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Kunst & Kultur

Thierry Fux

Geschichte für Gamer? Analyse der Geschichtsrepräsentation in Videospielen

ISBN: 978-3-8428-8758-9

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Studie über Geschichtsdarstellung in Videospielen stellt sich die Fragen wie und warum Geschichte in heutigen Videospielen genutzt wird. Um diese Fragen zu beantworten vergleicht der Autor die Darstellung von historischen Ereignissen und Persönlichkeiten bekannter Spiele mit der Darstellung derselbigen aus der Historiographie.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3.1, Der Pazifikkrieg in der Historiographie: Die Schlacht um Guadalcanal: Nachdem der Geheimdienst der Alliierten herausfand, dass die Japaner auf Guadalcanal einen Luftstützpunkt bauten, wurden die Pläne einer Offensive rasch in die Tat umgesetzt. So griffen alliierte Truppen die Insel am 1. August 1942 an. Die Truppen landeten an der nördlichen Küste und sollten sich den Weg gen Westen freikämpfen. Bereits nach einigen Tagen konnten die Männer das Landefeld einnehmen, da sie vermutlich die Ausmaße der Gegenwehr überschätzten. Es sollte jedoch bald eine Gegenoffensive der Japaner folgen. Diese begann mit massiven Seeschlachten nördlich der Insel, um zunächst die Kontrolle der Seewege zurück zu erlangen. Die Truppen auf der Insel waren somit abgeschnitten von der Außenwelt und Versorgungen. Mitte August folgten Gegenoffensiven per Land und Bombardements des Landestreifens, den die Marines mit Hilfe der Materialien, die die Japaner zurückließen, fertig stellten. Diese entsandten regelmäßig neue Truppen auf die Insel und es kam zu erbitterten Kämpfen. Aus diesem Grund nannten die Amerikaner eine Hügelkette ‘Bloody Ridge’. Krankheit und Verletzungen trafen schnell beide Lager. Am 9. Februar 1943 kam die japanische Gegenoffensive daher endgültig zum erliegen. Dies lag vor allem auch daran, dass Tokyo Probleme hatte ihr stark angewachsenes Reich im Pazifik zu versorgen. Sie konnten nicht mit der Produktivität der Amerikaner konkurrieren. Nachdem die Salomon Inseln in die Hände der Alliierten fielen, bestand keine Bedrohung mehr für einen Angriff der Japaner auf Australien. Die Schlacht um Peliliu Am 15. September 1944, bevor die US-Truppen auf der Insel landeten, wurde Peliliu bombardiert. Dort hatten die Japaner einen Landeplatz von strategischer Bedeutung. Die erste Marinedivision hatte den Strand gleich am ersten Tag eingenommen und das Umfeld nördlich sichergestellt. Bevor der eigentliche Flugplatz eingenommen werden konnte mussten sich die amerikanischen Truppen durch schwer umkämpftes Land schlagen. Die Japaner, unter der Führung von Oberst Nunio Nakagawa, hatten ein Netz von Tunnelsystemen über die ganze Insel verteilt. Diese waren mit schweren Waffen ausgerüstet womit ihre Einnahme äußerst schwer fiel. Die Strategie der Japaner bestand darin nicht mehr in Banzaiangriffen den Gegnern vors Gewehr zu laufen, in der Hoffnung sie mit in den Tod zu ziehen, sondern die befestigte Stellung mit allen Mitteln zu verteidigen. In einem geschriebenen Bericht von Private Russell Davis sieht man jedoch, dass diese Strategie nicht unbedingt beibehalten wurde. In selbstmörderischer Verzweiflung habe er Japaner gesehen, die sich an amerikanischen Soldaten festhielten, mit einer gezündeten Granate in der Hand. Diese konnten ihrerseits mit modifizierten Flammenwerfern die Höhlen und Tunnel der Japaner einnehmen. Die Alliierten konnten so den Landeplatz bis zu 17. September unter ihre Kontrolle bringen. Japanische Truppen, die noch in diversen Bunkern verstreut stationiert waren kämpften jedoch noch bis zum 25. November weiter. Es starben zirka 2.850 amerikanische Soldaten und 13.600 Japaner somit war dies eine der verlustreichsten Kämpfe des Pazifikkrieges. Nach der Einnahme der Philippinen war der Weg frei nach Indochina, China und schlussendlich auch Japan. 3.3.2, Der Pazifikkrieg in Videospielen: Die Schlacht um Guadalcanal: Die Schlacht um Guadalcanal ist eine der zahlreichen Missionen aus dem Spiel Battle for the Pacific. Die Gründe, warum sich diese Untersuchung gerade mit dieser Schlacht befasst, bestehen darin, dass sie am ehesten vergleichbar ist mit der Schlacht um Peliliu aus Call of Duty: World at War und da sie vom historischen Standpunkt her eine der wichtigsten Operationen zum Kriegsbeginn im Pazifik darstellte. Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass es sich bei dieser Version des Spiels um die Nintendo Wii Version handelt. Diese ist grundlegend anders als die Titel des gleichen Namens für Xbox 360 und Playstation 3, vermutlich wegen der technischen Limitationen von Nintendos Konsole. Da diese Version einen flagranteren Unterschied zu Call of Duty darstellt und somit eine andere Art der Geschichtsnutzung, wird sie einen interessanteren Vergleich erlauben. Zu Beginn des Spiels wird dem Spieler gleich historisches Bildmaterial gezeigt. Im Startbildschirm sind sehr kurze, aufeinanderfolgende Ausschnitte, die alle nur wenige Sekunden dauern, zu sehen. Dies sind alte Aufnahmen von Kriegsschiffen, feuernden Kanon, Soldaten... Im Abspann sind jedoch keine Hinweise auf die Herkunft dieser Bilder oder auf welche Quellen sich die Entwickler basierten zu finden. Ob es also schlussendlich Originalaufnahmen sind lässt sich nicht beweisen. Die Guadalcanal Mission ist in mehrere Teile gegliedert. In den ersten beiden Teilen befindet sich der Spieler auf den Inseln Gavutu und Tanambogo, die durch eine Brücke verbunden sind, um dort einen japanischen Hangar in die Luft zu jagen. Der zweite Teil bringt den Spieler auf die Insel Guadalcanal selbst, damit er dort das Flugfeld Henderson Field einnehmen soll. Zu Beginn der Mission zeigt das Spiel einem eine äußerst kurze Dokumentation über den Beginn des Pazifikkrieges, um den Spieler sowohl in der Zeit als auch in der Geschichte zu situieren. Dies ist der einzige, vage Hinweis auf den eigentlichen historischen Rahmen, in der das Geschehen stattfindet, denn man sucht hier vergeblich nach Daten oder sonstigen Zeitangaben. Der Protagonist leitet die Missionen ein, indem er erklärt warum er sich auf dieser und jener Insel befindet und was sein Ziel ist. Er nennt sich selbst eine ‘Einmannarmee’, was verständlich ist, da er alleine auf den von Japan kontrollierten Inseln steht und seine virtuellen Vorgesetzten von ihm erwarten, sich so durch die feindlichen Linien zu kämpfen. Die Japaner selbst, trifft der Spieler eher selten an. Wenn er oder sie auf feindliche Soldaten stößt, stehen diese meistens ohne Deckung in der Gegend und bewegen sich kaum. So kann der Protagonist sich auf Gavutu bis zur Brücke durchschlagen, während er unterwegs noch einige japanische Kampfflugzeuge vom Himmel schießt. Nachdem der Hangar, der gerade mal groß genug ist um zwei kleine Flieger darin unterzubringen, zerstört ist, wird der Spieler nach Guadalcanal geschickt, um dort, wieder auf sich alleingestellt, Henderson Field einzunehmen. Wiederum werden keine Daten an denen der Spieler sich orientieren könnte angezeigt. Auf der Insel selbst findet der Protagonist diesmal getarnte japanische Soldaten, die schwer im Gestrüpp zu erkennen sind. Diese benehmen sich aber auf die gleiche Weise wie die Figuren zuvor, das heißt sie stehen meist auf der Stelle oder verfolgen den Spieler falls dieser sich entscheidet an ihnen vorbei zu laufen. Henderson Field besteht aus zwei Gebäuden und einem Benzinlager. Nachdem diese von einem Bombardement aus der Luft getroffen werden, gilt die Mission als bestanden und der Spieler muss von der Insel flüchten. Die Schlacht um Peliliu: Ein Großteil des Spiels Call of Duty: World at War stellt die Schlacht um Peliliu dar. Bevor ein neues Spiel gestartet wird, wird ein Warnhinweis eingeblendet, dass dieses Spiel sowohl graphische Darstellungen als auch historische Aufnahmen benutzt, die verstörend sein können. Diese Aufnahmen werden vor allem vor den Missionen gezeigt, wenn das Spiel lädt und die Erzählerstimme des Protagonisten, erklärt warum der Spieler sich auf dieser Insel befindet und was vorher geschah. Ein schwarzweiß animierter Globus zeigt welche Gebiete vom Feind eingenommen wurden indem diese in Rot darstellt werden. Im Hintergrund ist eine Sonne zu sehen, die wie die damalige japanische Flagge aussieht, mit der Aufschrift ‘Japanese Empire’. Die Kamera zoomt auf Peleliu und gibt das Datum der Landung an, den 15. September 1944. Die animierten Schiffe und Figuren in diesen Einführungssequenzen sind Umsetzungen von Archivaufnahmen denn die Animationen der Soldaten und Schiffe verwandeln sich in zeitgenössische Filmaufnahmen. Bereits hier wird eine sehr enge Verknüpfung zwischen archivistischer ‘Realität’ und virtueller ‘Realität’ hergestellt. Beides fließt ineinander um dem Spieler so ein Gefühl von Authentizität zu geben. Dieses Gefühl ist der springende Punkt bei World at War. Der Spieler soll sich wie ein Soldat des Zweiten Weltkriegs fühlen, wie bereits erwähnt, verspricht die Verpackung dem Käufer bereits er könnte den Krieg ‘erleben’. Unklar bleibt auch hier allerdings woher das Bildmaterial stammt. Bei der Landung auf Peliliu hört der Spieler eine heldenhafte Hintergrundmusik, die diese blutige Auseinandersetzung wie ein Heldenepos wirken lässt. In wenigen Sekunden ist der Strand eingenommen und der Spieler muss mit seinem Team (die vom Computer gesteuert werden) weiter landeinwärts marschieren. Beim Vordringen in feindliches Gebiet bleiben die Verbündeten alle paar Meter stehen, gehen in die Hocke und halten Ausschau nach Gegner. Die Japaner ihrerseits sind oft getarnt und kommen ohne Vorwarnung in Überraschungsangriffen aus dem Dschungel gestürzt. Einige rufen ‘Banzai’ und laufen aus ihrer Deckung in einem Selbstmordangriff mit dem Bajonett sowohl auf den Spieler als auch auf seine Gefährten zu. Beim ersten Durchspielen weiß dieser im Prinzip nie wo sich die Gegner verbergen und wann sie zuschlagen. Dies verstärkt das Gefühl von Anspannung und Angst denn es geht somit im Spiel nicht mehr bloß darum von Punkt A nach Punkt B zu gelangen um dort ein Ziel einzunehmen, sondern ums Überleben des Avatars. Dies ist dem Spieler nur möglich wenn er sich bei seinen Kameraden aufhält denn jeglicher Versuch alleine vorzupreschen ist unmöglich denn die feindlichen Truppen nehmen die Figur sofort unter Beschuss. Die lange Zeitspanne der Einnahme der Insel wird überbrückt indem, nach jeder bestandenen Mission (wie z.B. die Bunker am Strand einzunehmen), der Schauplatz wechselt, zum zweiten Protagonisten, ein Soldat der Roten Armee, der sich mit seinen Truppen Richtung Berlin durchkämpft. Wenn dann das Geschehen sich wieder auf den Pazifik konzentriert, wird ein neues Datum eingeblendet, um somit zu zeigen, dass die Schlacht um Peliliu länger als 90 Minuten dauerte. Es wäre vom Technischen und Spielerischen her auch nicht möglich die gesamte Länge einer solchen Auseinandersetzung in ein Spiel zu integrieren. Die Japaner werden indes oft als brutale Monster dargestellt, bereits in der ersten Szene des Spiels schlitzt ein japanischer Offizier einem Amerikaner die Kehle auf. Dies soll wohl dem Spieler das gleiche Gefühl geben wie die anti-japanische Propaganda, die zu Kriegszeiten den Soldaten mitgeteilt wurde damit diese kein Mitleid zeigten. Der Spieler wird so in die Rolle des skrupellosen Soldaten eingeführt. Der Spieler wird in diese Rolle gezwungen wenn er oder sie möchte, dass ihr Avatar überlebt und das vorgegebene Ziel erreicht. Es ist dabei egal ob hunderte von Menschen erschossen werden müssen oder vom Flammenwerfer zu Tode verbrannt werden während ihre Schmerzensschreie zu hören sind. An diesem Punkt stellt sich natürlich die Frage der Ethik eines solchen Spieles. Diese Frage ob man solche Darstellungen in ein Spiel umsetzen soll wird in diesem Buch umgangen. Es ist jedoch interessant sich die Frage anzuschauen, ob in diesem Spiel bewusst die Schuldgefühle des Spielers angeregt werden oder ob dies bloß Teil einer ‘realitätsnahen’ Darstellung sein soll. Soll der Spieler Gewissensbisse oder Traumata bekommen wie einige Soldaten jener Zeit? Von einem anderen Blickwinkel betrachtet kann man sich die Frage stellen ob einige Spieler überhaupt so weit überlegen, denn die Regeln des Spiels geben klar vor welche Ziele zu befolgen sind, wenn der Spieler diese nicht erreicht hat er sozusagen verloren. Diese Gemütshaltung erinnern stark an die eigentliche Kriegssituation, in der Soldaten von den Vorgesetzten Befehle erhalten, die sie auszuführen haben, egal wie sie sich dabei fühlen. Die Nähe, die dieses Spiel somit erzeugt mit den Erfahrungen von Soldaten lässt sich dadurch erklären, dass das Spiel auf den mündlichen Überlieferungen von Veteranen des Pazifikkrieges sowie der 1st Marine Division Association basiert. Der pensionierte Lt. Colonel Hank Keirsey diente außerdem als militärischer Berater.

Über den Autor

Thierry Fux, M.A., wurde 1987 in Luxemburg geboren. Sein Studium der Geschichte an der Universität Luxemburg schloss der Autor im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad der Master en Histoire Européenne Contemporaine erfolgreich ab. Die Faszination von sowohl Geschichte als auch von Videospielen motivierte den Autor, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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