Suche

» erweiterte Suche » Sitemap

Kunst & Kultur

Alexander v. Fenner

Heinrich Mann: Spiegelbild und Antagonist seiner Zeit

ISBN: 978-3-8366-5292-6

Die Lieferung erfolgt nach 5 bis 8 Werktagen.

EUR 38,00Kostenloser Versand innerhalb Deutschlands


» Bild vergrößern
» Blick ins Buch
» weitere Bücher zum Thema


» Buch empfehlen
» Buch bewerten
Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In der bewegten Geschichte Heinrich Manns ist die Zeit seines Frühwerks der wahrscheinlich interessanteste Wendepunkt seines schriftstellerischen Lebens. Seine Literatur ist unausgereift und ein Entwicklungsprozess, der ihn zu dem Autor macht den wir heute kennen. Über die Lyrik in den frühen 1890er Jahren kommt er zu seinen ersten Romanen für die im besonderen Im Schlaraffenland (1900), Professor Unrat(1905), der wohl bekannteste hier, und Die Kleine Stadt (1909) stehen. Die entscheidende Lebens- und Schaffensphase besteht aus dem Talent Heinrich Manns den Menschen und Schriftsteller in seinem Frühwerk zu formen. Schreiben als Selbstfindungsprozess? Vielmehr scheint es sein Bedürfnis zu sein Zeitgenossen und Kaiserzeit auf satirische und schließlich dann auch politische Weise darzustellen. Was hat ihn zu diesem satirischen und schließlich nach 1910 politischen Schriftsteller gemacht? Wie war sein Weg dorthin? Gründe gab es für den damals knapp dreißigjährigen genug. Die Kaiserzeit und sein allmächtiger Bruder sind nur zwei davon. Vor allem aber das Fin de siècle - Verständnis der Jahrhundertwende machen ihn zu einem Vorbild für die junge Generation von Schriftstellern seiner Zeit. Und dennoch stand er als einer der wenigen der Literaturepoche des Fin de siècle skeptisch gegenüber. Die Veränderung in seinem schriftstellerischen Denken und Schaffen machen den Reiz dieser Romane aus. Gleichzeitig ist sie nicht frei von Widersprüchen. Für die Nachwelt und zum Verständnis von Heinrich Manns Literatur dieser Zeitspanne ist es heute wichtig die Zeitlosigkeit seiner Intention zu sehen. Es besteht eine ungeheure Aktualität zwischen den politischen sowie literarischen Strömungen und denen der gerade erst erlebten Jahrtausendwende. Euphorie und Zerrissenheit einer ganzen Literaturepoche werden schriftstellerisch festgehalten von einem großen und im Gegensatz zu seinem Bruder Thomas fast zu wenig beachteten Autor. Der junge Heinrich Mann probiert sich in seinem Frühwerk aus und versucht wie junge Literatur im Allgemeinen eine Perspektive in der Umbruchphase zu finden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.2, Synthese aus Kunst und Leben – Die italienische Kleinstadt und die Operngesellschaft: Mit nur wenigen zeitlichen Angaben aus dem Roman heraus stellt Heinrich Mann die gesellschaftliche Entwicklung einer italienischen Kleinstadt dar, die binnen vier Wochen durch die Aufführung der Oper -Die arme Tonietta- und ihre Darsteller an unbekannte Grenzen stößt und über sie hinauswächst. Es sind die späten 1880er Jahre einer italienischen Provinzstadt, in denen Giuseppe Garibaldi, Kämpfer gegen die französische Besatzung Napoleon III., noch lebhaft in Erinnerung ist. Vor allem der Advokat Belotti als Führer der Fortschrittlichen Partei wird mit ihm in Verbindung gebracht. Bellotti fühlt sich bereits bei Ankunft der Komödiantentruppe im ersten Kapitel verantwortlich für das Wohlergehen der Künstlergruppe. Seine wichtigsten Gegner sind der Gemeindesekretär Camuzzi und der fanatische Priester der Stadt Don Taddeo. Unter dem Kapellmeister Dorlenghi wird die Oper -Die arme Tonietta- inszeniert werden, in der die bekannte Sängerin Florinda Garlinda mit ihren Arien das kunstbegeisterte Volk fesseln soll. Im bunten Treiben der Aufreihung der Figuren wird schon im ersten Kapitel die auffallende Verbindung von Kunst und Liebe in der Vorausdeutung der Beziehung zwischen dem Tenor Nello Gennari und der schönen Ordensschwester Alba Nardini bekannt. Eine Figurenfülle von etwa hundert Personen übertrifft bei weitem das der hier behandelten Romane Im Schlaraffenland und Professor Unrat und verdeutlicht das Anliegen Heinrich Manns einen größeren Zusammenhang und demokratische Verhältnisse aufzeigen zu wollen. Im Aufbau lässt sich eine dramatische Einteilung von fünf Akten erkennen, die unabhängig von den Kapiteln ist. Damit wird im ersten Akt die gegenwärtliche Idylle der Kleinstadt, im zweiten die Proben der Aufführung , im dritten die Emphase über diese Oper, im vierten die sozialen Gegensätze zwischen Kleinstädter und Theatergesellschaft und schließlich im fünften Akt die Auflösung der Gegensätze beschrieben. Der Advokat Belotti und Don Taddeo sind die beiden Charaktere, die Heinrich Mann am deutlichsten darstellt. Beide scharen große Gruppen von Bürgen mit bestimmten politischen Gesinnungen hinter sich. Belotti nutzt die Situation der Opernaufführung und deren Verwicklungen, um als Führer der liberal – republikanischen Fortschrittspartei Stimmen von Regierungs- und Volksvertreter, Künstlern, Arbeitern und dem Gewerbe zu sammeln. Dagegen wird der konservativ-klerikale Don Taddeo vor allem vom unzufriedenen Mittelstand -Handwerker, Kleinbauern, Pächter- und der Mehrzahl der Frauen getragen. Trotz der demokratischen Hauptintention Heinrich Manns, behält er, wenn auch nur an wenigen Textstellen, eine ironische Erzählform für diese beiden Figuren bei. Bekannt ist sie dem Rezipienten noch aus den beiden Satiren Im Schlaraffenland und Professor Unrat. Heinrich Mann selbst bekundet einen lächerlichen Zug Belottis: Wenn ich auf Etwas in diesem Buch stolz bin, so darauf, dass der Advokat Belotti, lächerlich, wie er ist, seine tragische Stunde erlebt, dass er nicht aufhört, ein Kirchturmpolitiker zu sein, während in ihm Etwas wie die Verkürzung eines großen Mannes entsteht. Diese Eigenschaft wird von einer weitaus größeren Sympathie für ihn in der Ereiferung für die Freiheit und Menschlichkeit des Volkes ausgeglichen. Auf der anderen Seite steht der fanatische Don Taddeo, Kämpfer für die Religion und Verteidiger des klerikalen Staatselements, dessen Darstellung in der Überzeichnung manchmal an Unrat erinnert. Er wird als gefährlicher Demagoge bezeichnet, der zur Zerstörung des Theaters aufruft. Oder Mann beschreibt ihn als Dämon im Bürgerstreit um das Stadtsymbol des Eimers mit seiner dreihundertjährigen Geschichte. Die Dissertation von Jürgen Zeck gibt für die Bedeutung der beiden politischen Gruppierungen weiteren Aufschluss. Auch in diesem Roman bedient sich Heinrich Mann der Darstellungstechnik der Spiegelung, indem einzelne Figuren die Auseinandersetzung der Parteien exemplarisch vertreten. Weiterhin nennt er die politischen Richtungen des Gemeindesekretärs Camuzzi Reaktion und die des Advokaten Belotti Fortschritt. Zugleich repräsentiert Don Taddeo die Kirche. Interessant ist der neue Ansatz, den Heinrich Mann dabei wählt. In der Darstellung dieses gegensätzlichen Denkens, der auslösenden Figur Camuzzi dem Geist der Verneinung den Genius der Tat Belottis entgegen. Diese Form weist erneut auf den Wandel zur Geist – Tat Thematik Heinrich Manns in den Jahren um 1910 hin. In der Rolle des Advokaten spiegeln sich gleich mehrere historische Persönlichkeiten. Außer Garibaldi sind in dem Text Anlehnungen zu Falstaff, Doktor Bartolo und Napoleon zu erkennen. Dies erkläre, so Banuls, die Zweideutigkeit seines Charakters und eine Darstellung als echter Lokalpatriot, dessen Macht auf persönlichen Charme beruht. Hingegen macht die fanatische Figur des Don Taddeo ihn lächerlich und furchtbar zugleich so dass die ausgesprochene Reue zu zweideutig ist, um ernstgenommen zu werden, doch verstärkt sie seinen Ruf der Heiligkeit. Während der eigentliche Held des Romans, das Volk, einig in seiner Begeisterung für die Kunst, aber uneinig in ihrer politische Führung der Stadt und damit beispielhaft die Entwicklung eines demokratischen Prozesses erlebt, ist die Operngesellschaft Katalysator der Geschehnisse. Für eine kurze Zeit besteht eine enge Verbindung zwischen den Welten der Kleinstadt und der Künstlergemeinschaft. Der romantische Tenor Nello erkennt aufgrund der sinnlichen Ereignisse in der Stadt, dass ihnen auf einmal der Mut gekommen ist, ihre Laster in Freiheit zu setzen und ihre Aufgabe als Künstler sieht er resignierend: Wir sind da, sie lustig zu machen. Es ist ein Handwerk für einen Hund. Nello verbindet eine romantische Liebe zu der eigentlich unerreichbaren Ordensschwester Alba. In Kapitel IV. hat das poetische Liebesverhältnis seine ausdruckstärksten Momente und ist vergleichbar mit der Beziehung eines Opernpaares. Ihr tragisches Ende bildet zugleich das Ende des Romans. Stefan Ringel deutet diese Situation, dass spätestens mit diesem Schlussauftritt dem Leser bewusst wird, dass er selbst ekstatisch mitleidend an dem Dorfgeschehen teilgenommen hat. Die übrigen Ensemblemitglieder haben bis auf die herausragende Primadonna Florinda Garlinda eine Funktion, die die Möglichkeit eines Rollentauschs mit den Bürgern vermuten lässt, so wie die Bürger in die Rollen der Sänger eintauchen wollten. Florinda Garlinda ist die ehrgeizige und egozentrische Figur der Operngesellschaft. In ihr sieht Banuls das von Heinrich Mann immer wieder aufgegriffene Thema der Bühnenkünstlerin. Innerhalb des absichtlich von ihr herbeigeführten Missverhältnisses zum Kapellmeister Dorlenghi, will sie im Dasein als das lieblose und liebesleere Weib vergessen, dass auch sie ein Mensch ist. Zwei Personen, die im Hintergrund agieren und nicht wie Belotti und Don Taddeo in der Öffentlichkeit stehen, sind Fr. Camuzzi und Savezzo. Beide sind von einem bösen Geist angetrieben, Befriedigung ihres Ehrgeizes fern von den heimischen Gefilden zu suchen. Ziel von Fr. Camuzzi und Savezzo war es Belotti zu entthronen. Schließlich wendet sich Savezzo an den Journalismus, um sich gegen die Gesellschaft aufzulehnen und meint, dass Rücksichtslosigkeit allen zum Siege verhilft. Sie sind also Personen, die das Gefühl für die Menschlichkeit noch verstärken und damit einen Kontrast zu dem sozialen und politischen Entwicklungsfortschritt der Menschen der kleinen Stadt bilden. Ein gutes Beispiel für die Wirkung der Opernaufführung und die Absicht des Autors ist der Ausspruch des Literaten Ortensi: Dieses Stück ist gut, denn es macht, dass mir Ideen kommen. Ein ganzes Volk hält sich umschlungen und verbrüdert sich. Es hat gütigere, geistigere Gesichter als sonst Menschen haben.

Über den Autor

Alexander v. Fenner, geboren 1971 in Düsseldorf, wächst im nördlichen Ruhrgebiet (Hohe Mark) und im Münsterland auf. Nach seinem Abitur arbeitet er in der Gastronomie, u.a. bei Panem et Circenses (Deutschlands erste Eventgastronomie). Im Herbst 1999 beginnt er sein Studium an der Heinrich – Heine - Universität Düsseldorf und schließt dort im Frühjahr 2007 sein Studium der Germanistik und Geschichte ab.

weitere Bücher zum Thema

Bewerten und kommentieren

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichenten Felder aus.