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  • Von der „Unzucht“ zur „Liebe“: Die Behandlung der Homosexualität in der österreichischen Presse von der Legalisierung 1971 bis zur gleichgeschlechtlichen Ehe 2017

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2019
AuflagenNr.: 1
Seiten: 184
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Autorin geht der Frage nach, wie die österreichischen Parteien und die Presse auf die Legalisierung der Homosexualität im Jahre 1971 reagierten und inwiefern die Aufhebung der rechtlichen Diskriminierung auch ein Ende der gesellschaftlichen Diskriminierung bedeutete. In einem zweiten Schritt wird untersucht, wie sich die Berichtserstattung über die Legalisierung der Homosexualität im Jahre 1971 von jener über den Beschluss der gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2017 unterscheidet und ob ein verändertes Bild von Homosexualität in der Öffentlichkeit zu erkennen ist. Neben diesen zwei Schwerpunktjahren sollen einige weitere Meilensteine in der Geschichte der Homosexualität, nämlich das Aufkommen von Aids, die Aufhebung der im Jahre 1971 eingeführten Sonderparagraphen, das Aktivwerden erster Schwulen- und Lesbenbewegungen sowie die Eingetragene Partnerschaft und das Adoptionsrecht Anfang des 21. Jahrhunderts aufgearbeitet werden, damit ein umfangreiches Bild zur Geschichte der Homosexualität entsteht.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3. Vom Verbrecher zum Kranken : Homosexualität in der Neuzeit: Das Mittelalter stellt allerdings nicht den Höhepunkt der Verfolgung Homosexueller in Österreich dar. Während die Kirche eine recht nachlässige Verfolgung Homosexueller betreibt, erweist sich das 1532 eingeführte Strafgesetzbuch des Heiligen Römischen Reiches, die Constitutio Criminalis Carolina, als wesentlich effektiver. Homosexualität wird nun nicht mehr nach religiösen, sondern nach weltlichen Gesetzen verfolgt und unter Todesstrafe gestellt. Auch in der Constitutio Criminalis Theresiana aus dem Jahre 1768, die als die erste einheitliche Strafordnung für Österreich und Böhmen gilt, sollen Personen, die Unkeuschheit wider die Natur – sprich Geschlechtsverkehr mit Personen desselben Geschlechtes, mit Tieren, mit Leichen oder Selbstbefriedigung – betreiben, enthauptet und verbrannt werden. Der Todesstrafe entgehen und eine mildere Strafe ausfassen kann man, wenn grosse Jugend, Unverstand, und Dummheit sich äusseret oder wenn die Tat noch vor der Vollendung bereut wird. Ab dem 18. Jahrhundert wird in den meisten Teilen Europas die Todesstrafe für zu hart empfunden, was sich auch in der neuen Regelung im Strafgesetzbuch des Sohnes Maria Theresias, Josephs II, aus dem Jahre 1787 abzeichnet. Die Bestrafung für fleischliche Viehvergehungen oder [Vergehen] mit seinem eigenen Geschlecht durch die Todesstrafe wird abgeschafft und durch Gefängnisstrafe, Arbeit und Züchtigung ersetzt. Der Grad der Bestrafung wird dadurch entschieden, ob durch die sexuelle Handlung öffentliches Ärgernis erregt wurde. Prinzipiell wird das Vergehen mit seinem eigenen Geschlecht – ebenso wie das Vergehen an Tieren – als politisches Verbrechen angesehen, da die Täter dadurch die Menschheit entwürdigen. Hauer merkt dazu an, dass nun zwar keine Todesstrafen mehr gelten, die verhängten Zwangsarbeiten, wie beispielsweise das Schiffeziehen an der Donau, der Wirkung der Todesstrafe jedoch gleichkommen. Mit dem Aufkommen der Aufklärung ab dem 18. Jahrhundert steht nicht mehr die Religion, sondern die Natur im Mittelpunkt der Gesellschaft. Die Fortpflanzung wird als die Natur der Sexualität erachtet, wodurch Homosexualität abermals als unnatürlich definiert wird. Menschen, die sich nicht der Fortpflanzung widmen, wird Verantwortungslosigkeit gegenüber der Gesellschaft vorgeworfen. Was sich in der späten Neuzeit vom Mittelalter unterscheidet, ist die Ansicht, dass Krankheit als Auslöser für homosexuelle Handlungen gilt. Es handelt sich nun nicht mehr um ein Verbrechen vor Gott , das mit dem Tod bestraft wird, sondern um eine Perversion, die durch medizinische Behandlung geheilt werden muss. Als ein Verfechter dieser Vorstellung gilt der deutsch-österreichische Psychiater Richard von Krafft-Ebing (1840–1902), dessen Ziel die Heilung abnormaler Sexualität ist. Er unterscheidet zwischen Perversität und Perversion, wobei erstere als Verbrechen und letztere als Krankheit eingestuft wird. Da Perversion auf einer abnormalen Empfindung beruhe und daher nicht beabsichtigt erfolge, könne sie nicht wie ein Verbrechen gehandhabt werden. Krafft-Ebings tritt daher für die Straffreiheit gleichgeschlechtlicher Handlungen durch homosexuell veranlagte Menschen ein, was laut Judith Wiener jedoch nicht unbedingt zu einer Verbesserung für Homosexuelle geführt habe: Es ist […] stark zu bezweifeln, dass Homosexuelle tatsächlich davon profitierten, nicht mehr als Verbrecher/innen, sondern als Kranke behandelt zu werden, da ihnen durch die damit einhergehende Aberkennung der Zurechnungsfähigkeit die Freiheit bereits auf einer fundamentaleren Ebene abgesprochen wurde. Es scheint, dass im Zuge dieser vermeintlich revolutionären Befreiungsaktion bloß ein Problem der Sittlichkeit hinter einem der Gesundheit versteckt wurde. (Wiener, Ist Homosexualität eine Krankheit?, S.45) Im Jahre 1803 wird die Josephina schließlich durch das Österreichische Gesetzbuch gegen Verbrechen ersetzt, das unnatürliche Wollust – sprich homosexuelle Handlungen – mit Kerker zwischen sechs und zwölf Monaten bestraft, wobei es in der Praxis allerdings kaum zu Verurteilungen kommt. Dieses Gesetz wird 1852 schließlich vom Österreichischen Strafgesetzbuch abgelöst, das die Unzucht wider die Natur laut § 129 I b auf ein bis fünf Jahre schweren Kerker anhebt und unverändert bis ins Jahr 1971 fortbesteht. Um verurteilt zu werden, muss kein tatsächlicher Geschlechtsakt erfolgen, sondern reicht sexuelle Erregung aus. Beeinflusst wird diese sehr extensive Auslegung des Terminus durch einen zunehmenden Fokus auf die sexuelle Lust anstatt auf konkrete sexuelle Handlungen. Die Zahl der Verurteilungen steigt in dieser Zeit an, wobei männliche und weibliche Homosexualität gleich gehandhabt werden, was Österreich von den meisten anderen europäischen Staaten, die nur männliche Homosexualität unter Strafe stellen, unterscheidet. Neben strafrechtlicher Verfolgung leben Betroffene im 19. Jahrhundert in der ständigen Angst, ihren Ruf und ihre Freunde sowie ihre Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft zu verlieren, weshalb nur sehr wenige ihre sexuelle Orientierung öffentlich bekanntgeben.

Über den Autor

Nina Spindler wurde 1994 in Innsbruck geboren. Ihr Lehramtsstudium der Fächer Englisch und Geschichte, Sozialkunde und politische Bildung schloss die Autorin im Jahre 2019 mit dem akademischen Grad der Magistra der Geisteswissenschaften erfolgreich ab. Bereits während ihres Studiums interessierte sie sich besonders für sozialwissenschaftliche Entwicklungen. Im Zuge eines Seminars wurde ihre Begeisterung für die Analyse von Printmedien entfacht, was als Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit der Thematik im vorliegenden Buch diente.

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