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  • Selbsteinschätzung des eigenen Verhaltens: Eine explorative Studie bei Kindern im Alter von sechs bis acht Jahren

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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 180
Abb.: 44
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Gegenwärtige Fachdiskurse heben die Selbsteinschätzung von Kindern hervor und betonen deren Bedeutsamkeit für dessen Entwicklung. Bei einer differenzierten Betrachtung zeigt sich allerdings, dass sich die Befähigung zur Selbsteinschätzung zumeist auf die Leistungsebene bezieht. Warum werden Kinder ab dem Eintritt in das Schulsystem vorwiegend auf ihre Leistungsfähigkeit reduziert? Ist im Sinne einer ganzheitlichen Pädagogik nicht die Förderung der Selbsteinschätzung des gesamten, individuellen Verhaltens vorrangig? Die Forscherin strebt daher eine Erhebung der Selbsteinschätzung des eigenen Verhaltens bei Kindern im Alter von sechs bis acht Jahren an. Die empirische Untersuchung erfolgt unter besonderer Beachtung der Verhaltensmuster, so dass sowohl die Selbsteinschätzung an sich als auch die Anpassung des Verhaltens im Zentrum der Analyse stehen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1.1, Kinder im Primarstufenalter: Die Zielgruppe übt einen großen Einfluss auf das Forschungsdesign aus, da die Besonderheiten einer spezifischen Population, sich auf die Wahl der Methoden, den Feldzugang sowie die konkrete Erhebungssituation auswirken (vgl. LAMNEK 2010, 646). In diesem Fall legt das Thema der Studie zugleich die Zielgruppe fest, so dass diesbezüglichen Dimensionen und Merkmale (siehe auch Abschnitt 3.4) zu erläutern sind. Auf Grund der gewählten Alterspanne müsste die Zielgruppe im engeren Sinne als Kinder zu Beginn des Primarstufenalters bezeichnet werden. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der entwicklungspsychologischen Perspektive, nach dessen Einteilung es sich um Kinder zu Beginn der späten Kindheit handelt (vgl. FRÖHLICH 2000, 156 GERRIG & ZIMBARDO 2008, 362). Die Schwierigkeiten der Begriffsfindung begründen sich in den verhältnismäßig großen Zeitspannen, so dass sowohl im systemischen als auch im entwicklungspsychologischen Kontext der Zeitraum von etwa sechs bis hin zu elf Jahren einen Lebensabschnitt (Primarstufenalter – späte Kindheit) darstellt (vgl. EBD.). Es ist daher festzustellen, dass beide Klassifizierungen im Hinblick auf die Zielgruppe eine gewisse Ungenauigkeit beinhalten, so dass lediglich über den Zusatz zu Beginn eine annähernd geeignete Formulierung erzeugt wird. Nach diesem Hinweis wird im Folgenden – auf Grund einer besseren Lesbarkeit – auf den vollständigen Titel verzichtet. In dem Bewusstsein, dass je nach Argumentation beide Beschreibungen gleichermaßen geeignet sind und auch der Einbezug der zweiten Dimensionen Transitionen keine Tendenzen aufzeigt, fällt die Entscheidung zugunsten der systemischen Perspektive aus. Die Gründe für die Zielgruppenwahl sind vielfältig und beginnen mit dem Übergang in das Schulsystem, welches in diversen entwicklungspsychologischen Theorien explizit oder implizit hervorgehoben wird (siehe u. a. Phaseneinteilung von ERIKSON bzw. PIAGET, Tab. 3 und 4). Zudem kann der Schuleintritt als ein kritisches Lebensereignis aufgefasst werden, da es sich um eine für das Kind neue Situation handelt, welche mit den bisherigen Handlungsmustern nicht vollständig bewältigt werden kann und dementsprechende Umstellungen erfordert (vgl. GRASS & KNÖRZER 2000,151). An dieser Stelle sei auf BRONFENBRENNERS Übergangsmanagement verwiesen, bei dem die Veränderungen der Rolle oder des Lebensbereiches, die sog. ökologischen Übergänge, eine entscheidende Bedeutung für den Entwicklungsverlauf innehaben (vgl. 1989, 22). Derartige Umbruchphasen bedeuten ein Vielzahl von Belastung und implizieren neue An- und Herausforderungen an die emotionale, kognitive und soziale Kompetenz (vgl. GERKEN ET AL. 2002, 120). Transitionen erfordern daher eine umfassende Bewältigungsarbeit, die je nach dem individuellen Zusammenwirken der transaktionalen, biopsychosozialen Faktoren (siehe Abschnitt 2.3) gelingen oder misslingen kann (vgl. GRASS & KNÖRZER 2000, 152). Dieser Argumentation folgend bedarf die Zeitspanne während bzw. nach einem Entwicklungsübergang besondere Beachtung und einer umfassenden Unterstützung (vgl. HOTTINGER, JÄGER, LEUCHTER, TETTENBORN, VOGT & WANNACK 2001, 10). Im Hinblick auf die noch zu thematisierenden Verhaltensauffälligkeiten ist anzuführen, dass Entwicklungsprobleme im Kindesalter nicht per se zu langfristigen, klinisch relevanten Störungen führen, aber dennoch die weitere Anpassung des Kindes erschweren (vgl. SCHELL 2011, 15). So sind bereits im Kindergartenalter Prädiktoren für Entwicklungsprobleme und Anzeichen für Verhaltensstörungen zu beobachten (vgl. HENNEMANN & HILLENBRAND 2005, 136), welche sich bei einem ungünstigen Verlauf zunehmend verfestigen, mangelnde sozial-kompetente Verhaltensweisen nach sich ziehen und somit die Defizite in der Informationsverarbeitung größer werden lassen (vgl. BEELMANN 2000, 31 PETERMANN 2004, 16). Diese Schlussfolgerungen finden Bestätigung in zahlreiche Studien (siehe CASPI, DICKSON, MOFFITT, SILVA & STANTON 1996 FORGATCH, PATTERSON, STOOLMILLER & YOERGER 1998 ESSER, LAUCHT & SCHMIDT 2000), die eine hohe Persistenz von Verhaltensauffälligkeiten und somit einen relativ stabilen Entwicklungsverlauf von Verhaltensstörungen nachweisen (vgl. BEELMANN 2000, 16 ff. HENNEMANN & HILLENBRAND 2005, 131 f.). Zudem wird die Persistenz – neben der Anzahl der Risikofaktoren, der Häufigkeit des Auftretens, der Komorbidität, etc. – durch einen frühen Entstehungszeitpunkt erhöht (vgl. BEELMANN 2000, 30 zit. nach HENNEMANN & HILLENBRAND 2005, 132). Ein maladaptives Verhalten im Primarstufenalter stellt demzufolge ein erhebliches Entwicklungsrisiko mit ungünstiger Prognose (HENNEMANN & HILLENBRAND 2007) dar, wohingegen durch eine geeignete Förderung die Auftretenswahrscheinlichkeit oder der Schweregrad vermindert werden können (vgl. EBD. 2005, 136). Auf Grund dieser Ergebnisse und in Anbetracht der oben aufgeführten Prävalenzraten erscheint es sinnvoll, mit der Forschung zur Selbsteinschätzung des Verhaltens bereits zu Beginn des Primarstufenalters anzusetzen und ggf. unterstützende Maßnahmen anzubieten. Des Weiteren ist hinzuzufügen, dass die Wahl der Altersgruppe gleichermaßen aus der eingangs erwähnten Forschungslücke (siehe Einleitung) resultiert. Nach dem Hinweis auf die Prävalenzraten von Kindern im Primarstufenalter erfolgt nachstehend eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik Verhalten und Verhaltensauffälligkeiten (…). Kapitel 2.1.3, Selbsteinschätzung: In der pädagogischen und psychologischen Fachliteratur existieren viele Begriffsbestimmungen, die sich auf den Aspekt des Selbst beziehen. Für den hier fokussierten Ausdruck der Selbsteinschätzung ist dahingegen trotz intensiver Recherche keine eindeutige definitorische Umschreibung ausfindig zu machen. Die Publikationen, die sich mit der Selbsteinschätzung von Kindern im Primarstufenalter befassen, sind zumeist im didaktischen Bereich zu verorten, wodurch vorwiegend eine aufgaben- bzw. leistungsspezifische Ausrichtung vorhanden ist (siehe u. a. HOGH 2007, 40 f. RÖBE 2007, 6-9). Bei einer Vielzahl der Veröffentlichungen ist eine oberflächliche Begriffsverwendung festzustellen, die sich durch den synonymen Gebrauch der Ausdrücke Selbstbewertung , Selbstbeurteilung , Selbstbeobachtung , Selbstwahrnehmung sowie Selbsteinschätzung auszeichnet (vgl. WINTER 1991, 48). Der aktuelle Sachverhalt ermöglicht daher keinen Rückgriff auf eine bestehende Begriffsbestimmung. Beginnend mit dem Teilwort Selbst , welches vielfache Bedeutungen aufweist (vgl. EBD., 47), bezeichnet dieses in erster Linie den ‚Wesenskern' oder ‚Urgrund des personalen Seins' (FRÖHLICH 2000, 396). Bei der weiteren Konkretisierung orientiert sich die Forscherin an den begrifflichen Erklärungen von GEORGE H. MEAD (Symbolischer Interaktionismus) THEODORE M. NEWCOMB (Sozialpsychologie) sowie TALCOTT PARSONS (Handlungstheorie), wonach das Selbst die Grundstruktur von Einschätzungen der eigenen Denk- und Handlungsweisen im Hinblick auf Eigenheiten des sozialen Bezugssystems (FRÖHLICH 2000, 396) darstellt. Obwohl dieses Verständnis dem gesuchten Begriff bereits sehr nahe kommt, erscheint es sinnvoll das Teilwort Selbst explizit zu ergänzen, da mit der Geburt eines Lebewesens zwar von einem Selbst , aber nicht von der Fähigkeit der Einschätzung der eigenen Denk- und Handlungsweisen auszugehen ist. Bei der genaueren Auseinandersetzung mit den oben genannten Synonymen stößt die Forscherin auf eine Ausführung von FRÖHLICH, welche besagt, dass aus der Selbstbeobachtung [des] Verhaltens auf [die] inneren Zustände, Gefühle und Motive (2000, 397) und somit auf das Erleben zu schließen sei. Dieses Verständnis verdeutlicht, dass sich Erlebensweisen im Verhalten des Menschen äußern und dass diese in Wechselwirkung miteinander stehen (vgl. HOBMAIR 2005a, 15 f.). Durch die Selbstbeobachtung kann demnach sowohl ein Zugang zu den beobachtbaren als auch zu den inneren Vorgängen des Menschen geschaffen werden. Dieser Zugang sagt allerdings wenig über die subjektive Einordnung der beobachteten Vorgänge aus, so dass der Beobachtungsebene eine Bewertungsebene hinzuzufügen ist. In Anlehnung an SKINNERS kognitivistischen Ansatz zur Selbst-Kontrolle , welcher über die Mechanismen der Selbstüberwachung, -beobachtung und -bewertung schließlich zur Steuerung des Verhaltens gelangt (vgl. ROST 2001, 517 f.), erscheint die besagte Kombination zweckmäßig. Zudem ist bei SCHENZ zu lesen, dass Menschen erst durch den wertenden Vergleich mit anderen Individuen zur Selbsteinschätzung gelangen, so dass eine subjektive Einschätzung des Verhaltens u. a. das Vorliegen von vergleichbaren Handlungen verlangt (vgl. 2004, 28). Eine Selbsteinstufung erfordert demzufolge das Beobachten eigener Vorgänge, die Kenntnis über kulturspezifische Erwartungen des sozialen Umfelds sowie eine Zuordnung der beobachteten Inhalte durch den Vergleich mit der sozialen Bezugsgruppe, welcher unter Einbezug von dessen Rückmeldungen erfolgt (vgl. FRANZ 1987, 26). Den vorangegangenen Überlegungen zufolge setzt sich der hier angewandte Begriff der Selbsteinschätzung des eigenen Verhaltens (SEdV) aus zwei aufeinander aufbauenden Komponenten zusammen: - Selbstbeobachtung des eigenen Erlebens und Verhaltens - Selbstbewertung des eigenen Erlebens und Verhaltens im Person-Umwelt-Bezug unter Einfluss des vorliegenden Norm-Werte-Systems. Die Forscherin geht davon aus, dass sowohl innere als auch äußere Bedingungen die Ausbildung der Selbsteinschätzung wechselseitig beeinflussen. Die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung ist dementsprechend u. a. von der Begleitung und Unterstützung der Bezugspersonen des sozialen Umfeldes abhängig (vgl. ALTGELD, KLAUDY, STÖBE-BLOSSEY & WECKER 2010, 56). Demzufolge wird der Begriffsfindung eine interaktionistisch-systemische Perspektive zugrunde gelegt, die sowohl biologische, psychologische und soziale Aspekte (der Vergangenheit und der Gegenwart) einbezieht. In Anbetracht einer Erhebung der Selbsteinschätzung erschien es zunächst naheliegend, den Kompetenzbegriff in die engere Begriffsbestimmung mit einzubeziehen. Während der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema der Studie rückt die Bezeichnung jedoch aus dem Zentrum der Betrachtung, wodurch an dieser Stelle lediglich auf die Publikationen von SAARNI verwiesen wird, dessen theoretischen Überlegungen zu den acht Fertigkeiten sich für den vorliegenden Kontext anbieten (siehe SAARNI 2002). Nach der Vermittlung des zugrundeliegenden Verständnisses der drei Begrifflichkeiten ist eine detaillierte Darstellung des oben erwähnten Bezugsmodells erforderlich.

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