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- Depressionen nach der Schwangerschaft: Wie soziale Beratung zur Prävention postpartaler Depressionen beitragen kann
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Postpartale Depressionen (PPD) gehören heute zu den häufigsten psychischen Erkrankungen von Frauen nach der Geburt. Dieses Buch beschäftigt sich mit der Frage, welchen Beitrag die Soziale Arbeit zur Prävention dieser Erkrankung leisten kann. Ziel ist es, die Grundlage für ein Beratungskonzept zu legen, das in die Praxis der Sozialen Arbeit integriert werden kann. Es sollen praktische Empfehlungen für die strukturelle, inhaltliche und methodische Gestaltung einer sozialen Beratung erarbeitet werden. Im Mittelpunkt der theoretischen Überlegungen steht die Frage, welche Relevanz das Konstrukt des Kohärenzgefühls für die Prävention postpartaler Depressionen hat. Das Buch zeigt zunächst auf, dass das Konstrukt des Kohärenzgefühls ein differenziertes Verständnis von Gesundheit in der Beratung ermöglicht. Die Betrachtung von Risiko- und Protektivfaktoren für die Entstehung einer PPD kann zu einer stärkeren Ressourcenorientierung in der Beratung beitragen. Es wird erörtert, ob eine sozialökologische Orientierung, die an den Ursachen von Problemen ansetzt und auch komplexere Problemlagen in den Blick nimmt, den dafür notwendigen Rahmen bietet. Die Betrachtung der strukturellen Rahmenbedingungen eines Wiener Modellprojekts zeigt, dass durch die Implementation des Beratungsangebots im Klinikkontext die notwendige Niedrigschwelligkeit erreicht wird. Auf inhaltlicher Ebene werden vier wesentliche Beratungsschwerpunkte identifiziert: Soziale Unterstützung, Partnerschaft, Auseinandersetzung mit den Veränderungen durch das Elternwerden sowie mit der Gefühlswelt. In Anlehnung an das Life Model der Sozialen Arbeit (Germain/Gitterman 1999) werden schließlich Methoden vorgestellt, die für die Arbeit mit den drei Komponenten des Kohärenzgefühls Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit hilfreich sind. Die Untersuchung gelangt zu der Schlussfolgerung, dass die Förderung der Eigenständigkeit und des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten wesentliche Ziele in der präventiven Beratung sein müssen. Offensivere methodische Elemente erscheinen angesichts der enormen Umstellungen und Neuorientierungen während einer Schwangerschaft angebracht. Die Arbeit mit dem Kohärenzgefühl in der sozialen Beratung kann eine Klientin auf den Umgang mit dem Übergang zur Elternschaft vorbereiten, indem es auch eine langfristige Perspektive bei der Bewältigung der kritischen Lebensphase eröffnet. Das Konstrukt kann somit äußerst hilfreich bei der Prävention postpartaler Depressionen sein.
Textprobe: Kapitel 2.1, Das Konstrukt des Kohärenzgefühls: Das Konstrukt des Kohärenzgefühls wird nach dieser Sichtweise als zentrale ‘Schlüsselvariable’ für die Erklärung gewertet, wie Menschen mit Stressoren umgehen und an welcher Stelle des Gesundheits-Krankheits-Kontinuums sie einzuordnen sind (vgl. Höfer 2000: 83). Das Kohärenzgefühl ist eine Zuversicht, dass ‘die Anforderungen in der Welt überhaupt im Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten zu bewältigen’ (Lorenz 2005: 29) sind. Von dieser kognitiven als auch affektiv-motivationalen Grundeinstellung hängt es ab, wie gut Individuen vorhandene Ressourcen zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit bzw. ihres Wohlbefindens aktivieren können (Bewältigungshandeln). Das Kohärenzgefühl ist dabei nicht mit Copingstilen oder -strategien gleichzusetzen, sondern nimmt die Funktion eines ‘übergeordneten Steuerungsprinzips’ (Grabert 2007: 25) ein, einer ‘generellen Lebenseinstellung’ (Lorenz 2005: 37). Laut Antonovsky existieren verschiedene Bereiche, die für die Aufrechterhaltung des Kohärenzgefühls von Bedeutung sind. Wesentlich für den Aufbau eines stabilen Kohärenzgefühls sind seiner Auffassung nach vor allem die Bereiche der menschlichen Existenz: die ‘eigenen Gefühle’, die ‘unmittelbaren interpersonellen Beziehungen’, die ‘wichtigsten eigenen Tätigkeiten’ und ‘existenzielle Fragen (Tod, unvermeidbares Scheitern, persönliche Fehler, Konflikte und Isolation)’ (Antonovsky 1997: 39). Alle diese Bereiche werden während einer Schwangerschaft bzw. während der Zeit nach einer Geburt stark beeinträchtigt, bzw. unterliegen zum Teil grundlegenden Veränderungen. 2.1.1, Komponenten des Kohärenzgefühls: Das Kohärenzgefühl umfasst in der Konzeption von Antonovsky drei Komponenten: Die tiefe Überzeugung, dass das Leben prinzipiell verstehbar ist (Gefühl der Verstehbarkeit bzw. sense of comprehensibility), dass die damit verbundenen Anforderungen persönlich sinnvoll (Gefühl der Sinnhaftigkeit bzw. sense of meaningfulness) und prinzipiell bewältigbar (Gefühl der Handhabbarkeit bzw. sense of manageability) sind. Die Komponente Verstehbarkeit bezieht sich primär auf die kognitiven Verarbeitungs-muster eines Individuums. Sowohl interne als auch externe Reize könnten nach Antonovsky als kognitiv sinnvoll wahrgenommen werden: ‘Die Person mit einem hohen Ausmaß an Verstehbarkeit geht davon aus, dass Stimuli, denen sie in Zukunft begegnet, vorhersagbar sein werden oder sie zumindest, sollten sie tatsächlich überraschend auftreten, eingeordnet und erklärt werden können’ (Antonovsky 1997: 34). Verschiedene Lebenserfahrungen werden als zueinander passend und konsistent wahrgenommen (vgl. ebd.: 110). Grabert weist an diesem Punkt zudem auf den Aspekt der Kontrolle hin – Vorhersagbarkeit und Erklärbarkeit von Ereignissen vermitteln einem Menschen ihrer Auffassung nach das Gefühl der kognitiven Kontrolle über Ereignisse (vgl. Grabert 2007: 26). Auch beinhalte diese Komponente das Gefühl, von anderen Menschen verstanden zu werden. Verstehbarkeit entspreche ‘der Fähigkeit, auch unter Belastung und in verworrenen Lebenssituationen noch den Überblick und das Verständnis für die eigene Lage zu bewahren’ (ebd.: 27). Mit dem Gefühl der Handhabbarkeit bzw. Bewältigbarkeit ist ein optimistisches Vertrauen gemeint, Anforderungen meistern und Ressourcen dafür mobilisieren zu können. Die Ressourcen betreffen solche, die ein Individuum selbst unter Kontrolle hat und solche, die von Personen kommen, denen es vertraut – wie dem Ehepartner, Freunden oder Ärzten (vgl. Antonovsky 1997: 35). Nach Grabert ist dabei nicht entscheidend, ob die Kontrolle über ein Ereignis bei einer Person selbst liegt, sondern vielmehr ob diese Person das Gefühl hat, dass jemand das bevorstehende Ereignis gemäß den eigenen Interessen kontrolliert (vgl. Grabert 2007: 27). Das Gefühl der Handhabbarkeit führt dazu, dass sich Personen nicht hilflos ausgeliefert fühlen, wenn sie sich in schwierigen Lebenssituationen befinden: ‘Wer ein hohes Ausmaß an Handhabbarkeit erlebt, wird sich nicht durch Ereignisse in die Opferrolle gedrängt oder vom Leben ungerecht behandelt fühlen’ (ebd.: 35). Diese Komponente betrifft kognitiv-emotionale Verarbeitungsmuster. Die Komponente der Sinnhaftigkeit bzw. Bedeutsamkeit erachtet Antonovsky als ein emotional-motivationales Element (vgl. Jork 2006: 18). Es beschreibt das ‘Ausmaß, in dem man das Leben emotional als sinnvoll empfindet’ (Antonovsky 1997: 35). Das Individuum ist überzeugt, dass es sich lohnt, in Anforderungen und Probleme emotional zu investieren und sich für sie einzusetzen und sich ihnen zu verpflichten. Menschen mit einem hohen Maß an Bedeutsamkeit sind neugierig auf das Leben und engagieren sich in verschiedenen Lebensbereichen. Antonovsky zufolge setzt dies voraus, von der eigenen Person und dem eigenen Handeln überzeugt zu sein (vgl. ebd.: 63). Unvermeidliche Erfahrungen wie beispielsweise Krankheit oder Tod werden bei hoher Ausprägung der Bedeutsamkeit als Herausforderungen angesehen, die einen Sinn ergeben und die eine Person bestmöglich bewältigen möchte. Antonovsky misst dieser Komponente die größte Bedeutung für die Gesunderhaltung bei. Ohne die Erfahrung von Sinnhaftigkeit und ohne positive Erwartungen an das Leben ergebe sich trotz einer hohen Ausprägung der anderen beiden Komponenten kein hoher Wert des gesamten Kohärenzgefühls, führt Bengel (2001: 30) aus. Die zweitwichtigste Komponente für Antonovsky ist die Verstehbarkeit, da die Fähigkeit, Dinge zu bewältigen, von der Verstehbarkeit der Informationen abhängt. Die Komponente der Handhabbarkeit sei jedoch ebenfalls wichtig, so Antonovsky. Wenn eine Person nicht davon überzeugt sei, über genügend Ressourcen zu verfügen, sinke auch die Bedeutsamkeit und Coping-bemühungen würden schwächer (vgl. Antonovsky 1997: 38). Erfolgreiches Coping hänge somit vom Kohärenzgefühl als Ganzem ab. Dies unterstützen auch faktorenanalytische Untersuchungen, die eine hohe Interkorrelation der drei Faktoren nachweisen (vgl. Höfer 2000: 84). Deshalb ist ‘am ehesten von einem Generalfaktor auszugehen’ (Bengel 2001: 40). Das Kohärenzgefühl kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Menschen mit einem stark ausgeprägten Kohärenzgefühl können auf Anforderungen flexibel reagieren und die hierfür notwendigen Ressourcen aktivieren: ‘Die Person mit einem starken SOC wählt die bestimmte Coping-Strategie aus, die am geeignetsten scheint, mit dem Stressor umzugehen, dem sie sich gegenübersieht’ (Antonovsky 1997: 130). Hierzu bedient sie sich aus ihrem Repertoire an generalisierten und spezifischen Widerstandsressourcen. Stressoren werden zudem als weniger konfliktreich und weniger gefährlich bewertet. Menschen mit einem gering ausgeprägten Kohärenzgefühl hingegen reagieren auf Anforderungen eher starr und rigide, da sie weniger Ressourcen zur Bewältigung zur Verfügung haben bzw. diese weniger wahrnehmen (vgl. Bengel 2001: 30). Sie sehen den Stressor nur unter dem Aspekt der Belastung und konzentrieren sich somit auf die ‘emotionalen Parameter’ und darauf, ‘wie sie mit der durch den Stressor verursachten Angst und dem Unglücklichsein umgehen’ (Antonovsky 1997: 131) können. Personen mit einem stark ausgeprägten Kohärenzgefühl hingegen werden die ‘instrumentellen Parameter’ (ebd.) des Problems in den Blick nehmen und sich fragen, welche Ressourcen sich am besten für die Problembewältigung eignen.
Friederike Seeger, B.A. und Dipl.-Soz.-Päd., wurde 1980 in Köln geboren. Nach ihrem Studium der Sozialwissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität mit dem Abschluss Bachelor of Arts und dem Abschluss in Sozialpädagogik an der Katholischen Stiftungsfachhochschule in München spezialisierte sich die Autorin auf die Beratung von Familien und Menschen in Krisensituationen. Sie sammelte zahlreiche praktische Erfahrungen u.a. in einer Familienorganisation (Freiburg), im Sozial- und Jugendamt (Freiburg) sowie in der Arbeit mit Menschen mit einer psychischen Erkrankung (Starnberg). Nach dem Studium arbeitete die Autorin als Jugendsozialarbeiterin an einer Grundschule und befasste sich schwerpunktmäßig mit der Beratung von Eltern, Lehrern und Kindern.
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