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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Klient als Kumpel? Ausgebildeten Sozialarbeitern kommen dabei sofort bestimmte Begrifflichkeiten in den Sinn. Sie denken an Burnout, da das Nähe–Distanz–Verhältnis nicht gewahrt wurde. Außerdem werden sie prognostizieren, dass dieses Verhältnis nicht mehr lange gut gehen kann, da im Sinne der Sozialarbeit nicht mehr professionell gearbeitet werden kann. Oder sie werden sich fragen, wie lange der Sozialarbeiter dies noch durchhalten kann. Streetworker in der aufsuchenden Drogenarbeit beschreiben, wie schwer es sein kann, mit ihrer Klientel Kontakt aufzunehmen. Nur eine vertrauensgeprägte Beziehung bringt sie in ihrer Arbeit mit drogengebrauchenden Szenemenschen voran. Die für den Streetworker in der Szene gemachten Erlebnisse werden prägend für seine Haltung - nicht nur im Berufs- sondern auch im Lebensalltag. Früher wichtige Begebenheiten im Alltag werden nicht mehr wertgeschätzt und Kollegen der Beratungsstelle aufgrund der traditionellen Arbeitsweise nicht mehr als vergleichbare Vertreter derselben Arbeitshaltung und Zielsetzung gesehen. Der Verfasser will in seiner Arbeit darauf eingehen, wie es zu einem solchen Neutralitätsverlust kommen kann und welche Rahmenbedingungen den Balanceakt Nähe - Distanz in das eine oder andere Extrem wanken lassen können. Durch eine intensive Auseinandersetzung mit Nähe und Distanz in der aufsuchenden Drogenarbeit werden Situationen aufgezeigt, die der oben genannten Balance nicht mehr entsprechen. Daraus werden anschließend Handlungsanforderungen an den Streetworker bzw. Möglichkeiten zur positiven Gestaltung der aufsuchenden Drogenarbeit entwickelt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Nähe und Distanz in der Arbeit als Streetworker der Drogenszene: 4.1, Distanz: Im folgenden Kapitel will der Verfasser auf Bedingungen für Streetworker eingehen, die ihre Arbeit erschweren. Dabei muss beachtet werden, dass diese Voraussetzungen für die Streetwork aufgrund der Tätigkeit vor Ort in der Szene zurück zu führen sind. Unter der Thematik Distanz ist nicht nur das persönliche Verhältnis zum Klienten zu verstehen, sondern es wird auch auf die örtliche Erreichbarkeit der Klienten eingegangen. 4.1.1, Ordnungspolitische Maßnahmen: Für die Klientel sollte Streetwork ein verlässliches Angebot darstellen. Dies wird durch eine kontinuierliche Anwesenheit zu feststehenden Zeiten an verschiedenen Orten erreicht (vgl. Berndt, 1997, S.134). Zentrale Treffpunkte von Drogenkonsumenten können öffentliche Parkanlagen, Bahnhöfe, U – Bahnstationen, öffentliche Bänke nahe von Kneipen gelegen uvm. sein. Diese Orte geben den Usern ein Gefühl von Sicherheit, denn dort finden sie Mitmenschen in ihrer vergleichbaren Situation, mit denselben Schwierigkeiten und fast derselben Vorgeschichte. Es können Freundschaften aufgebaut werden und die Drogenkonsumenten können sich in der Gruppe gut aufgehoben fühlen. Die Aufenthaltsdauer von Usern an solchen Plätzen beträgt oftmals mehrere Stunden oder erstreckt sich über den ganzen Tag. Demnach müssen Streetworker diese Orte regelmäßig aufsuchen, sich dort längere Zeit aufhalten, Kontakte knüpfen, informieren, beraten und intervenieren. Ihre Angebote müssen bekannt und in der Szene verfügbar sein (vgl. Dölker, 2005, S.40). Jedoch wird die Präsenz von Drogenkonsumenten versammelt an öffentlichen Plätzen von der Bevölkerung oftmals als anstößig gesehen. Ansässige Geschäftsleute fürchten um ihren Umsatz, Eltern um ihre Kinder und Politiker befürchten, das Bild der Stadt ist für Besucher nicht attraktiv und nicht herzeigbar. Die Folge ist, dass die Soziale Arbeit mit dem repressionsbedingten Auflösen offener Szenestrukturen (Steffan, Wagner, 2005, S.33) zu kämpfen hat. Dieses Zerschlagen einer offenen Szene geschieht durch vermehrte Personenkontrollen, Videoüberwachungen und höhere Präsenz der Polizei. Drogenkonsumenten ziehen gezwungenermaßen ab und suchen nach neuen Treffpunkten, die eher versteckt liegen und öffentlich schwieriger zugänglich sind. Auch werden sie sich dort nur für kürzere Zeit befinden, um nicht Gefahr zu laufen, kontrolliert zu werden (vgl. Dölker, 2005, S.40). Die Streetwork muss nun die neuen Plätze ausfindig machen (vgl. Berndt, 1997, S.139). Die Schwierigkeiten liegen darin, dass sich die Adressaten statt einem zentralen Ort auf mehrere Plätze verteilen und dass manche User nicht mehr erreicht werden können, da sie sich ins Private zurückgezogen haben. Außerdem wird durch ordnungspolitische Maßnahmen das Mißtrauen gegenüber der Szene nicht zugehöriger Personen erhöht. Die Kontaktaufnahme erschwert sich und Vertrauen muss erneut aufgebaut werden. Dem Straßensozialarbeiter noch unbekannte Drogenkonsumenten brauchen aufgrund der Angst, er könnte ein Zivilpolizist sein, länger, bis sie auf den Streetworker zugehen. Vorher vermittelten User neue Drogenkonsumenten direkt an die Streetwork (vgl. Thieme, 2005, S.41). Ein weiteres Problem besteht, wie oben beschrieben, darin, dass sich die Drogenkonsumenten nicht mehr allzu lange in der offenen Szene aufhalten. Der Streetworker findet während seines Aufenthaltes vor Ort nicht mehr alle Adressaten auf einmal an. Oftmals ist daher für Einzelgespräche wenig Zeit vorhanden, denn übliche Floskeln und Fragen in die Runde, die Oberflächliches betreffen, nehmen auch Zeit in Anspruch. Somit ist nicht gewährleistet, dass ein intensives Verhältnis zwischen Streetworker und Klient gewahrt wird und ausreichend und bedarfsorientierte Hilfe dem Klienten geboten wird. Dies würde bedeuten, dass Klienten nicht vom Kontakt zum Streetworker profitieren könnten und würde eine Beendigung des Kontaktes von Seiten der Klienten nach sich ziehen (vgl. Dölker, 2005, S. 40,41). Repressive Maßnahmen ziehen auch Verhaftungen einzelner Szene zugehöriger Personen nach sich. Das Aufrechterhalten des Kontaktes zum Klienten erschwert sich dadurch. Die Fluktuation der Szenemitglieder nach dem Prinzip einer Drehtüre (Steffan, Wagner, 2005, S.34) zwischen Szene, JVA, Entgiftung, Therapie, Szene o.ä. machen eine Kontaktwahrung nur in seltenen Fällen möglich. 4.1.2, Zielgruppe ohne Vertrauen in Drogenhilfesystem und mit ablehnender bzw. aggressiver Haltung: Wie unter dem vorherigen Punkt beschrieben entsteht durch das Zerschlagen der Szene ein allgemeines Mißtrauen gegenüber außenstehenden Personen. Auch Streetworker können davon betroffen sein, vor allem wenn sie nicht allen Szenemitgliedern länger bekannt sind. Es entstehen Gerüchte in der Szene, Straßensozialarbeiter würden mit der Polizei kooperieren und seien hier, um neue Fakten für die Polizei zu erfahren. Aus diesem Grund sehen Drogenkonsumenten den Streetworker als einen ungebetenen Gast, einen Eindringling (Steffan, 1989, S.190). User in der Szene haben das Bedürfnis, sich in der Gruppe wohl zu fühlen, sich auszuleben, auch Spaß zu haben und zu flachsen, ohne an ihre derzeitige Situation erinnert zu werden. Der Streetworker dringt in ihren Alltag ein und beobachtet. Die Klienten können das Gefühl bekommen, dass sie sich zurücknehmen müssen, da ihr Verhalten vom Streetworker analysiert wird. Darüber hinaus haben sie Angst, dass der Streetworker sie auf ihr Verhalten anspricht. Auch dieser Umstand kann dazu führen, dass Streetworker in der Szene nicht immer erwünscht sind (vgl. Steffan, 1988, S.192). Distanz von Seiten der Drogenkonsumenten erfährt der Streetworker außerdem, wenn sie den Kontakt zum Streetworker als sinnlos ansehen und sie nicht glauben, der Streetworker könne sie weiterbringen. Möglicherweise will der Adressat seine derzeitige Situation sowohl nicht thematisieren als auch nicht grundlegend verändern. Auch will ein Adressat nichts mit der Streetwork zu tun haben, wenn der Träger bzw. der Auftraggeber der Streetwork in der Szene als nicht kompetent gilt und Szenemitglieder über schlechte Erfahrungen berichtet haben. Adressaten distanzieren sich von der Streetwork, wenn aufgrund der Kultur oder der Sprache die Kontaktaufnahme zum Scheitern verurteilt ist und kein vertrauensgeprägtes Verhältnis zwischen Streetworker und Klientel entstehen kann. Ein adäquates Hilfsangebot kann nicht unterbreitet werden und es ist von Nöten, Straßensozialarbeiter mit entsprechenden Sprachkenntnissen und kulturellen Erfahrungen einzustellen (vgl. Steffan, Wagner, 2005, S.34). Szenemitglieder distanzieren sich oder haben eine ablehnende Haltung gegenüber Streetworkern, die eine Verunsicherung im Umgang mit ihnen zeigen oder eine zurückhaltende, ängstliche Art im Kontakt zu ihnen aufweisen. Zurückzuführen ist dies auf neue Mitarbeiter bzw. Berufsanfänger, die nicht oder kaum ausreichend in den Bereich Streetwork eingearbeitet wurden. Erfahrungen aus der Lebenswelt der Adressaten als auch Professionalität z.B. in der Beratung sind bei diesen neuen Mitarbeitern nicht vorhanden. Drogenkonsumenten der Szene haben für Verunsicherungen und Ängste ein feines Gespür. Berufsneulinge können ihre Inkompetenz nicht verbergen. Sie werden nicht akzeptiert, weil sie nicht durchblicken (Steffan, 1989, S.190). Dieses Nichtdurchblicken bedeutet auch, dass sich Streetworker unpassend äußern, da sie die Situation nicht erkannt haben. Berufsanfänger bzw. Berufsneulinge erkennen nicht oder übersehen in den ersten Monaten die Auswirkungen von oft polytoxikomanen Drogenkonsum. So ist es möglich, dass ein Spruch im falschen Moment auch einen handgreiflichen Übergriff gegenüber einer Streetworkerin auslöst. Die Wechselwirkung der Drogen hat eine eher depressive Stimmung ausgelöst. Die Aggressivität wäre in nüchternem Zustand nicht aufgekommen, zumal vorher ein gutes Verhältnis zueinander bestand (vgl. Mion, 1989, S. 201). Ebenso mit Gewalt und Aggressivität konfrontiert sehen sich Streetworker, die in Szenen mit Knappheit von Heroin arbeiten. Die Folge ist, dass User verschiedene (Ersatz-) Substanzen gebrauchen, was wiederum zu einer aggressiven Stimmung führt (vgl. Steffan, Wagner, 2005, S.34). Diese Distanz, die unter den letzten beiden Punkten beschrieben wird, geht nicht von Seiten der Streetworker aus. Diese sind Leidtragende, wenn sie die Szene neu orten müssen. Eine ablehnende oder mißtrauische Haltung von Seiten der Klientel entsteht zusammenfassend aufgrund der Repression, der Anwesenheit der Streetwork in der Lebenswelt, von Anfängerfehlern, von Gerüchten in der Szene und aufgrund von Drogenkonsum mit aggressiven Folgewirkungen. Die Streetworker sind dazu angehalten, aus anfänglich gemachten Fehlern zu lernen und diese zu vermeiden. Sie müssen Gerüchten entgegenwirken. Außerdem kann bei einer Zerschlagung der Szene die Öffentlichkeit informiert werden (vgl. Berndt, 1997, S.139). Jedoch ist und bleibt es Aufgabe der Streetwork, am Alltag der Drogenkonsumenten teilzunehmen. Ablehnungen und Kontaktvermeidung, da kein Interesse an den Angeboten besteht, müssen akzeptiert und ausgehalten werden sowie das Verhalten von Usern unter Drogeneinfluss. Unter folgenden Punkten wird auf die Distanz zu den Adressaten eingegangen, die von Seiten der Streetworker ausgeht.

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