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- Johanna Ey und die Avantgarde der Düsseldorfer Kunstszene
Kunst & Kultur
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Abb.: 9
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Johanna Ey wird als die Mutter der Moderne in Düsseldorf gefeiert. Sie soll der Künstlervereinigung ‚Das Junge Rheinland’, die gegen die konservativen Strukturen der Stadt, Akademie und Ausstellungspolitik angekämpft haben soll, durch finanzielle Mittel und Tatkraft zum Durchbruch verholfen haben. Doch wie war es wirklich um die Progressivität der Künstlervereinigung bestellt? Und um die Bedeutung Johanna Eys? Hat die geschiedene Frau eines Braumeisters, die später zur Galeriebesitzerin wurde, wirklich das Potential gehabt, um die deutsche Kunstszene voranzutreiben? Künstler wie Otto Dix, Otto Pankok und Gert Wollheim soll sie herausgebracht haben. Was war jedoch mit den anderen Galeristen vor Ort? Alfred Flechtheim begann schließlich seine beispielslose Karriere ebenfalls in der Düsseldorfer Kunstmetropole, und auch die Galerie Nierendorf begann im Rheinland.
Textprobe: Kapitel 2.4, Der Kampf der Düsseldorfer Kunstszene in den 1920er Jahren: Wie Das Junge Rheinland zum Ey kam: Nun ist es an der Zeit noch mal die Frage zu klären wogegen und wofür die Düsseldorfer Künstlervereinigungen der 1920er Jahre kämpften. Einen Hinweis darauf findet man natürlich in der Zeitschrift des Jungen Rheinlands, der Waffe der Gruppe. Die Vereinigung nutzte das Blatt im ‘Kunstkampf’ zum einen als Werbemittel, und zum anderen um Missstände in der Kunstszene anzuprangern. D.h. die Gruppe versuchte sich nach wie vor auf dem Markt durchzusetzen, litt aber unter den Ausstellungszuständen der Akademie, an der viele Künstler ihr Studium abgebrochen hatten, - es folgte deshalb auch die Forderung diese generell abzuschaffen,- der Verwaltung der Stadt, und dem Kunstpalast. Erstaunlich ist, dass die Rhein- Ruhrbesetzung nicht thematisiert wurde. Zusammengefasst bleiben als Gegner die traditionelle Kunstszene und eine Bürokratie, die den modernen Künstlern das Leben schwer machte. Wer sich das vor Augen führt, wird den Künstlerkampf nun wohl weniger spektakulär finden und sich vielleicht schon fragen, wie die ‘große Kämpferin’ Johanna Ey da rein passt. Als Kunstzentrum waren die Ausstellungskapazitäten der Stadt umkämpft und wurden vom Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen verwaltet, einem Zusammenschluss zahlreicher Düsseldorfer Künstlergruppen. Dieser residierte im Malkasten, wo über die zeitlichen und räumlichen Ausstellungskapazitäten, insbesondere über den Kunstpalast entschieden wurde. Es war folglich nicht möglich ohne den Verein den Kunstpalast zu mieten, sodass man sich mit der 1881 eröffneten Kunsthalle begnügen musste. Die Kunsthalle war als Haus für Wechselausstellungen, ohne eigne Sammlung konzipiert, und stand von Beginn an Tendenzen und Positionen der zeitgenössischen Kunst offen. Die Teilnahme an der jährlichen Großen Kunstausstellung im Städtischen Kunstpalast war aber das Highlight, da sie mit städtischen Mitteln unterstützt wurde, und überregionale Beachtung garantierte. Eine Jury im Malkasten bzw. aus dem Verein verteilte den Ausstellungsplatz an die einzelnen Künstler und zensierte die Bilder. Das Junge Rheinland war ursprünglich auch Teil der Arbeitsgemeinschaft und stellte mit Sopher und Uzarski auch zwei Vorstandsmitglieder der Großen Kunstausstellung, an der sie mit 127 Künstlern bereits teilgenommen hatten. 1922 verkrachten sie sich jedoch während der Vorbereitung zur Großen Kunstausstellung mit dem rechten Flügel der Ausstellungsgemeinschaft, der die rebellischen Künstler der Gruppe nicht ausstellen lassen wollte. Etwas Ähnliches war bereits 1920 vorgefallen: Die Gruppe bekam die Möglichkeit sich auf der Großen Kunstausstellung zu präsentieren, verstritt sich jedoch kurz vor der Eröffnung mit dem Akademiedirektor, den sie zur Vorbesichtigung der Presse nicht eingeladen hatte. Fritz Röber, der ‘größte Mann Düsseldorfs’, der die Errichtung des Kunstpalastes und die Gründung des Vereins zur Veranstaltung von Kunstausstellungen für sich verbuchen konnte, reagierte strategisch, und bot dem Vorstandsmitglied Heinrich Nauen eine Professur an der Kunstakademie an. Hierauf entbrannte ein jahrelanger Streit zwischen Nauen und der Künstlervereinigung, die mit ihm eine tragende Persönlichkeit entbehrte. Gleichwohl führte dies zu einer kaum zu unterschätzenden Modernisierung der ‘verhassten’ Akademie. Viele der späteren Mitglieder der Gruppe waren seine Schüler. Nach den Streitereien wählte die Künstlergruppe den Ausstieg und die Selbstständigkeit, womit sie ihren Platz im Malkasten verlor. Nun, da Das Junge Rheinland seinen Hauptsitz verloren hatte, verlegte es sein Büro in Johanna Eys Galerie, wo bereits einige der Mitglieder aus den verschiedenen Gruppen der Geselligkeit halber verkehrten, und wussten, dass sich die ältere Kunsthändlerin wohl im Gegensatz zu anderen Adressen der Kunstszene im Trubel wohl fühlte. Eigentlich war auch für solch trinkfreudige Anlässe zuvor der Malkasten die richtige Adresse, der sich von Anfang an als rein geselliger Verein verstand. Konzerte und Feste fanden dort statt. Er war als Ort der Einheit gedacht, wie es ihn sonst nirgendwo gab, wo sich Künstler aller Richtungen gleichberechtigt zusammenfinden sollten. Dennoch hatte die Offenheit ihre Grenzen, die der alt gewordene Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen festlegte. Am 21. Oktober 1920 hatte das Junge Rheinland bereits, zusammen mit dem Kunsthändler Alfred Flechtheim, das Projekt einer internationalen Kunstausstellung entwickelt, was der Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen als regelrechten Angriff auf seine Vorrechte am Kunstpalast sah, und vereitelte. Vor dem Jungen Rheinland hatte bereits der parallel entstandene Aktivistenbund 1919 die Frage aufgeworfen, wer den öffentlichen Raum im Namen der Kunst besetzen darf. Der Aktivistenbund 1919 war ebenfalls eine Künstlervereinigung mit Ausstellungsambitionen, dem aber auch Schauspieler und Journalisten angehörten. Gegründet wurde er von Herbert Eulenberg und vom Kunstfotografen und Chemiker Quedenfeldt, dessen Haus auf der Rosenstraße 28 die Adresse der Vereinigung war, wo die Aktivisten ihre Zusammenkünfte hielten. Sie stellen sowohl im Haus Quedenfeldt regelmäßig aus, als auch im Graphischen Kabinett von Bergh und Co. (welches Hans Koch besaß), das Pankok und Wollheim nach ihrer Einkehr in Düsseldorf ebenfalls besuchten. Hier war der Aktivistenbund außerdem ins Leben gerufen worden, denn Kochs Laden war der Treffpunkt links gesinnter Intellektueller und Künstler, was die eventuelle Vermutung widerlegt, dass Johanna Ey die einzige Kunsthändlerin war, die sich mit den rebellischen Künstlern beschäftigte. Koch zeigte ambitionierte Ausstellungen: Er eröffnete am 15. Juni 1918 mit Expressionisten wie August Macke, Georg Schrimpf und Adolf Seehaus, dann präsentierte er im November 1918 die erste Felix Müller-Ausstellung im Rheinland überhaupt, zeigte 1918 Otto Pankok, hatte Max Ernst im Programm, und gab am 1. September 1919 den Arbeiten der von Felix Müller gegründeten Gruppe Die Dresdner Sezession, der auch Otto Dix angehörte, eine Premiere. Koch engagierte sich ebenfalls zu Beginn der 1920er Jahre für die Druckgrafik des Jungen Rheinlands. Ein Teil der Mitglieder des Aktivistenbundes war entweder gleichzeitig im Jungen Rheinland präsent oder trat der Vereinigung später bei, wobei er den linken Flügel der großen Gruppe stellte. Gemeinsam war allen drei Gruppen, dass sie Bilder gleichberechtigt diskutieren, ausstellen und verkaufen wollten. Um die Verkäufe anzukurbeln, waren viele Künstler gleichzeitig Mitglieder in mehreren Gruppen, so auch die führenden Künstler des Ey-Kreis/ Jungen Reinlands (Artur Kaufmann, Bernhard Sopher und Adolf Uzarski), und auch die bekanntesten Vertreter, die mit Johanna Ey in Verbindung gebracht werden: Max Ernst und Otto Dix. Dix gilt als einer der Spitzenreiter in der Kunstgeschichte was seine Mitgliedschaften angeht. Er schloss sich jeder für ihn akzeptablen Vereinigung an, im Ganzen war er Mitglied in elf Gruppierungen, das Ey nicht einmal mit eingeschlossen. Max Ernst schloss sich nur sechs Gruppen an. 1921 war die Kunstszene in Düsseldorf insgesamt sehr verflochten, gleichwohl lässt sich Das Junge Rheinland als größte Künstlervereinigung ausmachen. Dix und Ernst wussten, wie man sich als Künstler auf dem undurchsichtigen Markt behauptet. Die Mitgliedschaft in verschiedenen Gruppen ermöglichte es ihnen an mehreren Ausstellungen teilzunehmen, und so immer in aller Munde zu sein. Die kurzlebige Gruppe Das Ey ging bald nach dem Einzug in Johanna Eys kleinem Laden im Jungen Rheinland auf. Zugleich verlor die Vereinigung durch den Boykott der Großen Kunstausstellung 1922 und 1923 einige Mitglieder, die auf diese Ausstellungsmöglichkeiten nicht verzichten konnten oder wollten. Andere Mitglieder wie Arthur Kaufmann, der vom Typ her der gutbürgerliche Künstler mit gesellschaftlichen Ambitionen war, und schon 1920 im Malkasten aufgenommen wurde, oder auch der Bildhauer Curt Beckmann blieben dort trotzdem Mitglied. Kaufmann und Uzarski, der sich wiederum weniger um gesellschaftliche Konventionen scherte, planten nun taktisch, die Vormachtstellung des seit 1902 tätigen Vereins zur Veranstaltung von Kunstausstellungen zu untergraben und neue Konzepte und Ausstellungsmöglichkeiten zu finden. Auch der Bildhauer Bernhard Sopher, der erst bei der zweiten Ausstellung des Jungen Rheinlands 1919 in Barmen dazu stieß, war ein wichtiger Stratege der Gruppe, auch wenn er sonst zurückhaltend wirkte. Sopher hatte gute Kontakte zur Industrie, wie zur Fabrikantenfamilie Sack oder zu Fritz Henkel, die bei dem Kampf um die Umstrukturierung der Kunstszene sicherlich Einfluss nehmen konnten und die Künstler sponserten. Wollheim, Schwesig und Johanna Ey haben hauptsächlich den propagandistischen Teil für die Vermarktung der ‘neuen Kunst’ übernommen, welcher aus dem Kampfhabitus bestand.
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