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- Geschichte der Hydroelektrizität im Raum Salzburg. Eine historische und industriearchäologische Studie alter Wasserkraftwerke
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2018
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Abb.: 89
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Schon der Schriftsteller Jules Verne würdigte im Jahre 1876 Wasser als die Kohle der Zukunft. Wenige Jahre später begann die Errichtung erster hydroelektrischer Anlagen, welche zunächst die Straßenbeleuchtung und einzelne Maschinen mit Strom versorgten. In Österreich setzte die ökonomische Nutzung der Wasserkraft Ende des 19. Jahrhunderts ein, wobei Stadt und Land Salzburg in dieser Hinsicht eine Pionierrolle zuteilwurde. Im Zeitraum zwischen 1899 und 1930 entstanden im Raum Salzburg zahlreiche Laufkraftwerke unterschiedlicher Größe, von denen die meisten bis zum heutigen Tag als bedeutende Stromlieferanten für die Region gelten. Das Buch gibt zunächst einen Überblick über physikalische und technische Grundprinzipien der Wasserkraft und die Bedeutung der Hydroenergie in der neueren Menschheitsgeschichte. Weiter wird der Fokus auf die Elektrifizierung des Salzburger Raumes und ausgewählten hydroelektrischen Baustrukturen in allen Landesbezirken gelegt. Ergänzend steht eine historische Analyse der Kraftwerke durch eine architektonische und technische Beschreibung.
Textprobe: Kapitel 2.2.2 Die Rolle der Wasserkraft in der Gegenwart Ein weiteres, in seinen Ausmaßen noch gigantischeres Prestigeprojekt wurde in den frühen 1990er Jahren in der Volksrepublik China in Angriff genommen. Es handelt sich hierbei um den Drei-Schluchten-Damm, anhand dessen der Jangtsekiang über eine Länge von 663 km aufgestaut werden soll. Die im Jahre 2006 fertiggestellte Staumauer besitzt eine Höhe von 185 m, eine Länge von 2309 m und beinhaltet 26 Riesenturbinen mitsamt ihren Generatoren, welche im Stande sind, eine Gesamtleistung von 18,2 Gigawatt zu erbringen. Nach der vollständigen Auffüllung des Stausees wird der Wasserspiegel des Jangtsekiang auf 175 m angestiegen sein, was bis dahin zu einer Umsiedlung von mehr als 1 Million Menschen geführt haben wird. Als ob man aus den Folgen der Errichtung des Assuan-Staudammes nichts gelernt hatte (oder lernen wollte), ging auch die Erbauung des Drei-Schluchten-Staudammes Hand in Hand mit einer ökologischen Katastrophe, über deren Ausmaße man sich noch gar nicht recht im Klaren ist. Fest steht, dass die gewaltige Aufstauung des Jangtsekiang zu sukzessiven Veränderungen des Mesoklimas führen wird, das heißt, jene oberhalb des Staudammes befindlichen Flussregionen werden in Zukunft höhere Niederschlagsmengen verzeichnen, während sich in den Regionen unterhalb des Dammes die Niederschlagsmengen verringern werden. Starke, weiter flussaufwärts generierte Niederschläge verursachen wiederum stark erhöhte Erosionsraten und einen damit einhergehenden, verstärkten Sedimenttransport des Flusses. Dieses Phänomen führt letztendlich zu einer rascheren Verschlammung des Stausees, welcher nur mittels aufwendiger Sanierungsmaßnahmen Einhalt geboten werden kann. Geologischen Schätzungen zufolge fallen alljährlich infolge der hohen erosiven Aktivität 680 Millionen Tonnen Schlamm und Geröll an, die bereits nach wenigen Betriebsjahren zu einer signifikanten Einschränkung der Stromproduktion führen könnten. Mittlerweile hat es sich die kommunistische Führung Chinas auf ihre Fahnen geschrieben, eine möglichst rasche Lösung der ökologischen Probleme herbeiführen zu wollen, nachdem man sich viele Jahre lang gegenüber ausländischer und auch inländischer Kritik bewusst taub gestellt hatte. Als letztes, im Rahmen dieses kurzen historischen Überblicks erwähnenswertes Prestigeprojekt kolossalen Ausmaßes sei der am Rio Paranà zwischen Brasilien und Paraguay gelegene hydroelektrische Anlagenkomplex Itaipu Binacional genannt, der bereits zwischen 1975 und 1982 entstand. Brasilien verfügte zu diesem Zeitpunkt schon über eine bemerkenswerte Tradition hinsichtlich der Nutzung von Wasserkraft, war doch das erste kleine hydroelektrische Werk im Jahre 1883 entstanden und die Errichtung des ersten Staudammes im Jahre 1912 erfolgt. Der innerhalb recht kurzer Zeit errichtete Damm besitzt eine Länge von 7760 m und eine Höhe von 196 m. Die 18 in Betrieb stehenden Turbinen erreichten im Jahre 2004 eine Nennleistung von 12,2 Gigawatt, welche ein Jahr später durch den Einbau zweier weiterer Turbinen auf 14 Gigawatt gesteigert werden konnte. Das Engagement Brasiliens hinsichtlich der Nutzung erneuerbarer Energien darf einerseits als fortschrittlich bezeichnet werden, führt aber andererseits dazu, dass immer größerer Bereiche der Naturlandschaft dem Wasser zum Opfer fallen. Der ständig steigende Strombedarf des Landes soll in Zukunft durch mehrere, im Amazonasgebiet geplante Staukraftwerke gedeckt werden – ein Bauvorhaben freilich, welches im In- und Ausland auf teils heftige Kritik stößt. Eines dieser Kraftwerksprojekte soll am Fluss Xingu im Bundesstaat Para zur Realisierung gelangen und nach seiner Fertigstellung eine Leistung von 11 Gigawatt erzielen, womit es sich unter die größten hydroelektrischen Anlagen weltweit einreihen würde. Mittlerweile jedoch ist der Widerstand gegen das Bauvorhaben, an dessen vorderster Front der aus Österreich stammende Bischof Erwin Kräutler steht, so groß geworden, dass man von Seiten der Regierung eine vorübergehende Einstellung der Bauarbeiten verfügt hat. Die Realisierung des Staudammes würde nach Meinung der Gegner nicht nur eine riesige Umweltkatastrophe nach sich ziehen, sondern die dort ansässigen, indigenen Völker auch dazu zwingen, ihre Heimat aufzugeben. Bei Umweltorganisationen werden viele hydroelektrische Großprojekte mit teils heftiger Kritik bedacht, die auch dazu geführt hat, dass alljährlich der 14. März zum Internationalen Aktionstag gegen Staudämme auserkoren wurde. Der Blick in die Zukunft verheißt im Bereich der Hydroelektrizität nichts Gutes. Sobald nämlich die Fließgewässer weltweit als energieliefernde Ressource vollständig ausgebeutet worden sind, wird man vermehrt daran gehen, so genannte Meerwasser-Stauwerke zu errichten. Visionen von der-artigen Anlagen, welche ihre an den Flüssen und Strömen der Welt positionierten Gegenstücke noch bei Weitem an Größe übertreffen würden, gehen bereits in die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Damals veröffentlichte der deutsche Architekt Herman Sörgel einen Plan, gemäß dem bei Gibraltar ein riesiges Stauwerk errichtet werden sollte, welches Berechnungen zufolge eine Leistung von etwa 50 Gigawatt erbringen könnte. Die Aufstauung des Atlantischen Ozeans hätte mehrerlei Folgewirkungen: So käme es im Mittelmeerraum zu einer Veränderung des Klimas und zu einer Senkung des mediterranen Meeresspiegels von jährlich 1,65 m. Dadurch würde sich die europäische Landmasse nach Süden ausdehnen – das Resultat wäre ein neuer Kontinent, dem man damals die Bezeichnung Atlantropa gab. Sörgel verstand das von ihm als Panropa-Projekt bezeichnete Vorhaben in erster Linie als eine erste große Gemeinschaftstat der Vereinigten Staaten von Europa , wodurch es vor allem bei den Nationalsozialisten auf heftigste Ablehnung stieß. Heute wissen wir freilich anhand detaillierter Computersimulationen, dass eine Verwirklichung des Panropa-Projektes eine Umweltkatastrophe ungeahnten Ausmaßes hervorgerufen hätte, durch welche der Mensch ähnlich wie bei der gegenwärtigen Klimakatastrophe vor unüberwindbare Probleme gestellt worden wäre.
Robert Sturm, Mag. mult. Dr., wurde 1971 in Salzburg geboren. Seine Studien der Naturwissenschaften (Geologie, Biologie, Physik) und Geschichte an der Universität Salzburg schloss der Autor im Zeitraum zwischen 1995 und 2008 erfolgreich ab. Bereits während des Geschichtsstudiums beschäftigte sich der Autor eingehend mit dem industriellen Werdegang des Bundeslands Salzburg. Das Hauptaugenmerk seiner historischen und industriearchäologischen Forschung wurde dabei unter anderem auf die Entwicklung der Elektrizitätswirtschaft im Raum Salzburg gelegt. Zahlreiche in diesem Zusammenhang gewonnene Erkenntnisse motivierten den Autor, sich der Thematik in Form dieses Buches zu widmen.