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  • Wirtschaftsarchitektur des Jugendstils in Österreich: Ein Beitrag zur industriearchäologischen Forschung in Mitteleuropa

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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2019
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Abb.: 67
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Jugendstil stellt eine Kunstströmung an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert dar, welche vor allem im deutschsprachigen Raum breiten Niederschlag fand und auch auf die Wirtschafts- und Industriearchitektur ihren Einfluss auszuüben vermochte. Die Jugendstilfabrik galt mancherorts als architektonische Alternative zum Industrieschloss mit seiner meist strengen historistischen Konzeption, wobei neben der charakteristischen geschwungenen Form insbesondere innovative Baustoffe wie Beton, Eisen, Glas oder Aluminium ihre Verwendung fanden. Das im Jugendstil gestaltete Wasserkraftwerk fiel weniger durch seine optische Wirkung als durch seinen Versuch einer optimalen baulichen Integration in den Naturraum auf. Die Jugendstilbrücke schließlich besaß zumeist eine eher schlichte, auf höchstmögliche Funktionalität ausgerichtete Form, deren Ornamentik vornehmlich aus floralen Elementen, bogen-förmigen Komponenten und Reliefs bestand. Die Monografie widmet sich jenen wirtschaftlichen Bauwerken Österreichs, welche mit mehr oder weniger hoher Intensität in der Formensprache des Jugendstils errichtet wurden und die architektonische Landschaft bis zum heutigen Tage prägen. Für jedes hier beschriebene Objekt gelangen neben dem historischen Werdegang eine detaillierte Abhandlung der Architektur und industriearchäologische Wertanalyse zur Darstellung. Die aus der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse werden einer abschließenden Diskussion zugeführt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3 Fabrikanlagen des Jugendstils in Österreich: 3.1 Einleitung: 3.1.1 Entwicklung des Fabrikwesens in der Habsburgermonarchie: Der Terminus Fabrik” leitet sich vom lateinischen fabrica (Werkstatt) ab und stellt nach allgemeiner historischer Auffassung einen Leitbegriff der Industrialisierung dar. In der Alltagssprache wird eine Fabrik in der Regel mit Maschinen, zahlreichen arbeitenden Menschen und der massenhaften Produktion von Waren gleichgesetzt. Zu ihren Hauptmerkmalen zählt ohne Zweifel die Vereinigung mehrerer Arbeitsprozesse unter einem Dach, womit sie sich vom Verlagswesen unterscheidet. Durch den Einsatz von Maschinen zur Steigerung der Produktivität weicht die Fabrik von der klassischen Manufaktur mit ihrer großteils auf Handarbeit basierenden Warenfertigung ab. Die in der Fabrik realisierte Massenproduktion wendet sich mit allem Nachdruck von der lokalen Eigenversorgung ab und verfolgt das Ziel der Abdeckung einer überregionalen Nachfrage. Der Fabrikbegriff hat im Laufe der Zeit einen Wandel vollzogen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts bezeichnete die Fabrik lediglich einen Arbeitsort, ohne jedoch die darin stattfindende Arbeitsteiligkeit oder den Einsatz von Maschinen bei der Produktion mit zu berücksichtigen. Nachdem Deutschland in den späten 1850er Jahren in die Hauptphase der Industrialisierung eingetreten war, erfuhr der Fabrikbegriff eine signifikante Veränderung: Von nun an verstand man unter diesem Terminus einen Großbetrieb mit den drei Hauptfaktoren Kapital, Arbeit und Leistung, dessen Produktivität nicht mehr vornehmlich auf Muskelkraft, sondern zum größten Teil auf mechanischer Kraft gründete. Nicht alle Fabriken der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts funktionierten nach denselben Kriterien und Regeln oder durchliefen einen identischen Entwicklungspfad. Vielmehr unterschied sich eine Textilfabrik sehr grundlegend von der Massenproduktionsstätte des Maschinenbaus. Während das Textilgewerbe den Schritt von der Kleinwerkstatt zum Großbetrieb nur sehr langsam zu vollziehen vermochte, war das Gewerbe des Maschinenbaus in Bezug auf sein Produktionsvolumen von Vorneherein sehr groß dimensioniert, wobei oftmals riesige Mengen von Arbeitskräften zum Einsatz kamen. Standen die ersten Dekaden der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch ganz im Zeichen einer sukzessiven Perfektionierung der mechanischen Großwerkstätte, so widmete man sich am Ende dieses Säkulums vermehrt der Elektrifizierung der Fabrik und dem Ersatz der Dampfmaschine durch die wesentlich effizientere Elektromaschine. Die im Zusammenhang mit der Fabrik zu nennenden Entwicklungen verliefen in Österreich und Deutschland sehr ähnlich. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Ländern bestand in der Geschwindigkeit dieses evolutiven Prozesses während die hochtechnisierte Fabrik in Deutschland bereits in den 1860er und 1870er Jahren ihren Platz in der Industrielandschaft gefunden hatte, vermochte sie sich in Österreich erst 20 bis 30 Jahre später zu etablieren. Wenn man einen etwas genaueren Blick auf den Fortschritt des Fabrikwesens in der Habsburgermonarchie werfen möchte, so ist zunächst vorauszuschicken, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen den einzelnen Regionen des Reichs erhebliche ökonomische Disparitäten bestanden. Diese erfuhren durch nationalistische Tendenzen noch eine zusätzliche Verschärfung. Als dominierende industrielle Regionen traten unter anderem Böhmen, Mähren, Schlesien, Niederösterreich, Vorarlberg und Wien hervor, wohingegen vor allem im Südosten der Monarchie zum Teil erhebliche wirtschaftliche Defizite vorlagen. Die hinsichtlich ihrer industriellen Entwicklung voranschreitenden Länder zeichneten sich durch eine Vielzahl an Unternehmensgründungen aus, welche Hand in Hand mit der Errichtung von Fabrikanlagen und der Rekrutierung großer Mengen an Arbeitskräften gingen. Jene ökonomische Entwicklung, welche in der Donaumonarchie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ablief, war gegenüber den vorgegangenen Dekaden durch zwei wesentliche Veränderungen gekennzeichnet, die auch im Fabrikwesen ihren nachhaltigen Niederschlag fanden. Zum einen konzentrierte sich die industrielle Dynamik in den böhmischen Ländern, während sich die Wachstumsraten in den Regionen des heutigen Österreich auf etwas niedrigerem Niveau einpendelten. Deutliche ökonomische Impulse konnten auch für die Länder der ungarischen Krone und die einzelnen Karpatenregionen verzeichnet werden. Zum anderen gab es erhebliche Strukturverschiebungen zu Ungunsten der Landwirtschaft, was jedoch nichts daran änderte, dass der Agrarsektor den bei Weitem größten Teil der arbeitenden Bevölkerung (ca. 80 %) an sich band. Die in der Industrie tätige Arbeiterschaft nahm stetig an Bedeutung zu und avancierte zu einer eigenen Bevölkerungsschicht, welche ganz individuelle Bedürfnisse entwickelte. Während die Textil- und Bekleidungsindustrie einen anteilsmäßigen Rückgang an der Gesamtwertschöpfung verzeichnete, waren Metall-, Petro- und Nahrungsmittelindustrie zeitgleich durch einen teils massiven Anstieg ihrer Produktion gekennzeichnet. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts war die Wirtschaft der Donaumonarchie durch Fusionierungen auf der einen Seite und Kartellbildungen auf der anderen gekennzeichnet. Der Fusionierungsprozess hatte oftmals die Bildung von Großunternehmen zur Folge, welche ihre kleineren Konkurrenten sukzessive vom Markt verdrängten. Die für das Kartell typischen Preisabsprachen stärkten hingegen die Positionen der Großbetriebe untereinander. Der Staat interagierte mit der Industrie durch die vermehrte Gewährung von Subventionen, stabilitätspolitische Eingriffe, gezielte Verstaatlichungen und die Intensivierung der Kommunalisierung im Infrastrukturbereich. All diese Maßnahmen sollten letztendlich eine Stärkung des Großunternehmertums und damit verbundenen Fabrikwesens bewirken. Nachdem die österreichische Wirtschaft im Jahre 1873 einen Einbruch mit nachfolgender Rezession erlitten hatte, wurde sie an der Jahrhundertwende wieder von einem Aufschwung erfasst, der im Zeitraum zwischen 1904 und 1908 seinen Höhepunkt erreichte. In dieser Phase trat die Habsburgermonarchie mit ihren ökonomischen Wachstumsdaten kurzfristig an die Spitze der westeuropäischen Länder. Die Optimierung der Wirtschaft ließ Österreich in Europa zu einen ernst zu nehmenden Handelspartner aufsteigen und galt als besonders förderlich für die Gründung neuer Betriebe und den Ausbau alter Fabrikanlagen. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges fand die Phase der ökonomischen Prosperität ihr abruptes Ende. In der Vorkriegszeit nahm die Anzahl der Produktionen und damit verbundenen Fabrikgebäude kontinuierlich zu, wobei die durch einen Börsenkrach ausgelöste Wirtschaftskrise im Jahre 1873 diesen Entwicklungsprozess nur kurzzeitig zu beeinträchtigen vermochte. In der Textilindustrie stieg die Anzahl der Spindeln sukzessive an, was auf die stetige Vergrößerung bereits bestehender und die Gründung neuer Betriebe zurückzuführen war. Auch die Lebensmittel- und Eisenproduktion konnten jährliche Zuwächse verzeichnen das in den Hochöfen produzierte Eisen ging zunächst in die Produktion von landwirtschaftlichen Werkzeugen (Sensen, Sicheln), später jedoch vermehrt auch in die Waffenherstellung und in den Maschinen- und Eisenbahnbau.

Über den Autor

Robert Sturm, Mag. mult. Dr., wurde 1971 in Salzburg geboren. Seine Studien der Naturwissenschaften (Geologie, Biologie, Physik) und Geschichte an der Universität Salzburg schloss der Autor im Zeitraum zwischen 1995 und 2008 erfolgreich ab. Bereits während des Geschichtsstudiums beschäftigte sich der Autor eingehend mit dem industriellen Werdegang im Bundesland Salzburg. Das Hauptaugenmerk der historischen und industriearchäologischen Forschung wurde dabei unter anderem auf die Entwicklung der mittel- und großbetrieblichen Strukturen im Raum Salzburg gelegt. Zahlreiche in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse motivierten den Autor, sich der Thematik des Buches zu widmen.

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