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  • Sprachliche und kulturelle Aspekte des Schweigens. Ein Beitrag zur Linguistik und interkulturellen Kommunikation

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2021
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Aus der Sicht der Linguistik hat Schweigen nicht nur eine syntaktische und eine semantische sondern auch eine pragmatische Relevanz, weil Schweigen sowohl eine positive als auch eine negative Wirkung auf den Interaktanten hinterlässt. Mit Schweigen kann Vieles gemeint sein. In der interkulturellen Kommunikation gibt es viele interessante Studien über das Schweigen in verschiedenen Kulturen und die Wahrnehmung dessen. Untersucht werden in diesem Buch die soziokulturellen Hintergründe, die das Schweigeverhalten erklären. Es wird ein ausführlicher, sachlich gegliederter Überblick über den Forschungsstand zum Thema Schweigen in den verschiedenen Teildisziplinen - in der interkulturellen Kommunikation, Psycholinguistik, Soziolinguistik und Pragmalinguistik - seit den 70er Jahren bis 2020 gegeben.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3. Zum Schweigen im Fremdsprachenunterricht: Um auf das Thema Schweigen im Unterricht einzugehen, ist es erst mal wichtig, das Verhältnis zwischen der Lehrkraft und Schülern in der Klasse zu demonstrieren, um dessen Auswirkungen auf den Fremdsprachenunterricht zu kennen. Im Unterricht hat die Lehrkraft gewisse Autoritäten, die ihr ermöglichen, die Schüler in die Disziplin einzuführen, ihnen Wissen zu vermitteln sowie ihre Leistungen zu bewerten. Die Macht der Lehrkraft geht auf mehrere Faktoren zurück: Wissen: Auf Grund ihrer Ausbildung hat die Lehrkraft in ihrem Fachgebiet meist ein breites Wissen als die Schüler. Dieses Wissen zu vermitteln, ist ihre Aufgabe. Gleichzeitig ist in den meisten Gesprächen die Lehrkraft diejenige, die die Themen wählt und den Verlauf der Kommunikation steuert. Disziplinierung: Auf Grund ihrer starken Position hat die Lehrkraft die Möglichkeit, Schüler zu disziplinieren und zu bestrafen. Evaluation: Die hierarchische Struktur, der die Beteiligten am Unterrichtsgespräch sich fügen müssen, geht einher mit sozialer Distanz, die sich darin zeigt, dass die Unterrichtssituation sehr formell gestaltet wird. Beim Frontalunterricht betrachtet die Lehrkraft die Klasse als Ganzes, d. h. es gibt keine Binnendifferenzierung zwischen den unterschiedlichen Lerntypen oder den Leistungsgruppen. Diese Sozialform zerfällt im Wesentlichen in zwei verschiedene Teile: den darbietenden Lehrervortrag und den fragend- entwickelnden Unterricht. Bei der Kommunikation im Frontalunterricht steht die Lehrkraft im Mittelpunkt. Dies bedeutet, dass alle Interaktionen über die Lehrkraft laufen und das Unterrichtsgespräch von ihr geleitet und moderiert wird. Die Schüler antworten auf die Fragen der Lehrkraft und richten auch eigene Fragen, Kommentare und Antworten auf andere Beiträge an die Lehrkraft. Die Lehrkraft bestimmt meist durch Aufruf die Sprecher und weist Redezeit zu. Die innerhalb einer Alltagskommunikation möglichen Arten des Sprechwechsels werden durch das Aufrufen auf direkte Sprecherwahl durch den aktiven Sprecher. Bei der Sprecherwahl in dieser Kommunikationssituation stellt Sacher (1995) in seinem Korpus folgende Möglichkeiten fest: Ein Schüler meldet sich, wird auch aufgerufen und antwortet. Ein Schüler wird aufgerufen, ohne sich gemeldet zu haben und antwortet. Dieses erzwungene Antworten spricht ohne Aufruf (Selbtswahl). Dies ist sehr selten und tauchte in den von Sacher untersuchten Unterrichtseinheiten nur in 9, 68 Prozent aller Fälle auf. So ist beim Lehrervortrag möglich, dass die Schüler die ganze Zeit schweigen, wenn z. B Meldungen nicht beachtet werden und den Lernenden somit keine Sprechzeiten gegeben worden sind. Die Schüler können den Lehrer unterbrechen. Dies konnte aber vom Lehrer sanktioniert werden. Im fragend- entwickelnden Teil können oder müssen die Schüler an dem Unterricht teilnehmen. Einige Studien haben nachgewiesen, dass Schweigen der Lehrkraft im Unterricht vor allem dazu dient, Machtverhältnisse zu klären. So stellt Glimore (1985) in einer Untersuchung fest, die er an einer vorwiegend von Farbigen besuchten amerikanischen Schule durchgeführt und die sich mit jenem Schweigen zu tun hat, das aufgrund bestimmter Übungen oder Tests als Denkpausen zu verstehen wäre: silent communication was frequently between students and teachers. . Glimore behauptet, dass Schweigen der Lehrer als Reaktion auf eine lärmende Schule durchschnittlich von einer kurzen Pause bis hin zu fünf und zehn Minuten dauern kann. Meistens endet das Schweigen dann, wenn die Lehrperson wieder die gewünschte Aufmerksamkeit der Klasse bekommt. Die Frage nach der Reaktion der Lehrperson auf das Schweigen der Schüler wurde unterschiedlich beantwortet. Einerseits interpretieren sie das Schweigen der Schüler häufig als Mangel an Aufmerksamkeit und als Desinteresse bzw. Nicht-Verstehen. Andererseits sind die Lehrpersonen dankbar, wenn die Schüler ruhig sind, da sie so die Chance haben, ihren Lernstoff loszulegen. Abgesehen davon, dass Lehrpersonen ebenso wie Schüler in Situationen schweigen, in denen der Schüler produziert oder lernt d. h während Schularbeiten, Tests etc., ist das Schweigen der Lehrperson immer dann auffällig, wenn es als Reaktion auf eine lärmende Umgebung zu sehen ist. Lehrpersonen bedienen sich der Strategie des Schweigens, um eine ruhige Klasse wieder unter Kontrolle zu bringen. Warum die Schüler Fragen nicht beantworten bzw. sich auf Diskussion im Fremdsprachenunterricht nicht einlassen, kann verschiedene Gründe haben. Es kommt darauf an: um welche Art von Fragen es sich handelt und wie schwer oder leicht sie ist. Mit verborgenem Schweigen können Lernende Beispielsweise dann reagieren, wenn sie verschleiern wollen, dass sie die Antwort auf eine Frage nicht kennen. Dies wollen sie geben aber nicht zugeben. Es kann aber auch sein, dass sie die Frage nicht beantworten wollen, beispielsweise, weil das Thema ein Tabu für sie darstellt oder die Frage banal erscheint oder nicht verstanden wurde. Auf die Frage: womit assoziieren die Lerner das Schweigen im Unterricht, hat die Mehrheit aller Befragten mit Konzentration, Stille und Ruhe geantwortet. Sie konzentrieren sich, um die Sprache und den Inhalt des Unterrichts zu verstehen. Sie benötigen dafür Ruhe und Stille. Es geht hier vielmehr um einige Synonyme des Begriffs Schweigen . Das zeigt auch, dass die allgemeine Auffassung des Schweigens keine Unterscheidung zwischen Schweigen, Ruhe und Stille meint. Fleur ist zum Ergebnis gekommen: Schüler und Schülerinnen unterscheiden sich hinsichtlich der Auffassung des Schweigens. Gefühle wie Unsicherheit oder Peinlichkeit werden meistens mit Schweigen in bestimmten Situationen von Mädchen gemeint. Eine Folge der Anwendung der Fremdsprache als Unterrichtsmedium kann die allgemeine Abnahme von Äußerungen der Schüler sein. Sie sprechen nicht nur langsamer oder brauchen länger, um überhaupt etwas zu sagen. Sie entscheiden sich vielmehr ganz dafür zu schweigen, wie Groene in einer Studie zum Gebrauch des Englischen im bilingualen Sachfachunterricht Erdkunde festgestellt hat. Im Fremdsprachenunterricht ist Schweigen der Lerner auffällig. In den Situationen, in denen die Lerner auch die Fragen des Lehrers nicht antworten und lieber mit Schweigen reagieren, assoziieren sie ihr Unwissen, ihre Angst vor falschen Antworten. Den Lernern fehlen meistens der Wortschatz, die passenden Formulierungen und die Informationen. Demzufolge bevorzugen sie ihre Handlungen zu unterlassen.

Über den Autor

Mohammed Laasri wurde 1973 in Marokko geboren. Nach seinem Germanistikstudium an der Universität Fes studiert er Germanistik, Komparatistik und Deutsch als Fremdsprache an der Universität Kassel. 2001 erfolgte der Magisterabschluss. Von 2002 bis 2006 schlossen sich ein Germanistik- und Orientalistikstudium an, daraufhin die Promotion im Fach Germanistik an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2008 ist er Lehrkraft für Germanistik an der Universität Fes/Marokko. Aufgrund seines Germanistikstudiums sowie seines Interesses an interkulturellen Studien und Interkulturalität hat sich der Autor diesem Thema gewidmet.

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