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- Auf der Suche nach blauen Ozeanen in der deutschen Verwaltung. Die Anwendung der Blue-Ocean-Strategie im öffentlichen Sektor
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2021
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der öffentliche Sektor Deutschlands sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert: Die Aufgaben, die sich aus Themenbereichen wie Klima, Energie, Sicherheit und Gesundheit ergeben, sind umfangreich. Daneben sind es auch der demografische Wandel, die Nachwuchsgewinnung und die Digitalisierung, die bereits jetzt immensen Einfluss auf den öffentlichen Dienst haben und deren Auswirkungen auf die kommenden Jahre bereits prognostiziert wurden. Eine im privaten Sektor bereits häufig angewandte Strategie zur Innovationsförderung ist die von W. Chan Kim und Renée Mauborgne begründete Blue-Ocean-Strategie. Mithilfe der dort beschriebenen Methoden können innovative Strategien gezielt gefunden werden, um sich nicht im umkämpften Markt, dem roten Ozean, mit der Konkurrenz messen zu müssen, sondern um einen bisher unerschlossenen Markt, einen blauen Ozean, zu entdecken, in welchem die Konkurrenz vorerst keine Rolle spielt. In diesem Buch wird untersucht, wie die Methoden der Blue-Ocean-Strategie aus der Privatwirtschaft auf den öffentlichen Sektor Deutschlands übertragen werden können, um den derzeitigen Herausforderungen strategisch besser begegnen zu können.
Textprobe: Kapitel 2.1 Grundsätzlicher Konflikt bei der Anwendung der Blue-Ocean-Strategie im öffentlichen Sektor: a. Konflikt bei der Anwendung im öffentlichen Dienst: Die Blue-Ocean-Strategie erfordert, dass sich Unternehmen nicht dem Wettbewerb aussetzen und mit großem Aufwand in roten Ozeanen überleben, sondern dass sie mithilfe von Nutzeninnovation neue Märkte finden, in denen sie zunächst konkurrenzlos sind. Diese Wettbewerbssituation in roten Ozeanen scheint bei zahlreichen Beispielen der Antrieb zu sein, welcher Unternehmen zur Nutzeninnovation und in Richtung blauer Ozeane bewegt, wie am Beispiel Nintendo aus Kapitel A. III. deutlich wird. Die harsche Situation im Markt und die verlorene Marktführerschaft an Sony haben für Nintendo die Notwendigkeit erzeugt, die Branche der Videospielkonsolen neu zu betrachten und aus dem damaligen Zyklus der reinen Verbesserungen der Hardware als vorherrschendes Wettbewerbsmerkmal auszubrechen. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele aus der Privatwirtschaft, anhand derer hervorgeht, dass der Wettbewerbsdruck die Suche nach blauen Ozeanen forciert hat. Grundlegend gibt es diverse Definitionen des Wettbewerbs im wirtschaftlichen Sinne, im Rahmen dieser Studie wird aber die Definition von Lin-Hi im Gabler Wirtschaftslexikon zugrunde gelegt. Diese charakterisiert den wirtschaftlichen Wettbewerb anhand der Merkmale, dass Märkte mit mindestens zwei Anbietern oder Nachfragern existieren, die sich antagonistisch verhalten. Nach dieser Definition wird deutlich, dass die Prämisse zur Anwendung der Blue-Ocean-Strategie im gesamten öffentlichen Sektor nicht dieselbe sein kann, wie sie es in der Privatwirtschaft ist. Zunächst sollte man hier aber zwischen dem öffentlichen Dienst und den öffentlichen Unternehmen unterscheiden. Die erwähnten Prämissen zur Existenz eines Wettbewerbs fehlen im öffentlichen Dienst. Dies wird daran deutlich, dass die Aufgaben des öffentlichen Dienstes gemeinhin hoheitlicher Art sind. Daraus folgt, dass dies Staatsaufgaben sind und eine Erfüllung durch die Privatwirtschaft ohne enge staatliche Begleitung ausgeschlossen wird. Allein aus der Aufgabendefinition folgt demnach weiterhin, dass ein Wettbewerb mit anderen Anbietern hoheitlicher Aufgaben nicht stattfindet, weil es nur einen Anbieter geben kann: den Staat oder ein Privatunternehmen, welches unter enger staatlicher Aufsicht agiert. Folglich handelt es sich um wettbewerbsfreie Staatsmonopole, teilweise sogar mit Abnahmezwang. Kim und Mauborgne führen indes am Beispiel der New Yorker Polizei der 1990er Jahre die Anwendung einer Blue-Ocean-Strategie in einer Behörde an. Dort verwenden sie nicht den Begriff des Wettbewerbs im wirtschaftlichen, sondern im allgemeinen Sinne, indem sie die Polizei und die Kriminellen als Konkurrenten darstellen, die zwar nicht mit ähnlichen Produkten im Wettbewerb stehen, aber die sich eindeutig antagonistisch verhalten. Anders ausgedrückt erzwingt der höhere Zielerreichungsgrad des Einen einen niedrigeren Zielerreichungsgrad des Anderen. Demzufolge kann auch bei einer hoheitlichen Aufgabe ein Wettbewerbsdruck, obgleich im allgemeinen Sinne, erzeugt werden. Das Beispiel der Polizei ist jedoch kaum auf weitere Behörden anwendbar, da die Öffentlichkeitswirksamkeit polizeilicher Aufgaben und vor allem unzureichender Leistung wesentlich größer als bei anderen Behörden ist. Dadurch kann wiederum ein Impuls erzeugt werden, der als Auslöser für einen Strategiewechsel durch Anwendung der Blue-Ocean-Strategie fungieren kann. Einen ähnlichen Impuls in einer anderen Behörde, wie beispielsweise einem Einwohnermeldeamt, gleichermaßen zu erzeugen, sollte gemeinhin schwerer zu realisieren sein, obwohl ein grundsätzlicher Erfüllungsdruck auch bei weiteren hoheitlichen Aufgaben vorhanden ist. Infolgedessen ist die These von Kim und Mauborgne, dass Wettbewerbssituationen im öffentlichen und privaten Sektor ähnlich seien und gleichermaßen die Notwendigkeit einer Blue-Ocean-Strategie erzeugen, nicht ohne Weiteres auf sämtliche Behörden des öffentlichen Dienstes anwendbar. Auch ohne den primären Antrieb des Wettbewerbs gilt es dennoch die Notwendigkeit eines Strategiewechsels im öffentlichen Dienst zu erkennen und danach zu handeln. Das bloße Erkennen einer misslichen Lage, die ein Umdenken erfordert, fällt dem öffentlichen Dienst jedoch merklich schwer, denn alleine an der derzeitigen Herausforderung der Digitalisierung ist zu erkennen, dass die Einsicht zur Notwendigkeit der Veränderung nicht aus den Behörden selber entstanden ist. Das Gegenteil ist der Fall, denn eigenständige Verwaltungsinnovationen seien aufgrund des Staatsmonopols nicht nur verzichtbar, im Falle eines Misserfolgs kann die mediale Außenwirkung zusätzlich verheerend sein, weshalb Innovationen auch teilweise aktiv vermieden werden. Aus dem Beispiel der Digitalisierung geht hervor, dass der Digitalisierungsfortschritt des öffentlichen Dienstes wesentlich geringer als der Fortschritt der Privatwirtschaft ist. Trotz dieses Umstands und zahlreicher vorher beschlossener Initiativen wurde die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen erst forciert, nachdem durch das Onlinezugangsgesetz der rechtliche Zwang dazu entstanden ist. Dies hat zur Folge, dass der öffentliche Dienst derzeit unter Zeitdruck Lösungen realisieren muss, welche die Privatwirtschaft bereits vor Jahren zur Verfügung stellte. Dementsprechend erwarten die Bürger eine Qualität der Realisierung, die den Leistungen von privaten Unternehmen mindestens ebenbürtig ist, wodurch der Anspruch an die Behörden durch den vergleichsweise späten Beginn der Digitalisierungsvorhaben zusätzlich erhöht wird. Folglich lässt sich festhalten, dass Innovationen im öffentlichen Dienst, selbst aus einer Monopolstellung heraus, nicht verzichtbar sind: die Ansprüche der Bürger an die Bereitstellung von Verwaltungsleistungen steigen ungeachtet des Monopols und die bisherige Lethargie in der Umsetzung führte lediglich zu größerem Zeitdruck. Die Anwendung von innovationsfördernden Strategien, wie der Blue-Ocean-Strategie, kann demnach auch im öffentlichen Dienst ein probates Mittel zur Entdeckung und Förderung von Innovationen sein. b. Konflikt bei der Anwendung in öffentlichen Unternehmen: Öffentliche Unternehmen nehmen mit unternehmerischen Mitteln öffentliche Aufgaben wahr, die bei alleiniger Ausrichtung am Erwerbsstreben nicht erfüllt werden würden. Hier wird ein schwieriger Spagat offensichtlich, zu dem erfolgreiche öffentliche Unternehmen in der Lage sein müssen: einerseits ist Loyalität dem öffentlichen Eigentümer und der öffentlichen Aufgabe gegenüber erforderlich, andererseits muss das Unternehmen erfolgreich im Wettbewerb mit privaten Unternehmen bestehen können. Im Zuge der Privatisierungen und Auflösungen von Staatsmonopolen wurden zahlreiche öffentliche Unternehmen in die bis dahin unbekannte Situation gebracht, sich mit der Privatwirtschaft messen zu müssen, ohne das Gemeinwohl und weitere politische Ziele aus den Augen zu verlieren. Obwohl die Gewinnmaximierung für öffentliche Unternehmen gemeinhin nicht als Primärzweck fungieren kann, bewirkt die Wettbewerbssituation sehr wohl einen schärferen Fokus auf die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Unternehmen. Der wirtschaftliche Erfolg wird somit ausschlaggebend und ist insbesondere in Kommunen notwendig, um die Erfüllung weiterer öffentlicher Aufgaben mitzufinanzieren. Hinzu kommt, dass der wirtschaftliche Erfolg vor einer ganzheitlichen Privatisierung schützt: die Wahrscheinlichkeit, ein öffentliches Unternehmen, welches sich bisher nicht im Wettbewerb behaupten konnte, mehrheitlich an einen privaten Eigentümer zu verkaufen ist größer als bei einem, das dazu in der Lage ist. Sollte jedoch das finanzwirtschaftliche Erfolgsziel dauerhaft zum Primärziel werden, muss das öffentliche Unternehmen nach vorherrschender ordnungspolitischer Auffassung privatisiert werden, da die öffentliche Aufgabenerfüllung nicht mehr zu rechtfertigen wäre. Der Zwiespalt öffentlicher Unternehmen, durch Wolfgang Seibel als funktionaler Dilettantismus beschrieben, kann aufgrund divergierender Ziele zu einer komplexeren Situation im Wettbewerb führen als bei privatwirtschaftlichen Unternehmen. Dennoch ist die Prämisse zur Anwendung der Blue-Ocean-Strategie bei öffentlichen Unternehmen ähnlich der von privatwirtschaftlichen, da es sich um den Wettbewerb in derselben Branche handelt. Als notwendiges Merkmal muss zwar die Erfüllung der jeweiligen öffentlichen Aufgaben Beachtung finden, aber grundsätzlich findet die Blue-Ocean-Strategie analog zur Privatwirtschaft Anwendung. Dementsprechend wird in dieser Studie kein explizites Beispiel der Blue-Ocean-Strategie für öffentliche Unternehmen betrachtet.
Ali Tugal wurde 1988 geboren. Während seiner zwölfjährigen Dienstzeit in der Bundeswehr absolvierte er die Ausbildung zum Marineoffizier und schloss an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg das Maschinenbaustudium mit dem Titel Master of Science ab. Sein Interesse für den öffentlichen Sektor wurde während seiner Zeit bei der Bundeswehr geweckt, als er feststellte, dass einige Vorurteile gegenüber dem öffentlichen Dienst durchaus ihre Berechtigung haben könnten: Rigide Prozesse und Bürokratie verhindern oftmals zügige, offensichtliche Lösungen für bestehende Herausforderungen. Heute beschäftigt der Autor sich aus einer anderen Perspektive mit diesen Themen. Als Berater des öffentlichen Sektors unterstützt er die Verwaltung insbesondere bei der Digitalisierung und Prozessoptimierung. Die Kenntnisse dazu hat er in einem nebenberuflichen Studium zum Master of Business Administration an der Nordakademie Graduate School vertieft, welches er mit dem Titel MBA abschloss.
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