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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Abb.: 9
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die moderne Arbeitswelt ist durch den Druck ständiger Produktivitätssteigerung gekennzeichnet. Konzepte, die einen solchen Effekt durch starre Kontrolle realisieren wollen, erweisen sich dabei als ungenügend, da es die Leistungsbereitschaft der Arbeitenden begrenzt und den Zugang zu den Fähigkeiten der Arbeitenden, schnell und kreativ auf komplexe Anforderungen zu reagieren, verhindert. Das Konzept der Subjektivierung von Arbeit beschreibt die Reaktion von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf die Anforderung, ihre Produktivität kontinuierlich steigern zu müssen. Einerseits verlagern betriebliche Veränderungen und die Erweiterung der relativen Autonomie der Beschäftigten die Verantwortung der Erbringung der unternehmerisch wünschenswerten Leistung auf das Individuum selbst und andererseits richtigen diese in gleichem Maße neuartige subjektive Ansprüche an die Arbeit, um eigenen Fähigkeiten und Selbstentfaltungswünschen Geltung zu verschaffen. Klassische Arbeitsverhältnisse werden diesen Ansprüchen immer weniger gerecht. Sowohl betriebliche Produktivitäts-, als auch subjektive Geltungsansprüche führen zu einer Veränderung der Arbeit, der sog. Entgrenzung der Arbeit. Arbeitsverhältnisse werden in ihren wichtigsten Dimensionen aufgelöst: Festgelegte zeitliche Regelungen werden zu vagen Vereinbarungen, gleichermaßen wird der Ort der Arbeitsausführung unwichtiger von höchstem Interesse ist nur ein hochwertiges Endprodukt. In diesem Buch soll es um die Frage gehen, was Menschen in solchen Arbeitsverhältnissen motiviert. Dazu werden die soziologischen Erkenntnisse des Bereichs der Entgrenzung von Arbeit zusammengefasst um mit Hilfe sozial- und wirtschaftspsychologischer Theorien auf die Motivation von Erwerbspersonen in entgrenzten Arbeitsverhältnissen eingehen zu können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Entgrenzung von Arbeit: Die Auflösung klassischer Beschäftigungsstrukturen kann durch Entgrenzungserscheinungen beschrieben werden, welche sich in selbstorganisierter, selbstkontrollierter und flexibilisierter Arbeit äußern (Kratzer 2003: 198). Aus betrieblicher Sicht äußert sich Entgrenzung von Arbeit in einer Auflösung der Grenzen der Organisation gegenüber dem Markt. Es kommt zu einer Dezentralisierung und Vermarktlichung der Planung und Steuerung (Kratzer et al. 2004: 334). Ebenso verlieren klassische Steuerungsmechanismen an Bedeutung. Anstelle von hierarchisch-bürokratischer Organisation kommt es zu einer indirekten Steuerung (ebenda: 335). Es entsteht eine Selbst-Objektivierung des Arbeitshandelns, indem durch äußere Rahmenbedingungen die Verantwortlichkeit einer erfolgreichen Produktion an das Individuum übertragen wird (Böhle 2002: 137). Subjektive Leistungen sind somit nicht nur notwendig, um allgemeine Informationen auf die jeweils konkreten Aufgaben zu beziehen und zu interpretieren, sondern auch um subjektive Interpretationen und Handlungsweisen zu objektivieren, d.h. für den Betrieb nutzbar zu machen (ebenda: 137). Neue Arbeitsformen und ein Verantwortungstransfer weg vom Management sind Kernpunkte der indirekten Steuerung des Arbeitshandelns (Glißmann 2002: 161). Aus Sicht der Arbeitenden kommt es weiterhin zu Entgrenzungserscheinungen in der Erwerbsarbeit. Die Arbeitszeit erfährt eine weitreichende Flexibilisierung und Individualisierung in Dauer, Lage und Regulierungsform (Voß 1998: 480). Die Vertrauensarbeitszeit, bei der zwar noch feste Arbeitsstunden im Arbeitsvertrag stehen, aber niemand mehr die Anwesenheit kontrolliert, zeigt wie Eigenverantwortung und Ergebnisorientierung der Arbeitenden in zeitlicher Hinsicht relevant sind (Jensen 2000: 300). Neben der zeitlichen wird auch die räumliche Dimension der Erwerbsarbeit durch Flexibilisierungstendenzen entgrenzt. Durch neue Arbeitskonzepte wie Tele-/Heimarbeit oder Home- und Mobiloffices wird die körperliche Anwesenheit am betrieblichen Standort zunehmend unwichtiger. Einerseits wird dieser Prozess durch Technisierung vorangetrieben, da erst durch neue Medien solche Arbeitsplätze entstehen können, andererseits forciert auch die Dezentralisierung eine räumliche Entgrenzung. Arbeitende befinden sich vermehrt in Scheinselbstständigkeit, d.h. in einem Arbeitsverhältnis in dem die erwerbstätige Person als selbstständiger Unternehmer auftritt, obwohl ihre Tätigkeit, die eines Arbeitnehmers wiederspiegelt (Reindl 2000: 420). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass sie als Teil eines virtuellen Unternehmens arbeiten, wodurch es zu oft wechselnden Arbeitsplätzen kommen kann oder sich Arbeitsplatz und Lebensort zunehmend vermischen (Voß 1998: 479). Eine steigende Selbstorganisation führt weiterhin zu einer Entgrenzung bzw. Entstandardisierung von Arbeitsmitteln, da es den Arbeitenden oftmals selbst überlassen ist, welches Hilfsmittel sie zur Problemlösung heranziehen (ebenda: 480). Auch klassische Arbeitsinhalte und Qualifikationen verlieren an Bedeutung. Die betriebliche Rücknahme von Kontrolle bei Zunahme von Rahmensteuerung verstärkt die Notwendigkeit von Selbstkontrolle und erfordert dynamische Qualifikationsprozesse und überfachliche Anforderungen (ebenda: 480). Durch neue Arbeitsformen, insbesondere der Team- und Gruppenarbeit wird eine neue Sozialorganisation notwendig, womit die klassische betriebliche Hierarchie und das Verhältnis der Arbeitenden untereinander entgrenzt wird (ebenda: 480). Analog zu allen anderen Dimensionen verschwimmen bei entgrenzten Arbeitsstrukturen auch die Sinn und damit die Motivationsgrenzen. ‘Zum Einkommens- und Karrieremotiv kommt wesentlich stärker als in eng strukturierten Arbeitsformen eine ganze Palette möglicher individueller Zielsetzungen und sinnhafter Identifikationen hinzu (Sozialkontakte, fachliche Faszination und Begeisterung, gewachsene Loyalitäten und soziale Bindungen, emotionale Bindungen an eine Unternehmenskultur usw.)’ (ebenda: 479). Die Motivation bei der Arbeit wird ebenfalls auf die Erwerbstätigen verlagert (ebenda: 479). Einerseits wird durch sinn- und motivationale Entgrenzung deutlich, dass klassische Motivationsanreize zunehmend an Bedeutung verlieren, andererseits wird durch die Übertragung der Arbeitsmotivation auf die Arbeitenden deutlich, dass in entgrenzten Arbeitsverhältnissen weitere bzw. andere Faktoren zur Motivation beitragen. Solche Faktoren sollen durch die Verknüpfung arbeitspsychologischer Theorien mit dem Konzept der Entgrenzung von Arbeit in dieser Arbeit geklärt werden. Die Entgrenzung der Arbeit hat jedoch nicht nur Auswirkungen auf das Verhältnis von Erwerbspersonen und deren Arbeit. Eine besondere Herausforderung sind die Entgrenzungstendenzen in Bezug auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. Deswegen sollen anschließend die Dimensionen der Entgrenzung von Arbeit in Bezug auf die Vereinbarkeit mit dem Privatleben der Arbeitenden dargestellt werden. Durch die beschriebenen Entgrenzungstendenzen und der normativen Subjektivität besteht vermehrt die Notwendigkeit einer Neukonstruktion des Verhältnisses von Arbeit und Leben (Kleemann et al. 1999: 14). Dabei spielen vor allem die zeitlichen und räumlichen Betriebsstrategien eine Rolle, da durch diese Entgrenzungsdimensionen die Grenzen zwischen betrieblich basierter Arbeit und privatem, heim- und familienbasiertem Leben unscharf werden (ebenda: 14). In Folge der Entgrenzung von Arbeitszeit kommt es zunehmend zu einer Vermischung von Arbeits- und Privatzeiten: ‘Arbeitszeit nimmt mehr Raum ein, der mit Lebenszeit bezahlt werden muss’ (Kratzer 2003: 208). Ebenso führt räumliche Entgrenzung dazu, dass sich Arbeits- und Lebensraum vermengen mit der Folge, dass durch technische Hilfsmittel von Zuhause weitergearbeitet wird (Voß 1998: 480). Eine dynamische Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten ist oftmals nur auf Kosten des eigenen Privatlebens zu vereinbaren, wodurch die Grenze zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit aufgelöst wird (ebenda: 479). Durch die Entgrenzung von Sinn- und Motivationsstrukturen kommt es zu einer neuen Wertigkeit der Berufssphäre, indem die Arbeitstätigkeit zu einer neuen Lebenssphäre eigener Qualität und das ehemalige Privatleben zum funktionalen Hintergrund der Erwerbstätigkeit umfunktioniert wird (ebenda: 479). Das Privatleben wird allgemein zu einer nutzbaren Ressource der Gestaltung der eigenen Arbeitstätigkeit, wodurch neuartige Anforderungen an die handelnden Subjekte entstehen das Verhältnis von Arbeit und Leben aktiv selbst zu gestalten und dabei gegebenenfalls auf eine für sie passende Weise auf wieder Abgrenzungen vorzunehmen (Kleemann et al. 1999: 15). Insgesamt kommt es zu einem Bedeutungswandel von berufs- und metafachlichen Anforderungen. Es werden in zunehmendem Maße auch Fähigkeiten und Dispositionen für den Arbeitsprozess bedeutsam, die im außerberuflichen Alltag entwickelt werden (ebenda: 34). Die Subjektivierungs- und Entgrenzungstendenzen verändern nicht nur die Verfasstheit, sondern auch das Verhältnis der Arbeitenden gegenüber der Arbeit. Damit einhergeht das entgrenzte Arbeitsverhältnisse weitreichende Konsequenzen für Arbeitende mit sich bringen. Die Auswirkungen werden in der Theorie als ambivalent beschrieben. Im Anschluss soll dargestellt werden, was solche ambivalenten Folgen sind und wie diese sich auf die Arbeitenden auswirken.

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