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- Der Umgang mit Teamkonflikten in der Neuen Mittelschule: Empirisch erhobene Präventionsstrategien und Lösungsmethoden
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 120
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Im Zuge der Reformbestrebungen hinsichtlich des Österreichischen Mittelstufenschulsystems wurden im Schuljahr 2009/2010 erstmals Schulen nach dem Modell `Niederösterreichische Mittelschule´ geführt. Dieses Modell sieht vor, dass Lehrer gemeinsam unterrichten. Die vorliegende Untersuchung zeigt, wie die betroffenen Lehrer im ersten Jahr der Niederösterreichischen Mittelschule, die in dieser für sie meist neuartigen und herausfordernden Teamsituation, entstandene Konflikte austragen. Dazu wurden mit zehn betroffenen Lehrern fokussiert narrative Interviews geführt und im Sinne der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring zusammenfassend analysiert.
Textprobe: Kapitel 2.2, Teamarbeit in der Schule: 2.2.1, Arten von Teamwork in der Schule: Der Begriff des Teams wird im Bereich Schule häufig verwendet. Im Bereich der Schüler werden damit Gruppen bezeichnet, die in bestimmten Unterrichtsphasen zusammenarbeiten, etwa zur Durchführung eines Experiments im naturwissenschaftlichen Unterricht oder zur Gestaltung eines Plakats zu einem Thema. Teams werden auch im Sportunterricht gebildet und zum Spielen von Lernspielen. Die Didaktik spricht in diesem Zusammenhang von Gruppenarbeit. Gruppenarbeit von Schülern ist eine von mehreren möglichen Sozialformen der Schüler im Unterricht und ein Fixpunkt in der Lehrerausbildung. Die Definition von Teamwork (siehe Kapitel 2.1.1) trifft weitgehend zu. Einzig das Erreichen einer zeitlichen Mindestdauer ist fraglich, und eine Identität stiftende Wirkung ist durch die Gruppenarbeit von Schülern gewöhnlich nicht gegeben. Echtes Teamwork von Schülern liegt z.B. in Schulsportmannschaften, Instrumentalgruppen und in der Arbeit von Projektgruppen vor, die einige Tage lang mit einer gemeinsamen Aufgabe beschäftigt sind, etwa im Zuge einer Projektwoche. Schulklassen können nicht als echte Teams im Sinne der Definition bezeichnet werden, weil ihnen die geteilten Ziele und die gemeinsame Verantwortung weitgehend fehlen. Im Bereich der Lehrer wird häufig das gesamte Kollegium als Team bezeichnet. Kritisch für das Zutreffen der Definition sind hier fallweise die hohe Anzahl von Lehrern in einer Schule und die geringe gegenseitige Abhängigkeit. Das Lehrerkollegium einer Schule stellt ein nur schwach verbundenes Team dar, der Großteil der beruflichen Arbeitszeit entfällt auf Tätigkeiten ohne echte gegenseitige Abhängigkeit. Mehr gegenseitige Abhängigkeit entsteht in Jahrgangsteams, Fachteams und Projektwochenteams. Jahrgangsteams sind gemeinsam für den Unterricht der Schüler eines Jahrgangs verantwortlich, Fachteams für den Unterricht in einem bestimmten Unterrichtsgegenstand. Projektteams verbindet die Betreuung von Klassen im Laufe von Projektwochen. Dabei sind häufig mehrere Lehrer gleichzeitig mit derselben Schülergruppe beschäftigt (vgl. Hoffellner, 1994a, S. 65f und Mayer, W., 1994, S. 13f). Durch den Einsatz von Begleit-, Stütz-, Förder-, und Integrationslehrern wird das für den Unterricht übliche Schema ‘ein Lehrer - eine Klasse - eine Stunde’ aufgebrochen. Der Kernbereich der schulischen Arbeit, der Unterricht, wird nicht mehr alleine erledigt, sondern gemeinsam. Der zweite Lehrer ist dem klassenführenden Lehrer allerdings nicht gleichgestellt. Er ist nur für einzelne Schüler verantwortlich und in viele Entscheidungen nicht eingebunden. Er arbeitet ergänzend (vgl. Hoffellner, 1994a, S. 7). Die intensivste Teamarbeit von Lehrern findet im Teamteaching statt. Teamteaching ist eine Unterrichtsform, in der meist zwei, fallweise auch mehr Lehrer Unterricht gemeinsam planen, organisieren, durchführen und reflektieren (vgl. Köck & Ott, 2002, S. 714f). Teamteaching kommt besonders in den Unterrichtsgegenständen Deutsch, Englisch und Mathematik zur Anwendung, aber auch im Gegenstand Bewegung und Sport, im technischen Werken und in Fächergruppen im Bereichsunterricht, z.B. im naturwissenschaftlichen Bereich oder im offenen Lernen (siehe Kapitel 1.2). Teamteaching erfüllt alle Bedingungen echter Teamarbeit. Wenn im Folgenden über Lehrerteams, Teamarbeit, Teampartner oder Teamlehrer gesprochen wird, ist Team im Sinne von Teamteaching gemeint. 2.2.2, Die Anfänge des Teamteachings: Teamteaching wurde nicht in Österreich erfunden. Die jetzt im Niederösterreichischen Schulwesen praktizierte Form ist beeinflusst durch verschiedene frühere Varianten im Aus- und Inland (vgl. Hoffelner, 1994a, S. 9ff). Erstmals versucht wurde Teamteaching in den USA in den 50er bis 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Ursachen für die Einführung waren Lehrermangel, schlechte Ausbildung der Lehrer, der schlechte Ruf des Schulsystems und die mäßige Bildung der Schulabsolventen aufgrund schlechten Unterrichts. Eingeführt wurden streng hierarchisch geordnete Lehrerteams aus team leader, senior teachers und (normalen) teachers, unterstützt von Assistenten und Schreibkräften. Junge Lehrer sollten von erfahrenen angeleitet lernen. Schülergruppen wechselnder Größe wurden von Lehrerteams wechselnder Zusammensetzung unterrichtet, die Auswertung und Reflexion des Unterrichts erfolgte gemeinsam. Die durch die Einführung von Teamteaching erreichten Verbesserungen blieben allerdings weit hinter den Erwartungen zurück. In Großbritannien begannen Versuche mit Teamteaching in den 60er Jahren. Die Ziele waren hier eher pädagogischer Natur: Gefördert werden sollten Kommunikation und Kooperation bei Schülern und Lehrern. Statt äußerer Leistungsdifferenzierung durch räumliche Trennung verschieden leistungsfähiger Schüler sollte innere Leistungsdifferenzierung stattfinden, das heißt, Schüler unterschiedlicher Leistungsfähigkeit wurden in einer Gruppe in einem Raum unterrichtet (vgl. a .a. O., S. 20ff). Davon unabhängig gab es verschiedene Unterrichtsphasen, in denen nach Bedarf mehr oder weniger Schüler von mehr oder weniger Lehrern betreut wurden. Z.B.: Beginn in der Großgruppe zum Kennenlernen des Themas mit mehreren Lehrern, dann intensive Arbeit in Kleingruppen mit je einem Lehrer und fallweise individuelle Einzelarbeit, bei der alle Lehrer allen Schülern zur Verfügung stehen. Präsentationen oder Vergleiche am Ende wurden wieder im Plenum durchgeführt. Die Ergebnisse der Versuche mit Teamteaching waren positiv. In der damaligen Bundesrepublik Deutschland (BRD) starteten Schulversuche mit Teamteaching in Jahr 1966. Einerseits sollte das in der Wirtschaft erfolgreiche Teamwork damit in das Schulwesen aufgenommen werden, andererseits wurde den aus der Psychoanalyse stammenden Vorwürfen begegnet, der Lehrer könne zu viel Macht ausüben und die Schüler wären von den Lehrern zu sehr abhängig und zudem in Jahrgangsklassen nicht gut aufgehoben (vgl. Hoffelner, 1994a, S. 38). Auch in der BRD wurde großer Wert auf innere Differenzierung gelegt und wechselnde Gruppengröße bevorzugt. In Österreich entwickelte sich Teamteaching aus dem bereits erwähnten Einsatz von unterstützenden Lehrern, die zusätzlich zum klassenführenden Lehrer in die Klasse kamen. Diese Begleit-, Integrations-, Stütz-, oder Förderlehrer waren jeweils für bestimmte Stunden oder Fächer und bestimmte einzelne Schüler vorgesehen. Der Trend ging schon bald dazu, diese Spezialisten nicht mehr in die Klasse zu holen, sondern die betroffenen Schüler zu den Spezialisten aus der Klasse hinaus zu schicken. Das oben beschriebene echte Teamteaching findet sich in Österreich im Wesentlichen in zwei Bereichen: a) In Klassen oder Stunden mit besonderen Situationen: Z. B.: zur Integration von Kindern mit nicht deutscher Muttersprache, in Mehrstufenklassen der Volksschule, in der Sonderschule zu Betreuung schwerstbehinderter Kinder, im koedukativen Sportunterricht. b) Ab 1985 in Schulversuchen und neuen Schultypen im Zusammenhang mit der Reform der Mittelstufe, also in Schulen für 10 – 14Jährige, kurz: zur Weiterentwicklung der Hauptschule. Als Beispiel sei hier die Kooperative Mittelschule (KMS) genannt, ein in Wien erprobtes und evaluiertes Modell. Die in der Kooperativen Mittelschule gewonnenen Erfahrungen mit Teamteaching sind in die Entwicklung der neuen Niederösterreichischen Mittelschule eingeflossen. Im Kapitel 2.2.6 wird auf diese Erfahrungen genauer eingegangen (vgl. Dittelbach & Khan-Svik, 1994, S. 80ff). Ziele sind die Integration möglichst viele Schüler, deren Chancengleichheit, Kooperation von Schülern untereinander und Lehrern untereinander, Lebensnähe durch das Zusammenfassen mehrerer Unterrichtsgegenstände in Fachbereiche, die Förderung der Selbsttätigkeit von Schülern, die leichtere und häufigere Durchführung von Projekten und der Unterricht in leistungsheterogenen Klassen. Besonders die nicht bewährte und inzwischen aus lernpsychologischer Sicht unerwünschte Arbeit in Leistungsgruppen soll damit beendet werden können. Statt die Schüler nach ihrer Leistungsfähigkeit getrennt in mehreren Gruppen zu unterrichten, kommen nun mehrere Lehrer in Deutsch, Englisch und Mathematik gleichzeitig zum Unterricht in eine leistungsheterogene Klasse.
Gerald Wahrlich, B.Ed. M.A., wurde 1966 in Wien geboren. Nach seinem Lehramtsstudium für die Sekundarstufe 1 unterrichtete er mehr als 20 Jahre in der österreichischen Pflichtschule und machte dabei umfangreiche Erfahrungen im Teamteaching. Nach seiner Ausbildung zum Mediator untersuchte er im damals neu implementierten Schulversuch Neue Niederösterreichische Mittelschule Konflikte und Konfliktlösungsstrategien von Lehrerinnen/Lehrern im Teamteaching. Seit 2012 arbeitet Gerald Wahrlich an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich.
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