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Naturwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 62
Abb.: 35
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das Zentralnervensystem des medizinischen Blutegels ist ein gut untersuchtes neurophysiologisches Modellsystem. Es ist in einem großen Blutgefäß des Egels lokalisiert und ständig von Blut umspült. Blutegelblut enthält verschiedene organische Säurereste, welche alle Intermediärprodukte des Citratzyklus sind. Der prominenteste organische Säurerest ist Malat. Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung dieser Blutbestandteile für die Funktion des Zentralnervensystems des Blutegels. Des Weiteren wird eine Malat-haltige Ringerlösung entwickelt und getestet, die geeignet ist, die Lebensdauer isolierter Teile des Blutegel-ZNS von einem Tag auf eine Woche zu verlängern, ohne auf Zellkulturmedien zurückzugreifen. Untersucht wird die Wirkung von Glucose, Pyruvat und Malat auf Funktion und Lebensdauer von Segmentalganglien des Zentralnervensystems des Blutegels. Hierzu wurden isolierte Segmentalganglien von Hirudo verbana in Lösungen mit 10 mM Glucose, 5 mM Pyruvat, 15 mM Malat bzw. einer Lösung, die frei von diesen Substanzen war, aufbewahrt. Zu definierten Zeiten erfolgte eine Bestimmung der elektrophysiologischen Parameter zweier verschiedener Neuronen sowie von Gliazellen mittels intrazellulärer Ableitung und Applikation von Neurotransmittern. Darüber hinaus wurde die mechanische Konsistenz und die lichtmikroskopisch erfassbare Morphologie der Segmentalganglien dokumentiert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 1.4, Wirkung von Aufbewahrungsmedien auf isolierte Segmentalganglien: In an den Blutegel angepasster Ringerlösung (‘Normalsalzlösung’) beträgt die Lebensdauer isolierter Segmentalganglien etwa einen Tag (Lucht 1997, Falkenberg 2009). Isolierte Neuronen überleben in Ringerlösung 2 Tage (Nicholls 1987). Die Inkulturnahme isolierten Blutegel-Segmentalganglien oder Neuronen ist eine etablierte Arbeitstechnik. Als Kulturmedium wurde Leibovitz-Medium L-15 zum ersten Mal bei Miyazaki et al. (1975) für diesen Zweck verwendet. L-15-Medium ist ein Gewebekulturmedium, das zur Kultivierung von neuronalem Gewebe, aber auch von Invertebraten-Zelllinien geeignet ist (Morton 1970). Es enthält anorganische Salze (Na+, Cl-, K+, Mg2+, H2PO4-), 17 proteinogene Aminosäuren (kein Aspartat, Glutamat, oder Prolin), Vitamine aus der B-Gruppe, Galaktose, 5 mM Pyruvat und weitere Bestandteile in Konzentrationen im µM-Bereich. (Leibovitz 1963). Dem Medium werden meist 2 - 10 % fötales Kälberserum (FBS), sowie Antibiotika (z. B. Penicillin, Ampicillin, Streptomycin) und Antimykotika (z. B. Nystatin, Amphotericin) zugesetzt. In den meisten Fällen findet sich auch der Zusatz von Glucose, fast immer in einer Konzentration von 30 mM. In diesem Kulturmedium bleiben die elektrophysiologischen Eigenschaften der Neuronen isolierter Segmentalganglien über 3 Wochen unverändert, lediglich die Bindegewebskapsel trübt leicht ein (Miyazaki & Nicholls 1976, Ready & Nicholls 1979). Isolierte Neuronen können auch ohne Gliazellen für mehrere Wochen in-situ-Eigenschaften bewahren (Fuchs et al. 1981). Auch ohne den Zusatz von Glucose wird von einer Haltbarkeit der Zellen von bis zu 3 Wochen berichtet (Nicholls et al. 1990). Unabhängig vom Leibovitz-Kulturmedium wurden basierend auf den vorhandenen Analysen verschiedene Blutersatzlösungen mit unterschiedlichen Anteilen organischer Säureresten vorgeschlagen. Falkenberg (2009) untersuchte den Einfluss von Blutersatzlösung nach Zerbst-Boroffka (5 mM Citrat, 15 mM Succinat, 10 mM Fumarat, 10 mM Laktat) auf das elektrophysiologische Verhalten der Retzius-Neuronen isolierter Segmentalganglien. Es wurden folgende Ergebnisse erhalten: Das Ruhemembranpotential (Ruhe-Em) der Retzius-Neuronen war am Präparationstag unabhängig davon, ob sie in Normalsalzlösung (NSL) oder Blutersatzlösung (BEL) aufbewahrt wurden. Das Ruhe-Em brach in NSL innerhalb von drei Tagen praktisch zusammen, während es in BEL stabil blieb. In BEL werden über einen Zeitraum von mindestens 3 Tagen spontane Aktionspotentiale gebildet, in NSL lediglich einen Tag. Das Cl--Gleichgewichtspotential (ECl) der Retzius-Neuronen war in BEL dauerhaft negativer als in NSL. Die mechanische Stabilität und Transparenz der Bindegewebskapsel der Segmentalganglien blieb in BEL für mindestens 3 Tage erhalten, während in NSL aufbewahrte Ganglien schnell trüb und brüchig wurden. Zokoll (2010) stellte fest, dass reduzierte BEL, die nur Citrat, Fumarat oder Succinat enthalten, ähnlich geeignet sind, die Haltbarkeit isolierter Ganglien zu verlängern, wie vollständige BEL mit allen Komponenten. Eine reduzierte BEL, die lediglich Laktat als organischen Säurerest enthielt, hatte hingegen keinen Effekt in diese Richtung. Als mögliche Erklärung für die verlängerte Haltbarkeit der Ganglien in Gegenwart organischer Säuren wurde die anaplerotische Zuführung von Citrat, Fumarat und Succinat in den Citratzyklus genannt. 1.5, Fragestellung: Die Lage des Zentralnervensystems des Blutegels im Ventralgefäß legt die Vermutung nahe, dass die Energieversorgung des Nervensystems über das Blut des Tieres erfolgt. Die Untersuchungen von Falkenberg (2009) und Zokoll (2010), die sich auf eine Analyse der Blutzusammensetzung von Zerbst-Boroffka stützen, haben gezeigt, dass die Lebensdauer isolierter Segmentalganglien in Gegenwart von Citrat, Succinat oder Fumarat deutlich verlängert war, während Laktat diese Wirkung nicht hatte. Dieser Befund spricht dafür, dass die Segmentalganglien imstande sind, diese organischen Säurereste aufzunehmen und zu verstoffwechseln. Spätere Untersuchungen zeigten jedoch, dass Malat die das primäre organische Anion im Blutegelblut ist. Daher wurde hier untersucht, ob die Gegenwart von Malat die Lebensdauer isolierter Segmentalganglien ähnlich verlängert, wie Citrat, Succinat oder Fumarat. Weiterhin existiert eine Vielzahl von Studien, bei denen isolierte Segmentalganglien oder einzelne Zellen für bis zu 3 Wochen kultiviert wurden. Als Kulturmedium wurde durchweg Leibovitz-15 Medium genutzt, dass unter anderem 5 mM Pyruvat enthält. Deshalb wurde hier ebenfalls untersucht, ob Pyruvat in der Lage ist, die die Lebensdauer isolierter Segmentalganglien zu verlängern. Zur Ernährung von Segmentalganglien in Kultur wurde dem Medium häufig Glucose zugegeben, in der Regel 10 mM in Ringerlösung (Nicholls & Baylor 1968) und 30 mM in Leibovitz-Medium. Es ist aber bekannt, dass Zellen des Blutegel-ZNS auch ohne Glucosezusatz bis zu 3 Wochen in Leibovitz-Medium kultivierbar sind. Es stellt sich die Frage, ob Glucose tatsächlich geeignet ist, isolierte Segmentalganglien zu ernähren. Darum wurde hier untersucht, ob Glucose in der Lage ist, die die Lebensdauer isolierter Segmentalganglien zu verlängern. Darüber hinaus wurde der Frage nachgegangen, ob Malat, Pyruvat oder Glucose die elektrophysiologischen Eigenschaften der Zellen isolierter Segmentalganglien verändern. 2, Material und Methoden: 2.1, Bezug und Haltung der Blutegel: Verwendet wurden in Serbien und der vorderen Türkei wildgefangene, vom Importeur 32 Wochen zwischengehaltene und unter der Handelsbezeichnung ‘Medizinische Blutegel: Hirudo medicinalis/verbana/orientalis’ vertriebene Tiere. Alle Versuchstiere wurden anhand ihrer Bauch- und Rückenzeichnung als H. verbana bestimmt. Während der Zwischenhälterung wurden die Tiere nicht gefüttert (M. Aurich, Biebertaler Blutegelzucht, pers. Mitteilung v. 08.03.2011). Die Haltung im Labor erfolgte in luftdurchlässig schließenden Kunststoffschalen, die 2,5 cm hoch mit mit Wasseraufbereitungsmittel versetztem Leitungswasser gefüllt waren, bei 10 - 12 °C in einem Kühlschrank. Die Egel waren zum Versuchszeitpunkt adult, ungestreckt 3 - 5 cm und gestreckt 9 - 13 cm lang. Der Magen war bei der Präparation in jedem Fall mit Blut gefüllt. 2.2, Präparation und Aufbewahrung der Segmentalganglien: Die Blutegel wurden an Bauch- und Kopfsaugnapf mit Stecknadeln in einer Schale mit Wachsboden festgesteckt und gestreckt. Die Tötung erfolgte durch einen tiefen Schnitt hinter dem Mundsaugnapf und Durchtrennen der Konnektive zwischen 1. und 2. Segmentalganglion. Das Tier wurde entlang der dorsalen Medianlinie aufgeschnitten. Die Eröffnung der Leibeshöhle und Präparation des ZNS erfolgte mittels einer Augenschere unter einem Auflicht-Stereomikroskop (Lucht 1998). An den einzelnen Segmentalganglien wurde dorsal und ventral je 2 mm Konnektiv, lateral je 1mm Seitenwurzel belassen. Die isolierten Segmentalganglien wurden in Glasschalen mit je 1,8 ml Aufbewahrungslösung überführt, mit Uhrgläsern luftdurchlässig abgedeckt und bei 10 - 12 °C im Kühlschrank gelagert. Zur Verminderung der Keimbelastung wurde gluscosehaltiges Medium täglich, alle anderen Medien mindestens alle 3 Tage gewechselt. 2.3, Aufbewahrungsmedien: Bei allen Lösungen, die mit dem Inneren der Leibeshöhle sowie dem isolierten ZNS in Kontakt gebracht wurden, handelte es sich um mit HEPES (2-(4-(2-Hydroxyethyl)-1-piperazinyl)-ethansulfonsäure) gepufferte physiologische Lösungen mit pH 7,4. Alle Aufbewahrungsmedien dienten bei den Experimenten auch als Superfusionslösung an der Messapparatur. Zum Ansetzen der Aufbewahrungsmedien wurden folgende Stammlösungen verwendet: 1 M NaCl, 1 M KCl, 1 CaCl2, 500 mM MgCl2, 1 M HEPES, 100 mM Na-Pyruvat, 100 mM Na2-Malat. Der pH-Wert wurde mit 1 M NaOH eingestellt. Normalsalzlösung (NSL) ist eine modifizierte Ringerlösung für Egelpräparate (Lohr 1998, vgl. Nicholls & Baylor 1968). Außer zur Aufbewahrung von Ganglien wurde sie auch als Spüllösung während der Präparation verwendet. Die Lösung wurde im Kühlschrank gelagert und wöchentlich neu angesetzt.

Über den Autor

Michael Nießing wurde 1987 in Oberhausen geboren. Sein Studium der Biologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf schloss er im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad Diplom-Biologe erfolgreich ab. Seitdem war er unter anderem als Pharmaberater und Nachhilfelehrer tätig.

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