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- Gebrauch der Verbpartikeln bei Migranten mit russisch-deutscher Zweisprachigkeit : Eine Querschnittstudie anhand mündlicher Texte erwachsener Sprecher
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Abb.: 10
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Gegenstand der vorliegenden empirischen Untersuchung ist der Gebrauch von Verbpartikeln mit Verben gerichteter Bewegung im Deutschen bei erwachsenen Zweisprachigen mit russischer Erstsprache. In der vorliegenden Querschnittstudie wird generell davon ausgegangen, dass die russisch-deutsch Zweisprachigen eine tendenziell höhere Anzahl an Verbpartikeln mit räumlicher Bedeutung in deren Zweitsprache Deutsch verwenden, als dies die Deutsch-Muttersprachler tun. Diese Hypothese läuft darauf hinaus, dass mithilfe der Verbpartikeln möglicherweise der perfektive Aspekt am Verb ausgedrückt werden soll, der im Russischen u. a. mithilfe der Präfixe gebildet wird. Die Hypothese beruht hierbei auf einer strukturellen Ähnlichkeit zwischen den beiden Sprachen, betrifft jedoch nicht die semantische Ebene, weil die Verbalpräfixe im Russischen eine andere Funktion bzw. Funktionen erfüllen als die Verbpartikeln im Deutschen. Wenn also solche formale Ähnlichkeit zwischen den beiden Kontrastsprachen vorhanden ist, führt uns dieser Gedanke dazu, eine Aussage zu machen, dass die ähnliche Form für die bedeutungsrelevante Funktion in der Zielsprache gehalten werden könnte.
Textprobe: Kapitel 3, Methode: 3.1, Korpuszusammenstellung: Die empirische Datenanalyse erfolgt auf der Grundlage der Bildergeschichte ‘Frog, where are you?’ von Mercer Mayer. Die für die Untersuchung ausgewählte ereignisreiche Bildergeschichte bietet sich sehr gut an, um die verschiedenen morphologischen und lexikalischen Mittel zum Ausdruck der gerichteten Bewegung in der L2 zu untersuchen. Die Probanden wurden gebeten, diese Geschichte in Form eines mündlichen Textes zu produzieren, welcher mit einem Audiogerät aufgenommen wurde. Dabei hatten die Testpersonen ausreichend Freiraum und Zeit, um sich auf das Beschreiben des in den Bildern Dargestellten vorzubereiten und die Geschichte anschließend zu erzählen. Zu den Aufnahmemodalitäten ist zu sagen, dass obwohl alle Aufnahmen in ruhiger häuslicher Umgebung stattfanden, die Probanden diese Situation auf eine ganz unterschiedliche Art und Weise empfanden, was folglich Auswirkung auf die Form, Länge oder Qualität der Texte hatte. Einige Teilnehmer fühlten sich überfordert und waren sich nicht immer sicher, was sie sagen sollten. Sie hatten demzufolge Angst, etwas falsch auszudrücken, obwohl die Aufgabenstellung gerade das freie Erzählen der Bildergeschichte vorgab. Dieses einer Prüfungssituation ähnliche Verhalten könnte u. a. durch die für die Sprecher eher ungewöhnliche Aufnahmesituation mit dem Audiogerät erklärt werden oder durch die Präsenz einer weiteren Person im Raum, in diesem Fall des Interviewers, die möglicherweise als eine Prüferperson wahrgenommen wurde. Diese Beobachtung gab den Anstoß zur Überlegung, dass beim freien Sprechen sehr viele weitere Faktoren im Spiel sind. Besonders wenn es sich um eine Zweitsprache handelt, verspüren die Probanden plötzlich Unsicherheit in dieser Situation, und zweifeln, ob sie kompetent genug sind, um die gestellte Aufgabe zu erfüllen. Dieses Verhalten wurde vor allem bei der Sprecherin MAG und dem Sprecher ABO beobachtet, obwohl die gesamte Probandengruppe als in ihrer L2 (sehr) fortgeschritten eingestuft werden kann. Im nächsten Schritt wurden alle aufgenommenen Audiotexte zu einem späteren Zeitpunkt nach HIAT (Halbinterpretative Arbeitstranskription, in Rehbein et al. 2004) transkribiert, die zuvor noch etwas vereinfacht wurde, und bilden somit den Materialkorpus für die empirische Textanalyse. Die Auswahl der HIAT ist dadurch begründet, dass sie verhältnismäßig einfach, aber gleichzeitig umfangreich genug ist, um einen mündlich erzählten Text zu verschriftlichen. Das Transkribieren nach GAT (Gesprächsanalytische Transkriptionskonventionen) wäre für dieses empirische Vorhaben nicht relevant, da es sich um kein Gespräch im eigentlichen Sinne handelt und die vielen für diese Transkriptionskonventionen relevanten Markierungen keinen Gebrauch in der Verschriftlichung gefunden hätten. Beim Transkribieren der mündlichen Texte war es zunächst sehr wichtig, die Grenzen der Äußerungen genau zu markieren und sie dahingehend zu kennzeichnen, ob es Äußerungen mit deklarativem, interrogativem oder exklamativem Modus sind. Es wurde keine Partiturschreibung verwendet, sondern bei Sprecherwechsel (von Proband zu Interviewer und umgekehrt) sowie bei einer neuen Äußerung des Sprechers jeweils eine neue Zeile angesetzt. Die Segmentierung des mündlichen Textes in einzelne Äußerungseinheiten spielte eine besondere Rolle und war nicht immer eindeutig durchzuführen. Dabei wurde eine Mischung zwischen der intonatorischen und der syntaktischen Segmentierung vorgenommen, bei dem größtenteils intuitiv vorgegangen wurde. Die Binnenstruktur der Äußerungen wurde ebenfalls markiert, d. h. Pausenzeichen, kurzes Stocken, Dehnungen, Reparaturen, Stottern, Planungsindikatoren, wie ‘ähm’ o. Ä. sind in den transkribierten Texten ebenfalls zu finden. Zusätzliche Bemerkungen (etwa wenn gedehnt, sehr langsam, mit verstellter Stimme gesprochen, bestimmte Silben betont, oder dabei gelacht bzw. gelächelt wurde) wurden in eckigen Klammern und kursiv hinter das jeweilige Wort bzw. die jeweilige Zeile gesetzt. Jedes Transkript besitzt einen ‘Kopf’, in dem Ort, Zeit und Dauer des Gesprächs angegeben und die Kürzel für die Sprecher aufgelöst wurden. Jeder Sprecher hat ein anonymisierendes Kürzel, das aus drei Graphemen in Blockbuchstaben besteht. Dafür wurden entweder die ersten drei Grapheme des Vornamens oder die ersten beiden Grapheme des Vornamens und das erste des Nachnamens genommen. Der Interviewer bekam das Kürzel ‘INT’. Um Verallgemeinerungen der Ergebnisse der empirischen Datenanalyse zu gewährleisten, wurden insgesamt zehn Texte von russischsprachigen erwachsenen Deutschlernern erhoben. Als Vergleichsmaterial dienen zehn Transkripte deutscher Muttersprachler aus dem online abrufbaren CHILDES-Korpus, die die Beschreibung der gleichen Bildergeschichte beinhalten. Das Alter der Probanden variiert zwischen 24 und 33 Jahren. Alle Transkripte aus dem CHILDES-Korpus stammen von 20-jährigen Personen und können somit der Kategorie der Erwachsenen zugeordnet werden. Alle Probanden aus der vorliegenden empirischen Untersuchung halten sich bereits seit mehr als zehn Jahren in Deutschland auf und können als (sehr) fortgeschrittene Deutschsprecher eingestuft werden. Dabei unterscheidet sich das Alter bei der Einreise nach Deutschland: Zwei Personen sind im Alter von 9 und 10 Jahren (ABO und NAT), fünf Personen im Alter von ca. 16 Jahren (ALB, AND, JUL, DIK, KRI) eine Person im Alter von 19 (LEN) und zwei Personen im Alter von 21 (KON) und 22 (MAG) Jahren eingereist. In diesem Zusammenhang kann die Frage gestellt werden, ob und wiefern sich die Ausdrucksweisen der gerichteten Bewegung je nach Einreisealter unterscheiden. In anderen Worten: Wie groß ist der Einfluss der Muttersprache je nach Einreisealter, als der unmittelbare Kontakt mit der deutschen Umgebungssprache begonnen hat? Spielt die Art des Zweitspracherwerbs (gesteuert vs. ungesteuert) im Zusammenhang mit dem Einreisealter eine Rolle? Kann davon ausgegangen werden, dass bei frühem Einreisealter und infolgedessen eher natürlichem Zweitspracherwerb die verbalen Strukturen der Deutsch-Muttersprachler präferiert werden? Dabei ist jedoch zu bedenken, dass weitere Texte von Personen mit frühem Einreisealter benötigt würden, um die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse in diesem Zusammenhang zu gewährleisten. Darüber hinaus sollte für künftige Untersuchung in diesem Bereich allgemein auf einen größeren Probandenumfang geachtet werden: Es sollten möglichst viele Sprecher sowohl des Deutschen als auch des Russischen als Erstsprache gewonnen werden, deren sprachlicher Hintergrund für eine solche Datenanalyse von großer Bedeutung ist, um schließlich zu einem aussagekräftigen Ergebnis gelangen zu können. Nichtsdestotrotz bietet das hier untersuchte relativ breite Spektrum der Probandengruppe im Folgenden einen guten Diskussionshintergrund für die im Rahmen des vorliegenden Manuskriptes interessierenden Fragestellungen.
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