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  • Literatur als Propagandainstrument des NS-Regimes: Verbreitung der Blut-und-Boden-Ideologie aus Hitlers "Mein Kampf" in der NS-Literatur

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die literarischen Epochen und Strömungen gehen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts eher fließend ineinander über und der Einfluss von Politik ist einer unter vielen Faktoren. 1933 vollzieht sich jedoch ein scheinbarer Bruch. Die folgende Epoche ist in Inhalt, Benennung und Dauer politisch definiert durch die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland. Eine Gemeinsamkeit dieser Werke ist das Vertreten der politischen Linie des Nationalsozialismus, wie sie in Mein Kampf vorgegeben wurde. Diese NS-Literatur geriet nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches weitgehend in Vergessenheit die Nichtbeachtung der NS-Literatur wird oftmals mit der minderwertigen Qualität der Werke erklärt, jedoch ohne dass eine tatsächliche Auseinandersetzung mit der Epoche erfolgt. Zum Verständnis der Zeit von 1933-1945 ist es jedoch unabdingbar, auch die Literatur dieser Zeit aufzuarbeiten. Exemplarisch sei hierfür die Ostexpansion als Ziel des Nationalsozialismus aufgegriffen und die literarische Umsetzung dieser Ideologie innerhalb einiger systemkonformer Werke nachgewiesen. Ausgewählt wurden die Literaturgattungen Roman, Lyrik und als NS-spezifische Unterkategorie der Dramatik das Thingspiel.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Der Roman als Propagandainstrument des NS-Regimes: 4.1.,Schlagwort zur Ostexpansion und ‘Ferienbuch für Landgerichtsdirektoren’: Hans Grimms ‘Volk ohne Raum’: Der Autor Hans Grimm wurde 1875 in Wiesbaden geboren und verstarb vierundachtzigjährig in Lippoldsberg. In jungen Jahren arbeitete er als Kaufmann und Presseberichterstatter in Südwestafrika. Nach seiner Teilnahme als Kanonier im Ersten Weltkrieg lebte er ab 1918 als Schriftsteller. Er bekannte sich – obwohl er kein Mitglied der NSDAP war – während des NS-Regimes und auch nach 1945 offen zum Nationalsozialismus. Unter der Hitlerregierung zog er sich zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück, was vor allem an seinem gespannten Verhältnis zu Joseph Goebbels lag. Daraus resultiert, dass das Hauptwerk Grimms vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten erschien, während er zwischen 1933 und 1945 kaum publizierte. Bekannt wurde Hans Grimm in erster Linie durch seinen Roman ‘Volk ohne Raum’ , dessen Titel zum Schlagwort innerhalb der NS-Ideologie wurde das annähernd 1300 Seiten umfassende Werk erschien in Erstauflage 1926. Die vier Bände des Romans sind mit ‘Heimat und Enge’ (S. 7-335), ‘Fremder Raum und Irregang’ (S. 337-659), ‘Deutscher Raum’ (S. 661-925) und schließlich ‘Volk ohne Raum’ (S. 927-1299) überschrieben. Der Roman ‘Volk ohne Raum’ ist neben ‘Mein Kampf’ das einzige hier behandelte Werk, das vor 1933 erschien, wodurch keine Einflussnahme des totalitären NS-Regimes auf den Autor erfolgt sein kann. Dies steht jedoch der Untersuchung des Romans nach Überschneidungen mit Adolf Hitlers Thesen - im Speziellen bezüglich der Expansion Deutschlands - nicht entgegen. Hans Grimm beschreibt in seinem Roman das Leben Cornelius Friebotts, der, aus einfachen ländlichen Verhältnissen stammend, seinen Lebensunterhalt als Arbeiter verdient und versucht, sich immer mehr einem Leben anzunähern, das dem bäuerlichen Ideal seines Heimatortes entspricht (S. 12). Der Mensch könne zwar sein Zuhause verlassen und in der Fremde ein Handwerk erlernen, ‘Sinn und Seele nähren sich weiter aus dem Wurzelboden der Heimat’ (S. 16). Der Autor zeigt somit unzweifelhaft auf, dass es zwischen Mensch und Boden eine enge Verknüpfung gibt, die man nicht auf Dauer trennen kann. Bereits als junger Mann wird Cornelius Friebott die ‘räumliche Enge’ des deutschen Volkes in den Grenzen des Deutschen Reiches durch die Aussage seines Vaters Görge bewusst, der dieses Problem als ‘größte und schwerste deutsche Frage’ (S. 146) bezeichnet. Diese Raum-not steht nationalem Denken nach entgegen der Entwicklung der Völker und ist somit unnatürlich. Grimm erklärt die Notwendigkeit des Raumes sehr wortgewaltig: Die aus freien Männern bestehenden Stämme wurden zu Völkern und ‚griffen hinein in die leere Welt und errafften sich Fläche und Raum, darauf und darin ihre Kinder und Kindeskinder sich frei bewegen und frei leben und frei atmen könnten, ohne bei jeder Armbewegung an den Nachbarn anzustoßen.’ (S. 27f.). Genauso wie der ‘Griff in die leere Welt’ natürlich ist, folgt jedoch nach Grimms Logik da-rauf die Enge, betreibt ein gesunder Volkskörper keine Expansionspolitik: ‘Kinder werden geboren, und das Werk [das Gut, die ihm zur Ernährung verfügbare Fläche] kann er nicht kleiner als klein zerschneiden, und bis es keinem mehr nützt.’ (S. 139). Nachdem Cornelius Friebott seine Heimat verlassen hat, dient er als Marinesoldat, wo er sich mit dem Sozialisten Martin Wessel anfreundet und dessen Gedankengut adaptiert. Durch einen Marineeinsatz gelangt Friebott zum ersten Mal in die damalige Kolonie Südwestafrika und beteiligt sich am Burenkrieg gegen englische Truppen. Seine Rückkehr nach Deutschland steht unter dem Eindruck des Gegensatzes zwischen der Weite des afrikanischen Landes und der dichten Besiedlung Deutschlands, was als räumliche Enge dargestellt wird. Friebott lässt sich als Arbeiter in einem Kohlebergwerk in Bochum anstellen, wo er wegen seiner sozialistischen Einstellung aneckt und auch zeitweise wegen Verbreitung aufrührerischen Gedanken-guts in Haft kommt. Nach mehreren beruflichen und privaten Misserfolgen wandert Friebott schließlich nach Südafrika aus. Nachdem er zusammen mit dem Sozialisten Wessel wiederum als Teil einer deutschen Truppe im Burenkrieg gegen England gekämpft hat, scheitert er bei dem Versuch, eine Anstellung als Handwerker zu bekommen, mehrfach daran, dass er Deutscher ist. Er nimmt aus nationalen Motiven heraus an einer kriegerischen Auseinandersetzung teil - dieses Mal gegen einen Hottentottenstamm. In der Folge kauft Friebott zusammen mit seinem ebenfalls nach Südafrika ausgewanderten Vetter George eine Farm, wo dieser mit seiner Frau sesshaft wird. Eine zwischenzeitliche Episode als Diamantenschürfer bleibt erfolglos. Während George weiter die südafrikanische Farm bewirtschaftet, kehrt Cornelius Friebott wiederum nach Deutschland zurück. In Deutschland macht er auf einem sozialdemokratischen Parteitag die Erfahrung, dass die Sozialdemokratie seinem Weltbild entgegensteht. Besonders seine Forderung nach Siedlungs-raum für das deutsche Volk stößt auf Unverständnis und offene Anfeindungen. Er kehrt zu-rück nach Afrika, wo er den Ausbruch des Ersten Weltkriegs miterlebt. In den durch den verlorenen Krieg bedingten Wirren gerät Friebott in englische Gefangenschaft, aus der er flieht. Nach mehrfachen Misserfolgen gelingt ihm über die portugiesische Kolonie Angola die Rückkehr nach Deutschland, wo er als sozialistischer ‘Wanderredner’ (S. 1291) auftritt. Seine Thesen, die sich um die Enge Deutschlands und das Problem der Gebietserweiterung zur Sicherstellung der Ernährung des deutschen Volkes drehen, stoßen auf Ablehnung, so dass er schließlich ermordet wird (S. 1291). Der Gedankengang Grimms, der sich aus der Handlung von ‘Volk ohne Raum’ und den zwischengeschalteten politischen Betrachtungen ergibt, ist folgender: Das deutsche Volk, das schon immer ein Bauernvolk war, wächst. Da die Grundfläche Deutschlands konstant blieb, bzw. sich als Folge der Bestimmungen des Versailler Vertrags noch verringerte, ergab sich zwangsläufig das Problem, dass der Raum knapp wurde und der deutsche Boden sein Volk nicht mehr ernähren konnte. Um diesem Dilemma zu entgehen, musste in Deutschland die Industrialisierung Einzug halten, wodurch eine neue Klasse entstand: das Proletariat. Die Schlussfolgerung, die sich für Grimm aus seinen Überlegungen ergibt, ist, dass wegen des Landmangels besitzlose Leute in Deutschland überwiegen. Dieses Problem sei durch die Vergrößerung des Lebensraums zu lösen, da in der Welt noch kein Landmangel herrsche. Der Sieg über die Enge sei somit die Lösung der wirtschaftlichen, politischen und geistigen Probleme, die der Autor des Romans als ‘Sklavennot der Enge’ (S. 11) und ‘übervölkerte Heimat’ (S. 1248) im ‘eingekeilte[n] Deutschland’ (S. 513) stilisiert. Grimm propagiert somit einen nationalen Sozialismus. Die Unzulänglichkeit eines internationalen und die Vorteile eines nationalen Sozialismus arbeitet er anhand eines Dialogs seines Protagonisten Friebott mit dessen Freund Wessel heraus: Der internationale Sozialismus habe den (durch Wessels körperliche Behinderung versinnbildlichten) Makel, dass er die Völker zu wenig achte. Als Grund hierfür gibt er an, dass dessen Begründer Marx ein Jude gewesen sei. Aber nur unter völkischen Voraussetzungen könne der Sozialismus bestehen, da die Arbeiter jeden Volkes unterschiedliche Voraussetzungen hätten, die ihrer Volkszugehörigkeit geschuldet seien. So-mit funktioniere der Sozialismus nur auf nationaler Ebene (S. 575). Im weiteren Handlungs-verlauf nimmt Grimm Stellung zur nationalen Identität, die nur dadurch gesichert sei, dass Deutsche auf deutschem Boden leben: Ich will freilich, dass die Menschen die Freiheit ihrer Herkunft und Sprache behalten, und daß nicht einer aus lauter wirtschaftlichem Er-schrecken sich selber auslöschen muß, damit die Kinder in Gottes Namen fremde Art gewinnen und sich leichter tun. (S. 604). Grimm zeigt dieses Scheitern des Internationalismus am Beispiel Cornelius Friebotts auf: Dessen Leben findet wechselweise an Schauplätzen in Deutschland und Südwestafrika statt. In seiner beengten Heimat Deutschland muss er, der ein Leben als Bauer anstrebt, seinen Lebensunterhalt als Arbeiter verdienen. In den Lebensabschnitten in dem scheinbar unbegrenzten Raum Afrikas kommt er seinem Ziel näher, allerdings nur, solange er dort unter deutscher Herrschaft lebt. Auf eine einfache Formel bringt Grimm die Notwendigkeit eines nationalen Sozialismus, wenn er den Verlust der deutschen Kolonien nach dem Ersten Weltkrieg mit ‘Unsere Kolonien hatten bisher zweierlei Unglück, daß nämlich das deutsche Kapital und der deutsche Sozialismus international dachten’ (S. 802) beklagt.

Über den Autor

Frank Bodesohn, Jahrgang 1979, studierte katholische Theologie und Germanistik in Saarbrücken und lebt in Saalstadt in der Südwestpfalz.

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