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- Fehler im stationären Sektor: Das Bedside-Handover im Kontext der Prozessoptimierung
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Dieses Buch beschäftigt sich mit Fehlern im stationären Sektor. Hierzu werden die Fehlerarten zunächst klar voneinander abgegrenzt und der angloamerikanischen Terminologie gegenübergestellt. Nach einer Beschreibung der aktuellen Situation in Deutschland folgt die Vorstellung verschiedener Analysemodelle, wie z. B. Root Cause Analysis oder das Swiss Cheese Model. Abschließend kommt es zu einer Betrachtung der Prozessoptimierungen, d.h. welche Abläufe bieten noch Potenzial für Verbesserungen? Dieses Buch konzentriert sich dabei auf die Übergabe von Patienten während eines Schichtwechsels, auch Shift-to-Shift Handover genannt, als mögliche noch unerkannte Fehlerquelle.
Textprobe: Kapitel 3.3, Häufigkeit von UE, VUE, Fehlern, und Beinahe-Schäden: Die Häufigkeit von UE, Fehlern, Beinahe-Fehlern oder VUE zu erfassen, ist komplex, da zunächst geklärt werden muss, was erfasst werden soll. In der Literatur wird darauf verwiesen, dass die Art des Zählens entscheidend ist und auch welches Verfahren dafür ausgewählt wird. Sollen Raten, Inzidenzen oder Proportionen gemessen werden? Zunächst muss geklärt werden, ob es bei der Häufigkeit eines Ereignisses auf die Analyse und Prävention ankommt, ob eine quantitative Erfassung erfolgt oder ob die Daten der Vorhersage und Risikobewertung dienen sollen. Je nachdem, welche Betrachtungsweise gewählt wird, bieten sich unterschiedliche Instrumente zur Messung an. Für Präventionsdaten greift man am besten auf CIRS-Daten, Obduktionsbefunde oder Malpractice Claims zurück. Liegt der Fokus hingegen auf der quantitativen Auswertung, eignen sich besonders Chart Reviews, IT-gestützte Verfahren oder Direkte Beobachtungen. PSI und Administrative Daten sind für die Risikobewertung anwendbar. AE zu zählen ist besonders schwierig, da Einzelereignisse u. U. sehr selten sind oder nicht offen gelegt werden, da juristische Implikationen befürchtet werden. Außerdem sind AE bereits eingetretene Fälle und haben nur ein geringes Verbesserungspotenzial. Deutlich vorteilhafter ist es, den Fokus auf BS zu legen. Sie kommen bis zu 300-mal häufiger vor und es gilt weniger Vorbehalte zu überwinden, da der Schaden noch nicht eingetreten ist. Im Gegensatz zu AE können sie prospektiv untersucht werden und erlauben den Nachweis von Verbesserungen. Eine große Problematik bei der Messung der Häufigkeit, ist das unzureichende Datenmaterial für Deutschland, was eine hinreichende Auswertung der Daten unmöglich macht. Aufgrund dessen, muss man sich für Schätzung an ausländischen Studien orientieren. Einige der bekanntesten und bedeutendsten sind die Harvard Medical Practice Studie und die Utah/Colorado-Studie. Der 2. Systematische Review und die Daten der Bundesärztekammer für das Jahr 2010 versuchen indes Daten für Deutschland zu generieren und eine Übersicht der bisher erstellten Studien zu geben. 3.3.1, Harvard Medical Practice Study I + II: Die Harvard Medical Practice Studie I war nicht die erste Studie, die versucht hat AE im Gesundheitswesen zu beziffern, aber sie war diejenige, die erstmals einen Standard bei der Erfassung vorgegeben und eine weltweite Diskussion des Themas hervorgerufen hat. Das vorrangige Ziel bestand darin, aktuelle und zuverlässige Daten stationärer Patienten zu Inzidenzen von AE und solchen, die auf Behandlungsfehlern beruhen zu erhalten. Dazu wurde eine Stichprobe von 31.429 zufällig ausgewählten Krankenhausakten aus 51 New Yorker Krankenhäusern im Jahr 1984 durch geschultes Pflegepersonal untersucht. Die gefilterten Daten (positives Screening) wurden im Weiteren durch zwei unabhängige Ärzte beurteilt (externer Chart Review). Abschließend konnten 31.195 Fälle in die Bewertung mit eingehen. Davon waren 1.278 von einem AE betroffen und 306 davon durch einen Behandlungsfehler hervorgerufen. Das Screening ergab, dass 3,7 von 100 Krankenhausaufnahmen ein AE aufwiesen. In 27,6 Prozent der AE konnte tatsächlich ein Behandlungsfehler identifiziert werden. Hochgerechnet auf die stationäre Patientenzahl von 2.671.863 ergab das 98.609 AE und 27.179 Behandlungsfehler. Des Weiteren litten 2.550 Patienten unter einer permanenten Schädigung und 13.451 Patienten verstarben aufgrund eines AE. Besorgniserregender sahen jedoch die Werte für Behandlungsfehler aus. Von den 27.179 solcher AE verstarben 6.895 und 877 blieben mit einer bleibenden Schädigung zurück. Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass ältere Menschen einem höheren Risiko von AE unterliegen insbesondere denen, die auf Behandlungsfehler zurückzuführen sind. Zu beachten, sei hier aber, dass ältere Menschen oft multimorbid sind und kompliziertere Eingriffe benötigen. Dennoch darf das Alter als Risikofaktor nicht außer Acht gelassen werden. Als Resultat sei hier festzuhalten, dass sich ein fundamental großer Anteil von Patientenschäden auf die medizinische Versorgung derivieren lässt und viele Patientenschäden das Resultat einer unzulänglichen Versorgung sind. Die Harvard Medical Practice Study II vertiefte die bereits durchgeführte erste Studie, um die AE genauer zu betrachten und ihre Häufigkeit in Bezug zu ihrem Typ zu setzen. Für die HMPS II wurden 30.195 Krankenhausakten untersucht, was zur Identifizierung von 1.133 AE führte. Davon waren die meisten AE im operativen Bereich mit 13,6 Prozent (160) Wundinfektionen. Das bedeutet, Wundinfektionen sind für 28,5 Prozent aller operationsbedingten Komplikationen verantwortlich und machen somit ein Siebtel aller identifizierten AE aus. Die medikamentenbezogen AE stellten mit 19,4 Prozent (178) den größten Anteil an nichtoperativen AE dar. Insgesamt betrachtet, basieren knapp 28,0 Prozent der AE auf Behandlungsfehlern, aber mit einer großen Abweichung innerhalb der betrachteten Kategorien. Einen niedrigen Wert weisen hier mit ‘nur’ rund 12,0 Prozent die Wundinfektionen auf. Das ist insoweit auch nicht verwunderlich, als dass sie zwar oft kompliziert und schwer zu handhaben sind, aber nicht durch Fahrlässigkeit entstehen. Einen weitaus höheren Wert haben die diagnostischen oder therapeutischen Fehler. Hier kann es schnell passieren, dass durch Fahrlässigkeit wichtige Dinge nicht erfragt, nicht indiziert oder falsch gehandhabt werden. Verwunderlich hier ist, dass dabei nur rund 18,0 Prozent der medikamentenbezogenen AE durch Behandlungsfehler bedingt waren. Die meisten der AE sind relativ harmlos, doch gerade die der diagnostischen Fehler weisen eine hohe Prozentzahl auf. Hier münden 47,0 Prozent in ernsthaften Schäden. In Anbetracht der aber selten eintretenden AE in diesem Bereich, betrifft es ‘nur’ etwa 23 Patienten. Das Ergebnis der Studie unterstützt bereits bestehende Auswertungen u. a. aus der Luftfahrtindustrie – Fehler in der medizinischen Praxis sind häufig. Einige dieser Fehler sind tief im menschlichen Verhalten verankert. Gerade in Bereichen, die hochtechnologisiert und sehr komplex sind, können minimale Fehler verheerende Konsequenzen haben. Dennoch kann keine Perfektion in der Ausführung oder im Ergebnis erwartet werden, lediglich ein Standard, der einen gewissen Grad an Fehlverhalten akzeptiert. Das QM kann hierbei helfen dieses auf ein minimales Level zu reduzieren. Das bedeutet, dass zunächst Ursprünge des Fehlers identifiziert und Methoden entwickelt werden müssen, sie zu vermeiden oder ihre Auswirkungen zu minimieren. 3.3.2, Utah / Colorado Study: Bei der Utah / Colorado Studie handelt es sich um eine populationsbezogene Studie aus dem Jahr 1992. Sie ging methodisch ähnlich wie die HMPS vor und untersuchte AE und NAE. In einer Untersuchung von 15.000 Patientenakten, konnte in 2,9 Prozent der Fälle ein AE festgestellt werden, 6,6 Prozent davon verliefen tödlich. Behandlungsfehler führten in 8,8 Prozent der Fälle zum Tode. In Utah waren 32,6 Prozent der AE auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen. In Colorado konnte hingegen nur in 27,4 Prozent der AE ein Behandlungsfehler nachgewiesen werden. Nach ihrem Typ geordnet, liegen an erster Stelle der AE, operative AE mit 44,9 Prozent, davon 16,9 Prozent durch Behandlungsfehler bedingt und bei 16,6 Prozent blieb eine dauerhafte Schädigung zurück. Im nicht operativen Bereich liegen die medikamentenbedingten AE mit 19,3 Prozent aller AE an erster Stelle, 35,1 Prozent von ihnen sind auf Behandlungsfehler zu derivieren. Die meisten AE konnten Chirurgen mit 46,1 Prozent aller AE und Internisten mit 23,2 Prozent zugeschrieben werden. Die meisten Behandlungsfehler fanden sich hingegen in der Notaufnahme mit 94,8 Prozent, obgleich die Rate der AE dort mit 1,7 Prozent relativ niedrig ausfällt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass AE sich in der Notfallmedizin nur in rund 2 Prozent der Fälle ereignen, dann aber fast immer auf einem Behandlungsfehler beruhen. Ähnliches gilt auch für die Bereiche Pflege und Pädiatrie. Die Ergebnisse der UCS sind ähnlich der der HMPS. Auch hier wurde festgestellt, dass iatrogene Schädigungen ein signifikantes Problem in der Gesundheitsversorgung darstellen, jedoch durch Entwicklung entsprechender Systeme für die operativen Eingriffe deutlich reduziert werden können.
Valeria Biermann (MSc) wurde 1986 in Wuppertal geboren. Nach ihrem Bachelorstudium Health Care Business Management an der Fresenius Hochschule in Köln, absolvierte sie ihr Masterstudium der Gesundheitsökonomie an der Universität zu Köln. Ihre Studienschwerpunkte während des Bachelors waren Krankenhausmanagement und Ambulante Versorgung sowie optional Gesundheitskommunikation. Im Master wählte sie als Minor Marketing.
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