- Sie befinden sich:
- Fachbücher
- »
- Kunst & Kultur
- »
- Musikschulen und allgemein bildender Musikunterricht an Ganztagsschulen: Chancen und Herausforderungen einer Kooperation
Kunst & Kultur
» weitere Bücher zum Thema
» Buch empfehlen
» Buch bewerten Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Kinder und Jugendliche erleben in der dynamischen Bildungslandschaft grundsätzliche Veränderungen. Durch Kürzung der Schulzeitlaufbahn und Ausbau der Ganztagsschulen findet ein Großteil des Alltages in der Schule statt. Außerschulische Musikangebote können nur begrenzt wahrgenommen werden. Die Bildungseinrichtungen Musikschule und allgemein bildende Schule müssen sich im Sinne der Gestaltung kommunaler Bildungslandschaften öffnen und sich notwendigerweise verzahnen. Kooperationen stehen vielerorts am Anfang einer Entwicklung, wie die aktuelle Debatte innerhalb der großen Musikverbände verdeutlicht. Aus eigenen Unterrichtserfahrungen mit Schülern aus Kooperationsmodellen wurde die Autorin auf vielfältige Probleme aufmerksam, die sie zur folgenden Fragestellung und schließlich zur Untersuchung bewegten: Inwieweit kann sich das Bewusstsein um Chancen einer realisierten Kooperation zwischen den Bildungsinstitutionen Ganztagsschule und Musikschule als Motivator für ein perspektivisches Herangehen an Probleme der Vernetzung erweisen? Dabei wird nach den Zielsetzungen und Intentionen der Musikpädagogen von Ganztagsschulen und Musikschulen sowie nach subjektiven Sichtweisen bezüglich der Musikvermittlung, der Organisation und Struktur von Kooperationsmodellen zu fragen sein. Es sollen Chancen und Probleme erörtert werden, die das Arbeitsfeld Kooperation gestalten. Musikschullehrer und Schulmusiker verschiedener praktizierender Musikalisierungsprogramme wurden für die vorliegende Untersuchung mithilfe von Leitfadeninterviews befragt.
Textprobe: Kapitel 2.4, Zur Kooperation von (Ganztags-) Schule und Musikschule: Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung sollen Chancen und Probleme der Kooperation von Musikschule und Musikunterricht an Ganztagsschulen im Zusammenhang mit ihrer musikpädagogischen Begründung und unterrichtspraktischen Umsetzung analysiert werden. Dafür ist zunächst notwendig, neben einem kurzen Anriss der Tradition von der Kooperationsidee, die beiden Institutionen Musikschule und allgemein bildende Schule gegenüberzustellen und Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zu bündeln. Auf diesem Fundament entspringen Positionierungen und Begründungen der großen Musikverbände, Ministerien, Musikpädagogen und Bildungswissenschaftlern für eine durchführende Kooperation zwischen den Institutionen. Kooperation hat sich zu einem Begriff entwickelt, der im Zusammenhang mit der Gestaltung kommunaler Bildungslandschaften fällt. Musikschule und allgemein bildende Schule ergeben ein Netzwerk musikalischer Bildung, der Ganztagsschule kommt in diesem Sinne eine Schlüsselrolle zu. Aufgrund dessen soll versucht werden, unter Einbeziehung der Positionierungen und Vorgaben der Gremien Musikpädagogen und Wissenschaftler Forderungen, Zielsetzungen und Chancen der Kooperation darzustellen und die Frage Quo vademus Musikschule und allgemein bildende Schule? zu ergründen. Anschließend werden Widersprüche und Probleme einer Zusammenarbeit zwischen Musikschule und allgemein bildender Schule aufgedeckt, die gegenwärtig bekannt sind. 2.4.1, Tradition der Kooperationsidee: Der Kooperationsgedanke geht in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Der Reformator der Schulmusik, Kerstenberg, und der Vater der Volksmusikschulidee, Jöde, hatten die Vorstellung einer umfassenden Gesamtbildung für alle Schichten der Gesellschaft in gegenseitiger Ergänzung von Schulmusik und Musikschule. Die Idee beinhaltet den heutigen Konzeptionsansatz, allen Kindern und Jugendlichen Musik zu vermitteln mit fokussiertem Blick auf sozial schwächere Elternhäuser. Die Kultusministerkonferenz stellte 1967 einen Mangel an Nachwuchs in musikalischen Berufen fest, woraufhin das Musikschulnetz ausgebaut und die Qualität des allgemein bildenden Musikunterrichts verbessert werden sollte. Es wurden sachverständige Berater eingesetzt, die zwischen allgemein bildender Schule und Musikschule Verbindungen schaffen sollten. Kooperationen sollten die verhaltene Musikerziehung rekultivieren. Die beiden Musikverbände vds und VdM beschäftigen sich seit ihrer Existenz mit dem Gedanken, wie Kinder und Jugendliche mit Musik bezüglich einer lebenslangen nährenden Erfahrung in Berührung kommen können. Beide Verbände sahen sich jedoch als Konkurrenten. Erst Ende der 80er Jahre fand eine Kommunikation bezüglich einer gemeinsamen Blickrichtung statt: ‘Nach vielen Jahren des Aneinandervorbeisehens und –redens hat sich in den letzten Jahren zunehmend das Bewusstsein dafür durchgesetzt, dass beide – Schulmusik und Musikschule – in einem Boot sitzen, und daß es immer dringlicher wird, gemeinsam zu planen und zu handeln. In den Vorständen der beiden Verbände, des VDS und des VdM, wurde die Notwendigkeit erkannt, grundsätzlich ins Gespräch zu kommen und [...] zu kooperieren.’ Aus der Stellungnahme zum Thema Schulische und außerschulische Musikpädagogik und Musikpflege – Situation, Probleme, Perspektiven innerhalb der vom DMR initiierten Arbeitsgemeinschaft Musikerziehung und Musikpflege für die Bund-Länder-Kommission ging 1979 die erste gemeinsame Erklärung der beiden Verbände zu Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen und Musikschulen hervor. Begründet wird eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Bedeutung der Musik für den Menschen und der Zielsetzung eines bewussteren Umgangs mit dieser. Eine Kooperation sei deshalb möglich und notwendig, da allgemein bildender Musikunterricht und Musikschulunterricht die gemeinsame Aufgabe der Musikvermittlung verfolgen, jedoch unterschiedliche Schwerpunkte setzen und differente Organisations- und Arbeitsformen aufweisen. Im Jahre 1996 wurde das Konzept Musikschule 2000 vom LVdM in Nordrhein-Westfalen für die Weiterentwicklung der Musikschulen vorgelegt. Ziel des Konzeptes ist es, ein neues Selbstverständnis der Musikschule bezüglich einer Daseinsberechtigung als Musikzentrum in der Kommune aufgrund der Problemlage (Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand, Einschränkung der Zielgruppen etc.) zu entwickeln. Da der allgemein bildende Musikunterricht die Aufgabe des kontinuierlich aufbauenden Instrumentalunterrichts ausschließt, ist er auf Kooperation mit der Musikschule angewiesen. Das Konzept versteht Musikschule als Institut, welches sich anderen Bildungspartnern (Kindergarten, Schule, Vereine etc.) öffnet und somit das eigene Leistungsspektrum erweitert. Musikschulkongresse des VdM fokussieren immer wieder die Kooperationsidee, beispielweise der Aachener Kongress 1989 unter dem Motto Musikschulen bauen Brücken, der Kongress in Karlsruhe von 1997 Neue Wege in der Musikschularbeit, 1999 in München mit dem Thema Musik braucht Qualität – Musikschule und der diesjährige Kongress Musikalische Bildung öffnet Grenzen – Musikschulen für Vielfalt, Integration und Qualität in Berlin. Auch die Bundesmusikschulewochen thematisieren den Kooperationsgedanken, so beispielsweise die Bundesmusikschulwoche in Potsdam im Jahre 1998, in deren Forum Quo vademus? – Schulmusik und Musikschule in gemeinsamer Verantwortung Zielsetzungen und Probleme einer Zusammenarbeit artikuliert und diskutiert wurden. Der vds signalisierte mit der Festveranstaltung Brücken der Geschichte – Brücken der Erfahrung anlässlich des 50sten Bestehens des Verbandes partnerschaftlichen Willen. 2001 wurde eine erneute gemeinsame Erklärung der Verbände vds und VdM verfasst, da trotz Kooperationsversuche die Situation der musikalischen Bildung in Deutschland schwieriger geworden sei. Die Verbände positionierten sich, ‘Perspektiven gemeinsamen Handels zu entwickeln, um an der Schwelle zum 21. Jahrhundert den Stellenwert der Musikerziehung für die allgemeine Bildung und für eine humane Gesellschaft zu stärken’. VdM und vds sehen verstärkte Kooperationen als Chance der Defensivtilgung des aktuellen Musizierlebens. Vor allem Musikschulen zeigen Interesse an neuen Handlungsfeldern. Mit dem 2003 initiierten Investitionsprogramm ‘Zukunft Bildung und Betreuung’ (IZBB) wurde das Motto ‘Zeit für mehr’ ins Leben berufen. Inwieweit geöffnete Zeitfenster an der Ganztagsschule für die musikalische Bildung genutzt werden können, wurde durch Gremien wie den Deutschen Musikrat (DMR) als Dachverband aller Musikverbände, das Deutsche Musikinformationszentrum (MIZ) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung analysiert und positioniert. Der Deutsche Musikrat reagierte 2004 in Verbindung mit dem Verband deutscher Schulmusiker auf die Initiative mit einer Einladung zum internationalen Kongress Musik in der Ganztagsschule, dessen Ergebnis ein Positionspapier ist, das die DMR-Leitperspektiven einer zukünftigen musikalischen Bildung an der Ganztagsschule aufdeckt. Um Reformfenster musikalisch-bildend nutzen zu können, bedarf es an Kooperationen des allgemein bildenden Musikunterrichts mit außerschulischen Partnern. Die Musikschule wird an erster Stelle genannt. Die Zusammenarbeit zwischen vds und VdM manifestiert sich in Workshops, Symposien auf Landes- und Bundesebene, Referaten, fachübergreifenden Arbeitskreisen und politisch-argumentativer Unterstützung. Wettbewerbe wie Jugend musiziert, Musik kreativ, Gute Musik für Kinder – LEOPOLD, dem Medienpreis des VdM, sowie der Bundesausschuss Musikpädagogik des DMR werden durch konstruktive Zusammenarbeit der Verbände gestützt. Der Arbeitskreis für Schulmusik schreibt seit 2007 den Wettbewerb Arrangieren für Schulklassen aus, der darauf zielt, den Umgang mit Musik für Kinder und Jugendliche zu verbessern, indem er junge Lehrer und Lehramtsstudenten anspricht, für Klassen zu komponieren und so für musikpädagogische Nachwuchsförderung plädiert. Der AfS postuliert sich für eine Musiklehrerausbildung, die sich hinsichtlich von Praxen der gegenwärtigen Forderung nach Klassenmusizieren (Liedbegleitung, Arrangement, Improvisation und Ensemble-Leitung) anlehnt. Mit dem Schuljahr 2007/2008 wurde das Programm Jedem Kind ein Instrument (JeKi) im Ruhrgebiet gestartet, welches einen Beitrag zum Programm der Kulturhauptstadt Europas darstellt. Ziel ist es, bis zum Jahr 2010 die Möglichkeit zu eröffnen, dass jedes Schulkind ein Musikinstrument erlernen kann. Das Musizieren in der Gruppe steht im Vordergrund. In der Stadt Münster ist das Projekt Jedem Kind seine Stimme (JEKISS) entstanden, welches ein Arrangement aus Kinderchor und Lehrerfortbildung bildet. Jedes Grundschulkind soll mit Gesang erreicht und alle Lehrkräfte einer Grundschule musikalisch fortgebildet werden, so dass das Singen als Grundelement in die Grundschulen einzieht. Bis zum Jahr 2010 sollen 46 Grundschulen Singen als Selbstverständnis anbieten. Die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen Schule und Musikschule, insbesondere zwischen Ganztagsschule und Musikschule wird gegenwärtig in vielen musikpädagogischen Diskussionen deutlich. Zur 27. Bundesschulmusikwoche unter dem Motto Begegnungen. Musik – Regionen – Kulturen 2008 in Stuttgart entstanden Podiumsdiskussionen unter den Verbänden vds und VdM, die das Thema Kooperation von Musikschule und allgemein bildender Schule aufgriffen. Zur Problematik Ausbildung für Kooperation – BA/MA und die Folgen luden Sobirey (VdM) und Rademacher (Vertreter deutscher Hochschulen) ein. 2008 wurde eine gemeinsame Resolution des AfS zusammen mit vds und VdM verabschiedet, die politisch Verantwortliche auffordert, Rahmenbedingungen eines transparenten Ganztagsschulbetriebs zu schaffen, um Instrumental- und Vokalunterricht innerhalb und außerhalb der Schule zu ermöglichen. Zum Thema Veränderung der Kommunalen Bildungslandschaft: VdM-Musikschule – Quo vadis? Wurde 2008 ein Herbstsymposium in Trossingen von Vertretern des VdM, des Deutschen Städtetages und des Deutschen Landkreistages veranstaltet, die die Leitfrage Neues Koordinatensystem für die Öffentliche Musikschule? – Die Veränderung der kommunalen Bildungslandschaft diskutierte. Sobirey (VdM) und Nimczik (vds) setzen sich ausdrücklich für den Kooperationsgedanken ein, denn die Ganztagsschule wird als Chance für mehr Musikvermittlung gesehen, was während des Musikschulkongresses 2009 in Berlin im Forum schulMUSIKschule? – Neue Wege in der kommunalen Bildungslandschaft hervorgehoben wurde. Best-practise von Kooperationen Beispiele werden auf der Internetseite des VdM veröffentlicht, um Musikschulen, aber auch allgemein bildenden Schulen Anregung zu geben.
Ines Kühne wurde 1984 im brandenburgischen Altdöbern geboren. Ihr Studium der Musik und Germanistik auf Lehramt für Gymnasien schloss die Autorin im Jahre 2010 mit dem ersten Staatsexamen ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen im Bereich der Kooperation zwischen allgemein bildender Schule und Musikschule in verschiedenen Bundesländern, welche die Gymnasiallehrerin zur Thematik des vorliegenden Buches motivierten.
weitere Bücher zum Thema
Zur Poetik des Hörens in Rainer Maria Rilkes Sonetten an Orpheus
ISBN: 978-3-96146-981-9
EUR 39,50
Expeditionen ins Eismeer. Reisebeschreibungen von Julius Payer, Fridtjof Nansen und Ernest Shackleton
ISBN: 978-3-96146-967-3
EUR 34,50
Reflections of Opera in Moulin Rouge! Aesthetics, Gender and Social Class
ISBN: 978-3-96146-961-1
EUR 34,90
Nachhaltige Kulturpolitik – systemisch gedacht und systemisch gemacht. Konzepte für Kommunen und kommunale Akteure
ISBN: 978-3-96146-938-3
EUR 39,50
Buster Keaton and Modern European Drama. An American Filmmaker Anticipating Aesthetic Multiplicity
ISBN: 978-3-96146-932-1
EUR 29,50
Konstruktivismus in der Elementarpädagogik. Wie Kinder ihre Welt erschaffen und erforschen
Bearbeitete Neuausgabe