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  • Das Selbstkonzept von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen im Hören: Eine Gegenüberstellung von Förder- und integrativer Beschulung

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 188
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Für Jugendliche mit einer Hörbeeinträchtigung erwächst in der Adoleszenzphase eine zweifache Erschwernis: zum einen der Wunsch nach Zugehörigkeit, andererseits die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit und der Hörbeeinträchtigung samt ihrer Begleitumstände. Dieser Spannungsbogen lässt sich nur mit einem hohen Maß an eigenen Strategien bewältigen. Die Orientierung an hörenden Mitschülern ist nur begrenzt hilfreich. Die Unsichtbarkeit der Hörbeeinträchtigung und die Schwierigkeit, die Folgen nachzuvollziehen, machen es immer wieder unumgänglich, über die bestehenden Hörprobleme aufzuklären. Die eigenen Bedürfnisse angemessen artikulieren zu können, setzt die Auseinandersetzung mit der eigenen Hörbeeinträchtigung voraus. Ebenso notwendig ist ein positives Selbstkonzept um sich stets auf’s Neue für die eigenen Belange einsetzen zu können. Die vorliegende Studie soll herauszufinden, ob und in welchem Ausmaß die so skizzierten unterschiedlichen kommunikativen Bedingungslagen von integrativ beschulten Jugendlichen mit Hörbeeinträchtigung in der Gegenüberstellung zu Förderschülern das jeweilige Selbstkonzept beeinflussen und das Denken sowie Handeln prägen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3.7, Voraussetzungen für die schulische Integration von Personen mit Hörbeeinträchtigung: Die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Hörbeeinträchtigung in den Regel-schulbetrieb kann nur unter Erfüllung bestimmter, die Bedürfnisse der Zielgruppe berücksichtigender Bedingungen erfolgreich gestaltet werden, die wechselseitigen Einfluss aufeinander nehmen und der Integration einen Rahmen verleihen (Blickle 1998, S. 25). Es handelt sich dabei um räumliche und organisatorische, didaktisch-methodische und personale Aspekte, die nun eingehender vorgestellt werden sollen. 2.3.7.1, Räumliche, organisatorische und technische Aspekte: Entscheidende Grundlage für den Integrationsprozess ist die Gewährleistung räumlicher und organisatorischer Unterstützung durch die jeweilige Schule, die die Verwendung einer dem Verständnis dienlichen FM-Anlage seitens der Lehrkräfte sowie eine Adaption der raumakustischen Gegebenheiten in der Hinsicht einschließt, sodass eine Verringerung des Störschalls sowie die Herstellung einer ruhigen Lernatmosphäre er-langt werden können (Leonhardt 1999, S. 42). Als hilfreich hierfür haben sich die Verlegung von schalldämmenden Teppichböden und die Einführung klarer Kommunikationsregeln, gute, dem Schüler mit Hörbeeinträchtigung das Lippenablesen als zusätzliche Verstehenskomponente ermöglichende Lichtverhältnisse und eine darauf ausgerichtete Sitzordnung erwiesen (ebd.). 2.3.7.2, Didaktisch-methodische Aspekte: Eine Unterstützung der Wahrnehmungs- und Verarbeitungsleistungen des Schülers mit Hörbeeinträchtigung kann über die räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten hinaus mittels geeigneter methodischer und didaktischer Maßnahmen erreicht werden - klare Strukturen, Arbeitsformen, die eine Wiederholung und Aufarbeitung von bestimmten, zuvor ausschließlich mündlich besprochenen Themen ermöglichen sowie auch das Vermeiden ausführlicher Diskussionen im Klassenverband. Deutliche Zielvorgaben und die Gewährung von Hörpausen können ebenfalls Entlastung schaffen (Leonhardt 1999, S. 43). 2.3.7.3, Personale Aspekte: Eine signifikante Rolle innerhalb der Integration spielen zudem die in diesen Prozess involvierten Personen auf Seiten der Schule, der Eltern, aber auch des Heranwachsenden mit Hörbeeinträchtigung selbst. Dazu zählen eine Schulleitung, die der Arbeit der Lehrkräfte Wertschätzung entgegenbringt, sie in ihrem Umgang mit dem von einer Hörbeeinträchtigung betroffenen Schüler unterstützt und bei Fragen und Problemen Rückhalt bietet, aktiv am integrativen Prozess beteiligte und mit der Schule kooperierende Eltern, die ihrem Kind Halt geben und in schwierigen Situationen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und Lehr-kräfte, denen eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zum Austausch mit Eltern, Schülern und Mobilem Dienst sowie zur Vorbereitung der Mitschüler auf die im Zusammenhang mit der integrativen Beschulung entstehenden Rahmenfaktoren attestiert werden kann. In diese Informationsweitergabe können auch die Fachkräfte des Mobilen Dienstes einbezogen werden, denen neben Kooperation und Unterstützung insbesondere die Aufgabe der Bereitstellung adäquater zeitlicher und organisatorischer Modalitäten obliegt (Leonhardt 1999, S. 43f.). Grundsätzlich sollte für alle Beteiligten das Prinzip der Freiwilligkeit gelten. Ein Engagement im integrativen Sinne gelingt umso besser, je höher die Eigeninitiative ist und je mehr Verständnis für diese Form der Beschulung vorhanden ist. Auch der Schüler selbst kann unabhängig vom Grad der Hörbeeinträchtigung mit seiner Einstellung und seiner auditiv-verbalen Entwicklung zum Gelingen beitragen, indem er seine Schwierigkeiten offen kommuniziert und die dafür notwendigen Kompetenzen zur Sprachperzeption und Deutung sprachlicher Situationen besitzt, die ein reibungsloses Verstehen von und mit seinen Lehrkräften und Mitschülern anbahnen können (Kern 1999, S. 3). Dies setzt, je nach Erfordernis, eine gezielte Förderung durch die Eltern, durch Logopäden, durch Audiotherapeuten und gegebenenfalls durch pädagogische Fachkräfte voraus, die dem Schüler im Zuge seiner steigenden Fähigkeiten und Möglichkeiten gleichsam zu einem für das Gestalten geeigneter Rahmenbedingungen in einem Umkreis von normalhörenden Personen notwendigen Selbstwert verhelfen (Kern 1999, S. 3). Ausdauer und eine im Vergleich zu hörenden Mitschülern größere Belastbarkeit bezüglich schulischer Anforderungen sind ebenfalls von Bedeutung (Blickle 1998, S. 26). Nicht alle der genannten Aspekte lassen sich stets in idealer Weise realisieren, jedoch sollte dies das Bestreben aller Beteiligten sein, um eine Erleichterung in der Umsetzung der Integration zu bewirken und sie nach und nach zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen. 2.3.8, Vor- und Nachteile der schulischen Integration von Personen mit Hörbeeinträchtigung: Die Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit Hörbeeinträchtigung in der Regel-schule ist, in Abhängigkeit von Grad und Art der Beeinträchtigung sowie den jeweiligen Persönlichkeitsstrukturen mit Vor- und Nachteilen behaftet (Löwe 1996, S. 35f.), jedoch können einige, in der entsprechenden Literatur genannten Überlegungen Orientierung innerhalb der polarisierenden Diskussion über die bessere Beschulungsform für Her-anwachsende mit einer Hörbeeinträchtigung geben und die Entscheidung für oder gegen ein integratives Setting zu treffen helfen, indem sich die Möglichkeit zur Eruierung möglicher Ansatzpunkte bei Schwierigkeiten eröffnet. Die im Folgenden aufgeführten, an den zuvor erläuterten Voraussetzungen gelingender schulischer Integration orientierten Vor- und Nachteile der beiden Beschulungs-möglichkeiten beziehen sich im Falle der integrativen Beschulung in der Mehrheit auf die am häufigsten anzutreffende Einzelfallintegration, die auch im empirischen Teil der Studie als Teil des gewählten schulischen Zielfeldes vorzufinden ist sowie auf das Förderzentrum, das eher segregative Tendenzen aufweist. 2.3.8.1, Vorteile einer integrativen Beschulung: Verschiedene Autoren sprechen der Regelschule aufgrund der zumeist höheren Komplexität und Vielfalt des durch die Lehrkräfte verwendeten Wortschatzes sowie des Vergleichs mit den Fähigkeiten der normalhörenden Mitschüler die Möglichkeit zur stärkeren sprachlichen Anregung und Ausbildung einer gegenüber Förderschülern weitaus höheren sprachlichen Kompetenz ihrer Schüler mit Hörbeeinträchtigung zu (Löwe 1985, S. 18f.), die sich aus dem Bestreben zur Anpassung von Aussprache, Artikulation und Wortwahl an die des hörenden Umfelds ergibt, wohingegen in der Förderschule Sprech- und Artikulationsprobleme die Regel sind und sich somit keine geeignete Richtlinie für den eigenen Spracherwerb bietet (Löwe & Müller 1994, S. 510). Einen gewichtigen Vorteil der Regelbeschulung erkennen Integrationsbefürworter dar-über hinaus an der größeren Nähe und damit schnelleren Erreichbarkeit der Schule, sodass ein Verbleib im vertrauten familiären Umfeld sowie im Freundeskreis eröffnet werden kann. Lange Anfahrtszeiten würden vermieden, und das Kind hat bei der Ein-schulung nicht das Gefühl, ausgesondert zu werden, sondern ebenso behandelt zu werden wie die Gruppe der Gleichaltrigen (Hollweg 1999, S. 107). Der Alltag in der Familie sowie die Identifikation mit den hörenden Mitschülern in der Regelschule lassen die eigene Beeinträchtigung stärker in den Hintergrund rücken und vermitteln dem Kind die Fähigkeit, ohne fortwährende Rücksichtnahme auf seine Bedürfnisse im hörenden Umfeld zurechtzukommen und sich selbstständig den Anforderungen zu stellen, die aus der Artikulation der Schwierigkeiten im Hören erwachsen (Löwe 1992, S. 41ff.). Dadurch wird der Erwerb einer Hörtaktik im Sinne einer Gestaltung sozialer Situationen mit der Maßgabe, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die eigene Teilhabe zu ermöglichen (Leonhardt 1999, S. 220), als Voraussetzung für die Kommunikation in der hörenden Umwelt erleichtert. Die frühe Auseinandersetzung mit der hörenden Welt und die gegenüber Förderschülern stärker ausgeprägte sprachliche Kompetenz schaffen eine Basis für die soziale Integration nach der Schulzeit. Vaeth-Bödecker (1999, S. 203) erklärt zudem, dass ‘die Hypothese beziehungsweise das Klischee vom überangepassten, passiven und in höchstem Maße psychisch belasteten Hörgeschädigten in der Regelschule […] nicht […] bestätigt werden’ kann. Verschiedene Autoren verweisen darauf, dass empirische Erhebungen diesen positiven Grundtenor auch mit Blick auf die schulischen Leistungen bestätigen, die besser seien als diejenigen vergleichbarer, nicht integrierter Schüler und infolge des an einer allgemeinen Schule erworbenen Schulabschlusses zugleich höhere Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffneten (Hollweg 1999, S. 93). Elmiger (1994, S. 28) konstatiert für Schüler mit Hörbeeinträchtigung eine weniger problematisch verlaufende Integration als für Schüler mit anderen Formen der Beeinträchtigung, wie beispielsweise einer Lernbeeinträchtigung (ebd., S. 32). Ein wichtiger Vorteil der integrativen Beschulung kann letztlich auch darin gesehen werden, dass die Regelschule einen geeigneten Ort für die Sensibilisierung einer großen Zahl hörender Mitmenschen für die Kommunikationsprobleme von Hörbeeinträchtigten darstellt (Löwe & Müller 1994, S. 511), aus der ein Abbau von Berührungsängsten mit dieser Gruppe, aber auch mit Menschen mit Beeinträchtigung im Allgemeinen resultieren kann.

Über den Autor

Eva Schürmann-Lanwer wurde 1987 geboren. Ihr Studium der Sonderpädagogik schloss sie 2012 mit dem akademischen Grad des Masters of Education erfolgreich ab, gefolgt von einem Referendariat für das Lehramt an Sonderschulen. Während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen im Bereich des Engagements für Menschen mit Hörbeeinträchtigung.

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