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- Anforderungen an eine moderne, zukunftsfähige Stadtentwässerung: Entscheidungshilfe für die kommunale Praxis
Nachhaltigkeit
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Abb.: 40
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In den vergangenen Jahren ist der Stellenwert kommunaler Klimaschutzpolitik in Deutschland deutlich angestiegen. Neben medialer Berichterstattung bezüglich der zu befürchtenden weltweit möglichen Folgen des Klimawandels sowie der Darstellung des zähen Ringens der Nationen zur Vereinbarung von Klimaschutzzielen stellen Bürger zwischenzeitlich bereits direkt vor ihrer Haustür fest, dass sich die klimatischen Gegebenheiten in ihrer Stadt verändert haben. An dieser Stelle kommt die Frage auf, ob neben den Gefahren durch Starkregen der Abwassertransport über das Kanalnetz nicht auch möglicherweise Potenziale zum nachhaltigen Klimaschutz bietet. Zur Abrundung der Untersuchung werden diese Überlegungen zur Gestaltung einer modernen Stadtentwässerung um eine weitere technische und gesellschaftliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts - den demografischen und strukturellen Wandel - erweitert. Dieses gebündelte Vorgehen scheint sinnvoll, da sowohl kurzzeitig auftretende Starkregenereignisse als auch ein kontinuierlicher Rückgang des privaten und gewerblichen Wasserverbrauchs die Betriebssicherheit einer Entwässerungsanlage gefährden und im Extremfall zu wirtschaftlichen Schäden am öffentlichen und privaten Eigentum führen. Die Ausarbeitung erfolgt neben der Betrachtung bestehender länderspezifischer Governancestrukturen unter Aspekten der kommunalen Daseinsvorsorge und der damit von kommunaler Seite einzuhaltenden Erfordernissen des Umwelt-, Haushalts- und Gebührenrechts. Die Analyse bewertet die Potenziale des kommunalen Tuns hinsichtlich der Umsetzung nachhaltig wirksamer Investitionen zum Schutz der Bürger und der Umwelt.
Textprobe: Kapitel 3.1.4, Geltende Rechtsverordnungen zur Abwasserentsorgung: Landesgesetze können Ermächtigungen für den Erlass von Rechtsverordnungen durch die Landesregierung beinhalten. Diese dienen der Rechtskonkretisierung und Verwaltungsvereinfachung. Im Zusammenhang mit der kommunalen Entwässerung ist auf verschiedene Verordnungen des Saarlandes hinzuweisen, welche gemäß § 23 SWG vonseiten des Gesetzgebers zur Ausübung des Gemeingebrauchs erlassen wurden. Sie greifen die Anforderungen der Bundesregierung auf und setzen diese um. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zum einen die Existenz verschiedener Wasserschutzgebiete, für welche von der obersten Wasserbehörde jeweils Schutzgebietsverordnungen zum Schutz des Grundwassers erlassen werden. In Abhängigkeit von der Schutzgebietszone bestehen Regelungen, welche Handlungen oder Anlagen verboten bzw. unter Genehmigungsvorbehalt gestellt sind (vgl. § 37 SWG). Die in § 48 Abs. 2 SWG angesprochene Genehmigung für Produkte mit Bauartzulassung wird durch die Verordnung zur Feststellung der wasserrechtlichen Eignung von Bauprodukten und Bauarten durch Nachweise nach der Bauordnung des Saarlandes (WasBauPV) konkretisiert. In dieser Verordnung sind verschiedene Anlagentypen und Bauprodukte festgelegt, für welche im Zusammenhang explizit die Eignung bei einem geplanten Einsatz darzulegen ist (vgl. §1 Abs. 1, 2 WasBauPV). Des Weiteren nimmt § 54 SWG Bezug auf die Verordnung über die Eigenkontrolle von Abwasserbehandlungsanlagen (EKVO). Diese legt fest, dass die ‘Unternehmer von Abwasseranlagen’ ihre Anlagen daraufhin zu überprüfen haben, dass die dem Stand der Technik entsprechende Reinigungsleistung erbracht wird. Sie verpflichtet ferner alle Betreiber von Abwasserbehandlungsanlagen, die Abwasser entweder in ein Gewässer oder genehmigungspflichtig in die öffentliche Abwasseranlage einleiten, bestimmte punktuelle Eigenkontrollen durchzuführen. 3.1.5., Ortsrecht: Gemeinden sind Normgeber auf der Ortsebene. Sie regeln über materielle Rechtsnormen verschiedene Rechte und Pflichten innerhalb ihres räumlichen Gemeindegebietes (vgl. § 12 KSVG). Nach Landesbauordnung des Saarlandes (LBO) können durch Satzung örtliche Bauvorschriften dahin gehend erlassen werden, dass ‘im Gemeindegebiet oder in Teilen davon zudem Anlagen zum Sammeln, Verwenden, Versickern oder Verrieseln von Niederschlagswasser oder zum Verwenden von Grauwasser vorgeschrieben werden, um die Abwasseranlagen zu entlasten, Überschwemmungsgefahren zu vermeiden oder den Wasserhaushalt zu schonen, soweit wasserwirtschaftliche oder gesundheitliche Belange nicht entgegenstehen.’ (§85 Abs. 2, Satz 2 LBO) In Kapitel 6.1.2 ist exemplarisch ein sich in Aufstellung befindlicher Bebauungsplan hinsichtlich dieser Regelungsbefugnisse im Detail dargestellt. Ferner wird in der vorliegenden Studie der Bezug zur Abwasserbeseitigungssatzung und deren technischen Regularien sowie der Abwassergebührensatzung und deren Bestimmungen zu den Finanzierungsgrundsätzen der kommunalen Abwasserentsorgung hergestellt. Die Erhebung von kommunalen Abgaben ist gemäß § 1 Abs. 1 KAG Saarland möglich. Sie erfolgt nach § 2 Abs. 1 KAG Saarland ausschließlich durch Satzung. Details sind unter Punkt 3.3 dargestellt. 3.2., Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung: Wie aus dem vorhergehenden Abschnitt ersichtlich, bedarf es zur Vervollständigung des gemeindlichen Handlungsrahmens eines Blickes auf das Kommunalrecht. Dieses determiniert ebenfalls das Tun von Verwaltungen und bringt weitere vielschichtige Anforderungen mit sich. Die Darstellung der gemeindlichen Aufgaben erfolgt an dieser Stelle, ähnlich wie beim Umweltrecht, anhand des föderal angelegten Staatsaufbaus. Es ist jedoch vorauszuschicken, dass es gemäß Jürgen Wohlfarth ‘ein in sich abgeschlossenes und als Ganzheit kodifiziertes Rechtsgebiet Kommunalrecht nicht gibt. Mit ihm lassen sich [jedoch] verschiedene Themen assoziieren, die die rechtliche Stellung des kommunalen Gemeinwesens unter den verschiedensten Blickwinkeln betreffen.’ Städten und Gemeinden wird gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsunmittelbar das Monopol einer hoheitlichen Funktion zuerkannt. Hiernach ist gewährleistet, dass alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der bestehenden Gesetze eigenverantwortlich durchgeführt werden. Vorgaben hinsichtlich der notwendigen kommunalen Gesetzgebung obliegen gemäß Art. 70 GG den Bundesländern. Demnach ist die Tätigkeit von Gemeinden in dem hier diskutierten Kontext dem Grunde nach als mittelbares Handeln der jeweiligen Landesverwaltung zu verstehen. Die bedeutendste Rechtsquelle hinsichtlich des von Landesseite vorgegebenen kommunalen Handlungsrahmens ist das Kommunalselbstverwaltungsgesetz (KSVG) des Saarlandes. In den verschiedenen Teilbereichen der Gemeinde-, Landkreis- und Regionalverbandsordnungen regelt dieses Gesetz das Recht der Gemeindeverbände bezüglich allgemeiner Grundsätze und verschiedener anzuwendender Verfahren. 3.3., Finanzierungsmöglichkeiten und Gebührenrecht im Saarland: Sowohl aus technischer aber auch gebührenrechtlicher Sicht gilt, dass die Einrichtungen der Stadtentwässerung aufgrund ihrer langen Nutzungsdauer und Abschreibungszeiträume als äußerst starr und unflexibel zu bezeichnen sind. Kurzfristige Strategieänderungen sind nicht möglich. Aufgrund dessen erfordert die Umsetzung aller Maßnahmen der kommunalen Daseinsvorsorge einen gezielten und wohlüberlegten Einsatz der verfügbaren Finanzmittel. Zu berücksichtigen sind hierbei gleichzeitig Belange der Wirtschaftlichkeit aber auch der Nachhaltigkeit, so dass die Erforderlichkeit von Kosten-Nutzen-Analysen und vorausschauenden Planungen obligatorisch ist, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Die Finanzierung des kommunalen Handelns erfolgt auf Grundlage des saarländischen Kommunalabgabengesetzes (KAG). Dort werden in § 4 Abs. 2 KAG u.a. die Finanzierungsmöglichkeiten von Gemeinden über Verwaltungs- oder Benutzungsgebühren geregelt. So können zur Finanzierung einer direkt von Bürgerseite in Anspruch genommenen kommunalen Leistung, wie es die Abwasserentsorgung darstellt, Gebühren erhoben werden. 3.3.1., Kommunales Abgabenrecht: Die rechtliche Basis der Gebührenkalkulation stellt das Verwaltungskostengesetz (VwKostG) des Bundes dar - § 3 VwKostG gibt den Gebührengrundsatz der Angemessenheit vor: Nach der Forderung des Äquivalenzprinzips muss hierbei zwischen Leistung und Gegenleistung ein ausgewogenes Verhältnis bestehen. Ferner muss das Gebührengesamtaufkommen kostendeckend sein (Kostendeckungsprinzip). Zu beachten ist parallel, dass nach dem Gleichheitsprinzip die Erhebung von Gebühren keine willkürliche Ungleichbehandlung erkennen lassen darf. Hierauf baut das Kommunalabgabengesetz des Saarlandes auf und liefert somit die Grundlage der kommunalen Gebührenerhebung für saarländische Kommunen. Dort ist geregelt, dass Gemeinden für die Inanspruchnahme von Verwaltungsleistungen oder kommunalen Einrichtungen Gebühren erheben können (vgl. § 4 Abs. 2 KAG Saarland). Werden diese erhoben, sind sie gemäß betriebswirtschaftlicher Grundsätze zu ermitteln (vgl. § 6 Abs. 2 KAG Saarland). Die Gebührenerhebung soll nach Art und Umfang der Benutzung im Wirklichkeitsmaßstab erfolgen. Nur wenn dies technisch nicht möglich oder mit einem erheblichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden ist, wäre eine Erhebung nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab möglich (vgl. § 6 Abs. 3 KAG Saarland). In Saarbrücken erfolgt seit Januar 2001 eine getrennte Gebührenerhebung nach dem Wirklichkeitsmaßstab. Die Schmutzwassergebühren berechnen sich nach dem Frischwasserverbrauch - Niederschlagswassergebühren ergeben sich in Abhängigkeit von abflusswirksamen Frei- und Gebäudeflächen.
Simone Stöhr, Dipl. Ing. (FH), M.Sc., wurde 1971 in Saarbrücken geboren. Ihr Bauingenieurstudium an der Fachhochschule Kaiserslautern beendete sie 1999 erfolgreich. Seit diesem Zeitpunkt ist sie bei der Stadtentwässerung Saarbrücken in unterschiedlichen Funktionen tätig und hat seit dem Jahr 2008 die Leitung der Abwasserentsorgung übernommen. Diese praxisbezogenen Erfahrungen wurden von ihr in einem 2012 abgeschlossenen Fernstudium der Umweltwissenschaften in einen interdisziplinären Kontext eingereiht. Hieraus entstand die Motivation zur Erarbeitung des vorliegenden Buches als kommunale Entscheidungshilfe ‚aus der Praxis - für die Praxis‘.