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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Studie erörtert das aktuelle strafprozessuale Problem rundum Criminal-Compliance. Der Leser wird strukturiert an das Problem herangeführt, indem im ersten Komplex die Begriffsbestimmung von Criminal-Compliance dargelegt und die eigentliche Legitimation von Criminal-Compliance illustriert wird. Im Rahmen der Erörterung wird ersichtlich, dass Criminal-Compliance nicht nur das materielle und formelle Strafrecht betrifft, sondern interdisziplinäre Bereiche beinhaltet (z. B. Ethik, Arbeitsrecht, pp.). Im Rahmen des umfassenden Criminal-Compliance- Tätigkeitsfeldes werden vorliegend zwei essenzielle Ermittlungsmethoden (Interview/ Datenscreening) erläutert, die bei jeder Compliancetätigkeit, bei denen Delinquenz ermittelt wird, eine Rolle spielen. Weiterhin wird beleuchtet, ob die moderne Strafverfolgungsbehörde sich dem Know-How der Compliance- Berater bedient oder sogar die Ermittlungshandlungen outsourct sowie in Kooperation mit diesen das Ermittlungsverfahren führt. Der Schwerpunkt der Studie liegt in der Verwertbarkeit der erlangten rechtmäßigen und/oder rechtswidrigen Beweismittel durch die Compliance- Berater im Strafprozess. Schlussendlich wird illustriert, ob Beweismittel von Compliance-Beratern, die diese aus dem Ausland erlangt hatten, auch in einem nationalen Strafverfahren eingebracht werden können, denn viele Unternehmen operieren bereits international und haben daher mehrere Niederlassungen in den verschiedensten Ländern. Die Studie umfasst daher alle essenziellen Probleme, unter der Berücksichtigung der aktuellen Rspr. und der h. L., die im Zusammenhang mit Criminal- Compliance-Tätigkeiten stehen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Aktionäre/Hauptversammlung: Das Recht zur Überwachung und das Initiativrecht der Aktionäre bzgl. der Beauftragung von Internal Investigation ist gegenüber den Rechten des Aufsichtsrates noch weiter eingeschränkt. Kommt es zu Verstößen seitens des Vorstands oder aus den Reihen der Mitarbeiter, die die AG direkt schädigen, z. B. Untreuehandlungen, oder zumindest potentiell haftbar machen, so stehen den Aktionären nur wenige Möglichkeiten offen, um diese Vorgänge untersuchen zu lassen, wenn diese Untersuchungen in pflichtwidriger Weise weder durch den Vorstand noch den Aufsichtsrat eingeleitet wurden. Das stärkste Recht der Aktionäre ist die Einleitung einer Sonderprüfung nach § 142 I AktG. Sinn und Zweck der Sonderprüfung ist die Überprüfung ‘von Vorgängen bei der Gründung oder Geschäftsführung’ und somit auch die Wahrung von Ersatzansprüchen. Unter Geschäftsführung ist jedes Handeln im gesamten Verantwortungsbereich des Vorstands zu verstehen, also jedwede tatsächliche oder rechtliche Tätigkeit für die AG. Dies gilt auch, sofern die Wahrnehmung auf untere Ebenen delegiert wurde. Zur Geschäftsführung zählt hier auch die Tätigkeit des Aufsichtsrats, soweit es sich um Überwachungen der Geschäftsführung nach § 111 I AktG oder die Ausübung eines Zustimmungsvorbehalts nach § 111 IV AktG handelt. Wird in der Hauptverhandlung kein einfacher Mehrheitsbeschluss gefasst, kann ein Minderheitenantrag gem. § 142 II AktG eine interne Untersuchung durchführen lassen, was dem Minderheitenschutz geschuldet ist. Das Auskunftsrecht und eine mögliche Beauftragungsregelung für interne Untersuchungen gem. § 131 I AktG über Punkte, die für die ‘sachgemäße Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich’ sind, stellt für den einzelnen Aktionär kein taugliches Kontrollmittel da, da der Vorstand das relevante ‘Problem’ nicht auf die Tagesordnung setzen würde und daher der § 131 I AktG in der Praxis nicht anwendbar scheint. C, Grenzen von privaten Untersuchungshandlungen: I, Grenzen der Untersuchungshandlungen: Nachdem erörtert wurde, welches Organ Internal Investigations beauftragen kann, muss nachfolgend gefragt werden, wie weit die Maßnahmen führen können und wo die Grenzen der Untersuchungen zu finden sind. Die Grenzen der Zulässigkeit interner Untersuchungsmaßnahmen zieht jedenfalls das materielle, somit insbesondere das StGB, das prozessuale Recht sowie strafrechtliche Nebengesetze, das Datenschutzgesetz und das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die allgemeine Handlungsfreiheit, die von den individuellen Eingriffsmaßnahmen der privaten Untersuchungen tangiert werden können. II, Individuelle Eingriffsmaßnahmen: Der Begriff der unternehmensinternen Untersuchung ist ein weiter, auch etwas unbestimmter Begriff. Von einem informellen Gespräch mit einem einzelnen Mitarbeiter bis hin zur groß angelegten konzernweiten Untersuchung mit Befragung ganzer Abteilungen kann vieles unter diesem Begriff gefasst werden. Nachfolgend wird jedoch nur auf das Interview und die datenrechtliche Erhebung (Datenscreening) eingegangen, da diese -neben anderen- in der Praxis wesentliche Ermittlungshandlungen von Criminal-Compliance sind. 1. Interviews: (1) Kompetenzen im Rahmen von Interviews und ihr Umfang: Im Rahmen von Untersuchungshandlungen mithilfe von Interviews wird sehr häufig der Begriff ‘Interne Audit’ verwendet. Als Audit bezeichnet man interne Untersuchungsverfahren, die i. d. R. in Form von (vertraulichen) Interviews durchgeführt werden und dazu dienen, Sachverhalte aufzuklären oder Vorgänge und Personen zu bewerten. Das Interview bildet neben der Sichtung von Dokumenten die zentrale Erkenntnisquelle. Der Fachtermini ‘Interview’ für eine Vernehmung kann hier durchaus verwendet werden, wobei Unterschiede im Hinblick der Rechtsfolge in Betracht kommen. Die Grundstruktur der Vernehmung ist für den Straf- sowie den Zivilprozess gesetzlich festgeschrieben (§ 69 I StPO und § 396 I ZPO), wobei der Begriff des Interviews expressis verbis an keiner Stelle der StPO oder in der ZPO näher erläutert wird. a) Kompetenz: Die Kompetenzen zur Durchführung von Interviews werden durch die Rechtsstellung des Auftraggebers vermittelt und begrenzt, da der Compliance-Berater in dessen Rechtskreis tätig wird. Da nach den gesellschaftsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Vorgaben eine Berechtigung zur Vertretung des Unternehmens nur im Aufgabenkreis des jeweiligen Organs (Vorstand: §§ 76, 78, 82 AktG Aufsichtsrat: §§ 111, 112, 170 AktG Aktionäre/Hauptversammlung: §§ 131, 145 AktG) oder eines anderen Unternehmensvertreters möglich ist, wird dadurch auch die Stellung des Compliance-Beraters begrenzt. b) Umfang: Die dem Compliance-Berater erteilte Vollmacht kann nur soweit gehen, wie die Vertretungsmacht des Unternehmensvertreters reicht. Ein Arbeitgeber darf grundsätzlich alle im Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht erlaubten Mittel anwenden, um an Informationen, die im Zusammenhang mit seiner konkreten Verrichtung stehen, zu gelangen. Denn der Status des Mitarbeiters kommt dem Status eines ‘Wissensträgers’ gleich, der wesentliche Informationen bieten kann. Lediglich verfassungsrechtlich garantierte Schutzrechte des Arbeitnehmers (bspw. das Folterverbot oder andere elementare Menschenrechte) begrenzen die Mittelauswahl. Der Compliance-Berater hat im Rahmen des Interviews in keinem Fall Ermittlungskompetenzen der Staatsanwaltschaft oder anderer Ermittlungsbehörden. Externe Ermittler dürfen daher in Interviewsituationen nie den Eindruck erwecken, sie würden amtliche Aufgaben wahrnehmen. Dagegen ist die Befragung gegen Bezahlung oder gegen Gewährung anderer Vorteile nicht per se unlauter, wirft aber einen Blick auf die Motivation der Teilnehmer und kann die Objektivität der Interviewergebnisse infrage stellen. Mit der allgemein für zulässig und gerichtsverwertbar gehaltenen Informationsbeschaffung durch Detektive, Auskunftsdateien und andere Informationsquellen ist es nicht selten, dass ein offen oder anonym auftretender Informant für angebotene Informationen, die von entscheidender Bedeutung in einem Fall sein können, Geld verlangt. Entscheidend ist die Vollständigkeit, Echtheit und Aussagekraft der Information. Der Einsatz von Geld und anderen Vorteilen für die Beschaffung von Beweismaterial hat jedoch Grenzen. Zwar kann ein Verhalten zur Erlangung von Beweisen (‘Schmieren’) nicht nach §§ 299 ff. StGB beurteilt werden, weil der Erlangung von Informationen in der Internal Investigation keine Wettbewerbsabsicht zugrunde liegt. Bei der Vereinbarung eines Erfolgshonorars für den Fall, dass der Befragte auf eine Verfahrenssituation einwirkt, sind allerdings aus Sicht des Verfassers die Grenzen erreicht. (2) Mögliche Belehrungs(‘pflicht’) des Mitarbeiters: Bevor das Interview beginnt, stellt sich gerade wegen des weiten Umfangs die Frage, über welche Rechte der Mitarbeiter zu belehren ist. Weiterhin ist zu erörtern, wann und wie eine Belehrung zu erfolgen hat. Diese Frage wird der Compliance- Berater vor allem unter Effizienzgesichtspunkten beantworten. Die angestrebte Effizienz der Befragung darf jedoch nicht dazu führen, dass auf eine Belehrung in Gänze verzichtet wird, um Zeit zu gewinnen und einen Ermittlungsvorteil zu erhalten. Dabei sollte man Zweierlei bedenken: - Eine Belehrung über Rechte kann das Vertrauen des Informationsträgers in den Fragesteller stärken und damit zu einem besseren Ergebnis beitragen. - Eine gute Untersuchung folgt neben der Effizienz auch den Grundsätzen der Legalität, Objektivität und Neutralität. Betrachtet man einen strafrechtlichen Sachverhalte, den es zu ermitteln gilt, wäre es auch nach der BRAK empfehlenswert, den Mitarbeiter darüber zu belehren, dass Aufzeichnungen der Befragung gegebenenfalls an Behörden weitergegeben werden und dort zu seinem Nachteil verwertet werden können und dass aus Fairnessgründen auch ein anwaltlicher Beistand (Anwalt seiner Wahl und seines Vertrauens) hinzugezogen werden könnte, was jedoch rechtlich keine Pflicht ist. Dies gelte gerade dann, wenn im Vorfeld eine Verdachtskündigung ansteht. Neben einer Verdachtskündigung kann dem Mitarbeiter auch eine ‘Druckkündigung’ durch den Arbeitgeber ausgesprochen werden, die ein Dritter verlangt. Bei Anhörungen im Rahmen sog. Amnestieprogramme soll der Mitarbeiter zusätzlich darüber belehrt werden, dass das Unternehmen keine strafrechtliche Amnestie gewähren kann. Diesbezüglich steht allerdings die Einleitung eines Strafverfahrens nicht zur Disposition der Unternehmensleitung, weshalb i. d. R. lediglich die Zusage gemacht wird, von einem Strafantrag abzusehen. Abgesehen von den o. g. Argumenten, könnte eine Belehrungspflicht aus der StPO § 136 I S. 2 StPO entnommen werden. Dies setzt aber zunächst voraus, dass eine amtliche Vernehmung, wie es der § 136 I S. 2 StPO fordert, vorliegen muss. Der Große Strafsenat nimmt einen engen, formellen Vernehmungsbegriff an. Kennzeichen der Vernehmung ist es danach, dass der Vernehmende der Auskunftsperson, also dem Beschuldigten, dem Zeugen oder dem Sachverständigen in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft eine Auskunft, eine ‘Aussage’ verlangt. Gegenüber diesem formellen Vernehmungsbegriff wird verschiedentlich ein weiter, ein materieller Vernehmungsbegriff vertreten, der jede amtliche Herbeiführung einer Aussage erfassen soll. Es ist jedoch offensichtlich, dass bei Internal Investigation keine formelle (mangels Mitwirkung von Ermittlungsbeamten) und nur gegebenenfalls eine materielle Vernehmung gegeben sein wird, wenn sie im Auftrag einer Strafverfolgungsbehörde handeln. Der materielle Begriff führe dann jedoch zu einer Anwendung des § 136 I S. 2 StPO, wobei der Große Strafsenat zu Recht dagegenhält, wenn jemand ohne Zwang gegenüber Privatpersonen sich selbst belastet, müsse er das Risiko, dass eine Äußerung weitergegeben wird, selbst tragen und daher § 136a StPO nicht vorliegt. Diese Konsequenz spielt im Rahmen der Beweisverwertung eine wesentliche Rolle, auf die später eingegangen wird. Es ist daher der stringente Vernehmungsbegriff anzuwenden, sodass § 136 I S. 2 StPO nicht auf private Ermittler anwendbar ist, solange diese nicht von den Strafverfolgungsbehörden instrumentalisiert wurden. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn sich aufgrund von Fairnesserwägungen die Compliance- Berater an den Vorgaben der BRAK orientieren würden.

Über den Autor

Björn Siebler, LL. M. wurde 1980 in Oldenburg geboren. Der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann schloss sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Osnabrück im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad Dipl. Jurist erfolgreich ab. Ende 2013 erlangte er ebenfalls an der Universität Osnabrück den akademischen Grad Master of Laws (LL. M.) im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts. Bereits während des Masterstudiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in dem Bereich Wirtschaftskriminalität, da er als Polizeibeamter in einer Dienststelle gegen Korruption sowie gegen organisierte Wirtschaftskriminalität tätig war. Im Rahmen dieser praktischen Tätigkeit, kam der Autor regelmäßig mit dem Thema der Verwertbarkeit von Criminal- Compliance-Maßnahmen im Ermittlungsverfahren/Strafprozess in Kontakt, sodass er sich diesem Thema in der vorliegenden Studie annahm.

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