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  • Der Stellenwert der schulischen Berufsorientierung aus Sicht von Jugendlichen: Was kann Schule verändern, damit Jugendliche eine passende Berufswahl treffen?

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Was braucht es, damit die Berufsorientierung so verläuft, dass diese in eine erfolgreiche Berufswahl übergeht? Diese Frage ist wahrscheinlich zu komplex, als dass man die Lösung dafür finden könnte. Dennoch beschäftigt sich der Autor dieser Studie mit den Faktoren für eine gelingende Berufswahl. Der Fokus wird dabei auf die schulische Berufsorientierung gelegt. Nach eingehender Betrachtung der Berufsorientierung des Akteures Schule, wird zu der eigentlichen qualitativen Studie übergeleitet. Es werden Jugendliche aus dem ersten Ausbildungsjahr dazu befragt, wie diese ihre schulische Berufsorientierung mit Blick auf die Berufswahl erlebt haben. Denn wer könnte eine passendere Bewertung geben, als diejenigen, die nach der Schule eine konkrete Berufswahl getroffen haben? Was sind für sie ausschlaggebende Faktoren in ihrer schulischen Berufsorientierung gewesen? Aus dieser Perspektive analysiert der Autor im Anschluss an die Befragung, welchen Einfluss die Schule auf die Berufsorientierung der Schüler hat und macht Vorschläge dazu, wie Schule ihre Berufsorientierung gestalten kann, damit die Schüler am Ende der Schullaufbahn eine geeignete Berufswahl treffen können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4. Ergebnisse der Untersuchung: Basierend auf der Strukturierung des Datenmaterials mit Hilfe des Kategoriensystems (vgl. Kapitel 7.2), werden im Folgenden die zentralen Ergebnisse dargestellt und interpretiert. Dabei wird analog zum Kategoriensystem aus Kapitel 3.3.3 vorgegangen. Die Sichtweisen der Jugendlichen werden mit Kursiv-Druck als wörtliche Zitate aufgenommen und mit Angabe auf die Interviewnummer von X01-X08 (Interview-Nr. 1 bis Interview Nr. 8) markiert. Mit Hilfe der Zeilennummer können die Originalauszüge aus den Transkripten nachvollzogen werden. 4.1 Angebote und Hilfen zur Berufswahl von gesetzlich verpflichteten Akteuren: In diesem Unterkapitel werden die Kategorien näher untersucht, die die schulischen Berufsorientierungsmaßnahmen betreffen, bei der einige bereits im Kapitel 2.3.2.2 aufgeführt sind. 4.1.1 Praktikum: Wie schon im Forschungsstand (vgl. Kapitel 2.4) erwähnt, wird dem Betriebspraktikum eine entscheidende Bedeutung aus Schülersicht beigemessen. Auch in den Aussagen der Jugendlichen spiegelt sich diese hohe Bedeutung wider. Bis auf eine Ausnahme haben alle Interviewpartner dem Praktikum eine wichtige Rolle für die Berufswahl zugesprochen. Das deckt sich mit der Untersuchung von Herzog et al. (2006), in der Schüler das Praktikum als großen Nutzen hinsichtlich ihrer Entscheidungsfindung für einen Beruf empfunden haben. Auf einer vierstufigen Skala bezüglich des Stellenwerts von Praktika wurde ein Mittelwert von 3,03 ermittelt. Dieses Ergebnis ist unabhängig von der besuchten Schulform (vgl. S. 105). Nach hilfreichen Unterstützungsmöglichkeiten gefragt, hat ein Jugendlicher zur Antwort gegeben: Durchs Praktikum auf jeden Fall, was man gemacht hat. Ich habe in verschiedenen Bereichen gemacht. Das war hilfreich am meisten… (X01, Z. 5-6). Das Praktikum hat am meisten unterstützt, denn es hat schon mitgeholfen, damit man […] die […] grobe Richtung [weiß]. (X01, Z. 47). Hier wird deutlich, dass das Praktikum im Prozess der Berufsorientierung wichtig gewesen ist, die Richtung für eine Berufswahl festzulegen. Der Jugendliche X02 hat aufgrund des Praktikums sogar seine Berufswahl getroffen. In der Oberstufe hat er ein Praktikum in einer Bank absolviert: [Mein Praktikum habe ich] bei ner Bank […] gemacht und da hats mir halt gefallen und dann dacht ich: nach dem Abitur ist das vielleicht, es ist ne Alternative oder auch ein guter Schritt, um halt ins Berufsleben zu starten. (X02, Z. 11-14). Das Praktikum hat in dem Fall den Ausschlag gegeben, um eine konkrete Berufswahl zu treffen. Es bleibt im Interview jedoch unklar, aus welchen Gründen der Jugendliche das Praktikum ausgewählt hat oder ob es eher zufällig gewesen ist. Damit eng verknüpft ist es bei vier Befragten der Fall gewesen, dass sie durch das Praktikum in ihrer Berufswahl oder ihrem Berufswunsch bestätigt worden sind, so dass sie letztendlich auch in die jeweilige Berufsausbildung eingemündet sind. Die Jugendliche X04 hat, nachdem sie auf den Beruf der Bankkauffrau aufmerksam geworden ist, ein Praktikum in einer Bank absolviert und für sich daraufhin festgemacht: Alles klar, dann bleib ich direkt da und mach Bankkauffrau (X04, Z. 34). Das Praktikum hat in dem Fall die Berufswahl bestätigt und gefestigt und letztendlich dazu geführt, dass sie in derselben Bank übernommen worden ist. Die Jugendliche X06 meint in Bezug auf die Frage, wie sie in die Ausbildung zur Friseurin gelangt ist: Praktikum ist halt wichtig. (X06, Z. 6). Sie hat diesen Beruf als Alternative angesehen (vgl. ebd., Z.10) und in dem Bereich ihr Praktikum absolviert. Schließlich hat sie sich als Friseurin beworben (vgl. ebd., Z. 27-28). Dies deutet darauf hin, dass das Praktikum die Funktion gehabt hat, die Berufswahl zu bestätigen. Ähnlich ist es bei dem Jugendlichen X07 gewesen, der starkes Interesse gehabt hat, Koch zu werden: das Schulpraktikum. Das habe ich auch in der Küche gemacht. Da wusste man ja auch nach 3 Wochen, dass man so was machen kann (X07, Z. 81-82). Hier hat das Praktikum ebenfalls den Ausschlag gegeben, die Berufswahl fest zu machen und sich um eine Ausbildung zu bemühen. Analog hat es sich beim Interviewpartner X08 verhalten. Auch er hat das Praktikum gewählt, weil er vorher schon Interesse an dem Beruf des Kochs gehabt hat (vgl. X08, Z. 20-22). Nach zwei Praktika meint er: Und in 9. Klasse hatt ich auch Praktikum in Gaststätte gehabt. Und die waren auch richtig super. Und dann hab ich mir auch so gedacht: Äh, ja komm: Ich mach den Beruf. Ich kann Koch werden. Ich kann das auch gut. (X08, Z. 24-27). Mit Bezug auf die Bewerberbefragung vom BA/BIBB wird deutlich, dass das Praktikum für die Berufswahl der Befragten eine zentrale Bedeutung gespielt hat. 33 % der Befragten wurden durch das Praktikum auf ihren Ausbildungsplatz aufmerksam (vgl. Krewerth et al., 2014, S. 21). Im Gegensatz zu den sehr positiven Aussagen über das Betriebspraktikum, meint die Jugendliche X05, dass die Praktika von nur einigen Wochen nicht geholfen haben: eigentlich hat´s jetzt nicht so groß geholfen. Man hat halt nur gesehen, was Arbeiten heißt (X05, Z. 171 172), denn in den drei Wochen kann man nur putzen, finde ich (X05. Z. 318-319). Allerdings hat das Langzeitpraktikum für die Berufswahl weitergeholfen. Sie begründet das, weil man ja schon da, sagen wir mal vier Monate oder fünf Monate schon ist, kriegt man ja auch mehr Aufgaben zugeteilt. Und erst dann merkt man, wenn man diese Aufgaben wirklich macht, dass, …, dass es dann einem Spaß macht (X05, Z. 320-322). Im Endeffekt hat den Unterschied laut der Aussage nicht die Dauer, sondern die Art der Aufgaben gemacht. Die verantwortungsvolle Ausführung von Aufgaben hat dazu geführt, dass das Praktikum insgesamt mehr Spaß gemacht hat. Die Ausführung von berufsbezogenen Aufgaben ist für die Jugendliche ausschlaggebend gewesen. Die längere Dauer des Praktikums wäre somit nicht zentral, selbst wenn durch ein längeres Praktikum eher gewährleistet ist, dass Praktikanten berufsbezogene Aufgaben übernehmen können. Kohlrausch (2014) meint in dem Zusammenhang, dass die Ausübung von berufsbezogenen Tätigkeiten innerhalb des Praktikums die Chancen für einen Übergang in die Ausbildung erhöhen (vgl. S. 17). Kohlrausch und Solga (2012) bezeichnen ein solches Phänomen, wenn Schüler durch ein Langzeitpraktikum im selben Betrieb für eine Ausbildung übernommen werden, einen sogenannten Klebeeffekt (vgl. Kohlrausch & Solga, 2012, S. 769). Von einem solchen Klebeeffekt kann auch im vorliegenden Fall gesprochen werden. Zusammenfassend wird mit Blick auf die Ergebnisse deutlich, dass das Praktikum, als Maßnahme der schulischen Berufsorientierung, bei sieben von den acht Interviewpartnern eine entscheidende Rolle gespielt hat. Bemerkenswert ist, dass das Praktikum bei sechs Befragten dazu geführt hat, dass eine getroffene Berufswahl weiter gefestigt wurde und sie in dem entsprechenden Beruf ihre Ausbildung angefangen haben. Drei Befragte sind sogar als Auszubildende in demselben Betrieb geblieben, wo sie das Praktikum absolviert haben. Das passt dazu, was Hurrelmann et al. (2013) in ihrer Studie herausgestellt haben. Nämlich, dass der Berufsweg von jungen Menschen wesentlich davon abhängt, wo sie schon praktische Erfahrungen im Unternehmen machen konnten (vgl. S. 53). Obwohl das Praktikum sehr wichtig eingestuft wird, wäre es interessant zu wissen, wie das Praktikum bei den Schülern wahrgenommen wird, die noch keine Vorstellung von einem Berufsweg haben. Ist es in den Fällen genauso effektiv oder verliert sich die Effektivität, wenn kein Berufswunsch vorhanden ist. 4.1.2 Praxisunterricht: Zum Praxisunterricht hat sich nur ein Befragter geäußert. Auf die Frage, was bei der Berufswahl geholfen hat, meint dieser: in 9. Klasse hatten wir so Praxisunterricht, bei Gustavschule . Und da haben wir auch ein bisschen gekocht und, äh, vielleicht das auch. (X08, Z. 87-88). Der Praxisunterricht wird als generell hilfreich für die Orientierung eingestuft, wird aber nicht mehr eingehender behandelt. Die geringen Äußerungen zum Praxisunterricht kommen wahrscheinlich daher, dass diese häufig nur an Hauptschulen angeboten werden. Von den interviewten Jugendlichen, haben allerdings nur 2 Befragte die Hauptschule absolviert. 4.1.3 Lehrpersonen: Die Lehrpersonen werden von den Jugendlichen zwar genannt, aber sie scheinen den Aussagen zufolge, keine zentrale Rolle in der Berufswahl einzunehmen. [D]ie haben mich, äh, dann auch dabei unterstützt halt, dass ich dann auch in dem Bereich was finde. Die haben dann auch jede Woche nachgefragt (X06, Z. 162-163). Bei drei von acht Jugendlichen finden sich Aussagen wider, dass die Lehrer als Unterstützung in ihren Bewerbungsvorhaben wahrgenommen worden sind: die haben auch mit uns zusammen angerufen im Betrieb. Und also, was heißt zusammen? Die haben erstmal gesagt, wie man da überhaupt reden muss. Und äh, die standen auch daneben und ja also die haben eigentlich vieles getan, dass wir ne Ausbildung bekommen, sehr viel. (X05, Z. 302-305). Die erlebte Unterstützung der Lehrer kann als emotional und instrumentell eingeordnet werden. Die Lehrer haben lediglich in der Suche und Vermittlung von Ausbildungsplätzen unterstützt. Eine berufsorientierende Funktion kann anhand dieser Aussagen nicht abgeleitet werden. Folglich hat in diesen Fällen keine Hilfe in Bezug auf eine Berufswahl stattgefunden. Ein Jugendlicher hat sich bezüglich der Lehrer wie folgt geäußert: Nee. In der Schule da kümmert sich der Lehrer, ganz ehrlich, nicht wirklich darum. Die wollen eigentlich, dass du den Abschluss schaffst und was danach ist, ist denen so ziemlich egal. Ist meistens so. (X07, Z. 104-106). Dieser Jugendliche hat die Lehrer als Akteure von Berufsorientierung als unwichtig wahrgenommen. Zwei andere Jugendliche erwähnen die Nachbesprechung des Praktikums durch den Lehrer als positiv und hilfreich (vgl. X01, Z. 67-68 X02, Z. 185-186). Allerdings meint einer der beiden, dass der Lehrer selber manchmal nicht [wusste], wovon er redet. Die Weiterbildung müsste dann auch bei dem Lehrer sein. Weil manche, ähm, wir hatten jetzt einen Lehrer, der nicht wusste wovon er redet manchmal. Das ist dann nicht hilfreich. (X01, 67-68). Daran lässt sich ein Befund von Beinke (2009) anschließen, der in einer Umfrage mit Berufsschülern zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Lehrer mehr über die Ausbildung wissen müssen, um die Schüler besser darauf vorzubereiten. Das meinen laut der Umfrage 60,2 % der Befragten (vgl. S. 91). Kayser (2013) kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass Lehrer wenig Kenntnis bezüglich der Berufsorientierung und Berufswahl zeigen und kaum bereit sind, diesen Umstand zu verändern. Es werden meist bekannte Materialen verwendet und Fragen der Schüler zur Berufsorientierung werden meist an Fachleute delegiert. Kayser (2013) führt in seiner Analyse an, dass die mangelnde Expertise der Lehrer in punkto Berufsorientierung mit einer mangelnden Berufswahlkompetenz der Schüler einhergeht (vgl. S. 131-132). Das deutet darauf hin wie wichtig Lehrpersonen für die Berufsorientierung sind. Jedoch zeigen die Ergebnisse, dass die Lehrer angeblich wenig Expertise aufweisen. Die Äußerungen über die Lehrpersonen sind sehr gespalten. Während sich einige Jugendliche gar nicht zur Hilfe der Lehrpersonen äußern, stellen drei Jugendliche die hohe emotionale und instrumentelle Hilfestellung der Lehrer heraus. Ein anderer nimmt die Lehrer so wahr, dass sie sich nicht um die berufliche Orientierung der Schüler kümmern. Ein anderer betont die fehlenden beruflichen Kenntnisse des Lehrers. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lehrer keinen großen Faktor in der Berufsorientierung von Schülern darstellen. Dimbath (2007) gelangt in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass die Schüler kaum erwähnen mit Lehrern bezüglich der Berufsorientierung in Kontakt zu kommen. Somit schlussfolgert Dimbath, dass die Berufswahlhilfe seitens der Lehrer ein seltener Impuls für die Schüler mit Blick auf die Berufswahl darstellt (vgl. S. 175). Es kann vermutet werden, dass sie zu wenig über die Berufswelt Bescheid wissen und dass sie wenig geschult sind, Berufsorientierung anbieten und vermitteln zu können. Allerdings kann anhand der Aussagen geschlussfolgert werden, dass die Lehrer relativ häufig praktisch unterstützen, indem sie sich persönlich um die Suche und Vermittlung von Ausbildungsstellen kümmern. Die Reflexion und Nachbesprechung der absolvierten Praktika sind von einigen Lehrern ernst genommen worden und auch als hilfreich eingeschätzt worden.

Über den Autor

Jonathan Hübert wurde 1986 in Detmold geboren. Sein Studium des Lehramts an Berufsschulen schloss der Autor im Jahre 2015 mit dem Ersten Staatsexamen erfolgreich ab. Im Zuge des Studiums arbeitete der Autor unter anderem ein halbes Jahr in der Personalabteilung einer global agierenden Firma und führte darüber hinaus nebenberuflich Bewerbungstrainings durch, wodurch die Affinität zur Berufsorientierung entstanden ist. Durch seine ehrenamtlich langfristig ausgeübte Tätigkeit in der Jugendarbeit ist schließlich das Interesse an der Verknüpfung der Berufsorientierung mit der Sichtweise jugendlicher Berufsanfänger entstanden.

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