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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Schüler lernen am besten, wenn sie sich selbst mit dem Lerninhalt aktiv auseinandersetzen können. Da aber der Unterricht häufig erklärend erfolgt und die Schüler sich die meiste Zeit einfach berieseln lassen können, werden Lerninhalte oft schnell wieder vergessen. Einige Schüler nehmen sich sogar komplett aus dem Unterricht heraus und versagen dann in den Prüfungen. Das ist weder motivierend noch zielführend. Eine Möglichkeit, die in den letzten Jahren immer mehr in die Diskussion kommt, stellt hier die Handlungs- und Produktionsorientierung dar. Man verspricht sich davon, dass die Schüler durch die Beteiligung am Unterricht die Lerninhalte besser verstehen lernen. Im vorliegenden Buch werden nun die Grundlagen des HPL aufgezeigt und die gängigsten Theorien und didaktischen Methoden erläutert: Was bedeutet HPL? Wogegen grenzt er sich ab? Woraus entstand er, was war davor? Woher kommt das Ideengut und wer sind die Ideengeber gewesen? Was bietet er? Zum Ende der Untersuchung werden, anhand einer Lektüresequenz für die 6. Jahrgangsstufe, Möglichkeiten dieses Unterrichtens aufgezeigt. Dazu wird eine Einführungsstunde ausgearbeitet und der weitere Ablauf der Sequenz kurz angerissen.
Textprobe: Kapitel 4.4.2, I. PHASE : LESEN UND AUFNEHMEN LITERARISCHER TEXTE: Diese Arbeit beginnt laut dem didaktischen Phasenmodell nach WALDMANN mit dem ‘Lesen und Aufnehmen literarischer Texte’ (ebd., S. 28). Dieser Phase kommt besondere Bedeutung zu, da für viele Schüler das Lesen literarischer Texte oft sehr viel mit ‘lesen müssen’ zu tun hat. Dies betrifft gerade diejenigen, welche privat schon nicht viel und nicht gerne lesen und wird ab der Mittelstufe oft richtig problematisch, sofern kein motivierender Lektüreunterricht oder ein positiver Kontakt im Privaten stattfindet. Ziel des Leseunterrichts sollte es aber nicht sein, die Schüler zum Lesen zu zwingen, vielmehr sollte der Unterricht Leselust wecken oder aufrechterhalten. Da dies gerade bei moderner Lyrik oder (experimentellen) Dramen nicht immer möglich ist und selbst geübte und begeisterte Leser unter den Schülern an ihre Grenzen stoßen, ist es nötig, neue Formen des Einlesens zu wählen. Bei einem Dramentext kann man etwa den szenischen Grundgedanken oder auch die Anlage zur Aufführung herausstellen. Mittel dazu sind unter anderem die Lesung und Rezitation durch Schüler oder auch den Lehrer, aber auch Hörproben, Videoaufzeichnungen und Theaterbesuche. Natürlich darf ein Video oder ein Hörspiel nicht nur konsumiert werden, sondern muss ebenfalls als Grundlage für die weitere Unterrichtsarbeit benutzt werden. Wichtig ist also auch das Arbeiten mit dem eingesetzten Unterrichtsmaterial (vgl. ebd. 2011, S. 30). Doch nicht nur das ‘Lesen’ ist wichtig, um einen Text vollständig zu verstehen, was bedeutet einen Text nicht nur textkonform (Inhalt) und normkonform (Muster und Normen) zu begreifen, sondern ihn auch mit eigenen Erfahrungen zu verbinden und so individuell zu verarbeiten. Für WALDMANN ist die Voraussetzung für das vollständige Verstehen, dass der Text ‘an die Lebenszusammenhänge des Lesenden: seine Erlebnisse, Erfahrungen, Einstellungen angeschlossen wird und von dem eigenen individuellen wie gesellschaftlichen Sinnsystem des Lesenden her aufgefasst wird’ (Waldmann 2011, S. 30). Und für eben dieses Verstehen eines Textes, muss man den Schülern die Gelegenheit geben sich mit dem Text aktiv auseinanderzusetzen. ‘Wenn das im Unterricht […] erreicht werden soll ist es notwendig, den Schülern Gelegenheit zu geben, sich aktiv zu dem zu lesenden Text zu verhalten und sich handelnd auf ihn einzulassen. Es sind Möglichkeiten […] einzurichten, in denen der Schüler sein eigenes Sinnsystem aktualisieren sowie soziale Fantasie entfalten und mit ihnen den Text aufnehmen kann’(ebd.). Genau aus diesem Grund ist die erste Phase so wichtig und sollte produktive Verfahren mit einbinden. Ein Anfang wären dafür schon verschiedene Leseweisen (lautes Lesen, Lesen mit verteilten Rollen, antizipierendes Lesen, …), die den Schülern das Aufnehmen des Textes leichter machen können, da sie ihn verständlicher und lebendiger werden lassen. Produktive Verfahren machen außerdem auch Sinn, wenn man den Text so abändern möchte, dass der Lesefluss stockt und genaueres Hinsehen und intensives Lesen wieder notwendig wird (ebd.). Dies ist literaturdidaktisch sinnvoll, da literarische Texte zwar die Eigenart besitzen, eine besondere (Kunst-) Form des Lesens einzurichten, diese Verfremdungen mittlerweile aber etabliert sind und ihre Wahrnehmung (durch die Schüler) längst automatisiert ist und die Kinder nicht mehr aufhorchen lässt. Dies war aber das Ziel des literarischen Textes. Sklovskij nennt diese Eigenart ‘Kunstgriffe’, ‘Verfremdung der Dinge’ und ‘Komplizierung der Form’ (Waldmann 2011, S. 31). Der Lehrer sollte sich deshalb im Literaturunterricht bemühen, die Jugendlichen wieder aufhorchen zu lassen und sie mit eben dieser Eigenart vertraut zu machen. Geeignete Methoden hierzu sind laut WALDMANN: Lückentexte, inhaltliche und formale Veränderungen, Zerlegungen, Mischung mit fremden Texten und viele andere. Im Folgenden sollen einige dieser produktiven Verfahren genauer betrachtet werden. Aktives Hören und Sehen von Texten: Eine Form des produktiven Lesens ist etwa das aktive Hören und Sehen von Texten. Darunter versteht man zum Beispiel das Anhören von Gedichten, kurzen Erzähltexten, Liedern, Hörspielen oder Dramenaufführungen, welche auch von den Schülern selbst ausgewählt werden können. Beim ‘Hören’ von Texten ist besonders das freie Gespräch nach der Textbegegnung wichtig, in dem über das Gehörte gesprochen wird und die Schüler ihre Empfindungen ausdrücken können. Im Vergleich zum normalen Lesen wird hier mehr das Gehör und die auditive Lernfähigkeit der Schüler geschult. Auch können Texte ‘gesehen’ werden, beispielsweise anhand von unterschiedlichen Inszenierungen desselben Stückes. Diese ähnlichen Werke können miteinander verglichen werden oder die Schüler sollen den Vergleich einer Inszenierung mit der Originalvorlage vornehmen. Im freien Gespräch über die Unterschiede der verschiedenen Versionen, deren Vor- und Nachteile und deren mögliche Absichten, lernen die Schüler feine Unterschiede und andere Gewichtungen durch den jeweiligen Produzenten deutlicher wahrzunehmen und zu beschreiben. Sie interpretieren die Intention, welche hinter den Veränderungen dem Original gegenüber stecken und können persönlich Stellung dazu beziehen. Sie haben hier also die Möglichkeit der Meinungsbildung, welche neben dem Interesse an ihrer Meinung bewirkt, dass die Jugendlichen sich beachtet und wertgeschätzt fühlen. Aktives Lesen von Texten: Eine weitere Möglichkeit das Lesen eines Textes handlungs- und produktionsorientiert zu gestalten ist das Aktive Lesen. Dies hilft dem sturen und für Schüler oft langweiligem Stilllesen oder dem aus eigener Schulzeit bekannten ‘Laut bis zum nächsten Absatz’ – Lesen entgegen zu wirken. Spannender ist hier sicherlich das gemeinsame Erlesen von Erzähltexten. Besonders wenn die Texte größere Gesprächspassagen beinhalten bietet es sich an, mit verteilten Rollen in den Leserollen des Erzählers und der Figuren zu lesen und auf diese Weise gleich mehrere Schüler aktiv in das Lesen zu involvieren. Durch die Rollenverteilung und die unterschiedlichen Stimmen und Vorlesetypen werden Textdialoge für die Schüler zudem verständlicher und das Lesen motivierender. Die Schüler beginnen dadurch auch, sich mit den Figuren besser zu identifizieren und können deren Absichten eher nachvollziehen. Dieser Effekt kann noch gesteigert werden, wenn die Leser dabei an verschiedenen Stellen im Klassenzimmer stehen oder auf extra für diesen Zweck angeordneten Stühlen sitzen. Auch das Sitzen in der Mitte eines Sitzkreises ist hier eine häufig gewählte Option. Dies verschafft den Lesern eine besondere Position, lockert den Unterrichtsalltag auf und bewirkt ganz nebenbei, dass die Stimmen der Lesenden von allen übrigen Schülern gleichermaßen gut verstanden werden. Eine Variante des aktiven Lesens, ist das sogenannte ‘Erprobende Lesen’ zum Beispiel eines Gedichtes oder Erzähltextes. Durch leierndes, gelangweiltes, nachdrückliches Lesen oder durch Lesen in bestimmten Situationen (als Pfarrer von der Kanzel, als Fußballtrainer, in der Disco,…) können die Schüler hier nicht nur die Stimmungen der Figuren überzeichnen, sondern trainieren auch ihre eigenen Ausdrucksfähigkeiten. Häufig haben gerade jüngere Schüler sehr viel Spaß an dieser freien Form, da sie nicht eintönig ‘erwachsen’ sprechen müssen, sondern mit Melodie und Theatralik arbeiten können. Visualisierendes Lesen von Texten: Als weitere Form des produktiven Lesens nennt WALDMANN das visualisierende Lesen (vgl. Waldmann 2011, S.70) Hier geht es vor allem um die Verinnerlichung von textspezifischen Besonderheiten. Denn die Schüler können durch Kolorierendes Lesen eines Textes, also Markieren mit Textmarkern in diversen Farben, den Text visuell strukturieren und so seine Besonderheiten besser begreifen. Die Kinder an- und unterstreichen, kreisen ein und umranden und schaffen dadurch eine visuelle Verdeutlichung des eigenen semantischen Verständnisses. Sie stellen Verbindungen, Besonderheiten und vieles mehr deutlich dar und kennzeichnen diese Informationen dauerhaft, auf einen Blick erkennbar. Ziel ist es dabei auch, dass die Schüler das Erarbeitete behalten, auch über einen langen Zeitraum, selbst wenn der Text in dieser Zeit nicht mehr bearbeitet wird. Antizipatives Lesen von Texten: Zuletzt soll an dieser Stelle das antizipative Lesen von Texten genannt werden, auch wenn es laut WALDMANN noch eine Vielzahl weiterer produktiver Leseverfahren gibt (Waldmann 2011, S. 70ff.). Das antizipative Lesen bezeichnet nichts anderes als das gemeinsame Lesen, bei dem die Schüler eigene Assoziationen bilden. Beim gemeinsamen Lesen des Titels, einzelner Kernwörter oder des Anfangs und stellen die Schüler Vermutungen an, worum es in dem Text gehen oder wie die Handlung in der Folge weiter verlaufen könnte. Auch das Anfertigen eines eigenen Gedichts oder Textes, anhand der erhaltenen Informationen, ist eine Option. Dann wird schließlich das Original gelesen und mit den eigenen Ideen verglichen. Dies bewirkt, dass die Schüler das Original mit Spannung weiterlesen werden, da sie verständlicherweise herausfinden wollen, in welchen Dingen sie sich getäuscht haben und welche Situationen sie bereits erwartet hatten. Um den Unterricht noch abwechslungsreicher zu gestalten gibt es bei dieser Methode auch einige Varianten. Zum Beispiel kann der Lehrer, statt immer wieder den Fortgang der Geschichte vermuten zu lassen, den Schülern ebenfalls sechs oder sieben ausgewählte (nicht zusammenhängende) Stellen eines Textes vorlegen. Diese müssen dann gelesen und in eine mögliche Reihenfolge gebracht werden, bevor die Schüler das Original lesen dürfen. Doch ganz egal welche dieser, oder weiterer Methoden ausgewählt und durchgeführt werden, das Ziel ist immer das gleiche. Die Schüler sollen den literarischen Text aktiv und motiviert aufnehmen und jeder auf seine Weise einen Zugang dazu finden, um dann in der zweiten Phase WALDMANNS, mit diesem Text arbeiten zu können.
Christoph Pohl wurde im Oktober 1986 in Rosenheim geboren. Sein Studium für das Lehramt Gymnasium in den Fächern Deutsch und Geschichte an der Universität Passau schloss der Autor im Jahre 2013 erfolgreich mit dem Staatsexamen ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Lehrtätigkeit und bemerkte den unterschiedlichen Umgang im gymnasialen Literaturunterricht. Da ihm die handlungs- und produktionsorientierte Methodik am meisten zusagte, entschied er sich diese ausführlicher anzusehen und sich mit den theoretischen Hintergründen auseinanderzusetzen.
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