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- „No body's perfect“: Theaterarbeit mit ehemaligen Drogenabhängigen
Kunst & Kultur
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 120
Abb.: 9
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Weg aus der Sucht braucht Zeit, wie alle Veränderungen im Leben. Ein erfolgreich abgeschlossener Entzug und ein Aufenthalt in einer stationären Langzeittherapie bedeutet für Ex-User nicht, dass das Thema Drogen aus deren Leben verschwunden ist. Vielmehr handelt es sich bei einer Abhängigkeit immer um ein Thema, dass sich durch das ganze Leben zieht. Ein Rucksack der sich immer wieder meldet und vielleicht sogar auf die Rückfallstraße führt. Eine cleane Lebensweise muss erst mühsam und in kleinen Schritten neu erlernt werden. So steht ein ehemals Abhängiger nach der Therapie erstmal vor einer großen Herausforderung. Der strukturierte Alltag bricht weg, ein neues, unbekanntes Umfeld wird betreten. Die Vielfalt an gesellschaftlichen Anforderungen kann sich anfangs überfordernd auswirken. Ein Dschungel, in dem sich die betroffene Person orientieren muss und Hilfe und Unterstützung benötigt, um sich positiv entwickeln zu können. Das Buch greift diese Problematik auf und stellt im ersten Kapitel die Bedeutung einer Abhängigkeit dar. Ein kurzer Streifzug durch die Lebenswelten und Lebensweisen von Heroinabhängigen ergibt ein umfassendes Bild und lässt die anfängliche Problematik einer cleanen Lebensweise von Ex-Usern verstehen. Im zweiten Kapitel wird die Theaterarbeit in ihrer Theorie beleuchtet. Es wird deutlich, dass sich Theaterarbeit nicht nur auf die Persönlichkeitsentwicklung unterstützend auswirken kann, sondern auch soziale Kompetenzen geschult sowie das Selbstbewusstsein gestärkt werden können. Die Autorin schneidet die vielfältigen Möglichkeiten von Theaterarbeit auf die Zielgruppe ehemals Abhängiger zu und ermittelt deren Auswirkungen. Zitate und Lebensgeschichten von Ehemaligen begleiten durch das Buch und lassen es lebendig werden. Als Grundlage des Buches dient die Wilde Bühne e.V. - ein soziokulturelles Forum für ehemalige Drogenabhängige in Stuttgart, welche durch Theaterarbeit in der Sucht- und Gewaltprävention arbeitet. Die Idee für dieses Buch entstand während einer Praxiszeit der Autorin bei der Wilden Bühne e.V.. No body’s perfect ist aber nicht nur ein Buchtitel, sondern auch ein authentisches Theaterstück zum Thema Essstörungen, welches durch die Lebens- und Suchtgeschichten der Ehemaligen inspiriert wurde und für die Präventionsarbeit an Schulen und Jugendzentren verwendet wird. In dem vorliegenden Buch wurden die Arbeitsweise der Wilden Bühne e.V., sowie die Entwicklungszeit des Stückes, dokumentiert und im letzten Kapitel anhand von Interviewaussagen ausgewertet. Es wird sichtbar, welche unterstützenden Auswirkungen die Theaterarbeit auf eine cleane Lebensbewältigung der Ehemaligen haben kann und die Wilde Bühne e.V. so, unter Anderen, eine Chance zur Integration in die Gesellschaft bietet. Das Buch stellt die einmalige Kombination von Prävention, Nachsorge und Kultur anhand der Wilden Bühne e.V. anschaulich dar und eröffnet durch die Arbeitsweise einen kreativen Zugang zur Zielgruppe, wie das ansonsten in der Sozialen Arbeit kaum möglich ist.
Textprobe: Kapitel 6.5, Wirkungen auf ehemalige Drogenabhängige: Die Wilde Bühne e.V. wirkt durch ihre Arbeit auf die Ehemaligen rückfallstabilisierend und kann vor allem durch die Theaterarbeit eine wichtige Hilfe in der Entkulturation für die Ehemaligen sein. Laut Lea Busch ordnet die Theaterarbeit der Wilden Bühne e.V. keiner speziellen Richtung zu. Dies habe sie glücklicherweise umgangen. Sie vereine therapeutische, pädagogische und künstlerische Aspekte in einem. Des Weiteren zeige sie Wirkungen nach innen sowie nach außen auf. Die Wirkungen von Theaterarbeit auf ehemalige Drogenabhängige werden an dieser Stelle nur kurz skizziert, da vieles schon in den vorher beschrieben Punkten sowie im Teil 2 erwähnt wurde. Eine Trennung zwischen der Wilden Bühne e.V. als Nachsorgeeinrichtung und Theatereinrichtung ist nicht möglich, da die beiden Bereiche ineinanderfließen. 6.5.1. Therapeutische Wirkungen: Wenn man mal eine Rolle ausprobieren kann und da was über sich erfährt (…) womit man arbeiten kann (…), wirkt das therapeutisch. . Wie Lea Butsch erklärt auch Baudis, dass sich Theaterarbeit therapeutisch auf die Betroffenen auswirken kann. Er führt aus, dass eine Drogentherapie verschiedene Eigenschaften anbietet, welche in der Theaterarbeit wieder zu finden sind. Dadurch kann die Theaterarbeit spielerisch an die Drogentherapie anknüpfen. Dies können Eigenschaften sein wie Handlungs- und Erlebnisorientierung, Spontaneität, das Experimentieren sowie die Förderung von Selbstwahrnehmung. Zugänge zur eigenen Welt werden ermöglicht, und die Orientierung an Ressourcen fördert gemeinsames Lernen durch Gruppenarbeit, indem sich der Einzelne präsentieren kann. 6.5.2. Pädagogische Wirkungen: Wenn Abfahrt ist um 7:15 Uhr, dann ist Abfahrt um 7:15 Uhr, da kann man nicht um 8 Uhr kommen. (…) Da muss man jemanden auf den Weg bringen, damit er wieder alltagstauglich wird. . Die Wilde Bühne e.V. wirkt pädagogisch, indem sie zur Verantwortungsübernahme anhält. Dies geschieht bspw., indem Verbindlichkeiten eingehalten werden müssen. Hier sind z.B. das Einhalten von bestimmten Uhrzeiten zu nennen, aber auch die Anwesenheit bei Auftritten, um die Gruppe nicht im Stich zu lassen. Doch all die Anforderungen erfordern Kraft und Stärke, die nicht jeder Ehemalige von Anfang an mitbringt. Durch das künstlerische Arbeiten kann die Persönlichkeitsbildung sowie die Schaffung einer Ich-Identität ohne große Mühe und Aufwand unterstützt werden, wodurch die Kraft entwickelt werden kann, welche die Ehemaligen brauchen. 6.5.3. Künstlerische Wirkungen: Wir sehen uns als die soliden Kunsthandwerker. . Durch Kunst kann eine öffentliche Bühne erschaffen werden, auf welcher die SpielerInnen die Chance haben, sich selbst auszudrücken und bspw. anhand eines selbst entwickelten Theaterstücks (wie No body’s perfect ) gesellschaftskritische (und meist auch autobiographische) Themen zu kommunizieren. Die SpielerInnen haben so die Möglichkeit, ihren Beitrag als Teil des gemeinsamen Kulturschaffens zu verstehen und sich selbst als sinnvolle Gemeinschaft zu erkennen. Folglich können an dieser Stelle sowohl persönliche als auch gesellschaftliche Entwicklungen angestoßen werden. 6.5.4. Innen- und Außenwirkungen: Wenn du was an dir selbst veränderst, muss sich dein Umfeld mit verändern. . Die Wilde Bühne e.V. arbeitet im Feld der Sucht- und Gewaltprävention und vereint alle Ebenen der Prävention in einem Konzept. Zum einen in der primären Prävention, welche sich mit Maßnahmen befasst, um dem Konsum von Drogen vorzubeugen. Dazu gehen die Ehemaligen in verschiedene Schulen und bieten durch die Wilde Bühne e.V. Theaterstücke und Gespräche zur Suchtthematik an. Zum anderen in der sekundären und tertiären Präventionsebene, da sie mit den ehemals Abhängigen arbeitet und auf diese durch ihre Arbeit rückfallstabilisierende Wirkungen hat das heißt, die Suchtpräventionsveranstaltungen in den Schulen wirken sich durch die Ehemaligen auf die SchülerInnen nach außen hin aus, wohingegen die Arbeit mit den SchülerInnen sich wieder auf die Ehemaligen nach innen auswirkt. So wirkt die Wilde Bühne e.V. nach innen als Nachsorgeeinrichtung auf die Ehemaligen selbst und nach außen hin auf die SchülerInnen oder Gesellschaft durch die Präventionsarbeit. Die Innen- und Außenwirkungen durch die Theaterarbeit können, laut Lea Butsch, auch als drei Kreise beschrieben werden. Der Kern des Kreises ist die Persönlichkeit des/der einzelnen Spielers/Spielerin. Umgeben wird dieser von dem Kreis der SpielerInnengruppe. Dieser wiederum ist umschlossen von dem Kreis der Gesellschaft. Alle Kreise stehen in einer Wechselwirkung bzw. Rückkoppelung zueinander.
Daniela Binder, geboren 1982, hat im Jahr 2010 an der Hochschule in Ludwigsburg ihren Studiengang als Diplom Sozialpädagogin (FH) erfolgreich abgeschlossen. Bereits während des Studiums entwickelte die Autorin ein besonderes Interesse am Themenbereich Theaterpädagogik. Im Rahmen ihres Studiums absolvierte sie eine Praxiszeit bei der Wilden Bühne e.V. - einem soziokulturellen Forum für ehemalige Drogenabhängige, welche sie für die Arbeit an dem Buch inspirierte. In dieser Zeit konnte sie nicht nur die vielfältigen Möglichkeiten von Theaterarbeit im Bereich der Sucht- und Gewaltprävention kennen lernen, sondern auch bei der Entwicklung von einem Forumtheaterstück zum Thema Essstörungen ihre Fähigkeiten einsetzten. Nach ihrer Studienzeit assistierte sie bei der Projektfabrik e.V. in Berlin, einem Theaterprojekt für langzeitarbeitslose Jugendliche mit Migrationshintergrund, und begleitete die Gruppe mit zur Premiere des Stückes zartbitter. Sie absolvierte eine Weiterbildung zur Theaterpädagogin (BuT) bei der Theaterwerstatt Heidelberg.
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