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- Fluchen im Vergleich - Deutschland vs. Frankreich: Eine empirische Untersuchung und kontrastive Analyse zum deutschen und französischen Fluchwortschatz
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Fluchen Franzosen mehr als Deutsche? Ist die Fäkalsprache wirklich die primäre Schöpfungsquelle deutscher Fluchwörter? Gibt es regionale Unterschiede in Bezug auf das Fluchvokabular? Diesen und weiteren Fragen wird in dieser Studie auf den Grund gegangen. Sie bietet eine umfassende kontrastive Analyse des deutschen und französischen Fluchwortschatzes, die auf theoretischen Grundlagen und empirischen Daten basiert. Die empirischen Daten wurden mittels einer Umfrage von deutschen und französischen Muttersprachlern erhoben. Die leitenden Forschungsfragen sind, ob es zwischen dem deutschen und dem französischen Fluchwortschatz markante Gemeinsamkeiten und / oder Unterschiede und eindeutige Frequenzen gibt und ob innerhalb der Sprachräume und im kontrastiven Vergleich diatopische, diastratische sowie diaphasische Varietäten vorhanden sind.
Textprobe: Kapitel 3, Theoretische Grundlagen und Methodik: 3.1, Begriffsdefinition: 3.1.1, Fluchen in den Wörterbüchern und Begriffsabgrenzung: Fluchen ist im heutigen Sinne eine Form der verbalen Aggression. Duden - das Bedeutungswörterbuch 2010 definiert Fluchen wie folgt: ‘Mit heftigen oder derben Ausdrücken schimpfen’. Unter Schimpfen findet man: ‘[S]einem Unwillen (über jmd., etwas) in heftigen Worten Ausdruck geben’ und als Synonym wird fluchen angegeben. Dies zeigt eindeutig, dass den beiden Wörtern heutzutage fast das gleiche signifié entgegen kommt, auch wenn das signifiant unterschiedlich ist. Ein Grund dafür ist, dass es immer schwieriger wird, Fluch- und Schimpfwörter auseinander zu halten, weil sie oft miteinander verkettet sind. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: Verdammt, was ist das hier für eine Scheiße! (Achilles / Pighin 2008:137). Ein Fluch hat zwei Bedeutungen: Es kann ein im Zorn gesprochener Kraftausdruck sein oder eine böse Verwünschung, ein Wunsch, dass jmdm. ein Unheil widerfahren soll (Duden - deutsches Universalwörterbuch 2011). Für diese Studie ist nur die erste Bedeutung relevant, da der Fokus ausschließlich auf Fluchwörtern liegt, die nicht beabsichtigen, eine bestimmte Person, eine Situation oder einen speziellen Sachverhalt zu verfluchen (vgl. Achilles / Pighin 2008:138). Folglich sind auch jegliche Wörter ausgenommen, die die Funktion erfüllen sollen, eine Person zu beleidigen. Das französische Äquivalent zum deutschen Wort Fluch stellt das Wort juron dar, abgeleitet vom Verb jurer, das das Äquivalent zum deutschen Verb fluchen ist. Le Petit Robert de la langue française definiert juron folgendermaßen: ‘Exclamation, interjection familière ou grossière qui n’évoque pas une chose sacrée sur quoi on puisse jurer’. Demnach kann ein Fluch, eine umgangssprachliche oder derbe Exklamation oder Interjektion sein, die keinen göttlichen Bezug hat, den man verfluchen kann. Für das Verb jurer schreibt der Petit Robert als erste Bedeutung: ‘attester par serment’. Die zweite Bedeutung ist ‘prêter, faire serment’ und die dritte Bedeutung ist: ‘proférer des imprécations, des jurons’. Darunter fällt auch die Blasphemie. Diese Definition zeigt, dass das französische Verb für fluchen, nicht wie im Deutschen auch schimpfen bedeutet. Somit sind diese beiden Bereiche der verbalen Aggression genauer getrennt. 3.1.2, Fluchen in der wissenschaftlichen Literatur: Burgen definiert Fluchwörter lapidar als Kraftausdrücke, ‘die man sagt, wenn man sich den Finger in einer Schublade eingeklemmt oder die verkündeten Lottozahlen mit den eigenen übereinstimmen’ (1998:19-20). Jay definiert fluchen, wie folgt: ‘Cursing is the utterance of emotionally powerful, offensive words (e.g. fuck, shit) […]’ (2000:9). Für Ljung gibt es vier Kriterien, die fluchen beschreiben: 1. ‘Swearing is the use of utterances containing taboo words. 2. The taboo words are used with non-literal meaning. 3. Many utterances that constitute swearing are subject to severe lexical, phrasal and syntactic constraints which suggest that most swearing qualifies as formulaic language. 4. Swearing is emotive language: its main function is to reflect, or seem to reflect, the speaker’s feelings and attitudes’ (Ljung, 2011, p. 4). Der Akt des Fluchens ist demnach die Verwendung von Äußerungen, die Tabuwörter beinhalten. Diese Tabuwörter sind nicht wörtlich gemeint. Zudem unterliegen viele fluchende Äußerungen strengen lexikalischen, satzgebundenen und syntaktischen Regeln, die darauf hinweisen, das Fluchen meistens formelhafte Sprache ist. Eine letzte Eigenschaft ist, dass Fluchen emotive Sprache ist, dessen Hauptfunktion (scheinbar) darin besteht, die Gefühle und die Meinung des Fluchenden zum Ausdruck zu bringen. 3.1.3, Fluchen als Interjektion oder Exklamation: Eine Interjektion ist eine ‘Gruppe von Wörtern, die zum Ausdruck von Empfindungen, Flüchen und Verwünschungen sowie zur Kontaktaufnahme dienen (Au! Verflixt! Hallo!) […]’ (Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft 2002). Reisigl ist diesbezüglich etwas genauer und unterteilt Interjektionen zunächst in primäre und sekundäre Interjektionen (vgl. 1999:13). Unter primären Interjektionen fallen alle Stimmlaute (Wundt, 1900:302) ah, oh, au, aïe, ouf etc. Sekundäre Interjektionen werden ‘aus Wortmaterial der Einzelsprachen gebildet (Koch / Oesterreicher 2011:61). Diese sekundären Interjektionen unterteilt Reisigl noch mal in Nominalinterjektionen und in Verbalinterjektionen (vgl. 1999:28). ‘Nun gibt es innerhalb der Nominalinterjektionen eine Untergruppe von sekundären Interjektionen erster Ordnung, deren suspendierte, jedoch literalisierbare nennende Prozedur aus irgendwelchen Gründen, sei es aus sozialästhetischen, ethischen oder magisch-religiösen, tabuisiert ist’ (Reisigl, 1999:233). Bei dieser Unterteilung ist jedoch nur fraglich, warum tabuisierte sekundäre Interjektionen nicht auch innerhalb der Verbalinterjektionen bestehen. Sekundäre Interjektionen unterliegen festen Stellungsregeln, wenn sie mit primären Interjektionen kombiniert werden. So stehen beispielsweise primäre Interjektionen immer vor sekundären Interjektionen. Zur Veranschaulichung: Oh Gott! Gott oh! ist nicht möglich. (Vgl. Nübling 2001:25) Die sekundären Interjektionen lassen sich in lexikalische, syntagmatische und monomorphematische Interjektionen untergliedern. Zu den lexikalischen zählt das oben genannte Beispiel. Unter syntagmatischen Interjektionen wird z. B. Himmel, Arsch und Wolkenbruch! gefasst, und Ausrufe, wie Mist! Scheiße! zählen zu den monomorphematischen Interjektionen. (Vgl. Nübling 2001:33) Im Gegensatz dazu fasst Anscombre Fluchwörter und -wendungen spezifisch unter der Bezeichnung ‘Les interjections psychologiques’ zusammen (Vgl. 2009:18). Eine Exklamation ist ein ‘[s]prachlicher Handlungstyp (Illokutionstyp), der eine Einstellung des Erstaunens, des Überraschtseins, des Für-außergewöhnlich-Haltens gegenüber seinem propositionalen Gehalt ausdrückt (Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft 2002). Eine andere Definition: ‘a sudden cry or remark expressing surprise, strong emotion or pain’ (Oxford dictionaries 2013). Es fällt auf, dass die deutsche Definition die Emotion Angst außen vor lässt. Im Duden Universalwörterbuch findet man unter Exklamation: (Rhet. bildungssprachl. veraltet): Ausruf. Demnach scheinen die Begriffe Interjektion und Exklamation im Französischen und Englischen noch stark differenziert zu werden, dagegen beschränkt sich das Deutsche in Bezug auf die Definition eines Fluchwortes, einer Fluchwendung auf den Begriff Interjektion. Interessant ist jedoch, dass Ljung diesbezüglich angibt, festgestellt zu haben, dass Fluchwörter in den meisten Sprachen als Exklamationen betrachtet werden (vgl. 2011:74). Er selbst ist jedoch davon überzeugt, dass sie unter Interjektionen zu fassen sind (vgl. 2011:76). 3.1.4, Probleme der Abgrenzung zu Schimpfwörtern: Es wurde bereits erwähnt, dass der Unterschied zwischen Schimpfen und Fluchen immer kleiner wird (vgl. Nübling / Vogel 2004:19). Ein Grund dafür ist, dass Schimpf- und Fluchwörter oft miteinander vermengt sind (vgl. Kiener 1983:229). Ein weiterer Grund ist, dass einige Wörter, die eigentlich reine Schimpfwörter sind, weil sie primär eine beleidigende Funktion haben, auch zum Zweck des Fluchens verwendet werden. Nicolas schlägt drei Methoden vor, um ein Wort als Kraftausdruck zu identifizieren: ‘méthode stylistique’, ‘méthode comparatiste’, ‘méthode dite du sentiment du locuteur’ (Nicolas, 2007:31-33). Mit der stilistischen Methode lässt sich unterscheiden, welche Semantik das gewählte Wort hat, indem man den Wortschatzbereich ermittelt, aus dem das Wort entlehnt wurde. Somit lässt sich auch die Stärke des Tabugrades einordnen. Die vergleichende Methode dient dazu, das Wort etymologisch zu betrachten und zu vergleichen. Die letzte Methode zielt darauf ab, die Emotion zu eruieren, die der Sprecher mit diesem Wort ausdrücken wollte (Vgl. Nicolas, 2007:31-33). 3.1.5, Kurzdefinition: Zusammenfassend ist ein Fluchwort bzw. eine Fluchwendung also eine negative Gefühlsäußerung, die durch Ärger, Enttäuschung, Empörung, Wut, Zorn, Erstaunen, Überraschung etc. hervorgerufen wird und in Form einer derben, vulgären Interjektion wiedergegeben wird. Diese Interjektion kann sekundärer oder primärer Natur sein, sich jedoch auch aus einer primären und einer sekundären zusammensetzen. Demzufolge werden auch fluchende Wendungen betrachtet, die sich aus mehreren Fluchwörtern zusammensetzen sowie Fluchwortketten. Ein Beispiel für eine Fluchwendung ist: Was für eine verdammte Scheiße! und ein Beispiel für eine Fluchwortkette ist: Himmelhergottsakrament! Darüber hinaus ist es schwierig Fluchwörter genau von Schimpfwörtern abzugrenzen, weil viele Schimpfwörter auch zum reinen Fluchen verwendet werden.
Luisa Kalcher, B.A. wurde 1990 in Leverkusen geboren. Ihr Studium der Übersetzungswissenschaft in Deutsch, Französisch und Spanisch schloss die Autorin im August 2013 an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts erfolgreich ab. Seit September 2013 ist sie Studentin eines deutsch-französischen Masterstudiengangs mit Schwerpunkt Marketing. Fasziniert von französischer Kultur und Sprache, verbrachte die Autorin mehr als ein Jahr in Frankreich, um die Besonderheiten des Landes kennenzulernen. Dies motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buchs zu widmen.
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