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- PR-Kampagnen und PR-Ethik im Kunstbetrieb: Mechanismen der Skandalisierung am Beispiel der Kampagne für die Ausstellung „nackte männer“ im Leopold Museum Wien
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Problem, welches im Rahmen dieser Studie bearbeitet werden soll, bezieht sich auf die Annahme, ob man bei der PR Kampagne für die Ausstellung ‚nackte männer‘ des Leopold Museums aus dem Jahr 2012/13 von einem Konflikt mit PR-ethischen Grundsätzen sprechen kann und welche Mechanismen der Skandalisierung von PR- Kampagnen dabei ,beziehungsweise generell im Kunstbetrieb, bedacht werden müssen. Weiterführend ist es notwendig abzugrenzen, welche Parameter aus Sicht der aktuellen PR-Ethik bedacht werden müssen, sowie die spezifischen Dimensionen der Skandalisierung in PR-Kampagnen unter spezieller Berücksichtigung des Kunstbetriebs, um die Theorie auf das praktische Ereignis der Ausstellungskampagne übertragen zu können.
Textprobe: Kapitel 3, Die Anatomie des Medienskandals: Im folgenden Kapitel sollen die Bestandteile und notwendigen theoretischen Inhalte rund um das Verständnis des Skandals beziehungsweise des Medienskandals aufgezeigt werden. In Anlehnung an die bereits dargebrachte definitorische Eingrenzung des Begriffs in Kapitel 1.2.1. sollen aktuelle Studien und Erhebungen rund um die Thematik der Skandalisierung das Thema zur breiteren Betrachtung öffnen. Abschließend wird dieses Kapitel das von Kepplinger (u.a.) entwickelte Zwei-Komponenten-Modell der Nachrichtenwerttheorie behandeln. 3.1, Einführung in die Skandalforschung: ‘Skandale machen nicht nur Normverletzungen in großem Stil sichtbar und produzieren öffentliche Empörung über ein vermeintliches Fehlverhalten, sondern legen im Verstoß die Regeln und Dispositive der jeweiligen diskursiven und performativen Praxis – gerade auch für die wissenschaftliche Analyse –offen.’ (Bulkow / Petersen 2011: S. 9) Diese Offenlegung eines Ereignisses und der daraus resultierende wertende Umgang mit einem Sachverhalt von Seiten einer oder mehrerer öffentlicher Gruppen steht par excellence für die Grundlage eines beliebigen Skandals in der Geschichte. Obwohl die absolute Mehrheit der in der Skandalforschungsliteratur diskutierten Fälle politischer/ökonomischer Natur sind, wie zum Beispiel der Müllermilchskandal (vgl. Kepplinger 2005: S. 27ff) oder aber der weitgreifende Skandal um den 2. Golfkrieg und die Bush Affären (vgl. Burkhard 2006: S. 24-27) gibt es auch in dieser Tradition Ausnahmen. Die Geschichte der Skandalforschung zeigt, dass nicht nur politische/ökonomische Anliegen genug Sprengkraft besitzen um einen ausgereiften gesellschaftlichen Skandal zu provozieren, sondern das kulturelle Querschläger aus Literatur, Kunst oder Musik ebenfalls in die Betrachtungen rund um die Skandalisierung miteinbezogen werden müssen (vgl. Holzner 2011: S. 249-250). Ein explizites Beispiel der jüngeren Geschichte stellt die Affäre der Ausstellung Freeze, welche sich um die damals neu-initiierte Gruppe Young British Artists organisierte, dar. Diese für die jüngste Kunstgeschichte maßgebliche Ausstellung diente als Katalysator zur Neuformierung der gesellschaftlich konventionellen Haltung, welche durch die radikale Hinwendung zu provokativen Exponaten mit bewusst verstörenden Motiven von toten Bräuten und verstümmelten Körpern kokettierte. Der Skandal blieb nicht aus und die Künstler sahen sich mit tiefgreifenden rechtlichen, medialen sowie sozialen Problemen von Seiten des Publikums konfrontiert (vgl. Steinborn 2011: 278-282). Steinborns Ausführungen zeigen sehr direkt einen Grundaspekt der Skandalforschung, nämlich dass nicht die ideologische Grundlage des Skandals von Bedeutung ist, sondern seine Effekte. Somit unterscheiden sich politische Skandale in ihrer theoretischen Konzeption nicht von kulturellen Skandalen, da sie beide auf einem gemeinsamen Anspruch basieren, nämlich der Verletzung eines Tabus (vgl. Buklow / Petersen 2011: S. 10) ‘Ein künstlerisches Statement wird hier zu einem Politikum.’ (Buklow / Petersen 2011:S. 10) 3.2, Theorie und Empirie der Skandalforschung: Der Begriff des Medienskandals wurde bereits im Kapitel 1.2.1. eingegrenzt und daher wird hier die Bedeutung des reinen Skandalbegriffs im Kontext seiner Theorie erfasst. Ein bestehender Konsens in der Skandalforschung ist Neckels Skandaltriade, welche sich mit den Akteuren eines Skandals auseinandersetzt. Er unterscheidet hierbei in drei Kategorien: - der Skandalierte, der einer Verfehlung von öffentlichem Interesse öffentlich bezichtigt wird. - der Skandalierer als einer, der diese Verfehlung öffentlich denunziert. - mehrere Dritte, denen über das, was zum Skandal geworden ist, berichtet wird und die daraufhin eine wie auch immer geartete Reaktion zeigen (vgl. Neckel 1986: S. 585). Burkhardt ergänzt das Narrationsschema im Fall des Medienskandals um die verschiedenen Subsysteme, mit welchen der Skandalierer konfrontiert wird. Er unterscheidet hierbei die unterschiedlichen, von den skandalisierten Ereignissen und Personen betroffenen Subsysteme in das Mediensystem als Selbstbeobachtungsorgan der Gesellschaft und das Entscheidungssystem der Politik/Kultur/Wirtschaft etc. (vgl. Burkhardt 2006: S. 207ff). Somit ergibt sich ein vielschichtiges Agitationsfeld für die Entwicklung/das Bestehen eines Skandals im medialen/gesellschaftlichen Raum, das nicht auf eine vereinzelte Rollenzuweisung bezogen werden kann. Der Skandal kann nicht nur durch die Einbindung des Auslösers sowie die reine Berichterstattung um ein nicht faktisches Ereignis oder die mangelnde Rezeption von Dritten hervorgerufen werden. Jegliche Art von Skandal und Medienskandal muss somit als ein dynamischer Prozess mit verschiedenen, in das Geschehen involvierten Parteien verstanden werden, die bei der Entstehung und Verbreitung des Sachverhalts beteiligt sind. Der Verlauf eines tatsächlichen Skandals ist jedoch im Vergleich zu seiner Rollenverteilung ein weitaus komplexerer Zustand. Wie für jede Aufarbeitung eines zeitlich fluktuierenden Sachverhalts üblich, formulierte in diesem Fall Burkhardt etwaige zeitliche Phasen, die dem Medienskandal zugrunde liegen. Er unterscheidet hierbei zwischen: - der Latenzphase In dieser Phase herrscht relativ wenig Berichterstattung. Es kommt zu einigen Schlüsselereignissen. - der Aufschwungsphase Hier scheint die Berichterstattung über die Schlüsselereignisse quasi abgeschlossen zu sein, jedoch bildet sich eine neue mediale Präsenz für das Thema. - der Etablierungsphase Der Medienskandal erreicht seinen Höhepunkt und es werden erste Lösungsversuche präsentiert um den Skandal aufzulösen. - der Abschwungphase Abnahme der Berichterstattung. Die Lösung für das Problem wird anerkannt. - der Rehabilitationsphase Das Thema wird effektiv nicht mehr beachtet. Der Medienskandal vergeht langsam (vgl. Burkhardt 2006: 181ff). Trotz der klaren theoretischen Trennung in Akteure und Phasen innerhalb des Skandals, bleibt dieser ein gesellschaftliches Phänomen, bei dem es trotz emotional oder politisch argumentativer Sprengkraft zu Blindgängern führt, die weder von den Medien noch von der betroffenen Öffentlichkeit rezipiert werden. Bulkow und Petersen verweisen diesbezüglich in Anlehnung an Pundt auf die Möglichkeit, den Skandal als ein zweidimensionales Konstrukt zu verstehen. In erster Instanz muss man den Sachverhalt verorten, der dem Skandal zugrunde liegt und ihn bei der medialen Durchdringung behindern kann. Auf zweiter Ebene steht folgerichtig der Vorgang der Skandalisierung, der als komplexes Kommunikationsverfahren begriffen werden muss und somit nur in Anlehnung an die thematische Abgrenzung in seine sozio-kulturellen Bereiche, sowie medialen Bezugspersonen Legitimation und ein effektives Resultat erzielt (vgl. Pundt 2008: S. 211, zitiert nach Buklow / Petersen 2011: S. 12). Die Narration des Skandals in seiner ersten Ebene kann grundsätzlich als eine Normüberschreitung verstanden werden (vgl. Neckel 1986: S. 57). Jedoch kann man diese soziologische Grundannahme in drei verschiedene Kategorien unterteilen, die entweder den Skandal als ein potentiell ‘menschliches Phänomen’ (Neu 2004: S. 4, zitiert nach Buklow / Petersen 2011: S. 13) verstehen, wonach Menschen möglicherweise normwidrig handeln können, oder aber als eine Übertretung innerhalb der in einer Gesellschaft existierenden Werte, wobei sich Werte nicht nur in verschiedene Kategorien, sondern in sozio-kulturelle Schemata unterteilen lassen. Ein dritter Unterscheidungspunkt der inhaltlichen Bedeutung des Skandals bezieht sich auf generelle Unterschiede von gesamten Kulturen, die sich über die Geschichte ihrer Existenz oder Religion manifestierten (vgl. ebda.). Auf der zweiten Ebene von Pundts Verständigungsmodell des Skandals befindet sich die direkte Skandalisierung, welche durch die mediale Verbreitung transportiert wird. ‘Ohne Medien gäbe es Skandale allenfalls auf dem lokalen Niveau […]. Medien machen aus latenten Skandalen manifeste Skandale, und zwar durch Enthüllungen’ (Preiser 1990: S. 15f) Dass Skandale anhand der Medien nicht nur gesellschaftlich normwidriges Verhalten von Institutionen/Personen anprangern, sondern in gleicher Weise soziale Missstände aufzeigen und kritisieren können, verdeutlicht die doppelte Notwendigkeit von Medienskandalen. Dies überträgt sich auch auf die Verbreitungsgeschwindigkeit des Skandals. Kepplinger betont, wenn man den Medienskandal mit einem Laborexperiment vergleicht, fällt einem auf, dass sich Urteilsnormen im künstlichen Umfeld binnen Sekunden/Minuten bilden. Im tatsächlichen Milieu des Skandals wird dieser Prozess jedoch gravierend entschleunigt. Dies wird unter anderem durch die zu wertenden Berichte in der Presse oder Meinungsbildner erzeugt, da diese sich entweder positiv oder negativ zum besagten Sachverhalt äußern und daher verschiedene Inputs zur Generierung einer selbstständigen Meinung bewertet werden müssen. Interessanterweise spricht Kepplinger die inhaltliche Aneignung von Presse-Meinungen in ihrer Visualisierung an. Laut seinen Angaben gleichen sich Presse-Meinungen der Verteidiger, der Skandalisierten und Aussagen über die extremen Urteile der Skandalierer inhaltlich an (vgl. Kepplinger 2005: S. 23). Der daraus resultierende Medieneffekt um einen öffentlichen Skandal wäre eine intensive Sublimierung einer einseitigen Meinungsbildung aufgrund negativer Berichterstattung. Dieser Umstand ergibt sich aus der heterogenen Mediennutzung der Rezipienten sowie der Meinungsverteilung in gesellschaftlichen Kreisen (vgl. Kepplinger 2009a: S. 245f).
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