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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Compliance hat sich mittlerweile als Instrument guter Unternehmensführung etabliert, wird allerdings in seiner weitgreifenden Wirkung noch nicht umfassend genutzt. Ziel dieser Studie ist es, die Relevanz des Whistleblowings aus dem Themenkomplex Compliance herauszustellen und Vorurteile seitens des Unternehmens sowie potenzieller Whistleblower auszuräumen. Um ein Hinweisgebersystem im Betrieb zu verankern, muss die Compliance-Organisation ringsum gut vernetzt und mit einer niederschwelligen Meldestelle ausgestattet werden. Derartige Standards sind in vielen Ländern trotz der rechtlich und kulturell divergierenden Lage weitgehend akzeptiert und existent. Dennoch erfordert die Gesetzessituation zahlreicher europäischer Staaten eine deutlichere Stellungnahme, die es Whistleblowern ermöglicht, ihre Rechtssicherheit abzuschätzen und ggf. zu nutzen. Landesweise und lokal besitzen Anreizsysteme eine unterschiedliche Reichweite, weswegen das ausgewogene Verhältnis globaler Vorgaben und lokaler Interpretation bedeutend ist.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 6.2, Anreizsysteme: Vielfach Anwendung finden Anreizsysteme zur Stärkung von Compliance im Allgemeinen und Whistleblowing im Speziellen, die entweder motivational über Belohnung oder repressiv über Sanktionen funktionieren. Doch wie wird durch eine Anreizänderung auch eine Verhaltensänderung herbeigeführt? Aus heuristischer, ökonomischer Sicht werden Anreizänderungen als Störung im Sinne einer Änderung der Kosten-Nutzen-Struktur einzelner Alternativen empfunden, auf die der Akteur mit einer Anpassung antwortet. Modellhaft gesprochen reagiert er rational und nimmt die Kosten der Informationsbeschaffung auf sich, um seine neuen Handlungsoptionen abwägen zu können. Für die beiden beteiligten Parteien des Whistleblowings bedeutet dies, dass sich die Verhaltensänderung lohnen muss. Während das Unternehmen ein Hinweisgebersystem unter Verfolgung gewisser Eigeninteressen (z. B. Informationsbeschaffung) einrichtet, wird der Mitarbeiter nur interne Meldungen abgeben, wenn er dazu ermutigt und dafür belohnt wird. Bei dieser stark vereinfachten Perspektive muss hinterfragt werden, an welcher Stelle die Hebel für Anreize anzusetzen sind und wie bzw. ob sie produktiv wirken. 6.2.1, Extrinsische Anreize und intrinsische Motivation: Vor allem in Anbetracht des fehlenden gesetzlichen Rückhalts von Informanten, wie es in Europa und insbesondere in Deutschland der Fall ist, ermuntert das alleinige Vorhandensein einer Ethikrichtlinie noch nicht ausreichend zum Whistleblowing. Bereits in '4. Whistleblowing – der Markt für unternehmensinterne Informationen' wurde angesprochen, welche betrieblichen Schutzmaßnahmen stimulierend auf das Hinweisgeben wirken, darunter eine Auswahl an Berichtsinstanzen interner und externer Ansiedlung sowie die Gewährung von Anonymität oder Vertraulichkeit. Darüber hinaus garantiert die Institutionalisierung eines Hinweisgebersystems arbeitsrechtlichen Schutz, denn dadurch würde eine Kündigung aufgrund von Whistleblowing rechtswidrig. Bereits in frühen Umfragen wurde ein hoher Motivationsfaktor der Wirksamkeit eines Hinweises zugeschrieben, was bedeutet, dass sich der Meldung eine Verfolgung, Ermittlung und eine möglichst erfolgreiche Aufklärung anschließen. Dagegen unbedingt zu vermeiden sind negative Anreize wie Sanktionen für das Offenlegen illegalen Handelns: Die Transaktionskosten für das Verhalten des Whistleblowers sollten niedrig gehalten bzw. der entstehende Nutzen gemehrt werden. Umstritten bleiben indes Anreize, welche direkt die Präferenzen der Akteure ansprechen, um eine intensive Nutzung des Hinweisgebersystems und damit mehr Meldungen zu bezwecken. Ein Instrument ist, die Beschäftigten monetär zu motivieren, d. h. sie für die Kosten und Strapazen, möglicherweise in Verbindung mit einem durch die Ermittlungen ins Rollen gebrachten Verfahren, zu entschädigen, denn Belohnungen senken die Transaktionskosten und begünstigen das gewünschte Verhalten. Dadurch würden auch Arbeitnehmer mit niedrigem Loyalitätsgrad angesprochen, denn für sie birgt das Whistleblowing keinen unmittelbaren Nutzen. Ungeachtet des Mangels an intrinsischer Motivation wäre die Honorierung dennoch von Vorteil. Der blinde Fleck äußerer Verhaltenssteuerung, der unberücksichtigt bleibt, ist jedoch, dass extrinsische Anreize die intrinsische Motivation schwächen oder sogar verdrängen. Dies bereitet vielen Unternehmen Anlass zur Sorge, eine gezielte Entlohnung für Hinweise könne von Opportunisten und Denunzianten als Einladung verstanden werden , den qualitativen Abfall der Meldungen herbeiführen und eine Kultur des gegenseitigen Misstrauens schaffen. Zudem kann den Mitarbeitern ungewollt der Eindruck vermittelt werden, dass Compliance käuflich sei oder es an Anstrengungen fehle, diese im Unternehmen zu implementieren. Die Aushöhlung intrinsischer Motivation verschärft sich, wenn Anreize für ein bestimmtes Handeln in umgekehrter Richtung als Sanktionen wirken. Einerseits sind sie zwar dahingehend wirksam, dass sie die Transaktionskosten unerwünschter Handlungen erhöhen. Andererseits forciert der Sanktionsdruck aber ein sonst aus intrinsischer Motivation ausgeübtes Verhalten: Darunter leiden die wechselseitige Wertschätzung sowie das Vertrauen beider Vertragsparteien und die intrinsische Motivation erodiert. In der Praxis wird aus diesem Grund vehement von einer Whistleblower-Klausel abgeraten, welche die Mitarbeiter zur Meldung regelwidrigen Handelns verpflichtet. Mit der Klausel gibt das Unternehmen sinnbildlich seine Verantwortung für legales und moralisches Verhalten an den Angestellten ab und beraubt ihn seiner moralischen Motivation und Selbstständigkeit, nach eigenem Ermessen zu entscheiden. Die arbeitsvertragliche Pflicht zur Hinweisabgabe ruft das exakte Gegenteil ihrer ursprünglichen Absicht hervor: Der Akteur sucht nach Ausweichstrategien, worauf die rechtlichen Anstrengungen zunehmen, sein Verhalten zu steuern, was als Kontrollparadoxon bezeichnet wird.

Über den Autor

Annette Becker, B. A., wurde 1986 in Waldshut geboren. Ihr Bachelorstudium, ein Hybrid aus Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsrecht, Sinologie und interkultureller Kommunikation, schloss sie 2011 an der HTWG Konstanz mit Auszeichnung ab. Während ihrer Studienzeit sammelte die Autorin durch diverse Praktika in China, Deutschland und der Schweiz, welche sie in Unternehmensberatungen und einer Bank absolvierte, praxisrelevante Erfahrungen. Der asiatische, insbesondere der chinesische Kulturkreis gilt aufgrund des Studienschwerpunktes und ihres Auslandsjahres ihrem Interesse, was sich in kultur- und länderübergreifenden Gesichtspunkten ihrer Studie niederschlägt. Fachlich vertieft die Autorin ihr Wissen mit dem Master in Philosophy &Economics an der Universität Bayreuth.

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