (‚credits‘) getroffen werden. Eine fächerübergreifende, nach Lernergebnissen orientierte Lehre sollte sinnvollerweise auch zu einer veränderten Methodik der Vermittlung und zu darauf abgestimmten Prüfungsformen führen’ (Mucke 2008, S. 182). In diesem Zusammenhang etablierte sich auch das Leistungspunktesystem ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) für die europäischen Hochschulen, um damit Studienleistungen einerseits anrechnen und andererseits übertragen zu können. Zur Zusammenfassung dieser Prozesse ist ein europäischer Qualifikationsrahmen für die Hochschulen (EHEA-Framework - Metarahmen) entwickelt worden, welcher Hochschulabschlüsse aufgrund von Qualifikationsniveaus beschreibt und diese in Europa transparent und vergleichbar machen soll. Auch wurden hierbei Nationale Hochschulqualifikationsrahmen (NHQR / DHQR) eingeführt, welche die Übersetzungsfunktion zum EHEA ausüben sollen. Nochmal zur Verdeutlichung: Der Europäische und die Nationalen Hochschulqualifikationsrahmen beschreiben Abschlüsse aufgrund von Beschreibungskategorien! EQR und DQR tun dieses nicht, sie beschreiben Lernergebnisse. Insgesamt führt der Bologna-Prozess zur Veränderung der nationalen hochschulischen Bildungssysteme (vgl. Mucke 2008, S. 182). Weitere Berichterstattungskonferenzen im Zusammenhang mit dem Bologna-Prozess (u.a. zur Klärung der Umsetzung, gegenseitigen Hilfestellung und der Problemlösung) fanden in Prag (2001), Berlin (2003), Bergen (2005) und London (2007) statt, zudem ist für Ende April 2009 eine Konferenz in Leuven, Belgien angesetzt und durchgeführt worden. Das Leistungspunktesystem der allgemeinen Hochschulbildung ist bereits seit 20 Jahren entwickelt, getestet, angewandt und evaluiert worden. Eingeführt wurde es 1989 im Zusammenhang mit dem ERASMUS-Austauschprogramm, welches mittlerweile zum Austauschprogramm SOKRATES gehört. Diese Austauschprogramme, ebenso wie etwa LEONARDO, ermöglichen die Aneignung von Auslandserfahrungen für Studierende. Sie fördern somit die internationale Bildungsmobilität im allgemeinen Hochschulwesen, da die gegenseitige Anrechenbarkeit und Übertragung der erbrachten Studienleistungen in diesen Programmen vereinbart und umgesetzt werden (Europäische Kommission 2004a, S. 3). Seit dem Beginn des Bologna-Prozesses 1999 wird das Instrument zu einem Akkumulierungssystem weiterentwickelt und soll, im Sinne der Erklärung, institutionell und europaweit umgesetzt werden. ‘Das System erleichterte die Anerkennung von Studienaufenthalten im Ausland und verbesserte damit Qualität und Umfang der Studierendenmobilität’ (ebd., S. 3) erläutert die Europäische Kommission in ihrer Informationsbroschüre ‘Europäisches System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (ECTS) — Kernpunkte’. Studierende können mit Hilfe des Kreditpunktesystems die Studiengänge leichter verstehen und vergleichen, zudem werden Mobilität und akademische Anerkennung international gefördert. Kernelement des Leistungspunktesystems sind die namengebenden Leistungspunkte, welche ‘allen Bildungskomponenten eines Studiengangs zugeteilt (beispielsweise Modulen, Kursen, Praktika, Abschlussarbeiten usw.)’ werden. Dabei spiegelt ein Credit ca. 25-30 akademische Arbeitsstunden pro Woche wider, ‘Vorlesungen, Seminare, Selbststudium, Vorbereitung auf und Teilnahme an Prüfungen usw.’ (Europäische Kommission 2004a, S. 4) eingeschlossen. Dieser ‘workload’ bezieht sich also auf alle möglichen Formen und Arten der akademischen Arbeit und wird nicht nur an der Anwesenheit gemessen, daneben fällt der Aufwand für die Erstellung von Hausarbeiten und anderen Leistungsnachweisen, Literaturrecherchen, Projekten und Gruppenarbeiten usw. in die Berechnung mit hinein. Dieses wird derzeit aber noch zu selten von den Dozentinnen und Dozenten sowie der Hochschulleitung in der Planung der Studiengänge und Module berücksichtigt, wodurch wiederum Proteste und sogar (Bildungs-)Streiks der Studierenden entstehen. In einem akademischen Jahr beträgt das Arbeitspensum eines Vollzeitstudierenden 60 ECTS-Credits, gleichzeitig sind für das Arbeitspensum eines Vollzeitstudienganges in Europa etwa 1.500 bis 1.800 Arbeitsstunden pro Jahr anzusetzen. Abschließend bleibt zu konstatieren, dass europaweit die Mobilität und der Austausch von Studierenden durch den Bologna-Prozess gefördert, dabei als auch insgesamt sowohl berufliche und vorrangig hochschulische Kompetenzen erworben und auch schnellere und frühere Abschlüsse erreicht werden sollten. Doch im Ergebnis, so einige Kritiker und viele Betroffene, ist das Gegenteil davon eingetreten: - noch weniger Mobilität und Austausch durch zu hohe Arbeitsbelastung, - kaum mehr wissenschaftliche Ausbildung und Forschung, mehr schulisches Lernen und eine mangelnde Anerkennung des Bachelor-Abschlusses in vielen Bereichen der Wirtschaft. Zu den ersten beiden Punkten gab es in der nahen Vergangenheit schon mehrfach Proteste und Demonstrationen von studentischer Seite, weil man die Freiheit von Lehre und Forschung sowie die freie Persönlichkeitsbildung gefährdet sah. Zum letzten Punkt gibt es aber auch gegenteilige Meinungen mit dem Tenor, dass die Studenten mit teilweise wissenschaftlicher Bildung (bezogen auf den Bachelor) deutlich jünger sind als früher und sowohl schneller als auch qualifizierter in das Berufsleben einsteigen können.

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