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- Care - Wanderungen: Über die (unheilige) Allianz von Patriarchat und Kapitalismus
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Im vorliegenden Buch werden komplexe Themen menschlicher Gegenwart untersucht, sowie deren Analyse und Deutung vor dem Hintergrund verfehlter Sozialpolitiken und damit einhergehender Ausbeutungstendenzen im Hinblick auf geschlechtsspezifische Wanderungserscheinungen. Beim internationalen Vergleich von Care-Bedingungen zeigt sich, dass die massenhafte Beschäftigung osteuropäischer Frauen in deutschen Privathaushalten lediglich der europäische Aspekt eines globalen Phänomens ist. Auf der Suche nach Erklärungen geraten zwei historische Stränge ins Blickfeld: Das Patriarchat, als Paradigma für die biologistisch motivierte Unterdrückung eines Geschlechts. Und der Kapitalismus, in seiner verschärften gegenwärtigen Form. Vor diesem Hintergrund werden sozialwissenschaftliche Deutungsansätze verhandelt, wobei die historische Entwicklung gesellschaftlich-ökonomischer Strukturen ebenso beleuchtet wird, wie zeitgenössische Denkansätze zur Care-Problematik aus der Sicht von Feminismus und Sozialwissenschaft. Abschließend fasst der Autor gewonnene Ergebnisse und Erkenntnisse zusammen, abgerundet durch einen unumgänglich pointierten Schlusskommentar.
Textprobe: Kapitel 2.3, Politischer Rahmen in Europa: Es sind zunächst europäische Vorgaben, die die genannten Bedingungen ermöglichen. Daher wird im folgenden Abschnitt vorab die Hegemonie ökonomischer Interessen untersucht, die die Entwicklung und Entstehung zugrunde liegender europäischer Normen maßgeblich bestimmt haben. Aber auch die nationalstaatliche Politik hat in der folgenden Instanz großen Einfluss, auf die praktische Ausgestaltung und Umsetzung transnationaler Migration im jeweiligen Zielland. 2.3.1, Europäische Verträge:Hegemonie ökonomischer Interessen: Primär sind es europäische Politik und Gesetzgebung, die den Weg für den Status Quo in Dingen transeuropäischer Arbeitsmigration in Deutschland bereiten: Arbeitnehmer-Freizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit und Entsendegesetz. Dass in der Europäischen Union wirtschaftliche Interessen einen hohen Stellenwert genießen, ergibt sich aus ihrer Geschichte: Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) wurde im Jahr 1957 durch die ‘Römischen Verträge’ besiegelt und deutet schon durch ihre Namensgebung an, dass es sich von den Wurzeln her um einen Staatenverbund handelt, bei dem es vorrangig um den reibungslosen Austausch von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskräften geht. An der Hegemonie ökonomischer Interessen hat sich auch mit der voranschreitenden politischen Integration, von den Europäischen Gemeinschaften (EG) ab 1965 bis hin zum Inkrafttreten der Verträge von Maastricht (1992), Amsterdam (1997), Nizza (2001) und Lissabon (2007) und trotz eines sukzessiven Übergangs politischer Befugnisse und Kompetenzgebiete von der nationalen auf die europäische Ebene nicht allzu viel verändert. Zwei Vertragswerke bilden die rechtliche Grundlage der EU: (1) Der auf Maastricht 1992 zurück zu führende ‘EU-Vertrag (EUV)’, der als Gründungsvertrag der EU gilt und in 55 Artikeln vorrangig die Bestimmungen zu demokratischen Grundsätzen, zu den Organen der EU und zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik enthält. Und (2) der konkretisierende ‘Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)’, der zwar aus einem Teil der Römischen Verträge (dem ‘Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft’) hervor ging, sich heute aber explizit auf den EU-Vertrag bezieht und diesen in 358 Artikeln inhaltlich ausgestaltet (vgl. Art. 1 Abs. 1 u. 2 AEUV). In Artikel 3 Abs. 1 des AEUV ist einführend aufgelistet, für welche Bereiche die Europäische Union ihre ‘ausschließliche Zuständigkeit’ von den Mitgliedsstaaten einfordert: Für die ‘Zollunion’, für das ‘Funktionieren des Binnenmarktes’, für die ‘Währungspolitik’ in Bezug auf den Euroraum, für die ‘Fischereipolitik’ und die ‘gemeinsame Handelspolitik’ (Art. 3 Abs. 1 AEUV). Im AEUV finden sich auch die europarechtlichen Voraussetzungen, die innereuropäische Migrantinnen betreffen: So sind im Titel IV (Art. 45 – 66 AEUV) die ‘Arbeitnehmerfreizügigkeit ‘ (Art. 45 ff. AEUV), die ‘Dienstleistungsfreiheit ‘ (Art. 56 ff. AEUV) und die ‘Entsendung ‘ geregelt (ebd., konkretisiert i. d. europäischen Richtlinie 96/71/EG zur Entsendung von Arbeitnehmern). Die genannten europäischen Normen schaffen so die Rechtsgrundlage und ermöglichen damit eine Situation, wie sie in Deutschland (aber auch in anderen westeuropäischen Staaten) in Bezug auf Migrantinnen aus Osteuropa vorliegt (Neuhaus et al. 2009: 28). Europapolitische Bezüge im Hinblick auf die Sozialpolitik beschränken sich hingegen auf erheblich weniger konkrete Vorgaben. Sie sind grundsätzlich in der ‘Charta der Grundrechte ‘ vorgegeben, konzentrieren sich dort aber im Wesentlichen auf grundlegende Menschenrechte, wie sie ohnehin außer Frage stehen. Der Begriff von Partizipation oder Beteiligung findet sich in der ‘Charta der Grundrechte’ ebenso wenig, wie der Begriff der Demokratie – letzterer nur in der Präambel und zwar in der Form, dass die Union auf den ‘Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit’ gegründet ist. Gleich im folgenden Abschnitt der Präambel wird hingegen betont, dass die Union ‘den freien Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit’ sicherstellt (Präambel zur ‘Charta der Grundrechte der Europäischen Union’). Immerhin finden sich im AEUV auch Vorgaben zur Beschäftigungs- und Sozialpolitik (Art. 145 ff. AEUV). Besonders in Artikel 57 AEUV ist geregelt, dass Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat unter den Voraussetzungen erbracht werden, ‘welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt’ (Art. 57 AEUV). Weiterhin regelt die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates der EU aus dem Jahr 1996 die Entsendung von Arbeitnehmern in einen anderen Mitgliedstaat und schreibt auch dort vor, dass die Bedingungen des Bestimmungslandes auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind (in der Rechtswissenschaft bekannt als Rechtsgrundsatz ‘lex locis laboris’). Allerdings schließen diese Bestimmungen den Zugang zu den Sozialversicherungssystemen des Ziellandes während der ersten 24 Monate Aufenthalt nicht mit ein. Die Verantwortung dafür, Migration zu menschenwürdigen Bedingungen zu gestalten, liegt daher verstärkt in den Händen der Regierungen der Zielländer.
Peter Engert M.A. (Jg. 1964) hat zunächst Umweltschutz in Bingen (ohne Abschl.), dann Soziale Arbeit in Mannheim studiert, wo er 1998 mit Diplom abschloss. Dann folgten mehrere Jahre im Ausland, wo er unter anderem als Drogen- und Suchtberater (Basel, Schweiz), im Rahmen einer Vortragsreihe zu Sucht und Drogenpolitik (Cork, Irland) und als pädagogischer Berater (Guatemala-City, Guatemala) tätig war. Nach einer zweijährigen beruflichen Stippvisite als Softwareentwickler in die IT-Branche Berlins um die Jahrtausendwende, leitete er acht Jahre lang eine Projektagentur für Kultur und Soziales in Sachsen-Anhalt. Sein Masterstudium absolvierte er an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden, wo er ab 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen eines Forschungsprojekts Themen wie Migration, Beratung und Probleme der interkulturellen Kommunikation untersucht. Außerdem arbeitet er seit 2010 für den Verband der Ersatzkassen als Sozialarbeiter in der Pflegeberatung in Rheinland-Pfalz. Nach Drogen, Sucht und Hilfe (1998), sowie dem Dokumentationsband zu einem Zeitzeugenprojekt in Sachsen-Anhalt ( Alte (erzählen) Geschichten , 2003) handelt es sich bei Migration im Care-Umfeld um die dritte Buchveröffentlichung des Autors.
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