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- Flimmerndes Labyrinth: Das Fernsehen in Europa – Regulierungspolitik, Fördermaßnahmen und die Chancen eines paneuropäischen Fernsehkanals
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 154
Abb.: 120
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Trotz sinkender Beteiligung an den Wahlen zum Europäischen Parlament interessieren sich die meisten EU-Bürger sehr für Europa. Umfragen zeigen, dass die Menschen gerne mehr über ihre Nachbarn wissen wollen und deren Alltag kennenlernen möchten. Das Fernsehen könnte dies ermöglichen und vielleicht auch dabei helfen, durch entsprechende nachhaltige Berichterstattung das Wissen der Bürger über das bürokratische Monster EU zu verbessern. Dazu bräuchte es einen Fernsehsender, der nicht überwiegend national ausgerichtet ist, sondern den Anspruch hat, mit einem von vornherein paneuropäisch angelegten Konzept an den Start zu gehen. Doch auch das Fernsehen in Europa ist einer Vielzahl von Regelungen der europäischen Institutionen unterworfen. Die legislative Umgebung, in der sich ein paneuropäisch ausgerichteter TV-Kanal bewegen müsste, gleicht einem Labyrinth, in dem sich zurechtzufinden nicht einfach ist. Das vorliegende Buch befasst sich daher zunächst mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich ein paneuropäisch konzipierter Fernsehkanal bewegen müsste. Dies beinhaltet in erster Linie sowohl Regelungen des Europarats als auch Vorgaben der Europäischen Union, wobei auch danach gefragt wird, inwiefern der EU im Rundfunkbereich überhaupt eine Regelungskompetenz zukommt. Im Abschnitt über die aktive Seite des Fernsehens in Europa werden zunächst Fördermaßnahmen auf europäischer Ebene vorgestellt. Es folgt ein Einblick in die Geschichte bisheriger paneuropäisch konzipierter Kanäle sowie eine Vorstellung derjenigen Sender, deren Programmschema heute ein staatenübergreifendes Publikum anspricht. Dass sich bislang kein originär paneuropäisch ausgerichteter Kanal bei einer breiten Zuschauerschaft durchsetzen konnte, liegt an verschiedenen Faktoren, die ebenfalls erläutert werden. Der empirische Teil der vorliegenden Studie geht der Frage nach, ob die Bürger Europas heute einen staatenübergreifenden Fernsehsender akzeptieren würden und wie dessen Programm aussehen müsste, damit er auch dauerhaft erfolgreich sein könnte. Dazu wurden Fernsehkonsumenten aus vier EU-Staaten (Deutschland, Großbritannien, Polen und Tschechien) nach ihren Sehgewohnheiten, Programmvorlieben und Wünschen befragt. Insgesamt konnte dabei festgestellt werden, dass die Mehrheit der Teilnehmer sich ein Vollprogramm mit europäischer Ausrichtung wünschen würde. Insbesondere Reportagen über das Leben in den Ländern Europas sowie europäische Spielfilme im Original mit Untertiteln stehen auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Ein paneuropäischer Fernsehkanal könnte sich heute als Vollprogramm also durchaus bei einer breiten Zuschauerschaft etablieren. Im Anhang des Buches befinden sich Diagramme, Tabellen sowie der Original-Fragebogen der Studie.
Textprobe: Kapitel 5.2, Europäische Fernsehinitiativen in der Vergangenheit: Zur aktiven Seite europäischer Institutionen in Bezug auf das Fernsehen gehört auch Engagement hinsichtlich konkreter Fernsehprojekte. So hat sich in der Vergangenheit vor allem die Europäische Gemeinschaft schon früh um den Aufbau eines paneuropäisch agierenden TV-Kanals bemüht, war aber am Ende aus einer Vielzahl von Gründen nicht erfolgreich. 5.2.1, ‘ADAM’ und ‘EVE’: Bereits im Jahr 1980, noch bevor das Europäische Parlament überhaupt angefangen hatte, sich mit dem Thema Fernsehen zu befassen, beschäftigte sich die EBU mit der Möglichkeit eines Eurovisionskanals und sammelte erste Vorschläge zu dieser Thematik. Das Ergebnis waren zwei Papierplanspiele namens ‘EVE’ und ‘ADAM’. Im Rahmen von EVE (Eurovision Experiment) versuchte man, ein Sieben-Tage-Programm zusammenzustellen, das hauptsächlich aus Beiträgen von 18 verschiedenen EBU-Mitgliedsanstalten bestehen sollte. In der Woche vom 11. bis 17. Mai 1981 sollten so verschiedene Sendungstypen von den Anstalten beigesteuert werden. Als mögliche Programmquellen kamen mehrere in Betracht. Zum einen dachte man daran, das nationale Programm der Funkhäuser in Auszügen zu übernehmen oder auch speziell für EVE Beiträge zu produzieren. Des Weiteren wollte man auf Rohmaterial der EVN zurückgreifen und daraus ebenfalls für EVE Berichte erstellen. Programmelemente von unabhängigen Produzenten waren auch damals schon vorgesehen. Und schließlich sollten auch nationale Programmideen wie z.B. Quizsendungen für ein europäisches Publikum adaptiert und in das EVE-Sendeschema übernommen werden. Insgesamt war das Programm mehr oder weniger als ‘organisierte Wiederholung’, das heißt als Zweitverwertung von bereits vorhandenem Material konzipiert, was Live-Berichterstattung de facto ausschloss. Dem Vorhaben lag ein klarer Public Service Gedanke zu Grunde, daher war insgesamt eine Mischung aus Information, Erziehung und Unterhaltung eingeplant, die sowohl ein Massenpublikum als auch Minderheiten erreichen sollte. Spielfilme und Werbung dagegen spielten in diesem reinen Papierplanspiel gar keine Rolle. ADAM (Alternative Dual Anticyclic Model) war ein weiteres theoretisches Konstrukt eines europäischen Fernsehkanals. Wie der Name schon sagt, war der Grundgedanke hinter ADAM, antizyklisch zu senden. Zu Uhrzeiten, in denen weniger Konkurrenz um die Zuschauer zu erwarten war, sollte ADAM Inhalte für Minderheiten senden. Die Primetime für ADAM war festgelegt auf den frühen Morgen und die Nacht, und es sollten überwiegend Sendungen laufen, die in das Programmschema herkömmlicher Vollprogramme nicht passten, z.B. Filme in Über- oder Unterlänge. Darüber sah die Planung vor, regelmäßig aber vorhersehbar zwischen verschiedenen Programmschwerpunkten zu wechseln, also beispielsweise die erste Woche im Monat mehr Unterhaltung im Programm zu haben, dafür in jeder zweiten Woche den Schwerpunkt auf Information zu legen. Die Programmstruktur von ADAM sollte wiederkehrenden Charakters sein, so dass der Zuschauer schon langfristig vorausplanen könnte. Dem antizyklischen Charakter zufolge sollte beispielsweise Sport nie am Wochenende laufen, sondern möglichst an Werktagen. Mit ein Grund für dieses Konzept war, dass man nicht in Konkurrenz zu den nationalen TV-Anbietern treten wollte. Obwohl es im Fall von ADAM und EVE bei reinen Theoriekonstrukten blieb, lassen sich einige der Vorschläge von damals in späteren Projekten wiederfinden. 5.2.2, Eurikon: Das erste paneuropäisch konzipierte Programm, das auch tatsächlich gesendet wurde, war ‘Eurikon’ im Jahr 1982. Koordiniert durch die EBU hatten sich fünf europäische Funkhäuser zusammengeschlossen, um die Durchführbarkeit eines solchen Projekts auszuloten. Mit Eurikon wollte man Antworten auf technische, organisatorische, finanzielle und inhaltliche Fragen finden, die sich bei den Überlegungen um ein europäisches Fernsehprogramm ergeben hatten. Von Mai bis November 1982 gestalteten die britische Fernsehdachgesellschaft IBA, der österreichische ORF, die italienische RAI, die niederländische NOS und die deutsche ARD ein Testprogramm, das über Satellit ausgestrahlt wurde. Zu sehen bekam es aber nur ein kleines Publikum aus Experten, vor allem Journalisten, Techniker und Programmdirektoren – aus urheberrechtlichen Gründen war das Programm der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Reihum war jede der beteiligten Anstalten immer eine Woche lang für die Zusammenstellung und Aufbereitung der Inhalte verantwortlich, die anderen Sender lieferten dann jeweils Material zu. Inhaltlich hatte man sich auf eine Mischung aus Unterhaltung, Information und Bildung geeinigt, welche man in einen europäischen Kontext setzen wollte. Ziel war eine möglichst große Publikumsresonanz, wobei die Definition der Zielgruppe ein wenig diffus war: Eurikon sollte sich an ‘einen Zuschauer wenden, der sich für seine europäischen Nachbarn und deren Sprachen interessiert und gleichzeitig wenig Zeit hat’. Alle Sendungen wurden bei Eurikon in sechs Sprachen übertragen: Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Niederländisch. Generell wurden alle Programme in ihrer Originalfassung an diejenige Anstalt geliefert, die für die jeweilige Sendewoche verantwortlich war, und diese war dann für die Übertragung in die jeweils anderen Sprachen zuständig. Als ein wesentliches Problem erwies sich in diesen Zusammenhang die Vielsprachigkeit in Europa. Experimentiert wurde mit Videotext-Untertiteln, Dolmetschern und muttersprachlichen Moderatoren. All diese Versuche ernteten Kritik: das Testpublikum ‘beurteilte das Angebot insgesamt zwar recht positiv, war aber weniger angetan von den verschiedenen Lösungen im Umgang mit der Vielsprachigkeit. Insbesondere simultane Übersetzungen kamen nicht so gut an, und die Einblendung von Untertiteln wurden als zu kurz kritisiert’. Schnell war klar, dass das Sprachproblem eine der größten Herausforderungen europäischen Fernsehens werden würde. Vor allem der hohe organisatorische, personelle und finanzielle Aufwand für die Übersetzungen war schwer zu bewältigen. Hinzu kamen bei Nachrichtensendungen Einbußen an Aktualität, da die Umsetzung in andere Sprachen ganz einfach Zeit brauchte. Darüber hinaus wurde gerade bei Nachrichtensendungen deutlich, dass es gar nicht so einfach ist, einheitliche Nachrichtenfaktoren für ganz Europa zu definieren – denn bis dahin gab es noch keinerlei Vorstellung davon, was als paneuropäische Perspektive zu definieren war und dementsprechend auch Zuschauer in ganz Europa interessieren könnte. Da sich die Zulieferungen den jeweiligen Rundfunkanstalten oft als zu national geprägt erwiesen, merkte man bald, dass eine europäische Nachrichtensendung eine eigene Infrastruktur mit eigenem Personal brauchte, das auf die paneuropäische Perspektive spezialisiert sein musste. Obwohl die Testzuschauer vor allem auch die Newssendungen als Einschaltgrund angaben, wurde das Programm insgesamt als zu seriös bewertet – viele Probanden wünschten sich explizit mehr Unterhaltung im Sendeschema. Alles in allem aber zog man aus dem Testbetrieb ein positives Fazit. Man wusste zwar nun um die Probleme, die paneuropäisches Fernsehen mit sich bringen würde, aber hatte auch wertvolle Erkenntnisse bezüglich seiner Organisation gewonnen. Dass das Testpublikum fast ausschließlich aus solchen Personen bestanden hatte, die sich aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit ohnehin stärker für das Fernsehen und eine europäische Perspektive interessierten, wurde mehr oder weniger ignoriert. Ebenfalls konnte keine Aussage über die tatsächliche Finanzierbarkeit eines solchen Projekts getroffen werden, da keine Vergütungen im Sinne des Urheberrechts gezahlt werden mussten und auch der Sendeplatz auf dem Satelliten kostenlos zur Verfügung gestellt worden war. Insgesamt aber kamen die Initiatoren zu dem Ergebnis, dass ein paneuropäisch konzipierter TV-Kanal durchaus machbar sei. 5.2.3, Europa TV: Auf Drängen des Europäischen Parlaments und im Anschluss an den Hahn-Bericht (siehe Kapitel 3.2.1) beschloss die Europäische Gemeinschaft, sich an einem neuerlichen europäischen TV-Projekt zu beteiligen. Im Jahr 1985 startete so wiederum unter dem Patronat der EBU ‘Europa TV’, ein paneuropäisch konzipierter Sender nach dem Vorbild von Eurikon. Die niederländische Regierung trug wesentlich zur Förderung bei, indem sie einen holländischen Satellitenkanal kostenlos zur Verfügung stellte und sich auch finanziell stark einbrachte. Dieses Engagement führt dazu, dass das Sendezentrum von Europa TV im niederländischen Hilversum eingerichtet wurde. Die beteiligten Fernsehanstalten waren die deutsche ARD, die niederländische NOS, die italienische RAI, die irische RTÉ und wenig später auch die portugiesische RTP. Aufgrund mangelnder Resonanz und finanzieller Probleme stellte Europa TV schon ein Jahr nach seinem Start den Sendebetrieb wieder ein. Inhaltlich war Europa TV als Vollprogramm nach öffentlich-rechtlichem Vorbild gedacht, das Elemente aus den Bereichen Unterhaltung, Information, Kultur, Sport und Bildung sowie auch Filme enthalten sollte. Es sollte auch frei sein von politischer wie kommerzieller Einflussnahme. Ähnlich wie schon das Planspiel ADAM wollte Europa TV nicht zu nationalen Veranstaltern in Konkurrenz treten, sondern als ein alternatives Programm verstanden werden, das den bestehenden Markt um eine europäische Perspektive erweitern sollte. Auch das Element der untypischen, azyklischen Sendeplätze (z.B. Sport nicht am Wochenende) und das Konzept der langfristigen Vorhersehbarkeit des Programmschemas für den Zuschauer wurden von ADAM übernommen. Problematisch war wie schon bei Eurikon die mehr als zwiespältig definierte Zielgruppe. Einerseits suchte man möglichst viele Menschen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) wie auch Minderheiten zu erreichen. Andererseits war es realistischer, eher diejenigen Bürger als Zuschauer zu gewinnen, die neben ihrer ‘eigenen Tages- und Wochenzeitung auch schon mal zum Spiegel oder zur Financial Times greifen, für die andere Sprachen bzw. Untertitelung kein Problem darstellen, und die aus beruflichen und persönlichen [sic!] Interesse offen sind für Entwicklungen außerhalb der Landesgrenzen’. Genau diese Art Zuschauer fühlte sich aber von dem täglich fünfstündigen Programmangebot, von dem allein drei Stunden auf Kinder-, Jungend- und Sportsendungen entfielen, wohl eher weniger angesprochen. Das Organisationsschema war zentralistischer als noch bei Eurikon, die Schaltzentrale war beständig in Hilversum untergebracht und alle beteiligten Anstalten lieferten ihr Sendematerial dorthin – ebenso, wie sie Personal und Technik für die Produktion bereitstellten. Finanzieren sollte sich Europa TV auf lange Sicht im Wesentlichen durch Werbeeinnahmen. Um sich von privatwirtschaftlichen Anbietern abzugrenzen, betonten die Initiatoren, die Einkünfte aus den Werbeeinnahmen würden ausschließlich ins Programm investiert, ein Gewinn sollte nicht erzielt werden. Doch ‘wo bereits die rein kommerziellen Satellitenprogramme Schwierigkeiten bei der Suche nach Werbekunden hatten, konnte sich Europa TV mit seinem nicht bloß auf Massenpublikum abzielenden Programm noch weniger Chancen auf reichlich Werbeeinnahmen machen’. Folglich ließ sich die beabsichtigte Eigenfinanzierung durch Werbung nicht innerhalb des angestrebten Zeitraums realisieren. Dies war ein wesentlicher Faktor für das frühzeitige Scheitern des ganzen Projekts. Hinzu kam das für alle Beteiligten ‘enttäuschende Verhalten der Europäischen Gemeinschaft und des Europarats, die sich keineswegs um ein positives Bild von Europa TV in der Öffentlichkeit bemühten’. Ganz im Gegenteil – die EU-Kommission verweigerte schließlich sogar die Zahlung bereits zugesicherter Fördergelder. Rundfunkrechtlich bewegte sich Europa TV in einem ‘Vakuum’, da es für grenzüberschreitendes Fernsehen zur damaligen Zeit noch keine verbindlichen Regelungen bezüglich Werbung und Verbreitung, geschweige denn in Bezug auf inhaltliche Aspekte gab. Insbesondere kämpfte man also auch gegen nationale Regelungen, die Europa TV das Leben schwer machten. So sah die an sich dem Projekt ja sehr positiv gesinnte niederländische Regierung Europa TV als ausländischen Kanal an – und um die eigenen nationalen Sender vor Konkurrenz von außen zu schützen, war es damals noch verboten, fremdsprachige Sendungen mit niederländischen Untertiteln zu versehen – für einen vielsprachig angelegten TV-Kanal also ein großes Manko. Dem Problem der Multilingualität Europas begegnete man zum einen auf die schon im Zuge von Eurikon erprobte Weise, nämlich (außer in den Niederlanden) mit Untertiteln. Dazu kam der Einsatz der so genannten Voice-Over-Technik, bei der der Originalton im Hintergrund erhalten bleibt und ein Sprecher das Gesagte in der jeweiligen Landessprache überspricht. Auf Vollsynchronisation wurde verzichtet, womit man das Risiko einging, vor allem die Zuschauer großer TV-Märkte zu verlieren, die es seit jeher gewohnt waren, Produktionen aus dem Ausland vollständig synchronisiert vorgesetzt zu bekommen. Dennoch waren die Kosten für die Umgehung dieser Sprachprobleme sehr. Eine weitere Komponente, die zum vorzeitigen Scheitern von Europa TV beitrug, war die mangelnde Verbreitung. Da Mitte der 80er Jahre nur wenige Menschen direkt Satellitenfernsehen empfangen konnten, war der Kanal darauf angewiesen, dass man ihm eine analoge terrestrische Sendefrequenz zuteilte oder ihn in die – damals aber auch erst im Entstehen begriffenen – Kabelnetze einspeiste. Beides geschah nur sehr sporadisch, so dass die überwiegenden Mehrheit der Bürger Europas den Sender und sein Angebot nie zu Gesicht bekam. Aufgrund der geringen Reichweite und der kurzen Lebensdauer von Europa TV war es auch nicht möglich, die Akzeptanz des Programms beim Zuschauer adäquat zu evaluieren. Zwar wurden vereinzelt Bürger in Holland, Deutschland und Schweden zu ihrer Meinung über die Sendungen befragt, aber wegen des verschwindend geringen Anteils derjenigen, die das Programm überhaupt kannten, können diese Erhebungen nicht als repräsentativ gewertet werden. Die Publikumsresonanz konnte also nicht wirklich festgestellt werden. Ein Jahr nach Sendestart kam dann das Aus für Europa TV, denn das Startkapital war verbraucht und es hatten sich keine neuen Investoren auftreiben lassen. Daher war die niederländische NOS nicht länger bereit, ‘unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen des Senders dessen gesamte Infrastruktur bereitzustellen und den Betrieb aufrecht zu erhalten’. Trotz seines Scheiterns werteten die Macher von Europa TV das Projekt als Erfolg, da es erstmals bewiesen hatte, dass das Konzept eines multilingualen, länderübergreifenden Fernsehsender nach Vorbild der öffentlich-rechtlichen Anstalten gelingen kann – man führte das frühe Ende allein auf die Begleitumstände, nicht auf die Unmachbarkeit des Programmkonzepts zurück. In der Folge lösten sich Programmmacher wie auch Medienpolitiker allerdings von dem Gedanken an ein paneuropäisches Vollprogramm und konzentrierten sich mehr auf Spartenlösungen wie reine Sport- oder Nachrichtenkanäle.
Eva Ingold wurde 1981 in Ingolstadt geboren. Nach dem Abitur absolvierte sie beim Zweiten Deutschen Fernsehen in Mainz eine Ausbildung zur Mediengestalterin Bild und Ton. Im Anschluss daran entschied sie sich für ein Studium des Fachs Medien und Kommunikation an der Universität Augsburg, das sie 2009 als Master of Arts abschließen konnte. Während des Studiums arbeitete die Autorin durchgehend als freie Cutterin im ZDF-Studio Bayern und absolvierte mehrere Hospitationen in Fernsehredaktionen. Als Medienvolunteer während der FIFA WM 2006 in Deutschland lernte sie Fernsehschaffende aus aller Welt kennen. Fasziniert von den Unterschieden, aber auch Gemeinsamkeiten, die bezüglich der Sehgewohnheiten der Zuschauer sowie rechtlicher Vorgaben in verschiedenen Ländern bestehen, beschloss sie, sich dem Thema Fernsehen in Europa in all seinen Facetten in Form dieses Buches zu widmen.
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