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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Abb.: 17
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Vorstellungen, die mit dem Beruf des Lehrers und der Lehrerin verbunden werden, sind sehr vielfältig und häufig völlig gegensätzlich. Da gibt es die Vorstellung von halbtags arbeitenden Lehrkräften, die den halben Tag Zeit zum Faulenzen, für Hobbies und die Familie haben, es existiert aber auch genauso die Vorstellung vom Lehrerberuf als schwerer, verantwortungsvoller Beruf, der äußerst belastend wirken kann. Die letztere Vorstellung spiegelt sich auch in Zeitschriftenartikeln wie z.B. Höllenjob Lehrer oder Horrorjob Lehrer wider, die auf die hohen Belastungen im Lehrerberuf aufmerksam machen. Auch der Begriff des Burnouts taucht immer häufiger im Zusammenhang mit Lehrerinnen und Lehrern auf. Die Folgen der Belastungen sind sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen, die nicht selten zu Frühpensionierungen führen. So scheidet beispielsweise ca. jede zweite Lehrkraft in Hamburg aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Schuldienst. Solche Forschungsergebnisse sind keine Einzelfälle. Die dargestellte Situation macht die Notwendigkeit, sich mit den Belastungen im Lehrerberuf und deren Bewältigungsmöglichkeiten zu befassen, deutlich.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3.1, Belastungen auf der Organisationsebene: Mehrere Studien zeigen, dass ein nicht zu vernachlässigender Teil der Lehrerinnen und Lehrer bei Befragungen nach Belastungsfaktoren Probleme mit Kollegen und der Schulleitung sowie der Schulaufsicht u. –behörde als belastend empfinden. So befragten Becker und Gonschorek 1988/1989 109 erfahrene Ausbildungslehrerinnen und –lehrer nach Belastungsfaktoren, die möglicherweise Ursachen für das Burnout-Syndrom darstellen. Von den 777 Nennungen entfielen113 (14,5 %) auf die Schulaufsicht, 79 (10,2 %) auf Kollegen und 76 (9,8 %) auf die Schulleitung (Prozentangaben vom Verfasser). Die Schulaufsicht nahm damit den zweiten von neun Rangplätzen ein, die Kollegen den fünften und die Schulleitung den siebten. In Bezug auf die Schulaufsicht wirken die zahlreichen Gesetze, Erlasse und Verordnungen, die Abhängigkeit und Bevormundung erzeugen, belastend. Auch Ängste gegenüber Vorgesetzten oder deren mangelnde Anerkennung spielen hier eine Rolle. Probleme mit Kollegen entstehen beispielsweise durch mangelnde Offenheit untereinander, d.h. es findet kein Austausch über fachliche, methodische und organisatorischen Fragen statt. Dies führt dann zu einer Verschlechterung des Gruppenklimas. Auch die Unfähigkeit des Kollegiums, sich über Erziehungsgrundsätze zu einigen, wirkt in diesem Bereich als Belastung. Hinsichtlich der Schulleitung bereitet kleinliches, ungerechtes, bürokratisches Verhalten und eine Überbetonung sekundärer Arbeitstugenden (z.B. Ordnung, Sauberkeit...) Probleme. Ähnliche Ergebnisse sind auch bei Terhart u.a. zu finden. 31,6 % der 514 befragten Lehrerinnen und Lehrer gaben bei dieser ebenfalls offenen Fragestellung Schwierigkeiten mit der Schulaufsicht und –behörde einschließlich Schulleitung als belastend an, 28,5 % erleben Probleme mit Kollegen als besonders belastend. Bei der Frage mit vorgegebenen Belastungsfaktoren empfanden sogar ca. 60 % Bürokratie und juristische Hemmnisse als belastend und ca. 25 % fühlen sich allein gelassen. Kramis-Aebischer befragte ebenfalls 152 Lehrerinnen und Lehrer nach Belastungsfaktoren, und auch hier zeigen sich relativ hohe Werte in Bezug auf das Kollegium. 43 % belastet das Klima im Kollegium, ebenfalls 43 % leiden unter dem Gefühl des Alleinseins in ihrem Beruf, und 42 % erleben ihre Stellung im Kollegium als Belastung. Die dargestellten Ergebnisse zur Belastung durch das Kollegium und die Schulgemeinschaft werden immer wieder in der Literatur bestätigt. So merkt auch Weddig die Hindernisse in der Lehrerarbeit, die sich durch die übergeordneten Behörden ergeben, an und weist ebenso auf die häufig zu beobachtende Festgefahrenheit innerhalb des Lehrerkollegiums hin, die Neuerungen zum Prüfstein für Ausdauer und Standhaftigkeit werden lässt. Auch Rudow berichtet von einer Studie, in der 49 % der 44 befragten Lehrerinnen und Lehrer über Schwierigkeiten im Umgang mit Kollegen, Schulleitern und der Schulaufsicht klagen. Belastungen ergeben sich beispielsweise aus Angst vor dem Schulleiter, Rivalitäten im Kollegium, Abhängigkeiten von Vorgesetzten oder fehlendem Durchsetzungsvermögen im Kollegium. Belastend wirken sich ebenfalls unterschiedliche pädagogische Wertvorstellungen zu Bildungs- und Erziehungszielen aus. Immer wieder berichten Lehrer auch von der aus den dargestellten Problemen entstehenden Einzelkämpfer-Situation , die allerdings auch schwierig zu durchbrechen zu sein scheint, denn die Kooperationsbeziehungen sind im Gegensatz zu anderen Berufen im Lehrerberuf nicht geregelt. Die Schulleitung kann Lehrpersonen höchstens informieren, anregen oder begeistern. Lehrpersonen jedoch zu verändertem Denken und Handeln zu führen ist schwierig, da die relative Autonomie der Lehrpersonen eine Eigendynamik hat. Aufgrund der o.g. Sachlage ist ein Vergleich der verschiedenen Studien schwierig, auch wird oft nicht deutlich, von welchen Personengruppen insbesondere die Belastungsfaktoren auf der Organisationsebene als belastend empfunden werden. Terhart u.a. und besonders Schaarschmidt bilden hier eine Ausnahme. So stellten Terhart u.a. fest, dass das Gefühl des Alleingelassenseins und somit auch die Belastung durch Kollegen auf alle Lehrer zutrifft, unabhängig von Alter und Schulform. Von der Schulaufsicht belastet fühlen sich am ehesten Grundschullehrer und Gymnasiallehrkräfte, unter Bürokratie und juristischen Hemmnissen leiden vor allem die 40-45jährigen. Kramis-Aebischers Kollektivstudie zeigt in Bezug auf Alter und Geschlecht keine signifikante Korrelation zu den von ihr ermittelten Berufsbelastungen. Trotz der Problematik in den Untersuchungen wird deutlich, dass die dargestellten Belastungsfaktoren bei der Belastungssituation eine wesentliche Rolle spielen. Bedenklich sind die Ergebnisse aber besonders dann, wenn den Hinweisen in der Literatur über den Zusammenhang von psychischer Erschöpfung und dem Klima an der Schule Rechnung getragen wird. Eine Befragung von 1000 Lehrern, die an Haupt-, Real-, und Berufsschulen sowie an Gymnasien unterrichten, ergab: je gerechter und kompetenter die Pädagogen ihr Kollegium empfinden, desto seltener kommt es zu psychischer Erschöpfung Wie Friedmann aufzeigen konnte, besteht ein hoher Zusammenhang zwischen ausgebrannten Lehrkräften einer Schule und deren Teamfähigkeit. Auch Rudow berichtet von einem festgestellten signifikanten Zusammenhang zwischen dem Leitungsstil des Direktors, der Arbeitsatmosphäre an der Schule, der Einstellung der Lehrerinnen und Lehrer zum Kollegium und dem Krankenstand. Dies sind nur einige Beispiele zu diesem in der Literatur häufig genannten Zusammenhang. Es bleibt noch anzumerken, dass es sich bei den aufgezeigten Belastungsfaktoren um subjektive Belastungen der Lehrerinnen und Lehrer handelt, die, folgt man dem Rahmenmodell zur Belastung und Beanspruchung Rudows, mit den individuellen Eigenschaften und auch mit den Arbeitsanforderungen und Arbeitsbedingungen in Zusammenhang gebracht werden müssen, damit Ansätze für Veränderungen zur Verminderung der Belastungen gefunden werden können. Da Schaarschmidt in seiner Untersuchung eine Methode anwendet, in denen sich die persönliche Art und Weise der Auseinandersetzungen mit den Berufsanforderungen widerspiegelt, möchte ich diese kurz vorstellen und dann seine Ergebnisse zu den Belastungsfaktoren auf der Organisationsebene präsentieren. Schaarschmidt führte bei 3000 Lehrerinnen und Lehrern aus verschiedenen Regionen eine Befragung durch, die das individuelle Muster des arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens mittels des von Schaarschmidt und Fischer entwickelten diagnostischen Instruments AVEM (Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebnismuster) erfasst. Drei Bereiche des Verhaltens und Erlebens werden mit dem AVEM berücksichtigt: das Arbeitsengagement, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen und die Emotionen. Daraus ergeben sich dann vier stabile Muster, die einerseits psychische Gesundheit, andererseits gesundheitliche Risiken aufzeigen: Muster G: Gesundheit, Engagement, Belastbarkeit, Zufriedenheit, Muster S: Schonung, wenig Engagement, Ruhe und Ausgeglichenheit, Zufriedenheit, Risikomuster A: überhöhtes Engagement, Verausgabungsbereitschaft, eingeschränkte Belastbarkeit, geringe Zufriedenheit, Risikomuster B: wenig Engagement, eingeschränkte Belastbarkeit, hohe Resignationstendenz, sehr geringe Zufriedenheit. In den verschiedenen Mustern spiegelt sich die Art und Weise der Auseinandersetzung mit den Berufsanforderungen wider. Die Ergebnisse weisen auf einen hohen Prozentsatz von Lehrkräften hin, die den Risikomustern A und B zuzuordnen sind. In Niedersachsen beispielweise gehören 35 % dem Risikomuster B an, 27 % dem Risikomuster A, 25 % dem Muster S und nur 13 % dem Muster G. Auch in dieser Untersuchung hatten die Lehrerinnen und Lehrer die Aufgabe, verschiedene Belastungssituationen zu bewerten. Die Angaben des Belastungsgrades wurden nach der jeweiligen Musterzugehörigkeit differenziert. Die Beziehung zu Kollegen rangiert bei den niedersächsischen Lehrern von 22 Plätzen auf dem 18. Platz, die Beziehung zum Schulleiter auf dem 19. und die Zusammenarbeit mit der Schulverwaltung auf dem 20. Im Gegensatz zu den anderen Untersuchungen nehmen die Belastungsfaktoren der Organisationsebene hier also einen insgesamt niedrigeren Stellenwert ein. Am belastendsten werden die Situationen vom Risikomuster B empfunden, dann folgt das Risikomuster A, daraufhin das Muster S und schließlich das Muster G. Bei dieser Art der Untersuchung zeigt sich also der persönliche Stil der Auseinandersetzung mit den Arbeitsbedingungen und den Arbeitsanforderungen, welcher sich somit auf die Beanspruchungssituation auswirkt. Förderlich ist eine solche Untersuchung für die gezielte Verbesserung der Ressourcen bei der Belastungsbewältigung. 2.4.1, Stress und Angst: Der Begriff Stress wurde in der Medizin und Psychologie 1950 von H. Seyle eingeführt. Er verstand darunter Anspannungen und Anpassungszwänge, die aus Belastungen, Anstrengungen und Ärgernissen des Alltags resultieren und dazu führen, dass man seelisch und körperlich unter Druck steht. Ein wichtiger Schritt in der Stressforschung war das transaktionale Streß-Modell von Lazarus, das von einer reziproken Person-Umwelt-Beziehung ausgeht, und welches auch den relationalen Belastungsmodellen zugrunde liegt. Nach diesem Modell gibt es bei der Konfrontation mit einer Situation verschiedene Bewertungsprozesse. Die Situation kann entweder als irrelevant, angenehm-positiv oder stressbezogen bewertet werden. Wird sie stressbezogen bewertetet, wird sie danach beurteilt, ob sie eine Bedrohung, einen Schaden oder Verlust oder eine Herausforderung darstellt. Diese Bewertung bezieht sich auf die Art der Bewältigung der Situation. Je nach individueller Handlungsvoraussetzung treten bei diesem Prozess unterschiedliche Emotionen auf. Sieht eine Person beispielsweise keine Möglichkeit, die Situation bewältigen zu können, können Ärger, Angst o.ä. auftreten. So wird erklärbar, warum die gleiche Situation für eine Person eine Herausforderung bedeutet, die sie zur Mobilisierung zusätzlicher Energien anspornt, während sie für andere zur Bedrohung wird und das Gefühl einer Überforderung hervorruft. Entscheidend für das Belastungserleben sind auch vorausgegangene Erfahrungen mit ähnlichen Situationen. Eine Unterrichtsstörung wird zum Beispiel als wesentlich stressender bewertet, wenn man aus Erfahrung weiß, dass man vom Kollegium keine Unterstützung erhält oder man sich bewusst ist, dass einem gewisse Qualifikationen fehlen. Wichtig ist deshalb, Bewältigungskompetenzen zu trainieren, die dann dazu führen, dass eine Situation gar nicht erst negativ stressbezogen bewertet wird, sondern eher als Herausforderung angenommen wird. Diesen gesundheitsdienlichen, leistungfördernden Stress bezeichnet man als Eustress, den gesundheitsgefährdenden als Disstress. Aus Eustress kann Disstress werden, wenn die Stressoren z.B. zu lange anhalten oder zu schwer sind. Das Stresserleben hängt also von personspezifischen (biographischen Merkmalen, z.B. Begabung, Selbstvertrauen, Qualifikationen, Attributionsstilen, Stressvorerfahrungen, Bewältigungsstrategien...) und situativen (Arbeitsanforderungen und -bedingungen) Faktoren ab, die als Stressoren bezeichnet werden. Kann ein bestimmter Stressor, z.B. eine unruhige Klasse, nie effizient bewältigt werden, kann dies zu chronischem Stress führen. Ist man ersteinmal im Stress, besteht außerdem die Gefahr, dass dieser die Bewertung neuer Arbeitsbelastungen negativ beeinflusst und man damit aus dem Stress nicht mehr herauskommt. Stressfolgen bzw. Stresssymptome sind sehr vielfältig, so dass nicht von den Stresssymptomen gesprochen werden kann. Häufig genannt werden in diesem Zusammenhang allerdings Kopfschmerzen, Herzbeschwerden, Magenschmerzen, Durchfall, Allergien, Verspannungen oder Verkrampfungen, nervöse Unruhe, Gereiztheit, Angst, Depressionen, Essstörungen, Schlafstörungen u.a.m. Schließlich ist die Gefahr groß, sogar eine Neurose zu entwickeln. Die Studie Wegeners u.a. konnte zeigen, dass bei fast jeder zweiten Lehrkraft neurovegetative und psychiatrische Symptome wie Kopfschmerzen, leichte Ermüdbarkeit, erhöhte Reizbarkeit und vermehrte Ungeduld bei den angegebenen Beschwerden im Vordergrund standen. 86 % der befragten 513 Lehrkräfte waren im letzten Jahr in ärztlicher Behandlung, 10 % nahmen sogar eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch. Unter Angst versteht man allgemein ein unangenehmes Gefühlserlebnis mit dem Bewußtsein von Gefahren, das einen in eine belastende Ungewißheit stürzt. Begleitet wird dies meist von körperlichen Symptomen wie etwa Beklemmung, Herzklopfen, einem flauen Gefühl im Magen oder kaltem Schweiß. Dieses Gefühl wird häufig im Zusammenhang mit Stress thematisiert, da Angst auch eine Folge von Stress darstellt. Im Lehrberuf sind insbesondere die Leistungs- und Sozialangst von Bedeutung. Auch hier spielen wieder persönliche und situative Faktoren eine Rolle. Viele Studien, deren Gegenstand das Stresserleben ist, zeigen, dass Lehrer im Vergleich mit vielen anderen Berufsgruppen mehr Stress empfinden, allerdings wird bei solchen Befragungen nicht der Tatsache Rechnung getragen, dass in der Umgangssprache der Stressbegriff häufig anders gebraucht wird als in der Wissenschaft. Vielmehr müssten Studien aber erfassen, aus welchen Gründen Stress bei den verschiedenen Lehrpersonen entsteht, z.B. welche Persönlichkeitsmerkmale für das Stressempfinden verantwortlich sind, welche Situationen als besonders stressig erlebt werden. Dazu wären auf jeden Fall Langzeitstudien erforderlich, die auch zwischen akutem und chronischen Stress differenzieren. Nur durch solche Methoden kann für die Lehrer wirklich Hilfe geschaffen werden.

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