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  • Wissen ist Macht. Erkenntnistheoretische Spielarten eines Prinzips: Eine wissenschaftsphilosopische Studie über ein atypisches Bild epistemologischer Wissensproduktion

Natur / Technik


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Es kommt oft anders, als man denkt , besagt die altbekannte Volksweisheit. Wie so oft bei Sprichwörtern ist die Interpretation dieser recht vieldeutig. Eine mögliche Auslegungsvariante verweist darauf, dass Menschen durch ihr eigenes Handeln selbst dafür sorgen, dass es für sie anders kommt, als sie denken. Das ist genau dann der Fall, wenn die Ergebnisse ihres Tuns sich von den eigentlichen Plänen unterscheiden, die dem Handeln vorausgingen. Doch gerade die Diskrepanz zwischen den subjektiven Handlungsmotiven und objektiven Handlungsergebnissen eröffnen immense erkenntnistheoretische Spielräume, die auch innerhalb der Philosophie zu großer Bedeutung gelangt sind. Aus dieser Volksweisheit lässt sich eine ganz bestimmte Denkfigur ableiten, die der amerikanische Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918-1988) seinerzeit wie folgt formulierte: What I cannot create, I do not understand. Dieses Diktum, das ein ganzes philosophisches Projekt rahmt, und das heute, im Kontext der synthetischen Biologie in neuem Glanz zu erscheinen vermag, geht auf Namen wie Thomas von Aquin, Francis Bacon, Giambattista Vico oder auch Jaques Loeb zurück. Die Frage, die diese Studie in Anlehnung daran stellt, ist, was es nun rein faktisch mit dem Herstellen (create) und dem Verstehen (understand) im dargebotenen wissenschaftsphilosophischen Kontext auf sich hat.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Creating Understanding - Eine epistemische Verlagerung: In ähnlicher Weise wie heutzutage in der Synthetischen Biologie, bei der gezieltes gerichtetes ingenieurmäßiges Arbeiten verlangt wird, um letztendlich Wissen über die Bauteile und ihr Verhalten im System zu generieren, so gab es in der Tat ähnliche Ausläufer und Ansätze bereits im Mittelalter. So hat sich neben Francis Bacon und Giambattista Vico bereits der Dominikaner, Philosoph und Theologe Thomas von Aquin in gewissem Sinne an der Prämisse Ich verstehe nur, was ich auch herstellen kann. abgearbeitet, und zwar ganz konkret bezogen auf Gottes Schöpfung. 3.1, Thomas von Aquin – Über göttliches Wissen: 3.1., Leben und Werk des Aquinaten (1225-1274): Thomas von Aquin wurde mit großer Wahrscheinlichkeit zu Beginn des Jahres 1225 in der Nähe von Neapel als jüngster Sohn einer hochadligen Familie geboren. Bereits mit fünf Jahren brachten ihn seine Eltern zu den Benediktinern nach Monte Cassino, wo sein Onkel Abt war. Hier wurde Thomas im Geiste der großen monastischen Tradition erzogen, der es vornehmlich darum ging, das Erbe der Vergangenheit zu bewahren. Aufgrund politischer Streitigkeiten musste Thomas 1239 Monte Cassino verlassen und kam mit vierzehn Jahren nach Neapel, wo er an der kaiserlichen Universität zunächst mit dem Studium der Artes liberales begann. Im Gegensatz zu anderen europäischen Metropolen war es in Neapel möglich, ungehindert aller kirchlichen Verbote, Aristoteles zu studieren, und so wurde Thomas dort in dessen Philosophie eingeführt. Überdies lernte er gegenwärtig den etwas drei Jahrzehnte zuvor gegründeten Dominikanerorden kennen, in den er schließlich, gegen den Willen seiner Familie, 1244 eintrat. 1245 führte ihn sein weiterer akademischer Weg über Paris nach Köln, wo er 1248-52 bei Albertus Magnus seine Studien fortsetzte, jenem universellen Gelehrten des Mittelalters, dessen mächtigste Leistung in der Begründung eines Christlichen Aristotelismus zu verzeichnen ist. Auf Vorschlag seines Lehrers schickte ihn der Orden 1252 zurück nach Paris, wo er am Studienzentrum der Dominikaner seine Lehrtätigkeit aufnahm. Aus dieser Tätigkeit entstand sein erstes Hauptwerk, der Sentenzenkommentar. Damit erarbeitete sich Thomas die Voraussetzungen, als Magister der Theologie zugelassen zu werden, und ein Jahr später wurde er in Paris in die Körperschaft der Professoren aufgenommen. Thomas lehrte fortan in Paris, bis er 1259 nach Italien zurückkehrte, um dort an der päpstlichen Kurie sowie an verschiedenen italienischen Ordenshochschulen zu dozieren. Er kam noch einmal nach Paris, wurde jedoch 1272 nach Italien zurückgerufen, um in Neapel das Studium generale aufzubauen und dort zu lehren. Thomas von Aquin starb am 7. März 1274 auf dem Weg zum Konzil nach Lyon. Thomas stand inmitten der Wirren seines Jahrhunderts, die er teils mitverursacht hat, in jedem Fall hat er sie mitgetragen, und er war sich des geistigen Umbruchs stets bewusst, in dem sich seine Zeit befand. In jenem 13. Jahrhundert stellte sich eine Krise der christlichen Intelligenz dar, primär ausgelöst durch den Vorstoß des Islam nach Europa. Die arabische Welt dringt in die Philosophie und Wissenschaften ein, ebenso wie damals die antike Ratio mit Aristoteles. Die gesamte geistige Dynamik ist ebenso bestimmt durch den radikalen Evangelismus der Armutsbewegung, sowie dem Drängen zu einer rein natürlichen Erforschung der sinnlich wahrnehmbaren Realität. Thomas äußerer Lebensweg war zugegen durch jene Umstände gezeichnet, dennoch verlief sein inneres Leben mit einer eher einfachen und bruchlosen Identitätsgenese als Ordensmann und Wissenschaftler. Seine insgesamt vielseitigen Lehrtätigkeiten schlugen sich entsprechend in einem außerordentlich umfangreichen Werk nieder. Beginnend mit seiner Pariser Tätigkeit entstanden in regelmäßigen Abständen und in einem gleichzeitigen Nebeneinander der unterschiedlichen Gattungen Kommentare, Summen, Opuscula, Quaestiones disputatae , und das bis exakt zum 6. Dezember des Jahres 1273. Nach diesem Datum hat Thomas nichts mehr geschrieben. Es gibt einige Spuren, gleichwohl bleibt die Lage insgesamt sehr offen, wie man jenes Ereignis deuten mag, und so ist sein Werk, bewusst oder unbewusst, ein Fragment geblieben. Es ist kaum möglich, all seine Werke und Schriften aufzuzählen. Doch schon ein Blick auf seine wichtigsten Arbeiten lässt Thomas´ immense Arbeitsleistung sowie die umfassende Weite und Offenheit seines Geistes erahnen. Das vielleicht bedeutendste Werk des Aquinaten ist die begonnene Summa theologiae (STh). Trotz der ursprünglich didaktischen Absicht stellt dieses Werk eine systematische Leistung von herausragender Bedeutung dar. Dabei gelangt die Aussage der Systematik als solcher, deren Interpretation lange umstritten war, zu besonderem Gewicht. Eben dieses, aber auch weitere Werke des Thomas von Aquin verfolgen die Absicht, ein bestimmtes Wissensgebiet unter einer systematischen Vorentscheidung zusammenzufassen und zu vermitteln. Demgegenüber ist die literarische Gattung der akademischen Disputation größtenteils mit zeitgemäßen Einzelfragen befasst und durch deutlich größere Argumentationsanteile gekennzeichnet. Die Widerlegung der Gegner, das eigentliche Ziel der disputatio, erfolgt, indem man am wahren Kern zur Korrektur ansetzt. In den Queaestiones disputatae ist der Prozess des Nachdenkens und des Ringens um die Wahrheit von zentraler Bedeutung. Die wichtigsten davon sind zusammengefasst in den Reihen De veritate (Über die Wahrheit Paris 1256-59) De potentia (Über die Macht Rom 1265-66) De malo (Über das Übel Rom 1266-67) und De anima (Über die Seele Paris 1269). 3.1.2, Über Thomas´ Verhältnis zu Philosophie und Theologie: Wenngleich Thomas die erste eigenständige Philosophie des okzidentalen Christentums verfasst hat, so basiert dies alles in einer theologischen Vorentscheidung. Diese theologische Vorgabe ist das radikale Ernstnehmen der Offenbarungswahrheit, dass die Welt Gottes Schöpfung ist. Dabei legt Thomas von Aquin dar, dass nur Gott um die Welt und um die Dinge weiß, weil er allein sie erstellt bzw. im Schöpfungsprozess entworfen und erschaffen hat. In der Sicht des jüdisch-christlichen Glaubens und in der die Offenbarung re-flektierenden Denktradition ist die Welt als ganze Schöpfung Gottes. Der letzte tragende Grund ist nicht das Sein oder die Idee, sondern die freie schöpferische Tat des absolut transzendenten Gottes, der der Heilige, d.h. der ganz andere ist. Nicht blinde Notwendigkeit eines ewigen Kreislaufes, sondern die Geschichte Gottes mit dem Menschen, seinem zwar endlichen und begrenzten, aber ebenfalls freien Partner, ist die Grundstruktur christlichen Verstehens der Wirklichkeit. Um sich Thomas‘ philosophischem Denken überhaupt zu nähern, muss man sich stets gewahr sein, dass der Aquinat seiner Absicht und seinem Selbstverständnis nach primär Theologe war. Diese Prämisse muss bei all seinen Werken entschieden mitbedacht werden. Um den Schöpfungsprozess wissend und daran anknüpfend repräsentiert Gottes Tun ferner die zur Diskussion gestellte philosophische Position eines What I can create, I do understand . Ich gebe zu, das klingt an dieser Stelle noch wenig einleuchtend und sehr vage, ja in gewisser Weise sogar äußerst skurril. Es stellt sich dabei augenblicklich die Frage, was hat Thomas´ Lehre bzw. seine theologischen und philosophischen Grundgedanken mit dem oben genannten Diktum bzw. mit einem heute innerhalb der Technowissenschaften korrespondierenden wissenschaftsphilosophischem Denkmotiv zu tun? Diese Frage ist durchaus berechtigt, ja sie ist sogar unumgänglich. Um der aufgeworfenen Thematik gerecht werden zu können, möchte ich noch ein wenig tiefer in die Fundamente des Aquinaten eintauchen, um dann effizient herauszuarbeiten, ob, wo und in welcher Weise Thomas´ Erkenntnisbeitrag die obige These stützt oder auch widerlegt, d.h. es gilt zu klären, auf welche Variante von Wissenschaftlichkeit wir hier treffen. Dazu ist es unabdingbar zu extrahieren, was sich im Kontext der Offenbahrungswahrheit verbirgt bzw. in welcher Art sich darüber hinaus das Herstellen und Verstehen können wissenschaftsphilosophisch zeigt und entsprechend erfassen lässt. Für dieses Unterfangen beziehe ich mich folgend auf die Quaestio I: Die Wahrheit aus Thomas´ Werk De veritate (Über die Wahrheit).

Über den Autor

Karin Ulrich, Diplom-Ingenieurin, Diplom-Wirtschaftsingenieurin und akademische Beraterin für Teams in Organisationen wurde 1965 in Viernheim geboren. Nach Ihrem Erststudium hat sie viele Jahre als Personalentwicklerin und interne Beraterin für Team- und Organisationsentwicklung in einem IT-Systemhaus der Deutschen Telekom gearbeitet. Während der Elternzeit für ihre jüngste Tochter hat die Autorin 2007 das Studium der Philosophie und Soziologie an der Technischen Universität Darmstadt aufgenommen, und im April 2015 mit dem Master of Arts Technik und Philosophie beendet. Darüber hinaus ist Karin Ulrich seit 2011 als Dozentin für Organisationssoziologie und Teamentwicklung an der Hochschule Darmstadt tätig.

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