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- Syntaktische Relationen: Subjekt und Topik in einer notionalen Grammatik
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 94
Abb.: 28
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das vorliegende Buch stellt die Geltung der gängigen syntaktischen Relationen für die deutsche Grammatik grundsätzlich infrage. Die im Text postulierte Redundanz des Subjektbegriffes beansprucht dabei ihre Gültigkeit nicht nur im Hinblick auf funktionalistische Syntaxtheorien, sondern auch für die Schulgrammatik: Die (semanto-)syntaktische Relation Subjekt existiert in der deutschen Gegenwartssprache nicht. Das obligatorische satzinitiale Element des Deutschen als V2-Sprache ist notional ein zu Syntax geronnenes Topik. Es handelt sich um eine eigenständige syntaktische Relation, die semantische Rollenhierarchien vollständig neutralisiert. Deutsch verfügt somit über eine pragmatisch getriebene Syntax, in der die herkömmlichen syntaktischen Relationen entweder morphologisiert oder redundant sind. Auf der Grundlage einer notional basierten Dependenzsyntax, der Notionalgrammatik von John M. Anderson, überprüft der Autor seine Thesen anhand zahlreicher gängiger Konstruktionstypen. Dependenzsyntaktische Darstellungen veranschaulichen die syntaktische Struktur solcher Konstruktionen. Die Anwendung der Kategorie Subjekt in historischer Perspektive, sowie in verschiedenen gängigen Syntaxtheorien wird vom Autor kritisch reflektiert, um die Vorteile einer Notionalgrammatik aufzuzeigen. Die Rolle des Topiks in der Informationsstruktur wird analysiert. Dabei zeigt sich, dass ursprünglich optionales Topik in der deutschen Vorfeldposition zu einer pragmatisch motivierten syntaktischen Relation geronnen ist.
Textprobe: Kapitel 2.2.2, Topik in der Informationsstruktur: Auch Lambrecht versteht Topik als das, worüber etwas ausgesagt wird. Anders als bei den vorgenannten Autoren führt ihn dies aber zu der Annahme, daß es auch topiklose Sätze geben könne. Dem liegt seine Auffassung zugrunde, nur mental repräsentierte Entitäten könnten Topiks sein. Bei diesen könne es sich nur um Referenten oder zuvor eingeführte Sachverhalte handeln. Lambrecht unterscheidet drei Satztypen: Topik-Kommentar-Sätze, Argumentfokus- und thetische bzw. Satzfokussätze. Sprachen unterschieden zwischen diesen Typen mittels Wortfolge, Morphologie und/oder Betonung. In Sprachen wie Englisch, Deutsch oder Italienisch sei die unmarkierte Wortfolge SVO, die unmarkierte Betonung satzfinal. Topik-Kommentar-Sätze verfügten über die unmarkierte Kodierung in beiderlei Hinsicht mit dem Topik, kanonisch dem Subjekt, in satzinitialer Stellung, der Betonung auf dem Prädikat oder, so vorhanden, dem Objekt. Topik und Fokus werden von Lambrecht als Relationen verstanden. In einem Topik-Kommentar-Satz befinde sich das Topik in Topikrelation zum gesamten Sachverhalt. Der gesamte Sachverhalt stellt also eine Aussage über den Topikreferenten dar. Zur Darstellung anderer Satztypen bediene sich das Englische bevorzugt einer markierten Betonung unter Beibehaltung der Wortfolge, das Italienische vornehmlich einer Veränderung der Wortfolge unter Beibehaltung der Betonung. Unter Sätzen mit Argumentfokus versteht Lambrecht solche, die angesichts eines unvollständig gegebenen Sachverhaltes dazu dienen, den fehlenden Vorgangsbeteiligten zu benennen. (13) The CHILDREN went to school. In Satz (13) sei children betont, weil der Satz der Identifizierung der zur Schule Gehenden diene. Wenn sich hier das Subjekt in Fokusrelation zum Sachverhalt befindet, so wäre allenfalls jener selbst als Topik interpretierbar. Eine solche Sichtweise lehnt Lambrecht jedoch ab, da ein Topik nach seiner Aufassung immer referentiell sein muß, entweder im Hinblick auf eine Entität oder einen Sachverhalt: I see, however, two reasons for NOT calling the open propositions of identificational sentences ‚topics‘‹...›, one semantic, one syntactic. First, since the open proposition ‚X went to school‘ is semantically incomplete it cannot be said to have a referent, therefore the asserted proposition cannot be construed as being ABOUT its referent ‹...›. Second, since the presupposition cannot be identified with a syntactic constituent – the finite verb phrase went to school does not express a complete proposition – there is no structural element which can be identified as a topic expression. . Ebenfalls kein Topik hätten thetische Sätze, die, vorwiegend diskursinitial gegeben, den gesamten Sachverhalt als neue Information darstellten und darum im Ganzen im Fokus stünden. Lambrecht ist stärker kontextorientiert als Halliday oder Eroms. Dies zwingt ihn dazu, nur Elemente als Topik akzeptieren zu können, die kontextuell – in Diskurs oder externer Diskurskulisse – gegeben und darum beim Hörer aktiv oder aktivierbar sind. Dem Hörer nur neue Information liefernd, sind thetische Sätze für ihn zwangsläufig topiklos. Halliday hingegen, der Thema überhaupt nicht auf Ebene der Informationsstruktur ansiedelt, aber auch Eroms sehen in jedem Satz ein Thema gegeben, weil sie jenes als grundlegende Kategorie sprachlicher Äußerungen betrachten: Jeder Satz habe ein Worüber, das den Ausgangspunkt bilde, im Hinblick auf den die Äußerung strukturiert sei. Weil das Thema für Eroms jedoch eine Diskurskategorie bleibt, schreibt er ihm bei Fokusfrontierung die Prädikation als Domäne zu, während Halliday die Trennung vom Bereich der Informationsstruktur eine strikt positionale Festlegung ermöglicht. Da Lambrecht berechtigterweise feststellt, daß offene Propositionen zwar immer aktivierbar sind, da jeder Prädikationen wie Zur-Schule-Gehen, Lächeln usw. verstehen kann, daß sie aber nicht referieren, da Referenz nur im Hinblick auf mental repräsentierte Entitäten und Sachverhalte möglich ist, bleibt ihnen anders als bei Eroms die Topikrelation unzugänglich. So scheint bei Lambrecht Topik weitestgehend auf Subjekte beschränkt. Dies ist allerdings nur insofern der Fall, als basale Topik-Kommentar-Strukturen weitestgehend mit Subjekt-Prädikat-Strukturen zusammenfallen. Er geht aber davon aus, daß in vielen Sätzen Typenkombinationen vorlägen. Es gibt zwar Prädikate, bei denen nicht das Subjekt topikalisiert ist. Meines Erachtens dürfte Lambrecht einen Satz wie (14) auf diese Weise interpretieren: (14) Mir gefällt deine STIMME. (15) Meinen Bruder hat die POLIZEI festgenommen. Zumeist deutet jedoch ein topikalisiertes Nicht-Subjekt auf eine Kombination zweier Satztypen hin. So verstehe ich, Lambrechts Argumentation folgend, unter Satz (15) - als Antwort auf die Frage, wer den Bruder festgenommen habe – eine Kombination aus Topik-Kommentar-Struktur mit eingebettetem Argumentfokus. An example of a configuration in which two focus-structure types are combined is the structure illustrated in The kitchen, YOU have to clean ‹...›. In this configuration an argument-focus structure in which the focus ‚you‘ supplies the missing argument in the presupposed open proposition ‚X has to clean the kitchen‘ serves at the same time as a comment for the topic ‚the kitchen‘, resulting in a sentence which combines predicate-focus and argument-focus elements. . Lambrecht betrachtet die satzinitiale Position als in pragmatischer Hinsicht äußerst zentral. Dieses hohe Gewicht bestimme sie dafür, Topik oder Fokus aufzunehmen, wenn deren herausgehobener Darstellung besonderes Gewicht zuzumessen sei. Für das Fokus gelte dies insbesondere bei Argumentfokuskonstruktionen. Beim Topik sei es vor allem dann der Fall, wenn ein inaktives oder semiaktives Diskurstopik für den Diskurs wiederbelebt, Kontrastierung oder ein Topikwechsel durchgeführt werden solle. Unter diesen Bedingungen werde das Topik im Regelfalle lexikalisch ausgedrückt und nehme die satzinitiale Stellung ein. Vollständig aktivierte Topiks würden dagegen anaphorisch wiedergegeben und bezüglich ihrer Position im Satz überwiege eine möglichst prädikatsnahe Realisierung die Tendenz zur Satzinitialität. Ein gängiges Mittel, um die Hervorhebung des Topiks zu erzielen, sei zudem Linksversetzung, die Etablierung einer externen Topikposition, oder Rechtsversetzung, von Lambrecht als Antitopik bezeichnet, letztere allerdings funktional eingeschränkt. Ob es sich bei der satzinitialen Konstituente um Topik oder Fokus handele, macht sich laut Lambrecht im Englischen (aber wohl weitestgehend auch fürs Deutsche zutreffend) an der Betonung fest. Eine einzige betonte Konstituente in satzinitialer Stellung deute Argument- oder Satzfokus an, unbetonte satzinitiale Stellung dagegen Topik. Bei zwei betonten Elementen sei satzinitial ein Topik mit Aktivierungsakzent zu vermuten.
Dieter Stubbemann, geboren 1970 in Delmenhorst. Er studierte Linguistik, Philosophie, Soziologie und Polonistik in Bremen und Gdansk. Im Studium beschäftigte er sich vor allem mit Grammatiktheorien, germanistischer Linguistik und slawischen Sprachen. Sein Spezialgebiet sind funktionalistische Syntaxtheorien. Seinen grammatischen Analysen liegt die von John M. Anderson entwickelte Notional Grammar zugrunde.
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