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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Abb.: 50
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das vorliegende Fachbuch beinhaltet die Erarbeitung einer Gestaltungssystematik zur systemspezifischen Konzeption von Anlaufstrategien, die es ermöglicht, individuelle an ein Produktionssystem angepasste Anlaufstrategien zu entwickeln und dabei Optimierungspotenziale im Anlaufprozess zu nutzen. Ausgehend von dem komplexen Untersuchungsgegenstand Anlaufprozess und dem Anspruch der integrativen und ganzheitlichen Betrachtung dieser Phase im Produktionssystemlebenszyklus erfolgt die Identifikation und Beschreibung von arbeitsorganisatorischen Einflussgrößen zur Optimierung von Anlaufprozessen. Diese werden zunächst theoretisch und anschließend bezogen auf den Anlaufprozess analysiert sowie arbeitsorganisatorische Maßnahmen abgeleitet. Darauf aufbauend erfolgt die Erarbeitung einer Gestaltungssystematik zur Konzeption von Anlaufstrategien, welche auf den technischen Veränderungen im automatisierten Produktionssystem basiert und ein breites Spektrum an Lösungsvarianten, d.h. Anlaufstrategien, beinhaltet. Eine Anlaufstrategie ergibt sich aus der Kombination von Ausprägungen verschiedener strategischer und operativer Gestaltungsparameter. Die Charakteristik und Bewertung der einzelnen Parameter hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile sowie Potenziale zur Optimierung von Anlaufprozessen bildet die Grundlage zur flexiblen und individuellen Konzeption von systemoptimalen Anlaufstrategien. Somit wird die Konzeption von Anlaufstrategien sowohl in Abhängigkeit von der Spezifik und den Restriktionen des automatisierten Produktionssystems als auch unter Beachtung der Zielstellungen im Anlaufprozess ermöglicht.
Textprobe: Kapitel 3.3.2, Qualifikation und Qualifizierung von Mitarbeitern im Anlaufprozess: Allgemein kann festgehalten werden, dass die Mitarbeiter auf den Verlauf des Anlaufprozesses entscheidenden Einfluss haben. Dieser ist in hohem Maße abhängig von der Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter sowie deren bereits gesammelten Erfahrungen im Anlaufprozess. Begründet in der Tatsache, dass die Motivation der Mitarbeiter durch die Gestaltung der Arbeitsaufgaben bestimmt werden kann (vgl. Abbildung 2-3, S. 5), wird dieser Aspekt in Abschnitt 3.5 Die Arbeitsaufgaben- und Arbeitsorganisationsstruktur behandelt und an dieser Stelle die Untersuchung der Qualifikation und Qualifizierung der Mitarbeiter im Anlaufprozess fokussiert. Wie in Kapitel 2 Der Anlaufprozess in automatisierten Produktionssystemen dargestellt wurde, ist ein Produktionssystem durch den Anlauf neuer oder variierter Serienprodukte tief greifenden Veränderungen (z.B. Einführung neuer Produkte sowie Produkt- und Fertigungstechnologien) unterworfen. Aus diesem Grund ist eine Analyse des Anforderungsprofils der Arbeitsaufgaben im Soll-Produktionssystem erforderlich und mit dem Profil der Arbeitsaufgaben im Ist-Produktionssystem zu vergleichen, so dass daraus eventuell notwendige Maßnahmen abgeleitet werden können. Eine Möglichkeit zur Durchführung eines derartigen Abgleichs stellt die im Rahmen des Projektes KOMPASS erarbeitete Methodik SAMBA dar. SAMBA (Subjektive Arbeits-, Motivations- und BildungsAnalyse) ist ein Instrument, welches die komplexe Beziehung zwischen Arbeit und Bildung in den Mittelpunkt stellt und die gegenwärtigen und die zukünftigen Anforderungen gleichermaßen aufgreift und in ihrer wechselseitigen Verknüpfung berücksichtigt . Die Verwendung der in SAMBA entwickelten Methodik ermöglicht, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Mitarbeitern, eine systematische und strukturierte Analyse von Anforderungen und Qualifikationen zur Identifikation von Ähnlichkeiten und Abweichungen der Ist- und Soll-Qualifikation im Produktionssystem. Dazu ist folgende Vorgehensweise zu empfehlen, die anschließend näher erläutert wird: Benennung der Arbeitsaufgaben für das Soll-Produktionssystem, Analyse der Anforderungen der einzelnen Arbeitsaufgaben, Einordnung der Anforderungen in unterschiedliche Anforderungsbereiche (z.B. fachliche, soziale, organisatorische Anforderungen), weitere Untergliederung nach Bedarf, Erstellung eines Qualifikationsprofils für das Ist-Produktionssystem und Vergleich von Qualifikations- und Anforderungsprofil. Im ersten Schritt erfolgt die Benennung und Dokumentation der Arbeitsaufgaben im Soll-System, z.B. Zeiten schreiben, Inbetriebnahme der Maschine. Anschließend werden zu den einzelnen Arbeitsaufgaben die notwendigen Anforderungen analysiert und in fachliche (durchführen), organisatorische (informieren, planen, vorbereiten, kontrollieren), soziale und weitere Anforderungsbereiche (z.B. Arbeitssicherheit) eingeordnet (vgl. Tabelle 3-1). Je nach Bedarf sind weitere Untergliederungen der Anforderungen möglich, z.B. Anforderungen zur Fehlerklassifikation und -behebung als F4.1 bis F4.x). Anschließend erfolgt die Erstellung eines aktuellen Qualifikationsprofils für jeden Mitarbeiter und pro Arbeitsaufgabe. Dabei findet eine Wichtung statt, ob und in welchem Umfang der betreffende Mitarbeiter die notwendige Qualifikation zur Anforderungserfüllung besitzt. Die Qualifikation wird als gut, ausreichend, gering oder als nicht vorhanden beschrieben. Anhand des Vergleiches von Anforderungs- und Qualifikationsprofil lassen sich mögliche Defizite erkennen und erforderliche Maßnahmen einleiten Aus der Gegenüberstellung des Qualifikationsprofils der Mitarbeiter im Ist-Produktionssystem und des Anforderungsprofils der Arbeitsaufgaben für das Soll- Produktionssystem können folgende Möglichkeiten resultieren (vgl. Abbildung 3-9): das Qualifikationsprofil der Mitarbeiter im Ist-Produktionssystem ist kleiner als das Anforderungsprofil an die Mitarbeiter im Soll-Produktionssystem oder das Qualifikationsprofil der Mitarbeiter im Ist-Produktionssystem entspricht dem Anforderungsprofil an die Mitarbeiter im Soll-Produktionssystem, das Qualifikationsprofil der Mitarbeiter im Ist-Produktionssystem ist größer als das Anforderungsprofil an die Mitarbeiter im Soll-Produktionssystem. Hinsichtlich der Qualifikationsentwicklung im Produktionssystem wird nach dem in Abbildung 2-5 (vgl. S. 9) dargestellten Phasenverlauf die allgemeine Betrachtung zugrunde gelegt, nach der ein bestehendes Ist-Produktionssystem ausläuft, umgebaut wird (Realisierung Soll-Produktionssystem) und der Anlauf des Soll-Produktionssystems erfolgt. Die Reduktion, Konstanz oder Erhöhung der Anforderungen an die Mitarbeiter (Bediener) vom Ist- zum Soll-Produktionssystem ergibt sich aus dem Anforderungsprofil der zu realisierenden Arbeitsfunktionen, wobei folgende Anpassungsmaßnahmen resultieren können: Restrukturierung, d.h. Neu- bzw. Umgestaltung der Arbeitsaufgaben- und Arbeitsorganisationsstruktur (AA/AO) und/oder kein Handlungsbedarf (k.H.), Substitution von Mitarbeitern oder Qualifizierung von Mitarbeitern oder Anforderungsreduktion und/oder Einsatz eines operativen Anlaufteams. Aus Abbildung 3-9 wird ersichtlich, dass unabhängig von den Veränderungen des Qualifikationsniveaus die Restrukturierung (Neu- bzw. Umgestaltung der Arbeitsaufgaben- und Arbeitsorganisationsstruktur) empfohlen wird. Die Anwendung der Arbeitsstrukturierungsmaßnahmen kann in Kombination mit anderen Maßnahmen oder einzeln erfolgen. Eine separate Anwendung ist z.B. in der Situation möglich, bei der die Anforderungen durch die Arbeitsfunktionen geringer sind als die vorhandenen Qualifikationen der Mitarbeiter (Ist-Qualifikationsprofil > Soll-Anforderungsprofil). Maßnahmen zur Angleichung der Differenzen und Steigerung der Anforderungen der Tätigkeit, bestehen u.a. in der Arbeitserweiterung ( job enlargement ) und Arbeitsbereicherung ( job enrichment ), deren Beschreibung in Abschnitt 3.5 Die Arbeitsaufgaben- und Arbeitsorganisationsstruktur erfolgt. Theoretisch ergibt sich bei geringeren Qualifikationsanforderungen die Möglichkeit der Anwendung von Substitution. In diesem Fall liegt allerdings der Aufwand deutlich über dem Nutzen (hohe Kosten- und Zeitaufwendungen, Erfahrungsverlust der Mitarbeiter), so dass Arbeitsstrukturierungsmaßnahmen (z.B. Integration zusätzlicher peripherer Aufgaben) zum Ausgleich der Anforderungsdifferenzen angewendet werden sollten. Bei der Konstanz des Qualifikationsniveaus vom Ist- zum Soll-Produktionssystem (Ist-Qualifikationsprofil = Soll-Anforderungsprofil), z.B. bei der Installation einer identischen, zusätzlichen Montageanlage, entsprechen die notwendigen Anforderungen im Soll-Produktionssystem der vorhandenen Qualifikation der Mitarbeiter, so dass hinsichtlich der Veränderung des Qualifikationsniveaus kein Handlungsbedarf besteht. Die Notwendigkeit der Erhöhung des Qualifikationsniveaus resultiert, wenn die Anforderungen der auszuführenden Arbeitsfunktionen die Qualifikation der Mitarbeiter übersteigen (Ist-Qualifikationsprofil < Soll-Anforderungsprofil), so dass Substitution (Kombination von Personalfreistellung und -beschaffung), Qualifizierung oder eine Anforderungsreduktion resultieren können. Der Einsatz eines operativen Anlaufteams wird im Fall der Erhöhung des Qualifikationsniveaus grundsätzlich empfohlen, kann aber in Abhängigkeit vom betrachteten Produktionssystem auch in Kombination mit anderen Maßnahmen angewendet werden. Der beschriebene Fall der Erhöhung der Qualifikationsanforderungen bildet die Basis für die weiteren Betrachtungen in diesem Abschnitt, da der Anlaufprozess von automatisierten Produktionssystemen häufig aus der Weiterentwicklung von Produkten bzw. Prozessen resultiert und in der Regel mit steigenden Qualifikationsanforderungen verbunden ist. Außerdem wird aus arbeitspsychologischer Sicht, in Bezug auf die Arbeitsaufgaben, die Integration von zusätzlichen Arbeitsfunktionen aus den Bereichen der Logistik, Qualitätssicherung und/oder Instandhaltung angestrebt (vgl. Abschnitt 3.5 Die Arbeitsaufgaben- und Arbeitsorganisationsstruktur ), woraus zum einen positive Effekte hervorgehen (z.B. auf die Motivation der Mitarbeiter) und Qualifikationsanforderungen entstehen, die über reine Bedienungs- und Überwachungsaufgaben hinausgehen. Somit sind die Qualifikationen der Mitarbeiter im Ist-Produktionssystem geringer als die Anforderungen, die sich aus den zu realisierenden Arbeitsfunktionen des technischen Teilsystems im Soll-Produktionssystem ergeben. Eine Reaktionsmöglichkeit wäre die Reduktion der Anforderungen des Soll-Produktionssystems, wodurch allerdings die arbeitspsychologischen Intensionen nicht zum Tragen kommen würden. Außerdem sind die gestiegenen Anforderungen des technischen Teilsystems zur Realisierung der Soll-Systemleistung zwingend erforderlich, so dass die Möglichkeit der Anforderungsreduktion aus der weiteren Betrachtung ausgeschlossen werden kann und nachfolgend die Maßnahmen Substitution, Qualifizierung und Einsatz eines operativen Anlaufteams fokussiert werden.
Kerstin Börner, Studium im Studiengang Systems Engineering an der TU Chemnitz, Abschluss 2006 als Dipl.-Ing. Derzeit tätig als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Arbeitswissenschaft der TU Chemnitz.
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