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- Unternehmensumstrukturierungen: Betriebswirtschaftliche und gesellschaftsrechtliche Managemententscheidungen und ihre arbeitsrechtlichen Folgen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Abb.: 7
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Mehr denn je sind Unternehmen durch die andauernde Finanz-und Wirtschaftskrise gezwungen ihre Finanzlage, ihre eigene Unternehmens-und Betriebsstruktur sowie künftige wirtschaftliche Chancen und Risiken zu überprüfen. Aber auch außerhalb von Krisensituationen ist eine Marktwirtschaft undenkbar ohne die Freiheit der Unternehmen auf externe Faktoren zu reagieren, und sich permanent auf veränderte Marktverhältnisse einzustellen. Nur die ständige Suche nach der optimalen Unternehmens- und Betriebsstruktur und deren Umsetzung kann die auf globalen Märkten geforderte erhöhte Flexibilität der Unternehmen sichern. Wettbewerbsdruck mit der Folge von Kostensenkungen und Zeiteinsparungen sowie Produkt- und Dienstleistungsinnovationen sind die heutigen betriebswirtschaftlichen und strategischen Herausforderungen jedes Unternehmens, unabhängig von Größe oder Branche. Betriebswirtschaftliche Entscheidungen können gravierende organisatorische und rechtliche Auswirkungen nach sich ziehen. Diese greifen meist sowohl in das Individual- als auch in das Kollektivarbeitsrecht ein. Im Zusammenhang mit Umstrukturierungen oder Unternehmensinsolvenzen rücken zunehmend soziale Fragestellungen in den Focus. Es ist eine Errungenschaft der sozialen Marktwirtschaft, dass Arbeitnehmer mit eigenen Rechtspositionen ausgestattet wurden.
Textprobe: Kapitel C.4.c.bb, Inhalt: Der Inhalt des Sozialplans ist einzelfallbestimmt. Er regelt in erster Linie die finanziellen Ansprüche der Arbeitnehmer wie z.B. Erstattung von Fahrtkosten, Umzugskosten, Werkswohnungen oder Abfindungsregelungen. Der Tarifvorbehalt in § 77 III BetrVG ist gem. § 112 I S.4 BetrVG nicht anwendbar. Es können daher Regelungen zum Arbeitsentgelt und zu sonstigen Arbeitsbedingungen wirksam getroffen werden. Die Grenzen der inhaltlichen Ausgestaltung des Sozialplans entscheiden sich danach, ob eine freiwillige Einigung der Betriebsparteien zu Stande kommt, oder ob diese durch einen Spruch der Einigungsstelle gem. § 112 IV, V BetrVG ersetzt werden muss. Die Betriebsparteien haben hinsichtlich ob, in welchem Umfang und wie die Nachteile ausgeglichen werden einen Gestaltungsspielraum.209 Sie sind lediglich an die in § 75 I BetrVG niedergelegten Grenzen des Gebots von Recht und Billigkeit und Wahrung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes gebunden.210 Bei einem Verstoß gegen diese Grundsätze ist die fragliche Klausel unwirksam, der gesamte Sozialplan aber nicht. Auch Beschränkungen und Ausschlusstatbestände dürfen einfügt werden, wenn diese sachlich begründet sind. Für die finanzielle Gesamthöhe (Dotierungsrahmen) des Sozialplans gibt es im Rahmen der freien Vereinbarung keine gesetzlichen Vorgaben. Besonders Abfindungsregelungen bergen ein erhöhtes Streitpotenzial bei der Erstellung von Sozialplänen und sind häufig Gegenstand von Arbeitsgerichtsstreitigkeiten. Nach bisheriger Rechtsprechung ist eine gestaffelte Abfindungsregelung gem. § 10 Nr. 6 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), der eine alters- oder betriebszugehörigkeitsbezogene Differenzierung rechtfertigt, europarechtskonform, wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 10 S.2 AGG gewahrt ist. Die Betriebspartner können die Höhe der Abfindungen für die einzelnen Arbeitnehmer entweder individuell oder durch pauschalisierte Berechnungsformeln z.B. Faktoren- oder Divisorberechnung festlegen. Bei der Differenzierung von verschiedenen Arbeitnehmergruppen können beispielhaft folgende Regelungen wirksam vereinbart werden: Abfindung können reduziert werden oder Arbeitnehmer von diesen, angelehnt an § 112 V Nr.2 BetrVG ausgeschlossen werden, wenn diese einen zumutbaren Arbeitsplatz verweigert haben, durch Aufhebungsvertrag ausgeschieden sind oder noch keine sechs Monate im Betrieb tätig waren. Stichtagsregelungen, bei denen der Abfindungsanspruch daran anknüpft, ob der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht, sind grundsätzlich zulässig. Die Wahl des Zeitpunktes muss sich am Zweck der Regelung orientieren z.B. Wahrung eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufes. Zudem muss die Grenzziehung des Zeitpunktes sachlich gerechtfertigt sein. Zulässig ist auch die Reduzierung oder der Ausschluss von Sozialplanleistungen für rentennahe Jahrgänge. Das BAG hat es am 26.03.2013 für rechtmäßig erachtet, Abfindungen für rentennahe Jahrgänge einer Kürzung zu unterwerfen, wenn eine Abfindungsformel auf Grund der Berücksichtigung von Lebensalter und Betriebszugehörigkeit zu einer übermäßigen Begünstigung älterer Mitarbeiter führt. Diese Auffassung könnte im Spannungsverhältnis zur EuGH-Rechtsprechung im Fall Andersen stehen. Hiernach darf eine Schlechterstellung rentennaher Jahrgänge nicht zu einem unverhältnismäßigen Zwang in die Frühverrentung führen. Eine geminderte Abfindung für Schwerbehinderte, weil sie vorzeitig Altersrente beziehen können, verstößt nach der EuGH-Rechtsprechung im Fall Odar gegen Unionsrecht. Abfindungsreduzierungen bei vorzeitiger Eigenkündigung hat die Rechtsprechung als unwirksam angesehen, da die formale Unterscheidung zwischen arbeitsgeberseitiger und arbeitnehmerseitiger Kündigung nicht mit § 75 I BetrVG vereinbar ist. Regelungen, die eine Abfindungsreduzierung oder den Ausschluss von den Sozialplanleistungen für Arbeitnehmer vorsehen, die eine Kündigungsschutzklage erheben, sind unzulässig. Turboprämien, die Abfindungsleistungen bei Klageverzicht gewähren, können im Sozialplan nicht wirksam vereinbart werden. Bei der Aufstellung des Sozialplans durch die Einigungsstelle statuiert § 112 IV, V BetrVG – anders als bei der freiwilligen Einigung – zwingende Vorgaben, die das billige Ermessen der Einigungsstelle konkretisieren. Eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung kann auf Antrag nach § 76 VI S.4 BetrVG durch das Arbeitsgericht überprüft werden. Bei einer Ermessenüberschreitung ist der Sozialplan anfechtbar. Es sind gem. der Generalklausel in § 112 V S.1 BetrVG, vornehmlich bei der Dotierungshöhe, die sozialen Belange der Arbeitnehmer und die wirtschaftliche Vertretbarkeit für das Unternehmen zu beachten. Die Einigungsstelle hat gem. § 112 V S.2 Nr.1 BetrVG beim Ausgleich oder der Milderung der Nachteile die Gegebenheiten des Einzelfalls zu betrachten. Zudem muss sie nach § 112 V S.2 Nr.2 BetrVG die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt für die betroffenen Arbeitnehmer einschätzen und bewerten. Der § 112 V S.2 Nr.2 a BetrVG spiegelt den neuen Zweck des Sozialplans wider. Demnach soll die Einigungsstelle Fördermöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. Nach § 112 V S.2 Nr.3 BetrVG muss der Gesamtbetrag des Sozialplans für das Unternehmen noch wirtschaftlich vertretbar sein. Wenn dies nicht der Fall ist, ist es zulässig und geboten die Höhe angemessen anzupassen. Belastungen aus einem Sozialplan können für die Ertragskraft des Unternehmens eine einschneidende Wirkung haben. Das BAG hält Aufwendungen in Höhe des Einsparungseffektes, der durch die Betriebsänderung erzielt würde oder die Gleichstellung mit einem Verzicht der Betriebsänderung, für angemessen. Bei einer Aufspaltung in Besitz- und Betriebsgesellschaft gem. § 123 UmwG kommt es bei der Bestimmung des Sozialplanvolumens dem Grunde nach zu einem Haftungs- und Bemessungsdurchgriff auf die Besitzgesellschaft. Der Höhe nach finden nur die bei der Spaltung entzogenen Vermögenswerte der Besitzgesellschaft Berücksichtigung. Dies folgt aus dem systematischen Verhältnis von § 134 UmwG zum § 112 V S.1 BetrVG. Die Vermögensverhältnisse des Konzerns können im Rahmen des Sozialplans maßgeblich sein, wenn ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen ist oder eine Existenzvernichtungshaftung gem. § 823 BGB der Muttergesellschaft bei einer missbräuchlichen Schädigung des Gesellschaftsvermögens des sozialplanpflichtigen Unternehmens vorliegt. Neuerdings werden Tarifsozialpläne als Alternative oder Zusatzmöglichkeit zu dem betriebsverfassungsrechtlichen Sozialplanverfahren angesehen. Diese werden auf Arbeitnehmerseite durch die tarifzuständige Gewerkschaft, auf der Arbeitgeberseite entweder durch den Arbeitgeberverband oder den betroffenen Arbeitgeber geschlossen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Tarifsozialpläne bisher wenig in Erscheinung getreten. Sie sind ebenso wie der Einsatz von Streiks zu ihrer Durchsetzung, für rechtmäßig erachtet worden. Strittige Regelungen im Tarifsozialplan wurden trotz der eigentlichen Verneinung der Anwendbarkeit des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 75 I BetrVG vom BAG zuletzt an diesem geprüft. Der betriebsverfassungsrechtliche Sozialplan und der freiwillige Tarifsozialplan stehen nebeneinander, sodass beide Verfahren gleichzeitig unabhängig voneinander laufen können. Für die Unternehmen kann diese Strategie des ‚doppelten Sozialplans‘ einen erhöhten, sowohl von Betriebsrat als auch Gewerkschaft ausgelösten, Verhandlungsdruck bedeuten. Der Tarifsozialplan ist auf Grund der unterschiedlichen Rechtsebenen von Tarifrecht und Betriebsverfassungsrecht keine Alternative zum Sozialplanverfahren nach § 112 BetrVG.
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