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Kunst & Kultur

Christian Blum

Sprechstile in Videospielen: Am Beispiel der deutschen Produktion Risen 2

ISBN: 978-3-8428-8757-2

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Abb.: 39
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Videospiele gibt es bereits seit den ersten Computern. Was 1946 an raumfüllenden Rechnern nur wenigen beteiligten Wissenschaftlern vorbehalten war, begeistert inzwischen viele hundert Millionen Spieler auf der ganzen Welt. Natürlich haben sich die Spiele parallel zu der Weiterentwicklung der Hardware ebenso verändert und an Komplexität stets zugenommen. Während das erste namentlich bekannte Spiel OXO, besser bekannt als Tic-Tac- Toe, nur eine simple Darstellung eines Rasters mit neun Feldern war, auf denen zwei Spieler sich mit X und O duellierten, bis einer eine Reihe komplettiert hatte, erleben Spieler 2012 ganze Romane in interaktiver Form. Die Abgrenzung zwischen Realität und Spiel ist längst nicht mehr derart deutlich wie früher. Durch gezielten Einsatz von Emotionen und audiovisuellen Mitteln erreichen die Titel der letzten zwanzig Jahre immer mehr Spieler - auch auf einer intimen und emotionalen Ebene. Erreicht wird dies vor allem durch die Vermischung menschlicher Interaktion mit den Spielfiguren. Das betrifft die grafische Darstellung der Charaktere, die Außenwelt der Spiele und seit vielen Jahren auch die sprachliche Ausdrucksweise der Figuren. Moderne Spiele schaffen es, dem Spieler ein realistisches Umfeld zu bieten, welches mit sozialen Zusammenhängen, politischen Auseinandersetzungen und oftmals übernatürlichen Geschehnissen eine spannende und aufregende Parallelwelt schafft. Die Sprache spielt hierbei schon lange eine zentrale Rolle. Wortwitz, äußerlich unsichtbare Charaktereigenschaften, Hierarchiegebilde und emotionale Signale werden dem Spieler über Dialoge, Monologe und Erzählerstimmen vermittelt. Anders als bei Filmen oder realen Personen kämpfen Videospiele jedoch auch heute noch mit gewissen Einschränkungen. Trotz zahlreicher Errungenschaften auf dem Gebiet der realistischen Darstellung ist ein Spiel eben nur ein Spiel. Die gezielte Vermittlung von Gefühlen, Intentionen und Informationen ist trotz der fortschreitenden Entwicklung mit realen Unterhaltungen nicht vergleichbar. Die Künstlichkeit der Figuren und ihrer Interaktionen ist immer noch sichtbar. Um den Spieler dennoch zu erreichen und ein möglichst glaubhaftes Szenario zu kreieren, bedarf es also großer Mühe seitens der Entwickler. Die Auswahl der Stimmen für einzelne Spielcharaktere ist daher neben der grafischen Darstellung von größter Bedeutung für eine moderne Spielwelt. Sofern die audiovisuelle Erfahrung also unbefriedigende Ergebnisse hervorruft, ist der Titel in seinem Vorhaben gescheitert, den Spieler mit auf eine Reise durch abenteuerliche Welten zu nehmen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2., Bedeutung sprachlicher Mittel für den virtuellen Raum: Die wachsende Beliebtheit von Videospielen führte Ende der 1990er Jahre zu einem großen Entwicklungssprung der audiovisuellen Ebene. Spiele dienten nicht einzig und allein der Unterhaltung, sondern sollten dem Konsumenten auch die Möglichkeit vermitteln, sich mit den Charakteren und der Geschichte des Spiels zu identifizieren. Dank der Annäherung an realistische Szenerien und der Umsetzung von prosodischen und körpersprachlichen Elementen gelang es, mit einem Videospiel ähnliche Gefühle zu wecken, wie es bei Filmen schon lange der Fall war. Die Schaffung einer Atmosphäre, die dem Spieler ein realistisches Umfeld vermittelt, wurde zunehmend wichtiger. Besonders bei Abenteuer- und Rollenspielen der letzten 15 Jahre kam es darauf an, die Spielwelt möglichst glaubhaft zu gestalten. Wenn also ein Titel abläuft wie ein Stummfilm, eventuell noch mit unpassender musikalischer Begleitung, kann die Geschichte, oder das Ziel des Spiels nicht zum Spieler vordringen. Um Inhalte passend zu vermitteln, muss man sich in den virtuellen Raum versetzen können und die einzelnen Handlungsstränge aus eigenem Antrieb erkunden und erleben wollen. Die Bedeutung sprachlicher Mittel ist daher exorbitant. Ein Gespräch, sei es rein informativer oder auch gefühlsgeladener Natur, erreicht den Hörer zunächst nur über die primären Äußerungsmerkmale des Sprechers. Spricht dieser mit einer angemessenen Stimme und gestikuliert passend, kann der Inhalt durch unterstützende Metainformationen besser verstanden und umgesetzt werden. Denn der Mensch besitzt von Natur aus die Fähigkeit, emotionale Zustände oder situative Komik in Gesprächen allein durch die Sprechweise zu erkennen. Die unterbewusste Wahrnehmung bestimmter Signale, sei es die Tonhöhe, die Sprechgeschwindigkeit, herablassende Mimik oder ausladende Gestik, funktioniert nicht nur in realen Konversationen. Die Darstellung von Charakteren in Videospielen muss daher exakt sein und die Signale bewusst weitergeben. Wie in Kapitel 2.3. beschrieben, birgt der virtuelle Raum die Schwierigkeit, dass keines dieser Signale, sei es noch so selbstverständlich in alltäglicher Kommunikation, existiert. Jedes Detail, was einen Charakter im Lauf des Spiels ausmacht, muss von den Entwicklern beachtet und umgesetzt werden. Scheitert dies, wird die Wichtigkeit sprachlicher Mittel für den virtuellen Raum sofort deutlich. Ohne das Spiel umfassend zu analysieren, wird den Spielern bereits nach kurzer Zeit auffallen, dass die Umsetzung gesprächsrelevanter Merkmale nicht gelungen ist. Vergleicht man dies mit erfolgreichen Konzepten, wird es umso deutlicher. Ähnlich wie in bewegenden Filmen kann es auch bei Spielen passieren, dass der Nutzer am Ende eines Titels reale Gefühle für die Charaktere empfindet. Die Identifikation, ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Geschichte, wird erst durch prosodische und körpersprachliche Verhaltensweisen der virtuellen Avatare erreicht. Durch den Einsatz sprachlicher Mittel gelingt es also, den Spieler nicht nur für einige Stunden zu unterhalten, sondern ihn in einen komplexen Verlauf oder geschichtliche Wendungen eines Spiels zu integrieren. Der Spieler steuert das Spiel also nicht mehr ‘von außen’, sondern wird ‘Teil der virtuellen Welt’. Jürgen Fritz beschreibt dies wie folgt: ‘Im sensumotorischen Funktionskreis belebt der Spieler einen elektronischen Stellvertreter mit seiner eigenen Körperlichkeit: Ein Teil meines Körpers wird zur ‘elektronischen Marionette’. [...] Der Spieler schlüpft in den elektronischen Stellvertreter wie in einen Handschuh und lernt, die Finger angemessen zu bewegen und mit der behandschuhten Hand zielorientiert zu handeln.’ Setzt man nun Sensomotorik als treibende Kraft hinter der Identifikation des Spielers mit einer Spielfigur und somit auch mit dem Titel an sich voraus, wird klar, dass der Grad der Identifikation entscheidend dafür ist, wie gut es dem Nutzer gelingt, sich in den ‘elektronischen Stellvertreter’ hineinzuversetzen. Die hierfür benötigten Sinnesrückmeldungen können durch den Einsatz von realistischen und bekannten Signalen verstärkt oder gemindert werden. Bedient sich ein Spiel lediglich abstrakter Laute, ist der Grad der Identifikation wesentlich geringer als in einem Spiel, welches sprachliche Mittel unterschiedlicher Art zur Schaffung einer real-wirkenden Welt einsetzt.

Über den Autor

Christian Blum, M. A., wurde 1987 in Köln geboren. Als Kind der Neunziger begleiteten Videospiele den passionierten Gamer schon seit frühester Kindheit. Die Motivation, sich wissenschaftlich mit diesem Thema zu befassen, gewann Christian Blum durch seine Erfahrungen mit Videospielen, seine Arbeit in der Medienbranche und seinem Interesse an der Arbeit hinter den Kulissen eines fertigen großen Titels. Im Juli 2012 schloss Blum sein Studium mit dem akademischen Grad des Masters of Arts ab. Heute lebt und arbeitet er in Düsseldorf und schreibt für ein großes Onlineportal.

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