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- Das Recht der Jugendhilfe aus verfassungs- und sozialrechtlicher Sicht
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Durch die Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) 1991 wurde ein Perspektivenwechsel in der Jugendhilfe eingeleitet. Im Vordergrund stand nicht mehr die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die Ausgrenzung verwahrloster Jugendlicher durch geschlossene Unterbringung und Arbeitserziehung etc, sondern vielmehr Leistungsverwaltung, um die Förderung und Integration junger Menschen in die Gesellschaft durch allgemeine und individuelle Hilfsangebote in unterschiedlichen Lebenssituationen besser zu erreichen. Verfassungsrechtlich hat dieser Perspektivenwechsel insoweit Bedeutung, dass im Hinblick auf die vorrangige Erziehungsverantwortung der Eltern, die Förderung und der präventive Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vordergrund steht (Art. 6 Abs. 2, 3 GG). Diese Schutzverpflichtung ist verfassungsrechtlich primär in Art. 2 Abs. 1 GG verankert, da das Kind eigenständiger Träger von Persönlichkeitsrechten Person-Werden ist. Somit bedeutet Förderung der elterlichen Erziehungsverantwortung zugleich auch Förderung der Entwicklung des Kindes und Jugendlichen. Durch Beteiligungs- und Mitspracherechte trägt das Gesetz der wachsenden Mündigkeit von Kindern und Jugendlichen Rechnung. Eingriffe in die elterliche Sorge zum Schutz vor Kindeswohlgefahren sind ausschließlich dem Familiengericht vorbehalten (§ 1666 BGB). Ausnahme ist die Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII als vorläufige Schutzmaßnahme der Jugendhilfe. Aufgrund der aktuellen Geschehnisse von Fällen der Vernachlässigung, Misshandlung bis hin zur Tötung von Kindern, werden in dieser Studie die unterschiedlichen Aspekte von Kindeswohlgefährdung aus verfassungs- und jugendhilferechtlicher Sicht beleuchtet, wobei das Spannungsfeld zwischen Hilfe und Kontrolle deutlich wird, indem sich Jugendhilfe bewegt.
Textprobe: Kapitel 4, Das Recht der elterlichen Sorge: Wenn man Jugendhilfe aus verfassungsrechtlicher Sicht betrachtet, kommt man nicht umhin, das Recht der elterlichen Sorge näher zu beleuchten. Sicherlich ist die Rechtsbeziehung zwischen Eltern und Kind rein privatrechtlicher Natur. Geregelt ist diese in den §§ 1626 ff. BGB. Aber dennoch gibt es eine Vielzahl von Überschneidungen mit dem öffentlichen Jugendhilferecht, insbesondere wenn durch Trennung und Scheidung von Eltern schädliche Folgen für das Kindeswohl zu befürchten sind oder im schlimmsten Falle das im Grundgesetz (Art. 6 GG) garantierte Elternrecht kindeswohlgefährdend missbraucht wird. Mit diesen Themen beschäftigt sich schwerpunktmäßig das folgende Kapitel. Allgemeine Bedeutung von Artikel 6 Grundgesetz (GG): Das Grundgesetz stellt in Art. 6, in einer eigenen Grundrechtsbestimmung, die Familie als den engsten persönlichen Bereich des Einzelnen, besonders heraus. Die Bedeutung des Art. 6 GG ergibt sich aus einer Mehrdimensionalität, insbesondere aus drei Komponenten: - subjektiv-öffentliches Abwehrrecht des einzelnen gegen staatliche Eingriffe. - personal geprägte Institutsgarantie für Ehe und Familie. - wertentscheidende Grundsatznorm für die gesamte Rechtsordnung. Ehe und Familie werden unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt. In Erfüllung dieser verfassungsrechtlichen Pflicht ist es Aufgabe des Staates, für die Erhaltung und Förderung von Ehe und Familie, den Keimzellen jeder staatlichen Gemeinschaft, zu sorgen. Nach Art. 6 GGist der Staat verpflichtet, den Bestand, die Einheit und Selbstverantwortung von Ehe, Familie und Elternrecht zu respektieren, zu schützen und zu fördern. Dabei hat er die kulturgeschichtliche Tradition ebenso wie den gesellschaftlichen und sozialen Wandel zu berücksichtigen. Als wertentscheidende Grundsatznorm wirkt Art. 6 auf das gesamte private und öffentliche Recht ein und weist dem Staat positiv die Aufgabe zu, Ehe und Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern sowie vor Beeinträchtigungen und Belastungen zu bewahren, und enthält negativ das Verbot, Ehe und Familie zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen (staatliche Schutz- und Förderpflicht). Unter dem Leitbegriff ‘Familie’ im Sinne von Art. 6 ist die lebenslange Gemeinschaft von Eltern und Kindern zu verstehen (sog. Kleinfamilie, nicht die Generationen-Großfamilie). Die Familie ist folglich die natürliche Erweiterung der Ehe, wobei eine Familie im Sinne von Art. 6 auch dann vorliegt, wenn sie nur aus dem Kind und einem sorgeberechtigten Elternteil besteht (sog. Restfamilie). Art. 6 schützt die Familie als geschlossenen und selbstbestimmten Lebensbereich (Familienautonomie). Der Staat ist verpflichtet, die Einheit und Eigenverantwortlichkeit sowie das Zusammenleben der Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 enthält eine spezielle Bestimmung für das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern in der Familie. Er garantiert den Vorrang der Eltern, ihre Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit bei der Pflege und Erziehung der Kinder, bestellt aber gleichzeitig die staatliche Gemeinschaft in den Fällen zum Wächter, in denen die Eltern nicht bereit oder in der Lage sind, ihr Erziehungsrecht zum Wohle des Kindes wahrzunehmen. Das Elternrecht ist ein ausgesprochen pflichtbezogenes Recht, das dem Wohle des Kindes zu dienen hat, da das Kind Grundrechtsträger im Sinne von Art. 1 und 2 Abs. 1 ist. Die Verknüpfung von Rechten und Pflichten ist im Unterschied zu anderen Grundrechten für Art. 6 Abs. 2 wesensbestimmend das Elternrecht (besser: Elternverantwortung) ist nicht nur ein ‘sozial gebundenes, pflichthaltiges’ Recht, sondern es existiert von vornherein überhaupt als primär ‘fremdnütziges’ nämlich ‘kindernütziges’ und keinesfalls als elterliches Herrschaftsrecht. Das GG geht davon aus, dass das Kindeswohl im Sinne von Geborgenheit, erzieherischer Kontinuität und bestmöglicher Förderung bei den Eltern in aller Regel am besten aufgehoben ist. Das Elternrecht umfasst also die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern im Sinne einer umfassenden Personensorge für das persönliche, körperliche und psychische Wohl, für die seelisch-geistige Entwicklung, für Bildung und Ausbildung, sowie überhaupt das Recht, über Ziel und Methoden der Erziehung zu bestimmen (§ 1626 BGB). Das Elternrecht soll gewährleisten, dass das Kind zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft erzogen wird. Dieses Elterngrundrecht gewährt den Eltern ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gegen hoheitliche Eingriffe, soweit sie nicht durch das ‘Wächteramt’ gedeckt sind (BVerfGE 24, 119, 138 ff. 47,46, 69 ff). Der Staat, der im Rahmen seines ‘Wächteramtes’ grundsätzlich nur subsidiär tätig werden darf, hat lediglich durch geeignete Maßnahmen Elternkonflikte zu kanalisieren und Kinder vor elterlicher Untätigkeit oder vor Elternrechtsmissbräuchen zu schützen.
Der Autor Gerhard Benz, geboren 1963, lebt seit 1993 in Düsseldorf. Studium an der Fachhochschule Düsseldorf mit Abschluss als Diplom Sozialarbeiter 1997. Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Düsseldorf mit Abschluss zum Verwaltungsdiplom 2009. Seit 1998 als Sozialarbeiter tätig im Jugendamt der Stadt Ratingen.
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