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- Auf dem Weg zur Inklusion: Zur Zukunft der Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Mögliche Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auf die Teilhabe am Arbeitsleben
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2019
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 kann als Initialzündung für erhebliche bevorstehende Veränderungen im deutschen Sozialrecht betrachtet werden. So hat es sich die Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben, die Eingliederungshilfe weiterzuentwickeln und das herkömmliche System, insbesondere im Rahmen der Sozialgesetzbücher IX und XII, durch ein Bundesteilhabegesetz zu reformieren. Ein Hauptziel des Bundesteilhabegesetzes ist die vollständige Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen. Neben den angestrebten positiven Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der Betroffenen müssen sich die bisherigen Leistungserbringer jedoch neu positionieren und ihre zum Teil sehr statischen Strukturen erheblich flexibilisieren. Demnach gilt es, ein möglichst realistisches Zukunftsszenario zu skizzieren, welches der strategischen Planung der Unternehmen dienen kann. Schließlich sollen daraus Unternehmensziele abgeleitet und Maßnahmen formuliert werden, um weiter am Markt zu bestehen. Die Fragestellung der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit den möglichen Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auf die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (§ 136 SGB IX) bzw. mit der zukunftsorientierten Ausgestaltung der Angebote von Leistungsträgern der Eingliederungshilfe und deren Herausforderungen.
Textprobe: Kapitel 4 Teilhabe am Arbeitsleben – Werkstätten für behinderte Menschen: Derzeit befinden sich in 700 Werkstätten bundesweit 300 000 Menschen mit Behinderungen davon werden 268 000 im Arbeitsbereich beschäftigt. Hauptverantwortliche Leistungsträger in einer Werkstatt sind die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (für Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich) und die Träger der Sozialhilfe (für Leistungen im Arbeitsbereich und der Tagesförderstätte). Im Eingangsverfahren sowie im Berufsbildungsbereich erhalten die Teilnehmer ein Ausbildungsgeld oder ein Übergangsgeld, je nach Kostenträger infolge gewisser Vorversicherungszeiten. Die Beschäftigten im Arbeitsbereich erhalten ein Arbeitsentgelt, welches sich aus dem so genannten Grundbetrag, einem leistungsangemessenen Steigerungsbetrag und einem Arbeitsförderungsgeld zusammensetzt (vgl. BMAS 2014, S. 2 f.). § 136 SGB IX: Begriff und Aufgaben der Werkstatt für behinderte Menschen (1) Die Werkstatt für behinderte Menschen ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben im Sinne des Kapitels 5 des Teils 1 und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Sie hat denjenigen behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können, 1. eine angemessene berufliche Bildung und eine Beschäftigung zu einem ihrer Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis anzubieten und 2. zu ermöglichen, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Sie fördert den Übergang geeigneter Personen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen. Sie verfügt über ein möglichst breites Angebot an Berufsbildungs- und Arbeitsplätzen sowie über qualifiziertes Personal und einen begleitenden Dienst. Zum Angebot an Berufsbildungs- und Arbeitsplätzen gehören ausgelagerte Plätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die ausgelagerten Arbeitsplätze werden zum Zwecke des Übergangs und als dauerhaft ausgelagerte Plätze angeboten. (2) Die Werkstatt steht allen behinderten Menschen im Sinne des Absatzes 1 unabhängig von Art oder Schwere der Behinderung offen, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden. Dies ist nicht der Fall bei behinderten Menschen, bei denen trotz einer der Behinderung angemessenen Betreuung eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu erwarten ist oder das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft nicht zulassen. (3) Behinderte Menschen, die die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werk-statt nicht erfüllen, sollen in Einrichtungen oder Gruppen betreut und gefördert werden, die der Werkstatt angegliedert sind. In Kapitel 4 wird nun die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Werkstätten anhand der Gesetzgebung dargestellt, ohne jedoch einen Vollständigkeitsanspruch dabei zu erheben. Vielmehr soll der Wandel gezeichnet werden, durch den die Rechtsstellung von Menschen mit Behinderungen in diesem Bereich gestärkt wurde. Dann soll die Struktur und der Aufbau einer klassischen Werkstatt anhand der Kernelemente Eingangsverfahren, Berufsbildungsbereich, Arbeitsbereich und Tagesförderstätte beschrieben werden. In einer daran anschließenden kritischen Auseinandersetzung werden verschiedene Problemfelder aufgezeigt. Danach werden die als Alternativmodelle benannten Maßnahmen der Unterstützen Beschäftigung und des Budgets für Arbeit vorgestellt. Letztlich werden die Hintergrundanalysen einer von Bundesministerium für Arbeit beauftragten Studie zu den Zu- und Abgängen in den Werkstätten dargelegt. Sie liefern sachliche Informationen die bei der zukünftigen Unternehmensausrichtung berücksichtigt werden sollten. 4.1 Zur Entstehung und den gesetzlichen Grundlagen der Werkstätten in der BRD: Als Ende der 1950er Jahre die ersten Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus den pädagogisch orientierten Tagesbildungsstätten herauswuchsen, entstanden die ersten Anlernwerkstätten. Anstatt ausschließlich Bastelarbeiten anzufertigen oder Legosteine zusammenzusetzen, um sie dann wieder zu zerstören, ergab sich der Wunsch nach einer richtigen Arbeit, in der man Dinge herstellt und Bleibendes schafft. Wofür angelernt werden sollte, war nie ganz eindeutig und so wurden verschiedene Arbeiten mit Holz und Metall sowie einfache Industriearbeiten ausgeführt. Trotz konzeptioneller Unklarheiten stellten die Anlernwerkstätten eine wesentliche Errungenschaft für den Personenkreis dar, denn während andernorts in der BRD noch die Bildungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung diskutiert wurde, erbrachten die Anlernwerkstätten den Beweis für die Entwicklungsfähigkeit des Personenkreises. Haupttriebfeder für diese und die daran anschließenden Entwicklungen waren vor allem die Bundeselternvereinigung der Lebenshilfe sowie die großen Sozialverbände. So entstanden Mitte der 1960er Jahre in freier und kirchlicher Trägerschaft eine Vielzahl von Werkstätten. Die damaligen Gründungsväter haben wahrliche Pionierarbeit geleistet, ohne die der heutige Standard nicht erreicht worden wäre (vgl. Branckhane, Drengk, Hibbeler et. al. 2013, S. 17). Gesetzlich erstmals erfasst als Beschütze Werkstätten im Bundessozialhilfegesetz in 1961 sorgte der Gesetzgeber maßgeblich für den flächendeckenden Ausbau von Werkstätten, indem zum Teil erhebliche Haushaltsmittel dafür zur Verfügung gestellt und verschiedene Finanzierungsinstrumentarien geschaffen wurden (vgl. Cramer 2009, S. 3f.). Zwar gab es immer noch keinerlei inhaltlichen Vorgaben über ein arbeitspädagogisches Konzept oder ähnliches, doch allmählich profilierte sich die Werkstatt als ein für seine Zeit erfolgreiches Angebot. Mit dem Arbeitsförderungsgesetz wurde der Begriff der Beschützten Werkstatt durch den der Werkstatt für Behinderte (WfB) abgelöst und Anfang der 1970er Jahre erfolgte eine Differenzierung in einen Arbeitstrainingsbereich und einen Arbeitsbereich (vgl. Branckhane, Drengk, Hibbeler et. al. 2013, S. 19). Durch das Schwerbehindertengesetz 1974 wurde der Personenkreis der Anspruchsberechtigten erweitert, indem der Zugang zur Werkstatt, unabhängig von Art und Schwere der Behinderung, möglich wurde. Schwerpunkt der Arbeit im Arbeitstrainingsbereich lag auf der Erreichung des Mindestmaßes an wirtschaftlicher verwertbarer Arbeit. Ein durchaus schwieriges Unterfangen, da dieses Mindestmaß nie näher definiert wurde und daher viel Auslegungsspielraum bietet (vgl. Cramer 2009, S. 7). Weitere Entwicklungen führten schließlich und nicht zuletzt zu der in 1980 verabschiedeten Werkstättenverordnung (WVO), die noch heute den wesentlichen Grundstein für den Aufbau und die inhaltliche Ausgestaltung der Werkstätten darstellt (bis hierher siehe auch Abbildung 7). In der dann folgenden Zeit von 1980 bis 1996 wurden einige politische Bemühungen unternommen, um die Situation der Menschen in den Werkstätten zu verbessern. Im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Arbeit wurden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, in denen die folgenden Schwerpunkte bearbeitet wurden: Rechtstellung Behinderter in Werkstätten für Behinderte , Entgeltzahlung und Mitwirkung . Hier wurden Berichte mit Bestandsaufnahmen und Verbesserungsvorschlägen erarbeitet, vorgestellt, gebilligt und schließlich zu einem Referentenentwurf zusammengefasst. Die Umsetzung der zunächst vielversprechenden Verbesserungsvorschläge blieb jedoch erfolglos, da sie innerhalb der Bundesregierung nicht die notwendige Zustimmung erhielt. Einzig festzuhalten bleibt die Verbesserung durch die Einführung eines Grundbetrages, bezogen auf die Einkommenssituation i. R. des Gesetzes zur Reform der Sozialhilferechts in 1993 (vgl. Cramer 2009, S. 21). Mit der Werkstattreform im Rahmen der Reform der Sozialhilfe in 1996 folgte dann schließlich die Regelung über die Rechtsstellung der Menschen mit Behinderung zur Werkstatt. Weiterhin wurde der Verrechnungssatz bei der Anrechnung von Aufträgen an Werkstätten von 75% auf 50% abgesenkt (vgl. Cramer 2009, S. 22). Bezüglich der Finanzierung der Werkstätten kam es zwar zu keinerlei Veränderungen bezüglich der Kostenträgerschaft , jedoch zu einer Verbesserung der Rechtstellung der Betroffenen, indem aus dem bis dahin vorherrschenden Sollanspruch ein individueller Rechtsanspruch auf Eingliederungshilfe zur Beschäftigung in einer Werkstatt formuliert wurde. Weiterhin konnte ein lang andauernder Streit zwischen den Leitungsträgern und Leistungserbringern beigelegt werden, indem die Übernahme der Personal- und Sachkosten durch den Gesetzgeber festgelegt wurde. Außerdem wurde verabschiedet, dass das Arbeitsergebnis der Werkstatt nicht zur Minderung der Pflegesätze führen dürfe bzw. keine Anrechnung erfahre (vgl. Cramer 2009, S. 23).
Alexandra Thiele, Diplom Sozialarbeiterin und Master Sozialmanagement, wurde 1982 in Bückeburg geboren. Ihr Studium der Sozialen Arbeit absolvierte sie an der Fachhochschule Bielefeld (2008) und den Master an der Universität Lüneburg (2016). Ihre langjährige berufliche Praxis in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung bewegte sie zur permanenten Auseinandersetzung mit den im Fachbereich relevanten sozialpolitischen Entwicklungen und den draus folgenden gesetzlichen Änderungen. Als Führungskraft in der Sozialwirtschaft unter dem Vorzeichen der Inklusion galt ihr vorrangiges Interesse den Herausforderungen der Zukunftsgestaltung und damit der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe in besonderer Weise.
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