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- Öffentliche Kontroversen und ihre Darstellung in den Medien: Die Erzeugung von Sichtweisen in überregionalen Tageszeitungen am Beispiel von Günter Grass und Peter Handke
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Die erste Ziffer im Pressekodex des Deutschen Presserates formuliert einen qualitativ hohen Anspruch an die Vertreter der Vierten Gewalt , dessen Realisierung angesichts der zahlreichen sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten, individuellen Subjektivität und polarisierender Kontroversen immer wieder neu geprüft werden muss. Längst ist klar, dass sich Ereignisse nicht neutral darstellen lassen, journalistische Medien müssen sich für eine Interpretation entscheiden. Angesichts des breiten Spektrums an Medien und der quantitativen Nutzung der Massenmedien ist ein kritischer Umgang mit denselben erforderlich, den Rezipienten nur herstellen können, wenn sie über das notwendige Wissen zur Entstehung von unterschiedlichen Sichtweisen verfügen. Anhand der Diskussion um Günter Grass und seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS sowie die Kritik an der Verleihung des Heinrich-Heine-Preises an Peter Handke werden allgemeine Grundlagen des Pressewesens erläutert und die Darstellung der beiden Kontroversen in überregionalen Tageszeitungen analysiert.
Textprobe: Kapitel 2.3.1, Hauptformen der Informationswiedergabe aus journalistsicher Sicht: Eine mögliche Klassifikation der Textsorten findet sich bei Walther von La Roche. Ergeht von dem Grundsatz aus, dass zwischen Nachricht und Meinung eine strikte Trennung vorzunehmen ist, und unterscheidet daher informierende und meinungsäußernde Darstellungsformen. Es werden insgesamt sieben informierende und drei meinungsäußernde Darstellungsformen unterschieden, wobei nicht alle für meine Zwecke relevant sind. Ich stelle daher nur die wichtigsten Formen vor. Die Nachricht: La Roche verwendet den Begriff Nachricht mit zweifacher Bedeutung. Einerseits versteht er den Begriff inhaltlich im Sinne von Mitteilung, Information . Andererseits bezeichnet er damit auch die journalistische Darstellungsform und verwendet den Begriff daher formal. La Roche definiert die Nachricht als objektive Mitteilung eines allgemein interessierenden, aktuellen Sachverhalts in einem bestimmten formalen Aufbau. Der zu publizierende Stoff muss also zunächst einmal aktuell sein. Das heißt, dass der Abstand zwischen Ereignis und Berichterstattung möglichst gering sein muss. La Roche unterscheidet zudem Aktualität im weiteren Sinne, was sich auf die Aufnahmebereitschaft des Publikums für ein bestimmtes Thema bezieht. Damit eng verbunden ist das zweite Kriterium für eine Nachricht. Nachrichten müssen interessant sein und die Aufmerksamkeit möglichst vieler Leser auf sich ziehen, also von allgemeinem Interesse sein. Dieser Allgemeinheitsbegriff kann aber sehr speziell sein. Beispielsweise ist ein Lokalereignis in München für Leser in Dortmund oder Hamburg vermutlich völlig uninteressant. Bei der Auswahl des Stoffs muss der Redakteur also berücksichtigen, was für möglichst viele Leser interessant sein könnte. Interesse erzeugen vor allem Faktoren wie Prominenz, Nähe, Gefühl, Konflikt, Dramatik, Folgenschwere oder Kuriosität. Hier unterscheidet man harte (hard news) und weiche Nachrichten (soft news). In den Bereich der harten Nachrichten fallen politische, wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, während sich weiche Nachrichten, die mehr der Unterhaltung dienen, mit Themen wie Prominenz und menschlich rührende Begebenheiten befassen. Eine Nachricht muss zudem einen bestimmten formalen Aufbau haben. Die gebräuchlichste Form der Nachricht ist der Climax-First-Stil, bei dem das Wichtigste der Nachricht zu Beginn dargestellt wird. Im Lead (Vorspann) wird daher zunächst das Ergebnis einer Verhandlung dargestellt, während anschließend Verlauf und Umstände erklärt werden, die zu diesem Resultat geführt haben. Der Lead gibt außerdem Antworten auf die sogenannten W-Fragen (Wer hat was, wo, wann, wie und warum getan?). Ein solcher Nachrichtenaufbau hat sowohl für den Redakteur als auch für den Leser Vorteile. Zum Einen lässt sich die Nachricht gut kürzen, falls technische Umstände dies erfordern. Der Lead muss deshalb so aufgebaut sein, dass er als vollständige Kurznachricht gedruckt werden kann. Zum Anderen kann sich der Leser sehr schnell einen Überblick über die neuesten Nachrichten verschaffen und muss sich nicht durch einen Text hindurcharbeiten auf der Suche nach dem Nachrichten-Kern. Auf die beiden Kriterien ‘Sachlichkeit’ und ‘Ausgewogenheit’ einer Nachricht gehe ich in Kapitel 2.4 ein, wenn es um die Frage geht, wie objektiv Berichterstattung sein kann. Bericht: Der Bericht unterscheidet sich von der Nachricht durch seine Länge und die Ausführlichkeit, mit der Themen behandelt werden. Über die reinen Nachrichtenfakten hinaus werden Zusammenhänge, Vorgeschichten, Hintergründe und Konsequenzen berücksichtigt. Das strenge Aufbauprinzip der Nachricht gilt auch für den Bericht, allerdings ist es hier nicht für einzelne Sätze gültig, sondern für ganze Absätze. Der erste Absatz gilt als Lead und sollte die wichtigsten Fakten enthalten. In den folgenden Absätzen erfährt der Leser dann immer mehr Details. Fritz Csoklich siedelt den Bericht zwischen Nachricht und Reportage an, da einerseits der formale Aufbau und die sachliche Darstellung der Nachricht, andererseits aber die Aufnahme einzelner Stimmungen den Bericht auszeichnen. Der Bericht hingegen vermeidet die phantasievolle Subjektivität, er bemüht sich, wie die Nachricht, um eine sachliche Darstellung, nimmt aber doch manch Atmosphärisches in sich auf und verleugnet die persönliche Handschrift seines Autors auch nicht ganz. Dennoch muss das Geschehen, über das der Leser umfassend informiert werden soll, das Wichtigste im Bericht bleiben. Berichte können in Tatsachenberichte, Handlungsberichte und Zitatenberichte unterteilt werden. Im Tatsachenbericht geht es vor allem um die Zusammenfassung, Zuordnung und Gewichtung von Fakten ohne subjektive Wertung. Im Handlungsbericht wird der Ablauf eines Ereignisses geschildert, wobei der konkrete Endpunkt aber an den Anfang gestellt wird. Im Zitatenbericht werden Aussagen in Reden und Diskussionen komprimiert. Kernaussagen werden dabei herausgehoben und an den Anfang gestellt. Hermann Schlapp unterscheidet zudem noch den Erlebnisbericht, der stark subjektiv gefärbt, aber mit recherchierten Fakten angereichert und daher nüchterner als eine Reportage ist. 2.3.2 Hauptformen der Informationswiedergabe aus linguistischer Sicht: Im Folgenden beziehe ich mich auf Bucher (1986) und stelle seine Klassifizierung der Textsorten vor. Dafür greife ich einige Kritikpunkte Buchers an der oben dargestellten Klassifizierung auf und entwickle daran Buchers Klassifikation. Klassifikation nach Bucher: Als wichtigen Kritikpunkt der oben vorgestellten journalistischen Klassifikation von Darstellungsformen nennt Bucher einen dieser Klassifikation zugrunde liegenden Kategorienfehler. Am Beispiel der oben vorgestellten Klassifikation La Roches zeigt Bucher, dass nicht hinreichend zwischen Textqualitäten und kommunikativen Prinzipien einerseits und Textmuster und Textäußerung andererseits unterschieden wird. Den einzelnen Kriterien fehlt es dadurch an Klarheit. Diese Offenheit bezüglich des Kriteriums allgemeines Interesse hätte zur Folge, daß je nach Beurteilung eine Mitteilung zugleich als Nachricht und als keine Nachricht gelten könnte. Üblicherweise besteht der Konflikt in dieser Art von Fällen aber darin, daß dieselbe Nachricht von der einen Seite für interessant und wichtig gehalten wird, von der anderen Seite aber für uninteressant und unwichtig. Das Beispiel zeigt, dass die von La Roche und anderen Autoren verwendeten Ausdrücke wie objektiv , interessant , aktuell , wichtig nicht deskriptiv, sondern evaluativ sind. Sie können daher nicht zur Beschreibung von Darstellungsformen verwendet werden, sondern nur alsWertadjektive zur Beurteilung der Darstellungsformen dienen. Eine Meldung kann als uninteressant, unwichtig oder nicht objektiv bezeichnet werden, ohne dass sich die Textsorte ändert. Um eine solche Bewertung überhaupt vornehmen zu können, muss der Leser den Beitrag bereits einer Textsorte zugeordnet haben. Merkmale der Textsortenqualität können daher nicht zur Bestimmung von Textsorten verwendet werden.[...]
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